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  • · Fachbeitrag · Sonderregelungen COVID-19

    Verordnung regelt, wann Ärzte und MFAs sich auf das Coronavirus testen lassen können

    von RA, FA für ArbeitsR und MedizinR Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte, Hannover, armedis.de

    | Am 08.06.2020 ist die Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Kraft getreten. Damit steht nun fest, in welchen Fällen auch niedergelassen Ärzte und das Praxispersonal sich auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) testen lassen können ‒ endlich! Dennoch bleiben voraussichtlich in einer Übergangsphase noch einige Punkte unklar. |

    Testungen auf Veranlassung des ÖGD

    Nach der nun geltenden Verordnung haben GKV-Versicherte Anspruch auf Leistungen der Labordiagnostik (Coronavirus-Testung), wenn sie auf Veranlassung des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) in den in der Verordnung genannten Fällen auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 getestet werden (§ 1 Abs. 1 der Verordnung). Diesen Anspruch haben auch Personen, die nicht in der GKV versichert sind (§ 1 Abs. 2 der Verordnung).

    Kann-Regelungen mit Optionen bei den Zuständigkeiten

    Die Testungen im Rahmen von § 1 der Verordnung erfolgen durch die zuständigen Stellen des ÖGD der Länder, die allerdings auch geeignete Dritte beauftragen können (§ 6 der Verordnung). Die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind i. d. R. die regional zuständigen Gesundheitsämter.

     

    Die Verordnung nennt die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Gesundheitsämter Testungen veranlassen können. Die Tatsache, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen getestet werden „kann“, bedeutet aber, dass nicht getestet werden „muss“. Die Verordnung regelt, dass die obersten Landesgesundheitsbehörden das Nähere zu den Testungen regeln können (§ 6 Abs. 1 der Verordnung). Sofern solche Vorgaben gemacht werden, liegt es nicht mehr im Ermessen der örtlich zuständigen Gesundheitsämter, ob getestet wird.

     

    MERKE | Die konkrete Frage, ob Ärzte sich und ihr Personal testen lassen können, wenn die in der Verordnung genannten Voraussetzungen vorliegen, ist somit

    • entweder eine Ermessensentscheidung der örtlich zuständigen Gesundheitsämter
    • oder es kommen Vorgaben der obersten Landesgesundheitsbehörden, aus denen dann klar hervorgeht, wann zu testen ist.
     

    Wer hat Anspruch auf Testung?

    Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung können asymptomatische Kontaktpersonen getestet werden. Hierzu zählen u. a. Personen, die insbesondere in Gesprächssituationen mindestens 15 Minuten ununterbrochen oder durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten unmittelbaren Kontakt zu einer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Person hatten. Hier werden diejenigen Fälle erfasst, wo es in der Praxis direkten Kontakt mit Patienten gegeben hat, die infiziert waren oder sind. In jedem Einzelfall sind hier bis zu zwei Tests pro Person möglich. Dies gilt sowohl für Ärzte als auch Praxispersonal.

     

    § 3 der Verordnung regelt Testungen von Personen im Rahmen der Bekämpfung von Ausbrüchen. Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen einer Einrichtung nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 ‒ 10 des Infektionsschutzgesetzes. Hierzu zählen u. a.

    • Krankenhäuser,
    • Einrichtungen für ambulantes Operieren,
    • Dialyseeinrichtungen,
    • Tageskliniken,
    • Arzt- und Zahnarztpraxen sowie
    • Praxen sonstiger Humanmedizinischer Heilberufe.

     

    Wenn in einer solchen Einrichtung eine mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierte Person festgestellt wurde, können unter Berücksichtigung der Ausbruchssituation vor Ort auch asymptomatische Personen getestet werden, wenn sie in diesen Einrichtungen tätig sind oder waren oder sonst anwesend sind oder waren oder dort behandelt wurden. Bis zu zwei Tests sind bei Patienten, dort Tätigen oder sonstigen Anwesenden möglich.

     

    MERKE | Festzuhalten ist, dass die Regelung in § 3 der Verordnung über § 2 deutlich hinausgeht. Nachdem in § 2 der zeitlich bezifferte intensive Kontakt mit einer infizierten Person gefordert wird, bevor getestet werden kann, reicht es nach § 3 aus, dass in der Einrichtung eine infizierte Person festgestellt wurde.

     

    § 4 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung ermöglicht auch die Testung von Personen, die in Einrichtungen für ambulantes Operieren ambulant operiert werden sollen, und zwar unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage.

     

    FAZIT | Testungen durch die regional zuständigen Gesundheitsämter liegen in deren Ermessen, sofern es nicht klare Vorgaben der obersten Landesgesundheitsbehörden gibt. Letzteres wird man abwarten müssen. Nachdem die Verordnung gerade erst in Kraft getreten ist, müssen solche Vorgaben erst entwickelt werden.

     

    Bis es soweit ist, muss in Kontakt mit den regionalen Gesundheitsämtern geklärt werden, ob getestet wird, wenn die Voraussetzungen laut Verordnung vorliegen. Da die Gesundheitsämter eine Ermessenentscheidung zu treffen haben, ist diese nur begrenzt durch die Gerichte überprüfbar. Dies ist z. B. für den Fall, dass Testungen nicht erfolgen sollten, obwohl die Voraussetzungen dafür bei einer Person vorliegen. Es wird sich im Einzelfall zeigen müssen, ob dann dieser Anspruch ggf. auch gerichtlich durchsetzbar ist.

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ als PDF-Dokument beim Bundesgesundheitsministerium online unter iww.de/s3765
    Quelle: ID 46655311