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  • · Fachbeitrag · Gesetzgebung

    Honorarreform 2012: Womit müssen Sie rechnen? Wie können Sie sich rüsten?

    von Rechtsanwalt Christian Pinnow, Kanzlei Dierks + Bohle Rechtsanwälte, www.db-law.de, Berlin

    | Niedergelassene Ärzte sind es gewohnt, dass der Gesetzgeber immer wieder die Rahmenbedingungen der vertragsärztlichen Tätigkeit verändert. Derzeit arbeitet der Bundesgesetzgeber am Entwurf des Versorgungsgesetzes, mit dem die Gesetzliche Krankenversicherung mit Wirkung zum 1. Januar 2012 erheblich reformiert werden soll. Betroffen davon ist auch die vertragsärztliche Vergütung. Derzeit liegen sehr konkrete Gesetzesentwürfe vor. Die wesentlichen Regelungsgegenstände dürften feststehen, sodass lediglich im Detail noch Änderungen zu erwarten sind. |

    Womit müssen Sie rechnen?

    Im Zuge der letzten Reform der vertragsärztlichen Vergütung Anfang 2009 machte der Bundesgesetzgeber den KVen und Krankenkassen erstmals deutliche und verbindliche Vorgaben für die Ermittlung der Gesamtvergütung und für die Regeln über die Honorarverteilung. Dem Bewertungsausschuss wurde die Kompetenz eingeräumt, durch Beschlüsse die Honorarverteilung aller KVen bundeseinheitlich zu konkretisieren, während die KVen nur sehr wenig Einfluss auf die Honorarverteilung nehmen konnten.

     

    Dieses System der vertragsärztlichen Vergütung soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wieder flexibler werden. Zunächst soll es zwar dabei bleiben, dass für jedes Jahr ein bundeseinheitlicher Orientierungswert durch den Bewertungsausschuss festgelegt wird. Damit gilt auch weiterhin ein bundeseinheitlicher Euro-EBM. Jedoch erhalten die KVen weitgehende Autonomie bei der Gestaltung der Honorarverteilungsregelungen.

     

    So wird die Vergütung künftig wieder im Rahmen einer regionalen Honorarverteilung erfolgen. Die Verantwortung dafür werden ausschließlich die KVen tragen, indem sie im Benehmen mit den Krankenkassen jeweils einen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) erlassen. Bislang hatten die KVen mit den Krankenkassen die Honorarverteilung noch vertraglich vereinbart. Nunmehr ist lediglich das „Benehmen“ mit den Krankenkassen herzustellen. Dazu ist nötig, dass die Verbände der Krankenkassen vor der Beschlussfassung über den HVM zu diesem Stellung nehmen können und die KV die vorgebrachten Bedenken in ihre Entscheidungserwägungen über den HVM mit einbezieht.

     

    Für die Gestaltung des HVM wird der Gesetzgeber den KVen wenige Vorschriften machen. Allein vor dem Hintergrund einer verlässlichen Planbarkeit für die Ärzte dürfte der Gesetzgeber anordnen, dass im HVM mengensteuernde Maßnahmen für die abzurechnenden Leistungen unter Berücksichtigung des Versorgungsbedarfs vorzusehen sind. Bislang erfolgte die Mengensteuerung durch die bundeseinheitlichen Regelleistungsvolumina. Diese werden nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Zwar können die KVen diese in der derzeit bekannten Form fortführen, doch auch die Rückkehr vormaliger Instrumente der Mengensteuerung, so beispielsweise die Vergütung unter Anwendung von Individualbudgets, dürfte zulässig sein.

    Wie können Sie sich rüsten?

    Wegen der wiederhergestellten Honorarhoheit der KVen und der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten für die kommenden HVM fällt es derzeit schwer, konkrete Empfehlungen dafür zu geben, wie sich der einzelne Vertragsarzt auf die Umsetzung der Reform vorbereiten kann. Dennoch sind einige generelle Erwägungen möglich.

     

    • So dürfte es in jedem Fall lohnen, die Fallzahlen der Praxis nicht zu vermindern. Sollte sich die jeweils zuständige KV entschließen, weiterhin unter Anwendung von Regelleistungsvolumina zu vergüten, ist eine hohe Fallzahl auch weiterhin ein wichtiger Faktor für ein hohes Regelleistungsvolumen und damit für eine möglichst große Leistungsmenge, die mit dem vollen Punktwert vergütet wird.

     

    • Es bleibt weiterhin sinnvoll, unter Hinweis auf einen überdurchschnittlichen Fallwert Praxisbesonderheiten geltend zu machen. Positive Entscheidungen zur Erhöhung des Regelleistungsvolumens können dann auch im Jahr 2012 zumindest als Indizien für eine Erhöhung eines (dann im HVM geregelten) Regelleistungsvolumens herangezogen werden. Und sollte sich die KV mit ihrem HVM für Steuerungsinstrumente entscheiden, die auf Honorarergebnissen der Vergangenheit beruhen, könnte durch hohe RLV im Jahr 2011 ein höheres Honorar erwirtschaftet werden. Dies kann möglicherweise Basis für die Budgets vieler nachfolgender Quartale werden. Damit wäre also nicht nur kurzfristig eine höhere Vergütung in einem Quartal zu erlangen, sondern auch für die Zukunft eine solide Grundlage für die Bemessung von Budgets geschaffen worden.

     

    • Zudem erscheint es ratsam, alle erbrachten Leistungen auch tatsächlich zur Abrechnung zu bringen. Möglicherweise werden nicht alle Leistungen wegen der Anwendung der Regelleistungsvolumina und der qualifikationsbezogenen Zusatzvolumina mit dem vollen Preis vergütet, doch zeigt die Erfahrung mit verschiedensten Budgetformen, dass eine an den abgerechneten Leistungen erkennbare Spezialisierung sehr häufig erfolgreich als Begründung für Budgeterhöhungen herangezogen werden kann.

     

    • Im Übrigen zeichnet sich in den Entwürfen des Versorgungsgesetzes eine erhebliche Erleichterung für den Praxisalltag ab. Im Rahmen des vom Gesetzgeber beabsichtigten Abbaus von Überregulierungen soll die Verpflichtung der Verbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Erlass von Richtlinien zur Dokumentation der ärztlichen Behandlungsdiagnosen entfallen. Mit anderen Worten: Die umstrittenen und ungeliebten ambulanten Kodierrichtlinien dürfte es nach der Reform nicht mehr geben. Bei allen derzeitigen Unwägbarkeiten ist dies zumindest eine konkrete und für die Praxis tatsächlich positive Aussicht.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2011 | Seite 10 | ID 27786710