08.01.2010
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 28.11.2002 – 2 K 567/99
1. Ein Müllentsorgungsunternehmen kann Umsatzsteuer, die eine öffentlich-rechtliche Körperschaft in der Rechnung über Deponiegebühren gesondert ausgewiesen hat, nicht als Vorsteuer abziehen, wenn die Gemeinde bei dem Betrieb der Deponie in Wahrnehmung der ihr als öffentliche Aufgabe obliegenden Müllentsorgung hoheitlich und nicht im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig geworden ist. Unerheblich ist, ob die Gemeinde in anderen Bereichen Betriebe gewerblicher Art unterhält, denn soweit der Umsatz auf den hoheitlichen Bereich entfällt, ist die Gemeinde kein Unternehmer.
2. Das dem Müllentsorgungsunternehmen von der Gemeinde pauschal gezahlte Abfallentsorgungsentgelt ist nicht um Deponiekosten zu mindern, die das Unternehmen seinerseits einem Dritten (Zweckverband) für die Anlieferung des Mülls schuldet. Es handelt sich insoweit nicht um einen durchlaufenden Posten, wenn der Anspruch des Zweckverbands auf die Deponiekosten gegen das Entsorgungsunternehmen als Anlieferer des Mülls und nicht gegen die Gemeinde als Herkunftsort gerichtet ist, und eine Weiterberechnung der Deponiekosten an die Gemeinde weder vereinbart noch durchgeführt worden ist.
Im Namen des Volkes
Zwischen-URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
wegen Umsatzsteuer 1993 und 1994
hat der 2. Senat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts F. des Richters am Finanzgericht P. der Richterin E. der ehrenamtlichen Richterin K. der ehrenamtlichen Richterin W. im Einverständnis mit den Prozeßbeteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 28.11.2002 durch Zwischenurteil nach § 99 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
für Recht erkannt:
1. Die Klägerin ist nicht berechtigt, die ihr von der Stadt Leipzig für die Nutzung der Deponie Z. im Jahre 1993 in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer von 54.119,34 DM als Vorsteuer abzuziehen.
2. Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die von der Klägerin der Stadt P. ab dem Monat August 1993 bis einschließlich Dezember 1994 monatlich in Rechnung gestellten Entsorgungsleistungen mindert sich nicht um die für umsatzsteuerrechtliche Zwecke jeweils mit einem gleichbleibenden Betrag aus dem Entgelt herausgerechnete sogenannte Deponiegebühr.
3. Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die der Klägerin vom Entsorgungsverband V. in Rechnung gestellten und von der Klägerin an ihre Auftraggeber in gleicher Höhe weitergereichten Deponiegebühren nicht in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin die von der Stadt P. als früherem Betreiber der Deponie Z. zusätzlich zu der erhobenen Deponiegebühr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann und ob die Klägerin die ihr von dem späteren Deponiebetreiber, dem Entsorgungsverband V., berechnete und von ihr weiterberechnete Deponiegebühren als durchlaufende Posten behandeln kann oder ob es sich insoweit um Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung der Klägerin an die Stadt P. und an andere Abnehmer handelt.
Die Klägerin ist ein Müllabfuhrunternehmen. Sie hat mit der Stadt P. und dem Landkreis P. Verträge über die Abfallentsorgung geschlossen. Danach obliegt ihr ab 01.01.1992 für abgegrenzte Bereiche in der Stadt und im Landkreis das Einsammeln, Befördern und Verwerten der anfallenden Abfälle und die Gestellung und Unterhaltung der hierzu erforderlichen Müllgefäße, soweit diese Tätigkeiten von der Abfallsatzung der Stadt erfaßt und nicht von der Entsorgung oder dem Einsammeln und Befördern durch die Stadt ausgeschlossen sind. Bei diesen Abfällen handelt es sich um Hausmüll, hausmüllähnlichem Gewerbemüll sowie Sperrmüll und Wertstoffe. Die Klägerin hat die Abfälle und Wertstoffe mit ihren Fahrzeugen nach Maßgabe eines mit der Stadt vereinbarten Abführplans regelmäßig abzuholen, zu den von der Stadt bestimmten Abfallentsorgungsanlagen [”Deponie Z.”] zu transportieren und dort unter Beachtung der jeweils gültigen Benutzungsverordnung und entsprechend den Weisungen des Aufsichtspersonals ordnungsgemäß abzuladen. Als Entgelt für ihre Entsorgungstätigkeit erhält sie von der Stadt P. pauschal pro Einwohner und Jahr 56,82 DM einschließlich Mehrwertsteuer.
Die Stadt P. erhebt ihrerseits aufgrund des in der Abfallwirtschaftssatzung festgelegten Anschluß- und Benutzungszwangs und der hierzu ergangenen Gebührensatzung vom 28.11.1991 von ihren Bürgern eine jährliche Benutzungsgebühr von 33,20 DM je Einwohner und Abfallbehälter.
Ähnlich sind auch die Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Landkreis geregelt.
Für die 14-tägige Durchführung des Einsammelns und Beförderns der Abfälle sind nach den §§ 8, 9 des Vertrags mit dem Landkreis folgende Entgelte je Gefäß und Monat vereinbart:
1. für das Müllgefäß bis einschl. 110 l
Abfuhr | 1,96 DM |
+ Deponiegebühr | 0,50 DM |
2,46 DM |
2. für das Müllgefäß bis einschl. 1.100 l
Abfuhr | 10,50 DM |
+ Deponiegebühr | 5,00 DM |
15,50 DM |
Für die getrennte Erfassung von Sperrmüllschrott ist ein Entgelt von 220 DM pro Einwohner und Jahr festgelegt.
Der Landkreis seinerseits erhebt aufgrund der Abfallwirtschaftssatzung vom 25.04.1991 und der hierzu ergangenen Gebührensatzung von den Nutzern eine pauschale Gebühr für die Abfuhr und Entsorgung, die die Deponiebenutzungsgebühr einschließt.
Losgelöst vom Leistungsverhältnis zur Stadt P. und zum Landkreis P. beseitigt die Klägerin für Dritte auf vertraglicher Grundlage noch Abfälle, die satzungsgemäß nicht von der Stadt P. zu entsorgen sind. Es handelt sich hierbei insbesondere um Gewerbe- und Industrieabfälle sowie Sonder- und Gewerbemüll.
Die Klägerin hat die Abfälle im Streitzeitraum ausschließlich zur Deponie Z. transportiert und dort abgeladen. Betreiber dieser Deponie war bis zum 18.02.1993 die Stadt P., danach der neugegründete Entsorgungsverband V., dem auch die Stadt P. und der Landkreis P. angehören.
Die Stadt P. hat der Klägerin für die Nutzung der Deponie Deponiegebühren in Rechnung gestellt zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 87.690,63 DM für den Zeitraum von August bis Dezember 1992 und in Höhe von 54.119,34 DM für den Zeitraum von Januar bis März 1993, die die Klägerin als Vorsteuer abzog.
Ab April 1993 übernahm der Entsorgungsverband V. die von der Stadt P. betriebene Deponie Z.. Er berechnete der Klägerin entsprechend der angelieferten und abgewogenen Menge Deponiegebühren von 25,00 DM/t Abfall, sah aber als Hoheitsträger von der Inrechnungstellung von Umsatzsteuer ab. In den Lieferscheinen und Rechnungen der „Deponie Z.” wird die Klägerin als Anlieferer und Kunde bezeichnet und unter der Rubrik „Herkunft” die Stadt P. angeführt. Der deponierungsberechtigte Abfallerzeuger bzw. Grundstückseigentümer geht aus der Abrechnung nicht hervor.
Die Klägerin stellte ihrerseits bis Juli 1993 ihren privaten Auftraggebern weiterhin Deponiegebühren zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Ab August 1993 bis Dezember 1994 behandelte sie die Deponiegebühren als durchlaufende Posten und nicht mehr als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Entsorgungsleistung. Wegen der Abrechnung gegenüber der Stadt P. wird auf die in einem Leitzordner zu den Gerichtsakten gereichten monatlichen Ausgangsrechnungen Bezug genommen. Aus diesen ergibt sich, daß die Klägerin sogenannte Deponiegebühren monatlich in jeweils gleicher Höhe aus dem für die Bemessungsgrundlage maßgebenden Entgelt herausgerechnet und dementsprechend insoweit keine Umsatzsteuer an die Stadt P. weiterberechnet hat. Ein Zusammenhang mit den von der Klägerin an den Entsorgungsverband V./Deponie Z. entrichteten Deponiegebühren läßt sich nicht feststellen, ebenso auch nicht ein Abgleich zwischen von der Klägerin verauslagten und von der Stadt P. erstatteten Deponiegebühren.
Nach einer Betriebsprüfung versagte der Beklagte – das Finanzamt (FA) – den Vorsteuerabzug für die von der Stadt P. in Rechnung gestellte Umsatzsteuer, weil die Stadt P. insoweit hoheitlich und nicht unternehmerisch tätig geworden sei. Weiterhin vertrat das Finanzamt die Auffassung, daß die von der Klägerin „dem Auftraggeber” ohne Umsatzsteuer weiterberechnete Deponiegebühr zusätzliches Entgelt für die umsatzsteuerpflichtige Entsorgungstätigkeit der Klägerin sei.
Nach § 2 der ab 01.01.1994 in Kraft getretenen Gebührensatzung des Entsorgungsverbandes sei Gebührenschuldner generell der Anlieferer, der die Abfallentsorgungs- oder Verwertungsanlage benutze. Er hafte für die in den Begleitpapieren deklarierten Abfallsarten sowie die Abfallherkunft. Ein Schuldverhältnis werde daher nur zwischen dem Betreiber der Deponie und dem Anlieferer begründet. Dementsprechend seien die Deponiegebühren Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung der Klägerin an ihre Auftraggeber.
Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt am 22.05.1998 nach § 164 Abs. 2 AO berichtigte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1993 und 1994, in denen es u.a. den Vorsteuerabzug für das Jahr 1993 um 54.119,34 DM minderte und im Zusammenhang mit den nicht als durchlaufende Posten anerkannten Deponiegebühren die Umsatzsteuer für das Jahr 1993 um 106.784 DM (15 v.H.v. 711.896 DM) und für das Jahr 1994 um 395.370,35 DM (15 v.H.v. 2.635.805 DM) erhöhte.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage.
Sie vertritt die Auffassung: Die Kürzung des Vorsteuerabzugs verstoße gegen den vom EuGH postulierten Neutralitätsgrundsatz. Der Hoheitsträger habe ihr die mit Steuerausweis in Rechnung gestellten Deponiegebühren als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen behandelt. Deshalb müsse ihr der Vorsteuerabzug erhalten bleiben. Andernfalls würde eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Doppelbelastung eines Umsatzes eintreten. Bei Zugrundelegung der Auffassung des Finanzamts wäre zudem die Nacherhebung der Umsatzsteuer auch sachlich unbillig. Denn bei einer nicht berechtigten Inrechnungstellung der Umsatzsteuer sei die Stadt P. zu einer Berichtigung des Steuerausweises berechtigt. Die hierdurch eintretende Steuerminderung müsse sie an die Klägerin erstatten. Im Übrigen sei aber die Stadt P. in mehreren Bereichen unternehmerisch tätig gewesen. Sie, die Klägerin, habe deshalb Leistungen von einem Unternehmer bezogen und sei zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nicht erforderlich sei nach dem Wortlaut des § 15 UStG, daß sie die Leistungen aus dem unternehmerischen Bereich der Stadt P. bezogen habe.
Zu Unrecht habe das Finanzamt die von ihr entrichteten Deponiegebühren nicht als durchlaufende Posten behandelt. Sie, die Klägerin, sei nur Erfüllungsgehilfin der gegenüber den Bürgern entsorgungspflichtigen Stadt P.. Eine Leistungsbeziehung bestehe nur zwischen der Stadt und den Bürgern, nicht aber zwischen ihr und den Bürgern. § 2 der Gebührensatzung des Entsorgungsverbandes müsse so ausgelegt werden, daß Anlieferer die Stadt P., nicht aber sie, die Klägerin sei. Die Tatsache, daß ihr der Entsorgungsverband die Deponiegebühren in Rechnung gestellt habe, könne nur als Verwaltungsvereinfachung betrachtet werden. Diese vermeide, daß jede Anfuhr nach Inhalt und rechtlichem Anlieferer gesondert erfaßt werde. Aus der Sicht der Deponie sei beim Ausfüllen der Wiegescheine klar, wer ihr jeweiliger Auftraggeber sei. Aus den beispielhaft beigefügten Wiegescheinen gehe hervor, daß es sich um Hausmüll handele und die Stadt P. Auftraggeber sei. Daß dieser Müll nicht mit anderem Müll vermengt werden könne, sei offensichtlich. Denn Hausmülleimer könnten nur mit speziellen Fahrzeugen entleert werden und diese Fahrzeuge müßten durch den Abführplan vorgegebene Touren einhalten. Entsprechend seien auch die Leistungsbeziehungen mit dem Landkreis P. beschaffen.
In späteren Jahren habe die Stadt P. den Abrechnungsmodus umgestellt und die von den angeschlossenen Grundbesitzern vereinnahmten Müllgebühren zum einen selbst an den Entsorgungsverband V. überwiesen und zum anderen ihr, der Klägerin, ausschließlich die Transportleistung vergütet. Durchlaufende Posten seien dann nicht mehr entstanden. Denn der Entsorgungsverband V. habe Rechnungen über Deponierungskosten unmittelbar an die Stadt gestellt.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 1993 und 1994 vom 22.05.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 24.02.1999 dahin abzuändern, daß die Umsatzsteuerfestsetzung 1993 um 160.903,74 DM von 1.259.831 DM auf 1.098.927,26 DM und die Umsatzsteuerfestsetzung 1994 um 395.370,75 DM von 717.126 DM auf 321.755,25 DM herabgesetzt wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält daran fest, daß die der Klägerin von der Stadt P. in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar sei. Die Deponiegebühren könnten nicht als durchlaufende Posten behandelt werden. Die BFH-Entscheidung vom 11.02.1999 V R 46/98 (BStBl II 2000, 100) sei auf den Streitfall nicht anwendbar. Nach dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt sei der jeweilige Auftraggeber als deponierungsberechtigter Abfallerzeuger dem Betreiber der Deponie bekannt gewesen, z.B. aufgrund eines vom Anlieferer abgegebenen Ursprungszeugnisses/Deponieauftrags. So sei aber der Streitfall nicht gelagert. In den von der Klägerin verwandten Liefer-Wiegescheinen sei unter dem Stichwort „Herkunft” lediglich P. Stadt bzw. P.-Land registriert worden. Der direkte Abfallerzeuger, der einzelne Bürger, könne nicht mehr bestimmt werden. Das sei schon deshalb nicht mehr möglich, weil der Hausmüll von der Klägerin als Anlieferer auf dem Weg zur Deponie mit dem Abfall anderer Erzeuger zusammengeführt und verdichtet worden sei. Im strittigen Zeitraum habe es erst ab dem 01.10.1994 eine eigene Gebührensatzung des Entsorgungsverbandes gegeben. Nach § 2 dieser Satzung sei der Anlieferer Gebührenschuldner. Für die davor liegende Zeit, in der noch keine Gebührensatzung des Entsorgungsbverbands existiert habe, seinen die Gebührensatzungen der Stadt P. und des Landkreises maßgebend gewesen. Die Gebührensatzung der Stadt P. vom 18.12.1991, die nicht rückwirkend zum 01.07.1993 in Kraft getreten sei, habe gleichfalls zum Inhalt, daß der Anlieferer Gebührenschuldner sei.
Gründe
Der Rechtsstreit ist nur insoweit zur Entscheidung reif, als die Klägerin den Vorsteuerabzug aus der ihr von der Stadt P. in Rechnung gestellten Deponiegebühren begehrt und geltend macht, daß sich die von ihr der Stadt P. von August 1993 bis Dezember 1994 in Rechnung gestellten Entsorgungsleistungen um den durchlaufenden Posten „Deponiegebühren Z.” mindern.
Der Senat hält es für zweckmäßig und geboten, im Einvernehmen mit den Prozeßparteien hierüber gemäß § 99 FGO durch Zwischenurteil zu entscheiden.
Die Klage ist hinsichtlich des Vorsteuerabzugs und der geltend gemachten Minderung der Entsorgungsleistungen gegenüber der Stadt P. nicht begründet.
1. Zum Vorsteuerabzug aus den Deponierechnungen der Stadt P.
Die Versagung des Vorsteuerabzugs ist nicht zu beanstanden. Als Vorsteuer abziehbar ist die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Im Streitfall entfällt der Vorsteuerabzug, weil die Klägerin mangels Unternehmereigenschaft der Stadt P. keine Leistungen von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens bezogen hat.
Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes) gewerblich oder beruflich tätig. Mit dem Finanzamt ist davon auszugehen, daß die Stadt P. bei dem Betrieb der Deponie Z. in Wahrnehmung der ihr als öffentliche Aufgabe obliegenden Müllentsorgung hoheitlich und nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art gehandelt hat. Die satzungsmäßige Festlegung des Anschluß- und Benutzungszwangs und der Gebührenerhebung verdeutlicht, daß das Nutzungsverhältnis bezüglich der Deponie durchgehend hoheitlich geregelt war (zur Abgrenzung zum Betrieb gewerblicher Art vgl. insoweit auch BFH-Urteile vom 23.10.1996 I R 1–2/94, BStBl II 1997, 139 – Hausmüllbeseitigung und dessen Deponierung als Hoheitsbetrieb; ferner Urteil v. 08.01.1998 V R 32/97, BStBl II 1998, 40 – kommunale Abwasserbeseitigung als Hoheitsbetrieb).
Unerheblich ist, daß die Stadt P. in anderen Bereichen Betriebe gewerblicher Art unterhält. Soweit der Umsatz auf den nichtunternehmerischen Bereich entfällt, ist die Stadt P. gem. § 2 Abs. 3 UStG kein Unternehmer (vgl. BFH-Urteile vom 11.02.1999 V R 97/98 und vom 08.01.1998 V R 32/97 a.a.O.; ferner Reiß/Kraeusel/Langer, § 15, Rdnr. 89 bis 91). Insoweit entfällt notwendigerweise auch der Vorsteuerabzug. Der gute Glaube an die Unternehmereigenschaft des Leistenden – auch bei Gutgläubigkeit beider Beteiligter – ist nicht geschützt (BFH-Urteil vom 08.12.1988,BStBl II 1989, 250; Reiß/Kraeusel/Langer, § 15 Rdnr. 89 bis 91).
Auch wenn mit der Klägerin die Unternehmereigenschaft der Stadt P. unterstellt werden könnte, weil sie in verschiedenen Bereichen als Unternehmerin auftritt, würde sie im Streitfall jedenfalls keine steuerpflichtige Leistung, sondern eine nichtsteuerbare Leistung erbringen, die den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers aus der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer ausschließt.
Ob ein Erlaß aus sachlichen Gründen in Betracht kommen kann, ist wegen der Zweigleisigkeit von Steuerfestsetzungs- und Erlaßverfahren im vorliegenden Verfahren, in dem es allein um die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung geht, nicht zu prüfen (für Nichtbeanstandung des Vorsteuerabzugs bei einem von den Beteiligten einverständlich als steuerpflichtig behandelten Leistung wegen der Aufkommensneutralität der Umsatzsteuer in diesem Fall OFD Saarbrücken, Verfügung vom 10.06.1974,UR 1975, 9).
Sofern die Stadt P. im Anschluß an eine Betriebsprüfung vom Finanzamt wegen der gegenüber der Klägerin mit offenem Steuerausweis abgerechneten Deponieleistungen gemäß § 14 Abs. 3 UStG zur Umsatzsteuer herangezogen wurde [wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 11.10.1999, Bl. 31, 67, 68 FG-Akte vorgetragen hat], bleibt es der Klägerin unbenommen, die Stadt P. zu einer Korrektur des abgerechneten Umsatzsteuerausweises und zu einer entsprechenden Minderung des Entgelts zu veranlassen, worauf sie einen entsprechenden zivilrechtlichen Anspruch haben könnte (vgl. dazu u.a. Reiß/Kraeusel/Langer, § 14 Rdnr. 286 mit Hinweis auf Peusquens, Betriebsberater 1978, 1304; Palandt, § 157 BGB Rz. 13).
2. Behandlung der von der Stadt P. an die Klägerin „erstatteten Deponiegebühren” als Teil des umsatzsteuerrechtlich relevanten Entgelts.
Das von der Stadt P. im Einklang mit dem Abfallentsorgungsvertrag pauschal entrichtete Entgelt für die Entsorgungsleistungen der Klägerin ist nicht für umsatzsteuerliche Zwecke um der Klägerin entstandene Deponiekosten zu mindern. Denn es handelt sich bei diesen Kosten nicht um Beträge, die von der Klägerin im Namen und für Rechnung eines anderen verausgabt worden sind. Durchlaufende Posten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 4 UStG liegen nur dann vor, wenn zwischen der Person, von der der Unternehmer die Beträge vereinnahmt, und der Person, für die er sie verausgabt, unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen. Der Unternehmer darf also weder selbst einen Anspruch gegen den Leistenden haben, noch darf der Zahlungsempfänger den Betrag vom Unternehmer fordern können (BFH-Urteil vom 02.03.1967 V 54/64, BStBl III 1967, 377; vom 20.02.1986 V R 133/75, BFH/NV 1986, 311). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall schon deshalb nicht vor, weil der Zweckverband als Zahlungsempfänger einen Anspruch gegen die Klägerin als Anlieferin des Mülls hatte. Der Senat verweist insoweit auf die Abrechnung der vom Zweckverband V./Ölmitz betriebenen Deponie Z. mit der Klägerin. Sie indiziert mit ihrer Bezeichnung des Klägers als Anlieferer und Kunden eine ausschließliche Leistungsbeziehung zwischen dem Deponiebetreiber und der anliefernden Klägerin.
Die Herkunftsbezeichnungen P.-Stadt und P.-Land lassen keine anderweitigen Schlußfolgerungen zu. Sie dokumentieren insbesondere nicht, daß abweichend von der Bezeichnung des Klägers als Kunden die Deponie Z. eine Leistung an die Stadt oder den Landkreis P., jeweils vertreten durch den Kläger, erbringt. Die Herkunftsbezeichnung beschränkt sich vielmehr auf die Angabe der Region, aus der der Müll stammt ohne Bezug zum Abfallerzeuger oder Auftraggeber der Klägerin. Dementsprechend werden als Herkunftsort auch dann die Stadt oder der Landkreis angeführt, wenn die Klägerin losgelöst von den Betreiberverträgen mit der Stadt P. und dem Landkreis P. im Auftrag einer privaten Person, z.B. eines Betriebs Gewerbemüll entsorgt. Als Beispiel verweist der Senat auf die Abfuhr und Deponierung der Gewerbeabfälle des Autohauses W. GmbH aus P. (Bl. 140, 141 FG-Akte). Mit dieser Wertung im Einklang steht auch die vor Durchführung des gerichtlichen Erörterungstermins erteilte Auskunft des Geschäftsführers des Entsorgungsverbandes V., Herrn Möbius. Dieser erklärte, die Angabe von Abfallsorte und Herkunft des entsorgten Mülls sei erforderlich, um bei der Anlieferung von Schad- und Giftstoffen den Müllerzeuger ermitteln und verantwortlich machen zu können.
Die Gebührensatzung der Stadt P. vom 18.12.1997 (Bl. 56 FG-Akte) knüpft insoweit lediglich an die bisherige Praxis der Gebührenerhebung für die Deponie Z. an, ohne diese zu ändern (vgl. Gebührensatzung des Entsorgungsverbandes V. 1994 vom 07.10.1993, Bl. 252 ff FG-Akte).
Gegen die Annahme eines durchlaufenden Postens spricht schließlich der Umstand, daß die Klägerin weder eine entsprechende Vereinbarung mit der Stadt P. über die Erstattung der ihr entstandenen Deponiegebühren vorlegen konnte noch die ihr berechneten Gebühren entsprechend der Belastung durch die vom Entsorgungsverband V. betriebene Deponie Z. der Stadt P. weiterberechnet hat. Die vorgelegten Abrechnungen mit der Stadt P. beweisen vielmehr, daß die Klägerin aus dem pauschalierten Entgelt der Stadt offenbar im Schätzungswege einen monatlich gleichbleibenden Betrag herausgerechnet hat, ohne daß auch nur eine annähernde Deckungsgleichheit zwischen den von der Klägerin an die Deponie verausgabten und von der Stadt P. „erstatteten Deponiekosten” feststellbar ist.
Es konnte auch nicht dargetan werden, daß zu einem späteren Zeitpunkt eine entsprechende Abgleichung stattgefunden hat, was im Übrigen auch nicht mehr für die Anerkennung eines durchlaufenden Postens genügen dürfte.
3. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der den privaten Auftraggebern weiterberechneten Deponiegebühren der Deponie Z.
Nach den BFH-Urteilen vom 11.02.1999 V R 46 u. 47/98 (BStBl II 2000, 100; BFH/NV 1999, 1137) können Deponiegebühren bei einem Unternehmer, der Abfälle einzelner Kunden in Containern bei Mülldeponien eines Landkreises anliefert und gemäß dessen Abfallsatzung als Gebührenschuldner der Deponiegebühren herangezogen wird, einen durchlaufenden Posten darstellen. Voraussetzung ist, daß dem Betreiber der Deponie der jeweilige Auftraggeber (als deponierungsberechtigter Abfallerzeuger) bekannt ist, z.B. aufgrund eines vom Anlieferer abgegebenen Ursprungszeugnisses – Deponieauftrags.
Die Beteiligten sind übereingekommen, daß das Finanzamt insoweit in eine weitergehende Prüfung eintritt und ggf. entsprechend den getroffenen Feststellungen dem Klagebegehren abhilft.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten oder einem etwaigen gesonderten Kostenbeschluß, sofern sich die Hauptsache erledigen sollte.