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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 22.02.2010 – 3 K 159/09

    Bei einem im Einheitswert-Ertragswertverfahren zu bewertenden Neubau-Grundstück ist die übliche Miete 1964 mangels Vergleichsmieten nach Möglichkeit einem Mietspiegel zu entnehmen (in Hamburg dem „Mietespiegel” 1964 für Wohnungen oder dem RDM-”Preisspiegel” 1964 für Läden und Büros).

    Bei veränderten heutigen Gegebenheiten der Lage ist auf diese abzustellen und nicht auf die frühere Nutzung und Umgebung des Grundstücks; bei der Zuordnung einer Spiegelmiete aus einer für 1964 angegebenen Preisspanne ist die Hafencity mit der Innenstadt vergleichbar und kommt es nicht auf einen Vergleich früherer Bodenrichtwerte an.


    Tatbestand

    Streitig ist im Rahmen der Einheitsbewertung die für das Neubau-Geschäftshausgrundstück im Ertragswertverfahren zu schätzende übliche Büromiete nach den noch geltenden Wertverhältnissen des Hauptfeststellungszeitpunkts 1964; nämlich ob 7 DM zugrunde zu legen sind oder 8 DM, der obere Wert des RDM-Preisspiegels 1964 für Hamburg City und Innenstadt.

    I.

    Die das Grundstück verwaltende klagende Gesellschaft erwarb dieses von der Stadt mit Kaufvertrag ... 2003 für rund ... Mio. Euro und mit einer Verpflichtung zur Bebauung mit einem Bürogebäude mit mehr als ... Tsd. qm Geschossfläche entsprechend einem im Vertrag in Bezug genommenen Vorentwurf (Grundakte).

    Nach Vorbescheid-Antrag, Vorbescheid, Antrag auf vorgezogene Baumaßnahmen Baugrube und Gründung, Genehmigung der vorgezogenen Baumaßnahmen, Bauantrag aus ..., Zustimmung der Fraktionssprecher des bürgerschaftlichen Bauausschusses zur bauplanungsrechtlichen Vorweggenehmigung aus ... sowie Baugenehmigung aus ... nebst nachfolgenden Ergänzungen und nach zwischenzeitlichem Beginn der Nutzung wurde die Fertigstellung des Neubaus ... bescheinigt (Bauakten, u.a. Bd. 1 Anl. 3 Nr. 1, 29, Anl. 4 Nr. 1, 16, Bd. 3 Anl. 5 Teil I 1 Nr. 1, 60, Teil I 2 Nr. 70, Teil I 4 Nr. 7). Ansichten, Stockwerke und Grundrisse ergeben sich aus den genehmigten und realisierten Bauzeichnungen (Bauakte Bd. 2 Anl. 5 Teil II).

    Das Grundstück befindet sich in der Hamburger Hafencity. Bei der Hafencity handelt es sich um ein Neubaugebiet unmittelbar südlich der Altstadt in dem vom Freihafen abgetrennten ehemaligen nördlichen Freihafenteil, der auch die bisherige Speicherstadt umfasst. Im Süden der Hafencity befindet sich ein Kreuzfahrtterminal.

    Der westlich und nordwestlich vom Cruise Center gelegene westliche Teil der Hafencity besteht aus mehreren ehemaligen Kaiflächen an der Norderelbe sowie an oder zwischen nach Westen elbabwärts offenen Wasserflächen oder Hafenbecken. Auf einer der westlichen Kaispitzen wird derzeit die Elphilharmonie gebaut. Verkauf und Neubebauung in dieser Richtung Hafenmitte orientierten westlichen Hafencity sind teilweise weiter vorangeschritten als in der weniger Wasserflächen oder -aussicht bietenden östlichen Hafencity.

    Zu den bekanntesten Plätzen der Hafencity gehören die an den nach Westen ausgerichteten Hafenbecken an der östlichen Landseite zur Mitte der Hafencity hin neu gebauten öffentlichen Terrassen. Beide befinden sich auf der Westseite einer in der Mitte der Hafencity in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straße.

    Das zu bewertende Neubau-Grundstück befindet sich in Luftlinie ca. ... m vom Rathaus und von der Mönckebergstraße sowie ca. ... m vom Jungfernstieg entfernt. Der Weg vom Grundstück zum Rathaus ist nicht weiter als etwa vom Stephansplatz oder vom Hauptbahnhof zum Rathaus.

    Zu den nächsten beiden U-Bahnstationen nordwestlich und nordöstlich betragen die Distanzen ... ca. ... m, zum Hauptbahnhof sind es rund ... m (vgl. Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 60 ff).

    Es handelt sich um eines der Eckgrundstücke mit unmittelbarem Zugang zu einer der genannten Terrassenflächen an einem der ehemals für See-Handelsschiffe genutzten Hafenbecken und mit entsprechendem Wasserblick (vgl. Einheitswert-Akte --EW-A-- Bl. 6, 10 ff, 15, 29, 31 ff, 61, 66 ff, 136). Ein Großteil der nicht an der Hafenbecken- oder Terrassenseite des Gebäudes befindlichen Büros verfügt ebenfalls über einen Blick zur Wasserseite oder über das Hafenbecken mittels insoweit gläserner Innenraum-Aufteilungen (vgl. FG-Akte Bl. 71).

    II.

    Das beklagte Finanzamt (FA) hatte den für das unbebaute Grundstück auf den 1. Januar 2004 festgestellten Einheitswert (EW-A Bl. 18, 24) nach Bezug zunächst auf den 1. Januar 2006 im Sachwertverfahren auf ... Euro fortgeschrieben (EW-A Bl. 68 ff, 87). Im Hinblick auf die Bestandskraft dieser Feststellung nahm die Klägerin einen Antrag auf fehlerbeseitigende Wertfortschreibung im Ertragswertverfahren auf den 1. Januar 2006 zurück (EW-A Bl. 89 ff, 95).

    Zugleich beantragte die Klägerin am 25. Januar 2006 eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung im Ertragswertverfahren auf den hier interessierenden Stichtag 1. Januar 2007 (EW-A Bl. 95 ff).

    Nach anschließendem Schriftverkehr und nach Ablehnung durch das FA vom 5. Februar 2008 (EW-A Bl. 110) legte die Klägerin am 29. Februar 2008 Einspruch ein (EW-A Bl. 111 ff).

    Die Betriebsprüfung bei der Klägerin durch das für sie zuständige Sitz-Finanzamt bezifferte die Herstellungskosten des Gebäudes bis ... laut Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht auf ... Euro. Das Sitz-Finanzamt übersandte dem beklagten Finanzamt (FA) Kopien im November 2008 (EW-A Bl. 127 ff).

    Nach Korrespondenz, Besprechungen und Besichtigung kündigte das FA unter dem 3. März 2009 an, der Klägerin hinsichtlich des Ertragswertverfahrens zu folgen, aber gleichzeitig verbösernd den Einheitswert auf ... Euro feststellen zu wollen (entspricht ... DM, EW-A Bl. 161). Dabei legte es für die ... qm Büroflächen nach den Wertverhältnissen des Hauptfeststellungszeitpunkts 1964 die - hier allein noch streitige - Büromiete von 8 DM zugrunde. Dazu bezog das FA sich auf den vom damaligen Ring Deutscher Makler (RDM, jetzt Immobilienverband Deutschland --IVD--) herausgegebenen Preisspiegel mit der Büromieten-Preisspanne von 5 bis 8 DM für Hamburg City und Innenstadt (EW-A Bl. 156 f).

    Dementsprechend verfuhr das FA mittels Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2009 (EW-A Bl. 170, FG-A Bl. 5, 23).

    III.

    Die Klägerin hat beim Finanzgericht (FG) am 25. Juni 2009 Klage erhoben (FG-A Bl. 1).

    Während des Klageverfahrens haben die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2010 tatsächlich verständigt über die übliche Ladenmiete 1964 für ... (Protokoll S. 2, FG-A Bl. 78).

    IV.

    Die Klägerin nimmt zur Begründung ihrer Klage auf die privatgutachtlichen Ausführungen eines Bau- und Bewertungssachverständigen Bezug und trägt damit im Wesentlichen vor (FG-A Bl. 1, 12 ff = 16 ff, 39, 77): Da die unterschiedlichen Grundstückspreise und damit auch die Bodenrichtwerte durch die jeweils erzielbaren Mieten bestimmt oder beeinflusst seien, lasse sich umgekehrt aus unterschiedlichen Bodenrichtwerten auf ein entsprechendes Mietpreisgefälle schließen. Da die Bodenrichtwerte im City-Kerngebiet am Jungfernstieg und in der Mönckebergstraße auf den 1. Januar 1964 ca. fünfmal so hoch wie an der hier interessierenden Straße gewesen seien, sei hier die übliche Miete nicht in Höhe des obersten Werts des RDM-Preisspiegels 1964, sondern wesentlich geringer zu schätzen. Durch den angefochtenen Einheitswert sei die Grundsteuer höher als bei benachbarten Bürogebäuden und doppelt so hoch wie im früheren Altstadt-Büro der mit der Klägerin verbundenen Unternehmensgruppe. Bei einem Vergleich des heutigen Niveaus der Büromieten in der Hafencity einerseits und in der City und Innenstadt andererseits sei zu berücksichtigen, dass in der Hafencity kürzlich die Stadt größere Flächen für nur 15 Euro/qm gemietet habe und dass es bei Neuvermietungen anfangs Leerstände oder mietfreie Zeiten geben könne. In der stadtnäheren Nordwestecke der Hafencity in der Vergangenheit geforderte Spitzenmieten seien nicht im nötigen Umfang realisierbar gewesen; auch heute noch gebe es dort Leerstände.

    Die Klägerin beantragt (FG-A Bl. 2, 80), unter Aufhebung des Bescheids über die Ablehnung des Antrags auf Fortschreibung des Einheitswerts gemäß § 22 Abs. 3 Bewertungsgesetz auf den 1. Januar 2007 (vom 5. Februar 2008) und der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2009 das beklagte FA zu verpflichten, den Einheitswert auf den 1. Januar 2007 fortzuschreiben unter Berücksichtigung der obigen tatsächlichen Verständigung über die Ladenmiete und unter Zugrundelegung einer Büromiete von 7 DM pro qm, wobei die Lagerflächen und Stellplatzbewertung unverändert bleiben.

    Das FA beantragt (FG-A Bl. 81), die Klage abzuweisen.

    Das FA bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor (FG-A Bl. 21, 39, 77): Für die Ermittlung der üblichen Miete sei zwar auf die Wertverhältnisse 1964, aber auf die tatsächlichen Verhältnisse zum streitigen Bewertungsstichtag abzustellen. Zu berücksichtigen seien sowohl die tatsächliche Nutzung und Ausstattung des Neubaus als auch die Lage des Grundstücks. Hinsichtlich der Lage könnten nicht die Bodenrichtwerte 1964 verglichen werden, sondern sei auf die aktuellen Gegebenheiten in der Hafencity abzustellen. Wie sich aus zahlreichen amtsintern herangezogenen Vergleichsmieten ergebe, seien die heutigen Hafencity-Mieten mit denen der Innenstadt vergleichbar. In der von der Klägerin angesprochenen Nordwestecke der Hafencity seien beispielsweise Mieten von 22 Euro/qm im Angebot. Dementsprechend sei die gemäß Innenstadtniveau des RDM-Preisspiegels 1964 angesetzte Büromiete von 8 DM nicht zu hoch bemessen.

    V.

    Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 30. Oktober 2009 auf den Einzelrichter übertragen (FG-A Bl. 29).

    In der Verhandlung vom 1. Dezember 2009 hat das Gericht beschlossen, Beweis zu erheben durch mündliches Sachverständigen-Gutachten in Verbindung mit richterlicher Augenscheinseinnahme im Rahmen eines Ortstermins (FG-A Bl. 39, 41 f). Außerdem sind Bau- und Grundbuchakten beigezogen worden (FG-A Bl. 42, 45 ff).

    In der Ortstermin-Verhandlung am 22. Februar 2010 hat der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sein Gutachten erstattet und sind die Räume im ... Obergeschoss des Gebäudes in Augenschein genommen worden. Danach ist auf eine Besichtigung der übrigen Etagen - auch der höheren Stockwerke mit deren Helligkeit und Ausblicken - allseits verzichtet worden (FG-A Bl. 77 ff).

    Ergänzend wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften (FG-A Bl. 39 ff, 77 ff) sowie auf die oben angeführten Vorgänge nebst damit zusammenhängenden Unterlagen aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A), - der Einheitswert-Akte (EW-A), - den Bauakten Bd. 1 - 4 und - der die Kaufvertragsunterlagen enthaltenden ursprünglichen Grundakte.

    Gründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    I.

    Die Einheitswertfortschreibung auf den 1. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Finanzgerichtsordnung --FGO--).

    Zu Recht hat das FA den Einheitswert erst für den Beginn des Kalenderjahrs (2007) nach dem Stichtag (2006) der nicht angefochtenen Art- und Wertfortschreibung als Geschäftsgrundstück gemäß §§ 19 ff, § 22 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) fehlerbeseitigend fortgeschrieben (vgl. Bundesfinanzhof --BFH-- vom 21. Februar 2002 II R 18/00, BFHE 198, 150, BStBl II 2002, 457, 458 zu II c aa; vom 11. März 1998 II R 5/96, BFH/NV 1998, 1070, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 1998, 841, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1998, 810).

    Zutreffend hat das FA auf Einspruch der Klägerin den Bescheid über die Ablehnung der für 2007 beantragten Wertfortschreibung aufgehoben und das Geschäftsgrundstück nunmehr im Ertragswertverfahren anstelle des Sachwertverfahrens bewertet, da das Bürogebäude keine besonderen branchenspezifischen Gestaltungsmerkmale aufweist (§§ 68 ff, 74 ff, 76 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, §§ 78 ff, 83 ff BewG; vgl. BFH vom 16. Mai 2007 II R 36/05, BFH/NV 2007, 1827; vom 21. Februar 2002 II R 66/99, BFHE 198, 146, BStBl II 2002, 378).

    Bei der Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse auf den Fortschreibungszeitpunkt 1. Januar 2007 ist nach §§ 27, 79 Abs. 5 BewG von den Wertverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 auszugehen; seitdem wurde abweichend von § 21 Abs. 1 BewG keine neue Hauptfeststellung mehr gesetzlich angeordnet (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewG-Änderungsgesetz i.d.F. vom 22. Juli 1970, BGBl I 1970, 1118, BStBl I 1970, 911).

    Trotz des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts werden die Einheitswerte nach den bisherigen Vorschriften verfassungsgemäß festgestellt und der Grundsteuer zugrunde gelegt (BFH vom 2. Februar 2005 II R 36/03, BFHE 209, 428, BStBl II 2005, 428; vom 18. Oktober 2006 II B 11/06, Juris, nachgehend Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- vom 26. Februar 2007 1 BvR 307/07, Juris; ständ. Rspr.).

    Für das Neubau-Grundstück richtet sich der Ertragswert gemäß § 79 Abs. 2 BewG nach der üblichen Miete 1964; nicht in Betracht kommt hier die sonst vorrangig zu prüfende Bewertung nach § 79 Abs. 1 BewG anhand tatsächlich in 1964 erzielter Mieten für ein bereits existierendes Objekt oder für zusammenhängende Gebäudeteile (vgl. insoweit FG des Saarlandes vom 27. November 1991 2 K 214/85, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1992, 650, 652 zu I 2 b; BFH vom 17. Mai 1974 III R 30/73, BFHE 112, 407, BStBl II 1974, 506; vom 7. Dezember 1973 III R 158/72, BFHE 111, 264, BStBl II 194, 195).

    Die hypothetische Miete, die für den jetzigen Neubau nach den Wertverhältnissen von 1964 üblicherweise zu zahlen gewesen wäre, ist vom FA zutreffend mittels Mietspiegel ermittelt worden.

    a) Die übliche Miete 1964 wird zur Vermeidung von Ungenauigkeiten oder Ungleichheiten nicht durch Rückrechnung mittels Wertänderungsindex aus einer aktuellen Miete abgeleitet (FG Brandenburg vom 14. Januar 2009 3 K 2567/04 B, Datev, Juris; BFH vom 26. Januar 1979 III R 99/76, BFHE 126, 569, BStBl II 1979, 254, 255 zu 2).

    b) Soweit Vergleichsmieten nicht aus eigenem unmittelbar benachbarten Bestand des Steuerpflichtigen vorliegen, können sie nicht praktikabel herangezogen und verglichen werden; das FA darf ihm vorliegende Vergleichsmieten ohne Befreiung vom Steuergeheimnis nach § 30 Abgabenordnung (AO) im Prozess nicht einzelnen Vergleichsobjekten zuordnen (BFH vom 24. September 1976 III B 12/76, BFHE 120, 270, BStBl II 1977, 196).

    Ebenso wenig kommt es auf unbezifferte und unbelegte Behauptungen über die Berechnung des Einheitswerts oder der Grundsteuer anderer Grundstücke an; abgesehen von der Frage ihrer zutreffenden Bewertung und Besteuerung.

    c) Gemäß ständiger Rechtsprechung werden die in 1964 üblich gewesen Mieten nach Möglichkeit Mietspiegeln entnommen, die als Hilfsmittel zur Schätzung gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG i.V.m. § 162 AO dienen (BFH vom 18. November 1998 II R 79/96, BFHE 187, 104, BStBl II 1999, 10; vom 25. Januar 1989 II R 111/88, BFHE 155, 561, BStBl II 1989, 402; vom 23 November 1988 II R 2/86, BFH/NV 1989, 626).

    Vorauszusetzen ist, dass Mietspiegel 1964 für den räumlichen Zuständigkeitsbereich des FA vorliegen und die betreffende Grundstücks- bzw. Gebäudeart umfassen (BFH vom 5. Mai 1999 II R 54/97, BFH/NV 2000, 169, DStRE 2000, 33, HFR 2000, 2, 88; Schaffner in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, 2. A., § 79 Rd. 17; im Übrigen vgl. § 76 Abs. 3 BewG).

    d) In Betracht kommen danach für den Bereich des in Hamburg für die Einheitsbewertung allein zuständigen beklagten FA einerseits der „Mietespiegel” 1964 für Wohnobjekte, der unter Mitwirkung verschiedener Institutionen verwaltungsseitig aufgestellt wurde (Oberfinanzdirektion --OFD-- Hamburg vom 6. Dezember 1967 S 3202, Hamburger Grundeigentum 1968, 145) und andererseits der vom RDM (jetzt IVD) herausgegebene „Preisspiegel” 1964, der für eine Anzahl deutscher Städte neben Immobilienpreisen die Laden- und die Büromieten für die verschiedenwertigen Lagen ausweist.

    Für die - hier - im Bürogebäude streitige Büromiete ist der RDM-Preisspiegel einschlägig. Soweit auch im Wohnungs-Mietespiegel Anhang 1 gewerblich oder freiberuflich genutzte Räume erwähnt werden, ist dort nur der Fall angesprochen, dass Teile einer Wohnung freiberuflich oder gewerblich genutzt werden (vgl. FG Hamburg vom 12. September 1974 III 125/73, EFG 1975, 4).

    e) Soweit für den Zuständigkeitsbereich des FA erarbeitete Mietspiegel hinsichtlich ihrer Aufstellung und der Heranziehung von Vergleichsobjekten nicht substantiiert angegriffen werden, darf das FG, ohne sich eine eigene Überzeugung über das Zustandekommen der Mietspiegel verschaffen zu müssen, davon ausgehen, dass sie auf der Ermittlung und Auswertung einer repräsentativen Zahl von Vermietungsfällen beruhen und deren zusammengefasstes Ergebnis darstellen (vgl. BFH vom 17. Februar 1999 II R 48/97, BFH/NV 1999, 1452).

    f) Unabhängig davon hat sich das Gericht die Überzeugung verschafft, dass die Angaben im Hamburger Mietespiegel 1964 und im RDM-Preisspiegel 1964 repräsentativ, in sich stimmig und praxistauglich sind. Diese Überzeugung ergibt sich bereits aus der laufenden Zusammenarbeit des seit Anfang 1997 für das Bewertungs-Dezernat des FG zuständigen Berichterstatters (hier des Einzelrichters) mit insbesondere denjenigen beiden gerichtlich beauftragten Sachverständigen, die noch über eigene berufliche Erfahrungen im Makler- und Immobiliengeschäft aus 1964 verfügen. Diese Sachverständigen sind noch mit der Erstellung der Miet- und Preisspiegel sowie mit der Einheitsbewertung zum Feststellungsstichtag 1. Januar 1964 aufgrund persönlicher Mitwirkung bei Datenerfassungen und Erklärungen vertraut und konnten dem Finanzgericht in ständiger Praxis ihre Erinnerungen vermitteln; zugleich vor dem Hintergrund ihrer jahrzehntelangen gutachterlichen Erfahrung einschließlich öffentlicher Bestellung durch die Handelskammer, Berufung in den Gutachterausschuss für Grundstückswerte und Tätigkeit für verschiedene Gerichte. So hat auch der im Streitfall gerichtlich beauftragte Sachverständige, der frühere Vorsitzende des RDM Hamburg und nachfolgende Vorsitzende des IVD Nord, über das Zustandekommen der RDM-Preisspiegel seit 1964 berichtet (wie protokolliert, oben A V).

    g) Dementsprechend werden Miete- und Preisspiegel 1964 für die Einheitsbewertung in Hamburg gemäß ständiger Finanzamts- und Gerichtspraxis angewandt. Dass hierzu keine weiteren Entscheidungen des FG veröffentlicht sind, hat seinen Grund auch in der einverständlichen Erledigung der bisherigen gerichtlichen Verfahren im Einheitswert-Dezernat seit 1997.

    h) Soweit ein Mietspiegel 1964 vorliegt und eine übliche Miete daraus abgeleitet werden kann, hat ein Steuerpflichtiger im Massenverfahren der Einheitsbewertung für die Zwecke der Grundsteuer keinen Anspruch auf ein Einzelgutachten (FG Nürnberg vom 2. August 2000 IV 219/1999, DStRE 2001, 34; BFH vom 10. August 1984 III R 18/76, BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200). Im Vergleich zu individuellen Wertermittlungen verstoßen die größeren Ungleichmäßigkeiten des Wertniveaus im typisierten und pauschalierten Ertragswertverfahren nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz --GG-- (BFH vom 14. Dezember 1994 II R 104/91, BFHE 176, 439, BStBl II 1995, 360).

    i) Diese Grundsätze schließen die Einholung eines (hier mündlichen) Sachverständigen-Gutachtens in Verbindung mit richterlicher Augenscheinseinnahme nicht aus, und zwar zwecks gerichtlicher Überzeugung nach freier Beweiswürdigung gemäß §§ 81, 82, 96 FGO i.V.m. §§ 402 ff Zivilprozessordnung (ZPO).

    Auch der Sachverständige hat das Verfahren des FA bestätigt, die streitige Büromiete mittels des RDM-Preisspiegels 1964 für Hamburg zu bestimmen.

    Der Höhe nach ist für den Einheitswert des Neubaus zum Fortschreibungsstichtag entscheidend, welche (Büro-)Miete unter den aktuellen tatsächlichen Verhältnissen von Lage und Ausstattung gezahlt worden wäre in 1964 nach den damaligen Wertverhältnissen (BFH vom 11. Dezember 2003 II B 151/02, BFH/NV 2004, 472).

    a) Bei der Beantwortung dieser Frage gemäß Miete- bzw. Preisspiegel 1964 ist auf die veränderten heutigen Gegebenheiten der Lage - hier in der Hafencity - abzustellen und nicht auf die frühere Nutzung und Umgebung des Grundstücks - im damaligen alten Freihafenteil - in 1964. Dementsprechend ermöglicht ein Vergleich der durch die Klägerin angeführten Bodenrichtwerte von 1964 für die Freihafenfläche einerseits und für City oder Innenstadt andererseits keine Zuordnung einer Spiegelmiete aus einer für 1964 angegebenen Preisspanne - oder mit anderen Worten keine Bewertung der heutigen tatsächlichen Gegebenheiten nach den Wertverhältnissen von 1964

    b) Hinsichtlich der Ausstattung ist zu berücksichtigen, dass die Spiegelmieten sich nur auf die in 1964 üblichen Ausstattungen beziehen und nicht auf die darüber hinausgehende aktuelle Neubauausstattung; dementsprechend erfassen die Mietpreisspannen für verschiedene Ausstattungsstufen im Mietespiegel und Preisspiegel 1964 nur die damals üblichen Ausstattungsklassen (vgl. BFH vom 28. Januar 1987 II R 234/81, BFH/NV 1988, 351 zu 2 b). Ungeachtet aktueller hochwertiger Ausstattungen kann schon eine gemäß heutigen Maßstäben als nur durchschnittlich anzusehende Ausstattung nach den Wertverhältnissen 1964 als gut oder sehr gut einzustufen sein (FG Brandenburg vom 14. Januar 2009 3 K 2567/04 B, Datev, Juris: z. B. Zentralheizung und WC mit Warmwasser).

    Nach diesen Grundsätzen hat das FA die hier streitige übliche Büromiete unter den aktuellen Gegebenheiten von Lage und Ausstattung auch der Höhe nach gemäß den Wertverhältnissen 1964 zutreffend geschätzt; und zwar in Höhe des oberen Werts der im RDM-Preisspiegel 1964 für Büromieten in Hamburg City und Innenstadt bezeichneten Spanne. Zu Recht hat das FA die Lage der Büros in der jetzigen Hafencity als mit einer Innenstadtlage vergleichbar angesehen und die Nutzung und moderne Ausstattung der Büros berücksichtigt. Diese Einschätzung durch das FA deckt sich mit derjenigen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen und des von diesem hinzugezogenen weiteren Sachverständigen mit umfassenden Erfahrungen seit mindestens 1964 (oben 4 f).

    a) Für die Vergleichbarkeit der Lage in der jetzigen Hafencity mit einer Innenstadtlage spricht bereits der vom Sachverständigen angeführte Vergleich des aktuell erhobenen Büromieten-Niveaus in der Hafencity mit dem entsprechenden und zum Teil sogar niedrigeren Niveau in der City.

    Dieser Befund bleibt im Ergebnis unberührt durch die von der Klägerin angeführten gelegentlichen Leerstände, mietfreien Zeiten oder niedrigeren Mieten bei größeren Flächen. Derartige Umstände sind nicht auf die Hafencity beschränkt, sondern auch in anderen Lagen und dementsprechend auch auf beiden Seiten des Vergleichs anzutreffen oder nach Bekanntwerden berücksichtigt.

    Gerichtsbekannte Leerstände in der nordwestlichen Ecke der heutigen Hafencity Jahre vor dem Fortschreibungsstichtag bei schon damals geforderten Spitzenmieten vor der weiteren Entwicklung der Hafencity sind nicht maßgeblich, nachdem diese aufgrund zunehmender Attraktivität insbesondere in der hier interessierenden Gegend inzwischen schneller gewachsen ist.

    Gewisse nachfolgende Vermietungseinbrüche in Hamburg aufgrund der Finanzkrise spielen für den Fortschreibungsstichtag 1. Januar 2007 noch keine Rolle, wie der Sachverständige zutreffend ausgeführt hat.

    b) Die Lage zeichnet sich weiter aus durch die kurzen Wege in die City mit den geringen Entfernungen etwa zum Rathaus, zum Jungfernstieg und zur Mönckebergstraße. Dasselbe gilt für die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln (oben A I 4).

    c) Dabei ist auf die Attraktivität der Lage für die vorliegende Büronutzung abzustellen, zumal mit einem gewissen maritimen Bezug; nicht etwa auf einen Vergleich mit City oder Innenstadt für dort anzutreffende Kaufhäuser oder Läden.

    d) Bei der Lage ist schließlich zu berücksichtigen, dass das Bürogebäude sich auf einem der besten Grundstücke mit interessantem Wasserblick und an einem der schönsten Plätze der Hafencity befindet (oben A I 3, 5). Auch dies hat der Sachverständige bestätigt. Etwa im Vergleich zu einer Lage an der Alster steht das Bürogebäude hier nicht hinter einer breiten Uferstraße (wie etwa am Ballindamm), sondern unmittelbar auf der Wasserseite und außerdem direkt an einer zum Wasser hinunterführenden Terrasse (wie etwa am Jungfernstieg neben dem Alsterpavillon).

    e) Hinsichtlich seiner Ausstattung nimmt der moderne Büroneubau schon aufgrund des Vergleichs mit den in 1964 bekannten und den Spiegelmieten zugrunde gelegten Bauausführungen eine Spitzenposition ein (oben 5 b). Das gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass es sich bei den in den Preisspiegel eingeflossenen City- und Innenstadt-Büromieten aus 1964 zum ganz überwiegenden Teil oder sogar fast ausschließlich noch um Altbauten gehandelt hat. Der Sachverständige hat dies ausgeführt und darauf hingewiesen, dass die Spiegelmiete-Spanne mit dem oberen Wert nicht die darüber hinaus seinerzeit in Einzelfällen erzielten Spitzenmieten umfasst.

    Hinzu kommen bei der Bauausführung die protokollierten positiven Erkenntnisse aus der Gebäudebesichtigung; hervorzuheben ist die Erweiterung des wasserseitigen Blicks durch die Ausgestaltung mit großen Fenstern und teilweise gläsernen Raumaufteilungen (oben A I 5, V).

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Gründe für eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.

    Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO (oben A V).

    VorschriftenBewG § 19, BewG § 21, BewG § 22, BewG § 27, BewG § 68, BewG § 76, BewG § 79 Abs. 2, AO § 30, AO § 162, FGO § 81, FGO § 82, FGO § 96, GG Art. 3, ZPO § 402.