08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 28.01.2004 – V 138/03
1. Zur Befangenheit von Prüfern in der Steuerberaterprüfung
1.1 Nach § 84 Satz 3 AO verliert das Rügerecht der Befangenheit, wer sich in Kenntnis seines Rügerechts in eine mündliche Verhandlung eingelassen hat.
1.2 Wenn ein Prüfer in der Begründung der getroffenen Prüfungsentscheidung die schlechten Ergebnisse aus nicht bestandenen Vorprüfungen erwähnt, so ist dies kein ausreichender Hinweis darauf, dass der Prüfer unter Verstoß gegen seine Pflicht, die Leistungen des Bewerbers unvoreingenommen und objektiv zu bewerten, andere Kriterien als die in der Prüfung gezeigten Leistungen in seine Bewertung einbezogen hat. Auch eine Begründung des Inhalts, im dritten Versuch müsse man bessere Vornoten vorlegen, ist nicht zu beanstanden.
1.3 Es begegnet keinen Bedenken, wenn im Überdenkensverfahren der Prüfungsausschuss eine gemeinsame Äußerung formuliert, die in Teilbereichen auch Stellungnahmen einzelner Mitglied zu den von ihnen Grunde gelegten Bewertungsmaßstäben beinhaltet, oder zu Vorgängen des Prüfungsablaufs Stellung nimmt, die nicht seiner Wahrnehmung unterlegen haben.
2. Eine Schreibdauer von siebeneinhalb Stunden für eine Klausur kann unter besonderen Umständen zumutbar sein.
3. Zur Bemessung und Angemessenheit von Schreibzeitverlängerungen.
4. Für die Beurteilung sowohl der Angemessenheit des Schwierigkeitsgrades einer Klausur im Gesamten wie für die Gewichtung der einzelnen Lösungsteile im Verhältnis zueinander stehen der Prüfungsbehörde bzw. dem Prüfungsausschuss und den Prüfern ein weiter Beurteilungsspielraum zu.
5. Das Vorliegen einer gegen Art 12 GG verstoßenden Berufszugangsbeschränkung kann nicht aus dem unterschiedlichen Zuwachs der Mitgliederzahl der Rechtsanwaltskammern einerseits und der Steuerberaterkammern andererseits erkannt werden.
6. Störungsrügen im Sinne von § 20 Abs. 4 DVStB muss jeder Bewerber für sich erheben, Rügen anderer Bewerber können ihm nicht als eigene zugerechnet werden. Auch das Bedauern des Aufsichtsführenden gegenüber dem Bewerber über Baulärm ersetzt eine eigene Erklärung des Bewerbers nach § 20 Abs. 4 DVStB nicht.
7. Ein als üblich anzusehendes Sozialverhalten einer Aufsichtsperson in der mündlichen Prüfung kann jedenfalls dann keinen Verfahrensfahler im Prüfungsverfahren begründen, wenn der Bewerber dem hätte entgehen können.
8. Mit der Erstreckung der mündlichen Prüfung auf das Gesetzgebungsvorhaben der sog. Öko-Steuern in der Steuerberaterprüfung 1998 sowie auf finanzverfassungsrechtliche Fragen ist der zulässige Prüfungsbereich nicht überschritten.
9. Die Durchführung der mündlichen Prüfung ohne Hilfsmittel wie Gesetzestext oder Richtlinientext beinhaltet keine Übersteigerung der Prüfungsanforderungen.
10. Dadurch, dass die Gesamtnote für die schriftliche Prüfung nur durch das arithmetische Mittel der Einzelnoten in den Klausuren - also ohne eine zusammenfassende Bewertung der schriftlichen Leistungen - gebildet wird, wird der Bewerber jedenfalls dann nicht in seinen Rechten nicht verletzt, wenn er zur mündlichen Prüfung zugelassen wird.
Tatbestand
Die Klägerin hat die Steuerberaterprüfung 1998 nicht bestanden. Es war ihr dritter Versuch. Bereits vorher war sie in die Steuerberaterprüfungen 1996 und 1997 durchgefallen, in denen sie 1996 mit einer Durchschnittsnote von 5,0 nicht und 1997 mit einer Durchschnittsnote von 4,5 nur knapp zum Mündlichen zugelassen worden war.
In der Prüfung 1998 hat sie im Schriftlichen folgende Noten erzielt:
im Fach | Note |
Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete | 4,5 |
Steuern vom Einkommen und Ertrag | 4,5 |
Buchführung und Bilanzwesen | 4 |
Auf ihren Antrag war ihr aus Krankheitsgründen eine Verlängerung der Schreibzeit von 1 Stunde gewährt worden. Während des Klausurentermins im Fach Buchführung und Bilanzen stellte sich heraus, dass in dem (bundesweit einheitlichen) Aufgabentext ein Datum falsch angegeben war. Nachdem dies erkannt worden war, verlängerte die Prüfungsbehörde die Zeitvorgabe für die Klausur für alle Kandidaten um 30 Minuten. Die Prüfungsdauer der Klägerin für diese Klausur betrug demnach 7 1/2 Stunden.
Mit der Gesamtnote von 4,33 aus dem Schriftlichen wurde die Klägerin zur mündlichen Prüfung zugelassen. In der am 16.02.1999 vom Prüfungsausschuss 4 abgenommenen mündlichen Prüfung wurden ihre Leistungen bewertet
Prüfer / Vortrag | Note |
Vortrag | 4 |
Frau A | 4 |
Frau B | 4,5 |
Herr C | 5 |
Herr Dr. D | 3,5 |
Herr E | 5 |
Herr F | 4,5 |
30,5 |
Der in der mündlichen Prüfung erzielte Notendurchschnitt (30,5 : 7) betrug 4,35, die durch 2 geteilte Summe der Gesamtnoten aus dem Schriftlichen und Mündlichen ergab somit die Note 4,34. Daraufhin eröffnete ihr der Vorsitzende des Prüfungsausschusses 4, dass sie die Prüfung nicht bestanden habe.
Am 16.03.1999 hat sie Klage erhoben.
Sie machte zunächst geltend, die Aufsichtsarbeiten Buchführung und Bilanzen leide an einem Verfahrensfehler, weil die Aufgabenstellung unrichtig gewesen und während des Schreibens habe berichtigt werden müssen. Auch die Aufsichtsarbeit Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete leide an Verfahrensfehlern, weil im Prüfungsraum die Heizung defekt gewesen sei. Zudem seien diese Klausuren nicht von den dazu berufenen Prüfern bewertet worden. Die Aufsichtsarbeit Steuern vom Einkommen und Ertrag sei fehlerhaft bewertet worden.
Auch die mündliche Prüfung leide an Verfahrens- und Bewertungsfehlern. Der Prüfungsraum sei Lärmbelästigungen ausgesetzt gewesen. Zudem sei sie - die Klägerin - durch eine Nachfrage der Aufsichtbeamtin während der Prüfungspause nach dem Vortrag in ihrer Konzentration beeinträchtigt worden. Durch den Vorsitzenden sei die damals noch gar nicht geltende Ökosteuer geprüft worden.
Der Prüfungsausschuss habe zudem unzulässigerweise die ersten beiden Fehlversuche in die Bewertung ihrer Leistungen einbezogen, wörtliche Zitate von Gesetzesstellen erwartet und einen falschen Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt. Die Anforderungen an die Prüflinge seien insgesamt gesehen überspannt.
Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten Bewertungsmängel hat der Senat auf Anregung der Beteiligten das Verfahren gem. § 74 FGO mit Beschluss vom 01.11.1999 ausgesetzt, um dem Prüfungsausschuss Gelegenheit zum Überdenken der Bewertung der Prüfungsleistungen der Klägerin zu geben.
Im Rahmen des Überdenkensverfahrens haben die Korrektoren der Aufsichtsarbeiten der Klägerin Vermerke über das Überdenken der vorgetragenen Beanstandungen gefertigt, die dem Senat vorliegen. Außerdem ist der Prüfungsausschuss 4 gemäß der vorliegenden Niederschrift am 20.12.1999 zu einer Sitzung zusammengetreten, bei der die Bedenken der Klägerin sowohl gegen die Bewertung ihrer schriftlichen als auch ihrer mündlichen Prüfungsleistungen beraten wurden. Das Überdenkensverfahren hat nicht zu einer Änderung der Bewertungen und der Prüfungsentscheidung geführt. Auf die genannten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Nach Kenntnisnahme der Stellungnahmen der Prüfer zu den geltend gemachten Bewertungsmängeln ist die Klägerin weiterhin der Ansicht, dass die Prüfungsentscheidung fehlerhaft ist.
Sie trägt vor:
1. Die an der mündlichen Prüfung beteiligten Prüfer des Prüfungsausschusses 4 seien bei der Abnahme der mündlichen Prüfung befangen gewesen. Sie hätten ihre ersten beiden Fehlversuche in einer Weise berücksichtigt, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen seien, ihre - der Klägerin - Leistungen unvoreingenommen zu bewerten. Diese Erkenntnis habe sie erst nach Durchführung des Überdenkensverfahrens gewonnen aus der Zusammensicht der als sachfremd zu rügenden Einbeziehung ihrer Prüfungsleistungen der ersten beiden Prüfungsversuchen in den Jahre 1996 und 1997, wie sie sich in den Äußerungen der Prüfer B und C dokumentiere, mit der Niederschrift über die Sitzung des Prüfungsausschusses vom 20.12.1999.
Zunächst seien ihr bereits in der 45 minütigen Begründung der Prüfungsentscheidung vom Prüfer C die schlechten Ergebnisse ihrer Klausuren aus den Vorprüfungen vorgehalten worden und die Prüferin B habe erklärt, im dritten Versuch müsse man bessere Vornoten vorlegen. Hinzu komme, dass der Prüfungsausschuss 4 in seiner Niederschrift über die Sitzung vom 20.12.1999 zu Vorgängen in einer für die Klägerin nachteiligen Weise Stellung nehme, die er, der Prüfungsausschuss gar nicht kennen könne, nämlich einmal zu Motiven der Prüferin B und zum anderen zum Vorgang des Pausengesprächs mit der Aufsichtbeamtin G. Daraus ergebe sich ein Gesamtbild, das die Besorgnis der Befangenheit bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Prüfung rechtfertige. Denn dies sei ein Beweis dafür, dass der Prüfungsausschuss ihre - der Klägerin - Leistungen nicht objektiv habe bewerten wollen, sondern lediglich Gründe für das gewünschte Ergebnis gesucht habe. Sie lehne deshalb die an der mündlichen Prüfung beteiligten Prüfer gemäß § 84 AO für das Prüfungsverfahren rückwirkend ab.
2. Die Klägerin beanstandet darüber hinaus, dass aus den genannten Gründen auch das Überdenkensverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
3. Die in der Steuerberaterprüfung gestellten Anforderungen an die Prüflinge seien überspannt. Die schriftlichen Prüfungsarbeiten seien so umfangreich, dass die in der vorgesehenen Prüfungszeit von 6 Stunden nicht vollständig zu lösen seien. Die Prüfung sei deshalb in Wahrheit eine objektive Berufszugangsbeschränkung. Das verstoße gegen Art. 12 GG. Die Effizienz dieser Zugangsbeschränkung ergebe sich aus einem Vergleich des Anwachsens der Mitglieder der Rechtsanwaltskammern und der Steuerberaterkammern.
4. Die Aufsichtsarbeit Buchführung und Bilanzen leide an einem Verfahrensfehler, weil die Aufgabenstellung unrichtig gewesen und während des Schreibens hätte berichtigt werden müssen. Eine einheitliche Schreibverlängerung von 30 Minuten für alle Kandidaten verstoße gegen den Grundsatz der Chancengleichheit, denn die Prüflinge seien in unterschiedlicher Weise durch den Fehler betroffen worden, je nachdem, ob sie mit der fehlerhaft gestellten Teilaufgabe begonnen hätten oder nicht. Die Verlängerung um 30 Minuten sei nicht ausreichend gewesen, um den bei ihr durch die fehlerhafte Aufgabenstellung eingetretenen Nachteil zu beseitigen, denn sie habe gerade den fehlerhaften Teil der Aufgabenstellung zur Grundlage ihrer Lösung genommen. Zudem hätte ihr angesichts der ihr ohnehin krankheitsbedingt zugestandenen Schreibverlängerung um eine Stunde eine weitere Verlängerung um 35 Minuten und nicht nur um 30 Minuten zugestanden. Die sich bei dieser Klausur insgesamt ergebende Klausurbearbeitungszeit von siebeneinhalb Stunden sei schließlich unzumutbar.
5. Auch die Aufsichtsarbeit Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete leide an Verfahrensfehlern. Im Prüfungsraum sei die Heizung defekt gewesen. Auf die Rüge der Prüflinge habe ein Heizungsmonteur mit entsprechender Lärmbelästigung vergeblich versucht, Abhilfe zu schaffen.
6. Beide Klausuren seien zudem von nicht zuständigen Prüfern bewertet worden.
7. Auch die mündliche Prüfung leide an Verfahrensfehlern. Der Prüfungsraum sei Lärmbelästigungen durch ein gegenüber liegendes Großbauprojekt ausgesetzt gewesen. Die aufsichtsführende Beamtin Frau G habe dies gegenüber der Klägerin bedauert, so dass es einer Rüge nicht bedurft hätte.
Zudem sei sie durch eine - sicherlich gut gemeinte - Nachfrage der Aufsichtbeamtin während der Prüfungspause nach dem Vortrag in ihrer Konzentration beeinträchtigt worden. Diese habe sich nach dem Gesundheitszustand ihrer Mutter erkundigt - ein Lebensumstand, den sie zuvor zur Konzentration auf die Prüfung erfolgreich verdrängt gehabt habe. Denn ihre Mutter sei zu Beginn der Prüfung schwer erkrankt und habe sich einer Operation unterziehen müssen. Hinsichtlich dieses Vorgangs bezieht sich die Klägerin zum Beweis auf: 1. Zeugnis der Frau G 2. Eidliche Parteivernehmung.
Aus der Prüfungsakte ergibt sich hierzu, dass die Klägerin mit Schreiben vom 21.11.1998 an die Beklagte zu Händen von Frau G unter Hinweis auf die schwere Erkrankung der Mutter um einen möglichst späten Termin zur mündlichen Prüfung gebeten hatte.
8. Schließlich macht die Klägerin Bewertungsfehler geltend.
8.1 Zur Bewertung ihrer Leistungen in den Klausuren führt die Klägerin aus:
8.1.1 Zur Klausur Verfahrensrecht
Bei dieser Klausur sei die Verteilung der Wertungspunkte (WP) willkürlich und stehe in keinem Verhältnis zur Schwere der Aufgabenteile. USt sei untergewichtet. Hier habe sie anteilig am meisten Punkte erzielt. Zu Sachverhalt 1:
Bis auf Wertungspunkt 39 habe sie alle Fragen behandelt. Ihre Ausführungen zu den Wertungspunkten 42-46 seien übersehen worden. Beim Sachverhalt 3 habe sie vom Zweitkorrektor 10 von 10 Punkten erhalten, vom Erstkorrektor nur 8,5 von 10.
8.1.2 Zur Klausur Steuern vom Einkommen und Ertrag
Die Aufsichtsarbeit Steuern vom Einkommen und Ertrag sei fehlerhaft bewertet worden. Bei den vom Erstprüfer mit 47 und vom Zweitprüfer mit 48 Punkten - also mit 4,5 - bewerteten Arbeit seien von beiden Korrektoren Ausführungen nicht berücksichtigt worden, die eine Bewertung der Arbeit mit 4,0 rechtfertigten.
Die Musterlösung sei fehlgewichtet. Es seien z.T. Detailfragen des Gesellschaftsrechtes gefragt worden. Das überschreite das zulässige Prüfungsgebiet. Für die Entwicklung des vEK hätten im Gegensatz zu den Vorjahren keine freien Wertungspunkte zur Verfügung gestanden.
Sachverhalt Bodensee-Reise: Sie habe diese Reise als vGA gewertet. Das sei vertretbar. Zutreffende Ausführungen seien unberücksichtigt geblieben oder nicht bewertet worden:
Die weiteren Einwendungen gegen die Bewertung ihrer Ertragsteuerklausur (Bl. 71 bis 73 FG-Akte) hält die Klägerin offensichtlich nicht mehr aufrecht (Bl. 114).
8.1.3 Zur Buchführungs- und Bilanz-Klausur:
Vertretbare Ausführungen seien als falsch bewertet worden, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe seien verletzt worden. Insbesondere seien die Korrektoren mehrfach nicht auf die Folgefehler-Problematik eingegangen.
Betreffend Fall 1: Zur Frage der Teilauflösung der § 6b-Rückstellung sei entgegen der Musterlösung eine Voll-Auflösung der Rücklage wie von ihr vorgeschlagen vertretbar. Obwohl in diesem Teil der Aufgabenstellung der beanstandete Sachverhaltsfehler enthalten gewesen sei und deshalb besonders großzügig” habe korrigiert werden sollen, habe sie lediglich 1 von 5 möglichen Punkten erhalten. Die Prüfer hätten nicht bedacht, ob wegen der Folgefehler-Problematik weitere Punkte anzusetzen seien.
Frage 3 (Ermittlung der Bilanzansätze zum 31.12.1997) Neben der von der Musterlösung vorgesehenen Berechnung der AfA-Basis von 745.000 DM sei wegen der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Fortsetzungsklausel eine Zurechnung der ursprünglichen Anschaffungskosten des ausscheidenden Gesellschafters an die Verbleibenden aufgrund der nach Zivilrecht geltenden Anwachsung denkbar. Selbst wenn dies steuerrechtlich unvertretbar erscheine, sei wegen der erheblichen Divergenz der Bewertungen der beiden Korrektoren ein Überdenken der Bewertung angebracht. Schließlich habe sie wesentliche Teile der Lösung erbracht, ihre Fehlleistungen seien - teilweise? - Folgefehler.
Betreffend Fall 2: Grundstück 1 Sie, die Kl, habe bei der Lösung zwar außer Acht gelassen, dass das fragliche Grundstück im Fördergebiet gelegen habe. Im Übrigen habe sie aber den Bilanzansatz folgerichtig entwickelt. Die Abweichungen von der Musterlösung seien Folgefehler. Gleiches gelte für die Ermittlung des Bilanzwertes der Lagerhalle, weil sie dabei die Abstandszahlung, die besonders bepunktet sei, nicht berücksichtigt habe.
Trockenkammer Es sei fraglich, ob die Prüfer ihren Beurteilungsspielraum eingehalten hätten. Denn der Erstkorrektor habe 4 von 6 und der Zweitkorrektor 1 von 6 Punkten vergeben. Die Prüfer hätten ihre Bewertung insoweit nicht überdacht.
Y-GmbH Aus den Ausführungen auf S. 44-47 sei möglicherweise die Fortführung der Afa ersichtlich. Ihre Ausführungen zu dem - im Klausurfall nicht anwendbaren - § 50c EStG, die zwar nicht vorgesehen, aber wegen der Teilwertabschreibung sachlich erforderlich seien. Die Prüfer hätten auch diesen Punkt nicht überdacht.
8.2 Auch die mündliche Prüfung leide an Bewertungsfehlern:
Die Prüfer hätten sich bei der mündlichen Prüfung von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass der Prüfer C im Rahmen der Begründung des Prüfungsergebnisses darauf abgehoben habe, dass die Ergebnisse der schriftlichen Aufsichtsarbeiten aus den beiden früheren, ebenfalls nicht bestandenen Steuerberaterprüfungen sie, die Klägerin, in keinem positiven Licht habe erscheinen lassen. Dies sei nicht so gewesen, dass der Prüfer C nach diesen Ergebnissen gefragt habe, er habe sie vielmehr selbst eingeführt. Beweis:1. Zeugnis des Oberregierungsrats C 2. eidliche Parteivernehmung.
Darüber hinaus habe die Prüferin Frau B erklärt, beim dritten Durchgang müsse man eine bessere Vornote vorlegen.
Im Prüfungsabschnitt des Prof. Dr. D sei ihr angelastet worden, dass sie die Norm des § 8 Abs. 4 KStG zwar zutreffend genannt, den Inhalt jedoch aus dem Kopf falsch zitiert habe (statt „mehr als die Hälfte der Anteile an der Kapitalgesellschaft” habe sie „mehr als die Hälfte des Stammkapitals der Kapitalgesellschaft” verwendet). Beweis: Zeugnis Prof. Dr. D
Das falsche Zitieren des bei der Prüfung nicht zur Verfügung stehenden Gesetzestextes zu berücksichtigen, sei ein Bewertungsfehler. Die Prüfung habe sich auf die Kenntnis vom Inhalt und nicht des Wortlautes des Gesetzes zu richten. Zudem würden durch das Nichtzurverfügungstellen von Gesetzestexten und Richtlinien überzogene Anforderungen gestellt. Die Behauptung, Prof. D habe weitere Prüfungsfragen abbrechen müssen, weil von der Klägerin „nichts gekommen” sei, sei falsch. So sei die Klägerin die Einzige gewesen, nachdem die anderen alle gepasst hätten, die die Gliederungsvorschriften bei Kapitalerhöhung und -herabsetzung richtig habe anwenden können, die Abweichungen zwischen Gliederungskapital und Bilanzkapital erläutert und auf die gesonderte Feststellung nach § 47 KStG verwiesen habe.
Durch den Vorsitzenden sei die damals noch nicht geltende Ökosteuer materiell geprüft worden. Dies sei ein Verstoß gegen § 37a StBerG, denn nach dieser Vorschrift sei nur geltendes Recht Prüfungsgegenstand. Sie, die Klägerin, habe dazu nur Allgemeines sagen können. Dies sei ihr in der mündlichen Begründung der Prüfungsentscheidung zur Last gelegt worden.
Der Prüfungsausschuss habe sich schließlich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Dies ergebe sich zum einen - über die Frage der Befangenheit der Prüfer hinaus - aus den Bemerkungen der Prüfer C und B in der 45 minütigen Begründung der Prüfungsentscheidung zu den Ergebnissen ihrer früheren Fehlversuche. Sachfremd sei auch die Erwartung und Bewertung, dass die Kandidaten Gesetzesstellen wörtlich zitieren sollten. Gesetzeszitate aus dem Kopf seien kein zulässiges Kriterium einer Berufszugangsprüfung.
Der Prüfungsausschuss oder jedenfalls der Prüfer E habe einen falschen Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt. Dieser Prüfer habe nämlich bei der Begründung geäußert, für ihn sei eine durchschnittliche Leistung mit 4,0 zu bewerten. Dies verstoße gegen § 15 Abs. 1 DVStB, denn danach sei eine „in jeder Hinsicht durchschnittliche” Leistung mit 3,0 zu bewerten.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung vom 16.02.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten die Klägerin erneut zu einer Steuerberaterprüfung zuzulassen, hilfsweise, über das Bestehen der Steuerberaterprüfung 1998 unter erneuter Bewertung ihren schriftlichen Prüfungsleistung unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichtes zu befinden, hilfsweise, der Klägerin die Wiederholung der mündlichen Prüfung zu ermöglichen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkensverfahren und die Niederschrift über die Sitzung des Prüfungsausschusses 4 vom 20.12.1999 vor:
Die Bewertungen der schriftlichen Arbeiten der Klägerin seien auch nach einem Überdenken der geltend gemachten Einwendungen nicht zu verändern und rechtmäßig.
Hinsichtlich der mündlichen Prüfung sei festzuhalten: Eine für eine Großstadt untypische Lärmbelästigung habe der Ausschuss am Prüfungstag nicht feststellen können. Auch in den anderen Prüfungen dieses Prüfungszyklus sei von keinem der Kandidaten eine Lärmbelästigung geltend gemacht worden.
Im Prüfungsabschnitt des Prof. Dr. D sei von diesem nicht das korrekte Zitieren einer Vorschrift verlangt worden. Geprüft worden seien vielmehr die Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 4 KStG. Dabei habe die Klägerin die entscheidende Grenze bei der „Hälfte der Anteile” gesehen und nicht gewusst, dass „mehr als die Hälfte der Anteile” entscheidend seien. Weitere Prüfungsfragen habe der Prüfer abbrechen müssen, weil nichts von der Klägerin gekommen sei. Einzig richtige Antwort der Kandidatin sei gewesen, dass es einen § 8 Abs. 4 KStG gebe.
Die Fragen des Prüfers F nach der Öko-Steuer seien zulässig gewesen. In diesem Zusammenhang sei im Wesentlichen die Finanzverfassung geprüft und die Öko-Steuer hierfür als Beispiel genommen worden. Detaillierte Fragen zur Bemessungsgrundlage einzelner Besteuerungstatbestände der Öko-Steuer seien nicht gestellt worden. Darüber hinaus habe der Prüfer F unterschiedliche andere Themen geprüft, die Antworten der Klägerin zur Öko-Steuer seien in die Note eingegangen, hätten diese aber nicht entscheidend beeinflusst.
Im Hinblick auf ein Parallelverfahren zur Problematik der fehlerhaften Aufgabenstellung und deren Kompensation hat der Senat am 08.06.2000 das Ruhen des Verfahrens im Einverständnis der Beteiligten bis zur Entscheidung des BFH über die Revision VII R 71/99 angeordnet. Die Entscheidung ist im Jahre 2001 ergangen. Die Klägerin hat das Verfahren am 12.08.2002 wieder aufgenommen.
Der Rechtstreit ist am 28.01 2004 verhandelt worden. Auf die Niederschrift über den Termin sowie auf die Schriftsätze der Klägerin vom 15.3., 18.6., 28.09., 28.10.1999 und 28.02.2000 sowie der Beklagten vom 19.04., 20.07 und 15.10.1999 wird ergänzend Bezug genommen. Dem Senat liegt die Prüfungsakte der Beklagten bezüglich der Klägerin sowie ein Hefter „Rechtsstreit ...” mit den Prüfungsunterlagen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung vor.
Gründe
A Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Die angefochtene Prüfungsentscheidung ist aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden ist.
1. Die Prüfungsentscheidung ist nicht wegen Befangenheit der an der mündlichen Prüfung beteiligten Prüfer des Prüfungsausschusses 4 bei der Abnahme der mündlichen Prüfung gemäß § 83 AO aufzuheben. Der Prüfungsausschuss 4 der Bekl. war nicht falsch besetzt. Die Prüfer waren von der Beteiligung an der mündlichen Prüfung der Klägerin nicht ausgeschlossen. Gründe für eine Befangenheit des Prüfungsausschusses bzw. eines seiner Mitglieder sind nicht ersichtlich.
Die unrichtige Besetzung eines Prüfungsausschusses ist ein wesentlicher Verfahrensmangel, der die Prüfungsentscheidung rechtswidrig macht. Nach § 158 Abs. 1 Nr. 1d StBerG i.V. m. § 10 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) sowohl in der Fassung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der StB (7. StBÄndG) als auch in den davor geltenden Fassungen gehören dem Prüfungsausschuss an bzw. können ihm angehören neben drei Beamten des höheren Dienstes der FinVerw. und einem Vertreter der Wirtschaft zwei Vertreter des Berufsstandes. Dem entspricht die Besetzung des Prüfungsausschusses 4 der Bekl., der die Prüfung der Klägerin abgenommen hat.
Die Mitglieder des Prüfungsausschusses 4 waren nicht wegen Befangenheit oder deren Besorgnis an der Mitwirkung gehindert. Eine Besorgnis der Befangenheit der an der mündlichen Prüfung beteiligten Prüfer besteht bei objektiver Betrachtung der von der Klägerin vorgebrachten Umstände weder insgesamt, noch insbesondere hinsichtlich der Prüfer B und C.
1.1 Nach § 84 AO i.V.m. § 164a StBerG kann ein Beteiligter ein Mitglied eines Prüfungsausschusses u.a. ablehnen, wenn die Besorgnis der Befangenheit besteht. Die Besorgnis einer Befangenheit ist gegeben, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Amtsträgers zu rechtfertigen, § 83 AO. Ob dies der Fall ist, ist objektiv aus der Sicht eines verständigen” Bewerbers zu entscheiden. Eine bloß subjektive Besorgnis des jeweiligen Bewerbers genügt nicht; es müssen vielmehr Tatsachen erkennbar sein, die ohne Rücksicht auf eine individuelle Empfindsamkeit den Schluss rechtfertigen, dass dieser Prüfer möglicherweise nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufbringen wird bzw. aufgebracht hat, um die Leistung des Bewerbers sachgerecht und objektiv beurteilen zu können (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl., Rz. 193).
1.2 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann der Senat unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nicht feststellen, dass die Prüfer die ersten beiden Fehlversuche der Klägerin in einer Weise berücksichtigt hätten, dass sie nicht (mehr) in der Lage gewesen seien, die Leistungen der Klägerin unvoreingenommen zu bewerten.
1.2.1 Die Rüge der Klägerin ist nicht unzulässig, obwohl sie sich in die nachträglich beanstandete Prüfung eingelassen hat. Nach § 84 Satz 3 AO verliert das Rügerecht nämlich nur, wer sich in Kenntnis seines Rügerechts in eine mündliche Verhandlung eingelassen hat. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, sie habe ihre Besorgnis der Befangenheit der genannten Prüfer erst nach Durchführung des Überdenkensverfahrens gewonnen aus der Zusammensicht der Äußerungen der Prüfer B und C mit der Niederschrift über die Sitzung des Prüfungsausschusses vom 20.12.1999. Sie ist deshalb nicht gehindert, die Rüge der Befangenheit nachträglich zu erheben, weil sie die Kenntnis der Umstände, aus denen sie aus ihrer Sicht die Besorgnis der Befangenheit herleitet, auch erst nachträglich erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 1. Februar 1983, VII R 133/82, BFHE 137, 536, 541, BStBl II 1983, 344).
1.2.2 Indes ergibt sich aus den Äußerungen der Prüfer B und C - selbst wenn sie mit der Klägerin als sachfremd zu werten wären - weder alleine noch in der Zusammensicht mit den Erwägungen in der Niederschrift über die Sitzung vom 20.12.1999 ein Grund, der geeignet wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Prüfer zu besorgen.
Wenn ein Prüfer in der Begründung der getroffenen Prüfungsentscheidung auch die schlechten Ergebnisse aus Vorprüfungen erwähnt, so ist dies kein ausreichender Hinweis darauf, dass der Prüfer unter Verstoß gegen seine Pflicht, die Leistungen des Bewerbers unvoreingenommen und objektiv zu bewerten, andere Kriterien als die in der Prüfung gezeigten Leistungen in seine Bewertung einbezogen hat. Vielmehr ist eine solche Bemerkung unter Berücksichtigung eines pflichtgemäßen Verhaltens des Prüfers und bei ungezwungener Interpretation lediglich dahin zu verstehen, dass der Prüfer dem Bewerber vor Augen führen will, dass die gegebene Prüfungsnote auch dem in früheren Prüfungen gezeigten Leistungsniveau entspreche, und zwar nicht im Sinne einer tragenden Begründung, sondern eines nachträglichen - nach getroffener Prüfungsentscheidung - Plausibilitätsabgleichs mit dem sonstigen (erkennbaren) Leistungsniveau des Bewerbers.
Diese Interpretation des von der Klägerin beanstandeten Verhaltens der Prüfer liegt im Streitfall insbesondere dann nahe, wenn der Prüfer C - was allerdings zwischen den Beteiligten umstritten ist - die Ergebnisse der Klägerin in den Vorprüfungen im Verlaufe des Begründungsgesprächs erst erfragt hat, die Noten dem Prüfungsausschuss bei Beschlussfassung über das Prüfungsergebnis somit nicht bekannt waren. Sie ist indes auch dann gerechtfertigt, wenn dem Prüfer C oder sogar allen Prüfern die Noten der Klägerin aus den Vorprüfungen bekannt gewesen sein sollten. Denn bekannt ist dem Prüfungsausschuss unstreitig - dies hat auch der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt - der Umstand, dass es sich bei der Prüfung der Klägerin um ihren letzten Versuch gehandelt hat, dass sie also schon zwei Fehlversuche hinter sich hatte. Eine solche Kenntnis zieht notwendigerweise den Schluss nach sich, dass die Klägerin in den Vorprüfungen - jedenfalls im Schnitt - ungenügende Noten erhalten haben muss. Demgegenüber ist die von der Klägerin monierte aktuelle Kenntnis der in den nicht bestandenen Vorprüfungen tatsächlich erzielten Noten kein Umstand, der eine größere Gefahr einer Voreingenommenheit indizieren könnte.
Gleichwohl ist weder die Kenntnis der Fehlversuche als solche, noch eine Kenntnis der einzelnen Noten in den Fehlversuchen geeignet, aus objektiver Sicht eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Prüfungsleistungen sind - jedenfalls dann, wenn sie nicht in einem hoch technisierten Verfahren wie etwa einem multiple-choice-Verfahren erhoben werden - persönlichkeitsgebundene Leistungen, die nicht ohne jegliches Ansehen der Person bewertet werden sollten. Deshalb erscheint es jedenfalls nicht als unzulässig, wenn dem Prüfungsausschuss die näheren Umstände der Prüfungssituation des Bewerbers bekannt sind. Gerade bei Bewerbern, die wie die Klägerin in den Vorprüfungen nur knapp gescheitert sind, könnte es eher von Vorteil sein, wenn die Prüfer um diesen Umstand wissen, als wenn sie möglicherweise argwöhnten, dass sie in den Vorprüfungen vielleicht ein (noch) schlechteres Notenergebnis erzielt haben könnte.
Bei dieser Sachlage sieht der Senat keine Notwendigkeit aufzuklären, ob der Prüfer C und oder der gesamte Prüfungsausschuss Kenntnis nur vom zweimaligen Durchfallen der Klägerin gehabt hat oder auch von den von ihr erzielten einzelnen Noten.
Eine Begründung des Inhalts, man müsse bessere Vornoten vorlegen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden, wie der Senat bereits in der Entscheidung V 26/02 vom 24.04.2003 (EFG 2003, 1416) näher dargelegt hat. Denn ein Hinweis wie „Sie hätten schriftlich besser vorlegen müssen” kann angesichts der vom Gesetz vorgesehenen Durchschnittsnotenbildung nur als zutreffend bewertet werden. Eine solche schlüssige und in den meisten Fällen nahe liegende Begründung für das letztliche Scheitern des Bewerbers ist kein Hinweis darauf, dass die Prüfer bei ihrer Prüfungsentscheidung die (schlechten) schriftlichen Leistungen der Klägerin auch bei der Notengebung im Mündlichen - also ein zweites Mal - berücksichtigt hätten.
Diese Sicht wird gestützt von der Art des gesetzlich vorgesehenen Prüfungsverfahrens. Danach sind dem Prüfungsausschuss die Vornoten der Bewerber aus dem Schriftlichen bekannt und müssen ihm bekannt sein. Denn der Prüfungsausschuss hat unmittelbar nach Beendigung der mündlichen Prüfung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Prüflings zu entscheiden - ein Verfahren, das ohne eine solche Kenntnis nicht möglich erscheint. Kennt der Prüfungsausschuss aber die Vornote aus dem Schriftlichen, so ist es natürlich, dass er sich beim Fortgang der Prüfung stets über den Stand des Bewerbers und seine jeweiligen Bestehensaussichten im Klaren ist (vgl. Finanzgericht Hamburg Urteil vom 14. November 2002, V 32/01, EFG 2003, 726 zu der Bemerkung der Prüfer: „Wir haben wieder Hoffnung geschöpft ...”). Angesichts einer solchen vom Verordnungsgeber gewollten Bewertungssituation können gegen die Bemerkung „Sie hätten schriftlich besser vorlegen müssen” keine Bedenken bestehen.
Dies gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - die Bemerkung mit dem Zusatz versehen ist, im dritten Versuch” müsse man bessere Vornoten vorlegen, denn im dritten Versuch gilt nichts anderes als in den beiden vorhergehenden Prüfungen. Zwar könnte der Zusatz - je nach Betonung und Zusammenhang - auch als Hinweis gewertet werden, dass im dritten Versuch anders (kritischer) bewertet würde - so versteht ihn offenbar auch die Klägerin, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat. Eine solche Interpretation ernsthaft in Erwägung zu ziehen, hält der Senat indes - wie sich insbesondere auch aus den folgenden Erwägungen unter 1.3 ergibt - nicht für gerechtfertigt. Denn entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es für die Beurteilung der Besorgnis einer Befangenheit nicht auf ihr subjektives Verständnis der Äußerung an, sondern auf das eines objektiven Dritten.
1.3 Die genannten Äußerungen erhalten entgegen der Ansicht der Klägerin kein größeres Gewicht dadurch, dass der Prüfungsausschuss 4 in seiner Niederschrift über die Sitzung vom 20.12.1999 sich zu den Motiven der Prüferin B und zum Vorgang des Pausengesprächs mit der Aufsichtsbeamtin G geäußert hat.
Zu den Motiven der Prüferin B konnte sich der Prüfungsausschuss äußern, weil diese Mitglied des Prüfungsausschusses ist und an der Sitzung teilgenommen hat. Es begegnet keinen Bedenken, wenn das Ergebnis des nach § 29 DVStB erforderlichen Überdenkens für die Benotung in der mündlichen Prüfung als gemeinsame Äußerung des Prüfungsausschusses formuliert wird, auch wenn es in Teilbereichen um die Stellungnahme zu von einem einzelnen Mitglied zu Grunde gelegten Bewertungsmaßstäben geht. Das Erfordernis einer gemeinsamen Stellungnahme zur Notengebung in der mündlichen Prüfung ergibt sich bereits daraus, dass die in den Prüfungsabschnitten zu vergebenden Noten nach § 27 Abs. 2 DVStB vom Prüfungsausschuss festgesetzt werden.
Was das Pausengespräch mit der Aufsichtsbeamtin G anbetrifft, kann der Senat offen lassen, in wie weit die Prüfer im Rahmen des Überdenkensverfahrens zu Vorgängen das Prüfungsablaufs Stellung zu nehmen haben oder dies jedenfalls können. Der Senat hält es für naheliegend, dass beim Überdenken der Bewertung einer Prüfungsleistung auch solche äußeren (Störungs-)Umstände zu berücksichtigen sind oder jedenfalls sein können. Selbst wenn dies aber anders zu beurteilen wäre, so kann aus einer solchen Stellungnahme und dem vorausgehenden Hinterfragen der Vorgänge kein die Besorgnis der Befangenheit begründender oder diese bestärkender Umstand gesehen werden. Ein solches Vorgehen deutet vielmehr eher auf ein Bemühen hin, Leistungserbringungsumstände nachträglich aufzuklären, um ein möglichst gerechtes Bewertungsbild zu erhalten.
2. Der weitere Vortrag der Klägerin, das Überdenkensverfahren sei wegen der gerügten Befangenheit der Prüfer nicht ordnungsgemäß durchgeführt, vermag aus den genannten Gründen der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Senat braucht deshalb zu den Voraussetzungen und möglichen Rechtsfolgen einer Verletzung des unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Anspruchs auf ein „Überdenken” der Bewertungen seiner Prüfungsleistungen (vgl. BVerfGE 84, 34, 45 ff.) bei berufsbezogenen Prüfungen, zu denen auch die Steuerberater-Prüfung gehört, nicht Stellung zu nehmen (vgl. hierzu Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 14.11.2002, V 32/01, EFG 2003,726).
3. Die Prüfungsentscheidung verstößt nicht gegen § 37 StBerG in Verbindung mit §§ 16 ff StBDV oder Art. 12 GG, weil die zeitlichen und/oder intellektuellen Anforderungen an die Bewerber überspannt, insbesondere der Schwierigkeitsgrad der Aufsichtsarbeiten im Verhältnis zu der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit zu groß wäre. Die erkennbaren Umstände lassen nicht darauf schließen, dass mit der Steuerberaterprüfung für das Jahr 1998, an der die Klägerin teilgenommen hat, eine objektive Berufszugangsbeschränkung verbunden gewesen wäre.
3.1 Die zeitliche Inanspruchnahme der Klägerin für die Klausurbearbeitung von sieben bzw. siebeneinhalb Stunden ruft keinen Verfahrensfehler hervor, der auf die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung durchschlagen könnte.
§ 37 Abs. 2 StBerG regelt in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Satz 3 DVStB, dass die Bearbeitungszeit für jede Arbeit mindestens vier und höchstens sechs Stunden betragen soll. Im Streitfall hat die Beklagte eine sechsstündige Bearbeitungszeit für jede Aufsichtsarbeit vorgesehen und damit die maximale Bearbeitungszeit ausgeschöpft. Dies hat zwar dazu geführt, dass die Klägerin aufgrund ihrer krankheitsbedingten Schreibverlängerung jeweils eine Prüfungsdauer von sieben Stunden bewältigen musste, die in der dritten Klausur sogar auf siebeneinhalb Stunden anstieg.
Die mit der nach den genannten Vorschriften zulässigen Wahl einer sechsstündigen Bearbeitungsdauer verbundene Belastung der Bewerber ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt nicht nur für eine damit verbundene (Regel-)Schreibdauer von 6 Stunden, sondern auch für Belastungen, die diese Schreibdauer aus ungewöhnlichen Umständen überschreiten. Denn die Beklagte führt mit Recht an, dass die Zulassung einer regulären Schreibdauer von 6 Stunden impliziert, dass ungewöhnliche Umstände eine Verlängerung nach sich ziehen können.
Deshalb ist eine längere Schreibzeit als 6 Stunden zunächst einmal zulässig für den Fall einer im Vorwege beantragten und gewährten Schreibzeit-Verlängerung. Eine Verpflichtung der Beklagten, bei der Ermessensausübung zur Festlegung der Regelschreibdauer für eine Prüfung zu berücksichtigen, ob einem der zugelassenen Bewerber eine Schreibzeitverlängerung gewährt worden ist, besteht nicht. Das ergibt sich einerseits bereits aus der Erwägung, dass bei zeitlich weit im Vorfeld der Prüfungszulassungen erfolgenden Ausarbeitung der Prüfungsklausuren noch nicht bekannt sein kann, ob Schreibzeitverlängerungen für den bevorstehenden Prüfungsturnus in Betracht kommen oder nicht. Andererseits dürfte unter Berücksichtigung der Vereinbarung bundeseinheitlicher Aufgabenstellung wohl bei jedem Prüfungsturnus eine Schreibverlängerung zu berücksichtigen sein mit der Folge, dass der gesetzlich vorgesehene Zeitrahmen von bis zu 6 Stunden regelmäßig nicht ausgeschöpft werden könnte.
Gleiches gilt aber aus den genannten Gründen auch für eine nicht vorhersehbare Schreibzeitverlängerung, wie sie in der vorliegenden Prüfung bei der dritten Klausur erforderlich wurde.
Der Umstand, dass bei der Klägerin in der dritten Klausur beide Verlängerungsgründe zusammen trafen und dadurch bei ihr sich die Schreibzeit auf siebeneinhalb Stunden verlängerte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine absolute Obergrenze für die Bearbeitungszeit ergibt sich nicht aus § 18 DVStB (offengelassen in BFH BStBl. 2002, 58, 61 r.Sp. unter 3. b). Dort ist zwar nur eine Verlängerungsmöglichkeit um eine Stunde, also auf maximal sieben Stunden vorgesehen. Aus der Vorschrift ist indes nicht zu entnehmen, dass eine sich in Ausnahmefällen als für die geordnete Durchführung der Prüfung erforderlich erweisende darüber hinausreichende Bearbeitungszeit rechtswidrig wäre (a.A. Hessisches FG, Urteil vom 19. November 2001, 13 K 3293/01, EFG 2002, 500 mit der Folge der Annahme der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift). Dabei verkennt der Senat nicht, dass dies für die Klägerin außergewöhnlich belastend gewesen sein mag. Ob solche außergewöhnlichen Situationen noch zumutbar sind, ist unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen - einerseits der Beklagten an der Durchführung der angesetzten Prüfung, andererseits des Bewerbers an einem nicht unzumutbarem Verfahren - abzuwägen. Der Senat berücksichtigt dabei einerseits, dass die Klägerin mit ihrem Antrag auf Schreibzeitverlängerung die Belastung mit einer Schreibzeit von sieben Stunden selbst herbei geführt und damit selbst als zumutbar gewertet hat. Zum anderen erscheint eine Verlängerung um eine weitere halbe Stunde als nicht so gewichtig, dass die Durchführung des Klausurentermins dadurch als absolut unzumutbar erschiene.
Kommt somit ein Verfahrensfehler wegen überlanger Prüfungsdauer nicht in Betracht, kann offen bleiben, ob, wie die Beklagte meint, die Klägerin mit diesem Einwand ohnehin gemäß § 20 Abs. 4 DVStB ausgeschlossen wäre. Der Senat braucht deshalb nicht dazu Stellung zu nehmen, ob eine überlange Prüfungsdauer eine Störung ist, die durch „äußere Einwirkung” verursacht wurde.
3.2 Der Senat kann auch nicht erkennen, dass die gestellten Klausuren absolut gesehen oder gemessen an der vorgesehenen Bearbeitungszeit zu schwer gewesen wären.
Die Beurteilung des Schwierigkeitsgrades der Klausur unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Prüfung. Denn es ist zunächst Aufgabe der Prüfungsbehörde den Schwierigkeitsgrad und dessen Angemessenheit zu beurteilen. Dabei steht ihr ein weiter Beurteilungsspielraum zu (vgl. BFH Urt. v. 23.08.2001, VII R 96/00, BStBl. II 2002, 58, 61 l. Sp. unter II 3. a). In zweiter Linie obliegt es aber auch den Prüfern, innerhalb ihres Beurteilungsspielraums den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabenstellung zu beurteilen und bei der Bewertung der Leistungen zu berücksichtigen. Dabei wird die Grenze des Zulässigen durch Art. 12 Abs. 1 GG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gesteckt. Hieraus folgt u.a., dass sich die Prüfungsaufgaben an den Anforderungen des Berufs ausrichten muss, dessen Befähigungsmerkmale sie feststellen soll, und keine unmögliche oder unzumutbare Leistung verlangen dürfen (ähnlich: VG Göttingen Urteil vom 05.09.2002, 1 A 1088/00, juris Web, zum Wirtschaftsprüferexamen unter Hinweis auf BVerwG Urteil vom 17.07.1987, 7 C 118.86, DVBl. 1987, 1223; Urteil vom 09.08.1996, 6 C 3.95, DVBl. 1996, 1381; Zimmerling, Prüfungsrecht, Rdnr. 211 ff., 627; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. II, Rdn. 204). Dafür, dass die gestellten Klausuren im Streitfall gegen diese Grundsätze verstießen, hat die Klägerin über die Beanstandung von Komplexität und Umfang hinaus nichts vorgetragen.
Im Streitfall war die jeweilige Aufgabenstellung der Aufsichtsarbeiten wie stets in den Steuerberaterprüfungen zwar komplex und umfangreich. Der Bewerber ist auf Grund dessen in der Situation, zur Bewältigung der jeweiligen Aufgabe seine Arbeitszeit zu strukturieren und einzuteilen. Das erfordert ein konzentriertes und angestrengtes Arbeiten. Der Senat kann indes nicht feststellen, dass die Klausuren Unmögliches oder Unzumutbares verlangten oder zur Beurteilung der Geeignetheit der Bewerber ungeeignet gewesen wären.
3.3 Das Vorliegen einer gegen Art 12 GG verstoßenden Berufszugangsbeschränkung kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus dem unterschiedlichen Zuwachs der Mitgliederzahl der Rechtsanwaltskammern einerseits und der Steuerberaterkammern andererseits erkannt werden. Gründe, die dafür sprechen könnten, dass sich die Mitgliederzahl beider Berufsstände parallel entwickeln müssten, hat die Klägerin nicht genannt. Für den Senat sind solche Gründe auch nicht erkennbar.
3.4 Der Senat kann auch nicht feststellen, dass einzelne Teile von Klausuren unzutreffend gewichtet wären. Die Klägerin ist der Ansicht, im Teil II KSt der Klausur 2 (Steuern vom Einkommen und Ertrag) sei der den WP 63 bis 67 zuzuordnende Aufgabenteil übergewichtet, die Gliederung des vEK dagegen untergewichtet; dabei würde bei den WP 63-67 unzulässig vertiefende Zivilrechtsfragen gestellt und von der Gewichtung der vEK-Lösungen der Vorjahre abgewichen. Die Prüfer haben hierzu im Überdenkensverfahren Stellung genommen. Fragestellungen betreffend handelsrechtliche Fragen überschreiten schon wegen des steuerrechtlichen Maßgeblichkeitsgrundsatzes, der ganz wesentlich auf Handelsrecht zurück greift, den zulässigen Prüfungsstoff nicht. Die Gewichtung von Prüfungsfragen obliegt den Prüfern im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums. Dafür, dass dieser im Streitfall überschritten sein könnte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ob in den früheren Prüfungen die die Entwicklung eine verwendbaren Eigenkapitals betreffenden Lösungen schwerer gewichtet waren, kann offen bleiben. Die Prüfer - und die die Klausuren auswählende Prüfungsbehörde - sind an die Gewichtungen früherer Jahre nicht gebunden. Der Prüfungsstoff ist durch die Vorschriften der DVStB festgelegt. Die Gewichtung der Einbindung einzelner Prüfungsteile obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, ihre Gewichtung bei der Bewertung dem Prüferermessen.
4. Die schriftlichen Prüfung ist im dritten Abschnitt (Klausur Buchführung und Bilanzen) ordnungsgemäß abgenommen worden. Die durch die Berichtigung des Aufgabentextes eingetretene Störung ist durch die gewährte Schreibzeitverlängerung in adäquater Weise und ohne Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit kompensiert worden, wie der Bundesfinanzhof in der Entscheidung vom 23.08.2001 VII R 96/00 mit überzeugender Begründung, der der erkennende Senat beitritt, festgestellt hat. Dass die Verlängerung für die Klägerin angesichts der ihr ohnehin krankheitsbedingt zugestandenen Schreibverlängerung 35 Minuten und nicht nur 30 Minuten hätte betragen müssen, kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Beide Verlängerungen, sowohl die krankheitsbedingte Schreibzeitverlängerung um eine Stunde als auch die störungsbedingte Verlängerung um eine halbe Stunde beruhen auf pauschalen Bemessungen zur Kompensierung von Umständen, deren Auswirkungen zeitlich nicht exakt messbar sind. Dabei muss in Kauf genommen werden, dass die Kompensationsmaßnahme für den einen Bewerber zu kurz, für einen anderen hingegen im Übermaße bemessen sein kann. Der Pauschalbemessungscharakter steht deshalb einer minutengenauen Umrechnung entgegen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin, wie die Beklagte meint, angesichts der tatsächlichen Unterbrechungszeiten mit der Zubilligung einer krankheitsbedingten Schreibzeit-Verlängerung von einer Stunde „gut weggekommen” sein sollte. Der Senat ist aus diesem Grund nicht der Frage nachgegangen - die die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung kontrovers diskutiert haben -, welcher Aufwand (Zusammenräumen aller Arbeitsunterlagen und anschließendes Wiederausbreiten) mit einer Schreibunterbrechung verbunden ist.
5. Auch die schriftliche Prüfung in der zweiten Klausur „Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete” leidet nicht an einem Verfahrensfehler. Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass es zu einer Störung durch eine Heizungsreparatur gekommen sei, für die kein Ausgleich gewährt worden sei.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass vor Beginn der Klausur die Frage der richtigen Temperierung und Belüftung des Raumes diskutiert wurde und dass es später zu einer Überprüfung (Messung) der Raumtemperatur durch den Hausmeister gekommen ist. Streitig geblieben ist die Behauptung der Klägerin, im Prüfungsraum sei die Heizung defekt gewesen, auf die Rüge von Prüflingen habe ein Heizungsmonteur mit entsprechender Lärmbelästigung vergeblich versucht, Abhilfe zu schaffen, der Schaden sei nicht behoben worden. Am folgenden Prüfungstag seien die Bewerber mit dicken Pullovern und zusätzlichen Strümpfen erschienen.
Die näheren Umstände hierzu braucht der Senat nicht aufzuklären. Denn auch wenn eine Störung im Sinne von § 20 Abs. 4 DVStB vorgelegen haben sollte, so hat die Klägerin eine solche nicht unverzüglich und nicht spätestens bis zum Ende der Bearbeitungszeit durch Erklärung gegenüber dem Aufsichtsführenden geltend gemacht.
Eine solche Erklärung hat die Klägerin unstreitig nicht abgegeben. „Rügen” anderer Bewerber können der Klägerin nicht zugerechnet werden. Deshalb kann offen bleiben, ob die von der Klägerin behaupteten „Rügen” anderer lediglich Beanstandungen einer zu niedrigen Raumtemperatur gewesen sind, oder ob damit Erklärungen im Sinne von § 20 Abs. 4 DVStB abgegeben worden sind. Hinzu kommt, dass die Klägerin auch gar nicht geltend gemacht hat, dass andere Bewerber den von ihr beanstandeten Lärm bei der vorgeblichen Heizungsreparatur gerügt hätten. Sie hat vielmehr nur vorgetragen, dass das unzulängliche Funktionieren der Heizung gerügt worden sei.
6. Soweit die Klägerin ihren Vortrag aufrechterhält, die zweite und dritte Klausur seien von nicht berufenen Prüfern bewertet worden, ist dies nicht zutreffend. Die Beklagte hat durch Vorlage eine Kopie der Bestellungsverfügung nachgewiesen, dass die mit der Korrektur der Klausuren betrauten Personen H, J und K zu - zumindest stellvertretenden - Prüfern im Prüfungsausschuss 4 berufen worden sind.
7. Auch hinsichtlich der mündlichen Prüfung kann die Klägerin Verfahrensfehler nicht geltend machen.
7.1 Dies gilt zunächst für die nachträglich erhobene Rüge wegen Baulärms. In wie weit der Prüfungsraum Lärmbelästigungen durch ein gegenüber liegendes Großbauprojekt ausgesetzt gewesen ist, braucht der Senat nicht nachzuprüfen. Denn die Klägerin hat eine solche Störung nicht rechtzeitig gegenüber einem Aufsichtführenden gerügt. Dabei kann offen bleiben, ob im Falle einer mündlichen Prüfung die Erklärung nach § 20 Abs. 4 DVStB gegenüber dem Prüfungsausschuss abzugeben ist oder gegenüber „dem Aufsichtsführenden”, wie in der Verordnungsbestimmung vorgesehen. Es kann auch zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die von der Klägerin benannte Frau G Aufsichtsführende im Sinne der Bestimmung war. Jedenfalls kann das Bedauern von Frau G gegenüber der Klägerin über den Baulärm nicht eine Erklärung der Klägerin nach § 20 Abs. 4 DVStB ersetzen. Denn ein solches Bedauern bringt nicht zum Ausdruck, dass der Bewerber die äußeren Umstände der Prüfung als nicht zumutbar empfindet.
7.2 Nicht erheblich im Sinne eines Verfahrensfehlers ist schließlich der Vorgang des Pausengesprächs zwischen der Klägerin und der besagten Frau G. Dabei kann der Inhalt des Gesprächs wie auch seine verunsichernden Auswirkungen auf die Klägerin wie von dieser behauptet unterstellt werden. Die Klägerin hat sich unstreitig während der Pause aus eigenem Entschluss nicht in dem dafür vorgesehenen Aufenthaltsraum, sondern im Raum von Frau G aufgehalten. Ob sie sich mit dieser auf ein Gespräch einlässt oder nicht, war ihre Sache. Wenn diese sich dabei nach dem Gesundheitszustand ihrer Mutter erkundigt hat - die sich zu Beginn der Prüfung einer schweren Operation hat unterziehen müssen, ein Umstand, welcher Frau G aus einem Schreiben der Klägerin an sie bezüglich der Terminierung der mündlichen Prüfung bekannt war -, so liegt darin ein übliches Sozialverhalten zwischen Personen. Dem hätte die Klägerin entgehen können, wenn sie in der Prüfungspause keinen Sozialkontakt hätte haben wollen. Sozialkontakte dieser Art unterliegen weder der Aufsicht noch der Regelung der Prüfungsbehörde. Eine Rüge, dass ihr solche Kontakte durch die Art der (räumlichen) Organisation der Prüfungsumstände aufgezwungen worden seien, hat die Klägerin nicht erhoben.
II. Die Einwendungen der Klägerin gegen die Bewertungen ihrer Prüfungsleistungen führen ebenfalls nicht zum Erfolg. Steuerberaterprüfungen sind als berufsbezogene Prüfungen an den Erfordernissen des Grundrechts auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu messen. Jeder Bewerber, der meint, ungerecht beurteilt worden zu sein, hat einen Anspruch darauf, die betreffenden Beurteilungen der Prüfer ggf. gerichtlich nachprüfen zu lassen. Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist allerdings aus der Natur der Dinge inhaltlich begrenzt. Denn die Bewertung einer Prüfungsleistung beruht in wesentlichem Umfang auf persönlichen, subjektiven Erfahrungen, Einschätzungen und Vorstellungen des Prüfers und dessen Beurteilung des objektiv - jedenfalls bei mündlichen Prüfungen - kaum fassbaren und nicht rekonstruierbaren Prüfungsvorganges. Den Prüfern steht deshalb sachnotwendig ein - überprüfungsfreier - Beurteilungsspielraum zu. Die nach Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich gebotene gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist somit nur eingeschränkt möglich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 21.01.1999, VII R 35/98, BStBl. II 1999, 242 m.w.N. insbesondere auf BVerwGE 92, 132). Das Gericht kann Prüfungsentscheidungen inhaltlich im Wesentlichen nur daraufhin überprüfen, ob der Prüfungsausschuss allgemeingültige Bewertungsgrundsätze verletzt hat, sich von sachfremden Erwägungen leiten ließ oder von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist.
Bei dieser inhaltlichen Überprüfung ist zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen zu unterscheiden. Fachfragen sind alle Fragen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich sind. In Bezug auf Fachfragen hat das Gericht aufgrund substantiierter Einwendungen des Bewerbers darüber zu befinden, ob die von einem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist. Hingegen ist den Prüfern ein Bewertungsspielraum zuzubilligen, soweit komplexe prüfungsspezifische Bewertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen, welche sich nicht in einem Gerichtsverfahren im Nachhinein isoliert nachvollziehen lassen; zu solchen prüfungsspezifischen Bewertungen gehört neben der Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, der Einordnung des Schwierigkeitsgrads der Aufgabenstellung und der Würdigung der Qualität der Prüfungsleistung insbesondere auch die Beurteilung und Gewichtung von unvollständigen oder teilrichtigen Leistungen sowie die Bewertung der Gesamtleistung eines Prüflings in einem Prüfungsabschnitt. Den letzteren Bereichen sind Einwände auch zuzurechnen wie: er, der Prüfling, habe nur eine falsche Antwort gegeben, seine Ausführungen seien zwar nicht vollständig richtig, jedoch besser zu bewerten oder eine Falschantwort sei überbewertet worden.
Bei Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen im Streitfall keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Prüfungsbescheides.
1. Die Bedenken der Klägerin gegen die Bewertung der Klausur 1 (Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete) sind nicht berechtigt.
1.1 Der Senat kann nicht feststellen, dass die einzelnen Aufgaben-Teilbereiche in der Musterlösung und der Bewertung unrichtig und sogar willkürlich gewichtet seien. Die Gewichtung von Aufgabenstellungen innerhalb der Bewertung einer Gesamtleistung gehört grundsätzlich zum Aufgabenbereich der Prüfer (vgl. die Entscheidung des erkennenden Senats vom 24. April 2003 , V 11/02, Juris Web m.w.N.). Die von der Klägerin gegen die Gewichtung in der Musterlösung vorgetragenen Gründe vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Gewichtigkeit einer Aufgabenstellung kann nicht aus dem textlichen Umfang von Korrekturbögen und Lösungstext abgeleitet werden.
1.2 Auch die Einwendungen der Klägerin zur Bewertung ihrer Lösung zu Teil II Umsatzsteuer (Sachverhalte 1 und 3) verfangen nicht. Den Verdacht der Klägerin, dass ihre Ausführungen zu den für die Wertungspunkte (WP) 42 bis 46 übersehen worden wäre, die sie nach ihren Angaben verstreut auf den Seiten 10 bis 14 gemacht hat, teilt der Senat nicht. Auf den Seiten 11 bis 13 finden sich durchgängig Korrekturzeichen des Prüfers „grün”. Die Prüfer haben sich im Überdenkensverfahren zu den Beanstandungen der Klägerin geäußert. Danach hat die Klägerin den Sachverhalt 1 nicht vollständig gelöst - was sie nach dem Überdenkensverfahren im Grunde auch nicht mehr bestreitet. Die Prüfer vermissen insbesondere die in der Aufgabenstellung ausdrücklich geforderte vollumfängliche steuerliche Beratung. Die Bewertung einer nur teilweise erbrachten Leistung unterliegt dem Prüferermessen.
1.3 Die Beanstandung der Bewertung der Lösung zum Sachverhalt 3 sind nicht entscheidungserheblich. Den Sachverhalt 3 hat die Klägerin nach ihrem Vortrag vollständig gelöst. Sie hat dafür von den nach der Musterlösung vorgesehenen 10 Punkten von der Zweitprüferin 10 vom Erstprüfer zunächst 8,5 und nach dem Überdenkensverfahren 9,5 WP erhalten. Die Frage, ob auch der Erstprüfer 10 volle WP hätte vergeben müssen, ist nicht entscheidungserheblich, weil sich die Anzahl der erreichten WP mit 47,5/44 auch dann noch weiterhin im Bereich des für die Note 4,5 vorgesehenen Rahmens von 40 bis 49 Punkten bewegt.
2. Auch die Bedenken der Klägerin gegen die Bewertung der Klausur 2 (Steuern vom Einkommen und Ertrag) sind nicht gerechtfertigt.
2.1 Die Klägerin wendet sich gegen die Bewertung ihrer Lösung zum Sachverhalt 7 im Teil II Körperschaftsteuer. Dort wird eine Fallgestaltung geschildert, nach der eine Weinhandels-GmbH von einem Lieferanten auf Grund der Lieferbeziehungen eine (Vergnügungs-)Reise für 2 Personen geschenkt erhält, die sie an zwei ihrer Arbeitnehmer weiterreicht, den Sohn eines Mehrheitsgesellschafters und eine Buchhalterin. Sie vereinnahmt deren Wert ertragserhöhend und behandelt die Weitergabe je zur Hälfte als lohnsteuerpflichtige Sachzuwendung. Nach der Musterlösung ist diese Sachbehandlung zutreffend. Insbesondere soll keine vGA vorliegen, weil die Weitergabe an den Sohn dem Drittvergleich standhält (sachlich gerechtfertigt, weil von ihm miterarbeitet) und in dem speziellen Fall kein Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot angenommen werden kann. Die Klägerin hat vGA angenommen. Sie ist der Ansicht, ihre Lösung sei vertretbar und stimme insbesondere mit dem BdF-Schreiben von 1996 zur steuerlichen Behandlung von Incentiv-Reisen überein. Als Lösung hat die Klägerin ausgeführt: „Mit der Reise werden regelmäßig allgemeintouristische Interessen befriedigt. Die Kapitalgesellschaft leitet die erhaltene Reiseleistung an ihren Gesellschafter weiter (zum Teil) es liegt grundsätzlich eine vGA vor.”
Die Prüfer haben ihr keinen der beiden vorgesehenen Wertungspunkte 88/89 gegeben. Der Einwand der Klägerin, es sei eine rechtlich mögliche Lösung zu Unrecht als unzutreffend bewertet worden, scheitert bereits daran, dass die Klägerin ihre Lösung nicht begründet hat. Dass bei der geschilderten Sachverhaltsgestaltung zu entscheiden war, ob vGA in Betracht kommt oder es bei dem Betriebsausgabenabzug als Lohn verbleiben kann, ist offensichtlich. Es ist deshalb sachgerecht, wenn die Prüfer davon ausgehen, dass die zu erbringende Leistung nicht darin liegt, die richtige” Lösung zu treffen, sondern in der erforderlichen Begründung. Deshalb läge die Nichtvergabe eines WP auch dann noch im Prüferermessen, wenn die Klägerin die richtige” Lösung getroffen hätte, ohne sie zu begründen. Eine Überspannung von Prüfungsanforderungen, wie die Klägerin meint, liegt darin jedenfalls dann nicht, wenn es wie im Falle der Klägerin darum geht, für die von ihr als vertretbar angesehene Lösung überhaupt eine Begründung zu geben, geschweige denn eine - die Erkenntnis des Abweichens voraussetzende - Begründung für das Abweichen von der herrschenden Lehre.
2.2 Die Klägerin beanstandet darüber hinaus - zunächst als Anregung im Überdenkensverfahren - , die Nichtbewertung einzelner Lösungsteile im Bereich ESt und KSt:
2.2.1 Zum Teil I ESt Sachverhalt 1 (Einbau einer Gastherme statt Ofenheizung) beanstandet sie, dass für die Abgrenzung von