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  • 11.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246446

    Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 25.07.2024 – 5 Ta 26/24

    Lehnt das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht ab und weist anschließend die Klage ab, ist im Rahmen der sofortigen Beschwerde zu berücksichtigen, ob das klageabweisende Urteil rechtskräftig geworden ist. Ist dies der Fall scheidet ein Erfolg der sofortigen Beschwerde gegen den ablehnenden PKH-Beschluss regelmäßig schon wegen der entgegenstehenden Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache aus.


    In dem Beschwerdeverfahren betr. Prozesskostenhilfe
    pp.
    in dem Rechtsstreit
    pp.
    hat die fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 25.07.2024 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden beschlossen:

    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.03.2024 - 3 Ca 1063 a/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

    Gründe

    A.

    Die Klägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe mangels bestehender Erfolgsaussichten durch das Arbeitsgericht.

    Die Klägerin hat sich mit ihrer am 15.11.2023 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage gegen die Wirksamkeit einer Kündigung gewandt und hierzu die Auffassung vertreten, die Kündigung sei aus formellen Gründen unwirksam und verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, weil sie wegen ihrer Erkrankung ausgesprochen worden sei. Mit Schriftsatz vom 17.01.2024 hat sie ihre Klage um einen Antrag auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 2.500 EUR wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO erweitert. Für die Klage hat die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

    Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.03.2024 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels bestehender Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Gründe, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, seien nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot liege selbst dann nicht vor, wenn man die Behauptung der Klägerin zugrunde lege, wonach die Pflegedienstleiterin gesagt habe, sie - Klägerin - sei wegen ihrer Erkrankung gekündigt worden. Auch der Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes habe keine Aussicht auf Erfolg. Der bloße Verstoß der Beklagten gegen die DSGVO reiche zur Begründung nicht aus. Für einen Schaden, der eine Erheblichkeitsschwelle überschreite, trage die Klägerin nicht hinreichend vor.

    Gegen den am 11.03.2024 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 19.03.2024 sofortige Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ihren Vortrag zu den Erfolgsaussichten der Klage wiederholt. Mit Beschluss vom 20.03.2024 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

    Mit Urteil vom 27.03.2024 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

    Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf die Akte verwiesen.

    B.

    Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Der von der Klägerin bereits erhobenen Klage fehlt es jedenfalls zum für die Beschwerdeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an der hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

    I. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das Gericht u.a. voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Ob diese Erfolgsaussicht besteht, ist im Beschwerdeverfahren zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zu beurteilen (Zöller-Schultzky, 35. Aufl. § 127 ZPO, Rn. 15, 39).

    Bei einer Entscheidung des Beschwerdegerichts ist im Hinblick auf die Erfolgsaussicht die - zwischenzeitlich eingetretene - Rechtskraft der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung zu berücksichtigen. Die Rechtskraft bezweckt nicht nur den Schutz der Parteien vor erneuter gerichtlicher Inanspruchnahme, sondern dient der Sicherung des Rechtsfriedens im Allgemeinen, indem abweichende Entscheidungen zur selben Streitfrage vermieden werden sollen, und auch der Funktionsfähigkeit der Gerichte. Aus der materiellen Rechtskraft folgt daher über das Verbot der wiederholten Entscheidung über denselben Streitgegenstand hinaus auch eine Bindungswirkung der Entscheidung, soweit diese für eine weitere Entscheidung vorgreiflich ist. Die Entscheidung in der Hauptsache hat demnach Bindungswirkung, soweit es für den Anspruch auf Prozesskostenhilfe auf die Erfolgsaussicht der Klage oder Rechtsverteidigung ankommt (BGH v. 07.03.2012 - XII ZB 391/10 - juris, Rn. 11/12).

    Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen: Eine nachträgliche Bewilligung unabhängig vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens kommt in Betracht, wenn in der Hauptsache eine zweifelhafte Rechtsfrage zu klären war (BGH, aaO, Rn. 14) oder wenn das Ausgangsgericht seine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag pflichtwidrig verzögert hat. Hat das Ausgangsgericht die Entscheidung pflichtwidrig verzögert und hat sich die Erfolgsprognose zwischen Entscheidungsreife und Entscheidung verschlechtert, ist dies zu berücksichtigen (Zöller-Schultzky, aaO, § 127 ZPO, Rn. 18 mwN).

    II. Danach fehlt es der von der Klägerin erhobenen Klage an der notwendigen hinreichenden Erfolgsaussicht.

    1. Dies beruht darauf, dass die Klage zwischenzeitlich vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen worden ist. Hieran ist das Beschwerdegericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten gebunden, einer abweichenden Beurteilung steht nach den dargestellten Maßstäben die Rechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidung entgegen.

    2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift hier nicht ein.

    a. Im Hauptsacheverfahren waren keine zweifelhaften Rechtsfragen zu klären. Die Frage, wann eine im Zusammenhang mit einer Erkrankung erklärte Kündigung als Maßregelung unwirksam ist, ist durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.05.2021 - 2 AZR 560/20 geklärt. Die Voraussetzungen, unter denen ein Verstoß gegen die DSGVO einen Schadensersatzanspruch auslöst und insbesondere, welche Anforderungen an die Darlegung des immateriellen Schadens zu stellen sind, sind durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 04.05.2023 (C 300-21), vom 14.12.2023 (C 456-22) und vom 21.12.2023 (C 667-21) geklärt (vgl. hierzu auch den Beschluss des BAG v. 25.04.2024 - 8 AZR 209/21(B)).

    b. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag auch nicht pflichtwidrig verzögert. Die Entscheidung ist am 07.03.2024 ergangen, unmittelbar nach Eingang des Schriftsatzes der Klägerin vom 06.03.2024, in dem diese abschließend im PKH-Verfahren zum Vorliegen der hinreichenden Erfolgsaussicht Stellung genommen hat.

    III. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer erfolglosen sofortigen Beschwerde. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

    Vorschriften