19.09.2023 · IWW-Abrufnummer 237424
Landesarbeitsgericht Sachsen: Beschluss vom 21.02.2023 – 3 TaBV 26/21
Tenor: 1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26.11.2021 ‒ 3 BV 17/21 ‒ unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Zustimmung des Antragstellers/Beteiligten zu 1. zur Umgruppierung des Arbeitnehmers … in die Vergütungsgruppe VIII des Vergütungstarifvertrages für die Beschäftigten der Mitgliedsbetriebe der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe in Sachsen einzuholen.
Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 2. zugelassen und für den Antragsteller/Beteiligten zu 1. nicht zugelassen.Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Notwendigkeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG.
Die Beteiligte zu 2. (im Folgenden = Arbeitgeberin) betreibt mit regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern zwei Autohäuser in Leipzig. Sie ist kraft Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband an die Tarifverträge für das Kfz-Gewerbe in Sachsen gebunden. Der Antragsteller/Beteiligte zu 1. (im Folgenden = Betriebsrat) ist der für den Betrieb der Arbeitgeberin gewählte siebenköpfige Betriebsrat, dessen Vorsitzender, der Arbeitnehmer …, von seiner beruflichen Tätigkeit vollständig freigestellt ist.
In der Folge eines Streits über seine zutreffende Eingruppierung wurde Herrn … mit Schreiben vom 09.12.2020 (Anlage A 1 zur Antragsschrift vom 23.06.2021; Bl. 4/5 d. A. 1. Instanz) u.a. Folgendes mitgeteilt:
Ergebnis der Überprüfung Ihrer Eingruppierung
Sehr geehrter Herr …,
wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, hat die… GmbH unter zur Hilfenahme einer externen Anwaltskanzlei Ihre Eingruppierung als vollfreigestelltes Betriebsratsmitglied überprüft.
Hierbei sind wir zu dem Ergebnis gelangt, dass Ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, das … Führungskräftepotenzial Assessment Center abzulegen, für welches sie im November 2019 bereits angemeldet waren. Dadurch geben wir Ihnen die Möglichkeit, die Voraussetzung für die Übernahme der Position des Werkstattleiters herzustellen.
Sobald uns die Mitteilung über eine erfolgreiche Teilnahme an dem Assessment Center vorliegt, sind alle Voraussetzungen zur hypothetischen Übernahme der Position des Werkstattleiters nach § 78 S. 2 BetrVG erfüllt. Da die Abmeldung von dem Assessment Center im November 2019 der Sphäre des Unternehmens entspringt, werden wir Sie ‒ um eine Benachteiligung wegen Ihres Betriebsratsamtes auszuschließen ‒ nach Bestehen des Assessment Centers so behandeln, als hätten die Voraussetzungen zur Übernahme der Werkstattleiterposition schon im November 2019 vorgelegen. Das bedeutet, nach Bestehen des Assessment Centers werden Sie so behandelt, als hätten Sie die Position des Werkstattleiters bereits im November 2019 übernommen. Dies umfasst auch die Vergütung eines Werkstattleiters ab November 2019. (…)
Am 24.03.2021 absolvierte Herr … das genannte Assessment Center erfolgreich. In der Folge vergütete die Arbeitgeberin ihn rückwirkend ab dem 01.06.2020 nach der Vergütungsgruppe VIII des einschlägigen Vergütungstarifvertrages, in dem die Tätigkeit eines Werkstattleiters als Regelbeispiel der Vergütungsgruppe VIII genannt ist. Für die Zeit vom 01.11.2019 bis 31.05.2020 lehnte die Arbeitgeberin eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII mit der Begründung ab, dass auch dem Mitarbeiter, dem in der Folge des Assessment Centers vom November 2019 die Position des Werkstattleiters tatsächlich übertragen worden sei, die Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII erst nach einer Erprobungsphase von ca. sechs bis acht Monaten gezahlt worden sei. Mit Schreiben vom 22.06.2021 forderte Herr … die Arbeitgeberin auf, ihn rückwirkend ab dem 01.11.2019 nach der Vergütungsgruppe VIII zu vergüten.
Mit E-Mail vom 08.06.2021 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, dass sie es als rechtlich nicht geboten ansehe, ihn betreffend die (neue) Vergütung des Herrn … zu beteiligen. Hierauf hat der Betriebsrat auf der Grundlage eines Beschlusses vom 16.06.2021 das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihn gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG betreffend ihre Entscheidung, Herrn … nunmehr nach der Vergütungsgruppe VIII zu vergüten, zu beteiligen, denn die Arbeitgeberin habe insoweit eine Eingruppierung in das Vergütungssystem des gültigen Tarifvertrages vorgenommen. Sein Mitbestimmungsrecht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bestehe nicht nur dann, wenn eine neue oder geänderte Tätigkeit eine Eingruppierung erfordere, sondern auch dann, wenn ‒ wie hier ‒ aus rechtlichen Gründen eine Umgruppierung erfolgen müsse.
Der Betriebsrat hat beantragt,
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
Sie hat die Ansicht vertreten, § 99 BetrVG sei auf die Vergütung von freigestellten Mitgliedern des Betriebsrats nicht anzuwenden. Die Vergütung von freigestellten Betriebsräten bestimme sich nach den abschließenden gesetzlichen Regelungen der §§ 37, 78 BetrVG, neben denen für eine Beteiligung des Betriebsrats kein Raum sei, weil dem Arbeitgeber kein Handlungsspielraum verbleibe. Entsprechend obliege es dem Betriebsrat nicht, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die vom Arbeitgeber unter Berücksichtigung der §§ 37, 78 BetrVG ermittelte Vergütung zutreffend sei. Zudem lägen weder die Voraussetzungen einer Ein- noch die einer Umgruppierung vor, da ein vollständig freigestelltes Mitglied des Betriebsrats überhaupt keine Entlohnung als Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern lediglich eine Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip erhalte. Entsprechend lasse sich die Änderung der Vergütung in der Folge der Betrachtung der hypothetischen Karriere nach § 37 Abs. 4 BetrVG nicht unter den Tatbestand des § 99 Abs. 1 BetrVG subsumieren. Der vorliegende Fall sei vielmehr mit dem vergleichbar, in dem ein Arbeitnehmer ohne Änderung der Tätigkeit eine Vergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe erhalte. Insoweit sei anerkannt, dass eine Beteiligung nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht erfolgen müsse. Des Weiteren sei es nicht von Sinn und Zweck des § 99 BetrVG gedeckt, den Betriebsrat betreffend die Vergütung seiner Mitglieder zu beteiligen, da insoweit ein Interessenkonflikt bestehe. Die Festlegung der Vergütung von vollständig freigestellten Betriebsratsmitgliedern sei daher alleinige Angelegenheit des Arbeitgebers. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Arbeitgeber erhebliche strafrechtliche Risiken drohten, wenn er, ggf. in der Folge der Beteiligung des Betriebsrats, an ein Mitglied des Betriebsrats eine überhöhte Vergütung zahle. Tatsächlich verfolge der Betriebsrat das Ziel, eine Korrektur der Eingruppierung des Herrn … für die Vergangenheit zu bewirken, was er im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht erreichen könne. Ob Herr … gemäß §§ 37, 78 BetrVG bereits ab November 2019 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII beanspruchen könne, sei im Urteilsverfahren zu klären. Wenn der Betriebsrat für eines seiner freigestellten Mitglieder über § 101 BetrVG dessen Höhergruppierung unter Berufung auf eine betriebsübliche Entwicklung gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend machen könne, führe dies dazu, dass die im Urteilsverfahren geltenden Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast und der Kostentragung unterlaufen würden.
Mit seinem der Arbeitgeberin am 01.12.2021 zugestellten Beschluss vom 26.11.2021 hat das Arbeitsgericht der Arbeitgeberin aufgegeben, die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG zu der Umgruppierung des Arbeitnehmers … einzuholen und im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten. Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer am 15.12.2021 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 01.02.2022 ausgeführten Beschwerde.
Die Arbeitgeberin vertritt die Ansicht, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden sei. Ein Vergleich mit nur teilweise freigestellten Mitgliedern des Betriebsrats könne nicht erfolgen, da Herr … als vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied gerade keine Tätigkeit ausübe. Mangels Tätigkeit könne eine Ein- bzw. Umgruppierung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht vorliegen, denn ein Abgleich mit den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe könne mangels Tätigkeit nicht erfolgen. Soweit das Arbeitsgericht meine, Herr … sei so zu behandeln, als ob er tatsächlich arbeite, sei dies rechtlich nicht haltbar. Das Arbeitsgericht habe § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG insoweit analog angewandt, ohne dass eine planwidrige Schutzlücke bestehe. Auch habe das Arbeitsgericht nicht ausreichend gewürdigt, dass für die Festlegung der Betriebsratsvergütung mit den §§ 37, 78 BetrVG abschließende Spezialregelungen bestünden, die die Anwendbarkeit des § 99 BetrVG ausschlössen. Im Übrigen wiederholt die Arbeitgeberin ihre bereits erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsansichten.
Die Arbeitgeberin beantragt,
Der Betriebsrat beantragt,
und verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der Anhörung vom 06.12.2022 Bezug genommen.
II.
Auf die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie ausgeführte Beschwerde der Arbeitgeberin/Beteiligten zu 2. ist der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26.11.2022 ‒ 3 BV 17/21 ‒ unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen insoweit abzuändern, als das Arbeitsgericht der Arbeitgeberin/Beteiligte zu 2. aufgegeben hat, im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten, und der Antrag des Betriebsrats insoweit abzuweisen.
A.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet, soweit das Arbeitsgericht ihr aufgegeben hat, im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
1. Es spricht viel dafür, dass das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats, die Arbeitgeberin/Beteiligte zu 2. zu verpflichten, ihn bei der Eingruppierung des Betriebsratsvorsitzenden … die Vergütungsgruppe VIII gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen, zu weitgehend dahin ausgelegt hat, dass damit auch der Antrag verbunden sein sollte, die Arbeitgeberin zu verpflichten, im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten, und dass der dahingehende Tenor gegen den auch im Beschlussverfahren zu beachtenden § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. hierzu BAG, Beschluss vom 17.11.2021 ‒ 7 ABR 18/20 ‒ Rn. 26, m.w.N., NZA 2022, 501, 504) verstößt.
a) Nach § 101 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 BetrVG ohne seine Zustimmung durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Bei Ein- oder Umgruppierungen ist eine „Aufhebung“ im wörtlichen Sinne nicht möglich, da es sich hierbei nicht um konstitutive Akte des Arbeitgebers, sondern jeweils um einen mit der Kundgabe einer Rechtsansicht verbundenen Akt der Rechtsanwendung handelt. Aus diesem Grund geht der Anspruch des Betriebsrats aus § 101 BetrVG bei Ein- und Umgruppierungen dahin, dem Arbeitgeber die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder ‒ falls ein solches bereits abgeschlossen ist ‒ die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufzugeben. Letzteres setzt voraus, dass der Betriebsrat trotz ordnungsgemäßer Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durch den Arbeitgeber die Zustimmung form- und fristgerecht verweigert hat, da andernfalls seine Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt (so BAG, Beschluss vom 28.07.2020 ‒ 1 ABR 5/19 ‒ Rn. 18, m.w.N., NZA 2021, 1417, 1419 [BAG 23.02.2021 - 1 ABR 4/20] ).
b) Ausgehend hiervon war der Antrag des Betriebsrats, ihn „bei der Eingruppierung des Betriebsratsvorsitzenden … in die Vergütungsgruppe VIII gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen“, allein dahin auszulegen, dass der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG begehrte, denn die weitergehende Verpflichtung, im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten, kann nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht kumulativ, sondern ‒ je nach Stand des Beteiligungsverfahrens ‒ nur alternativ zur Einleitung eines Zustimmungsverfahrens verlangt werden. Da die Arbeitgeberin vorliegend bereits kein Zustimmungsverfahren eingeleitet hatte, lag es im Interesse des Betriebsrats, allein die Verpflichtung zur Einleitung dieses zu beantragen. Indem das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats weitergehend ausgelegt und entsprechend tenoriert hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen, denn es hat dem Betriebsrat etwas zugesprochen, was dieser nicht beantragt hat.
2. Letztlich kann dahinstehen, ob das Arbeitsgericht gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat, denn ein entsprechender Verstoß wurde in zweiter Instanz geheilt.
Die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann geheilt werden, wenn der antragstellende Beteiligte sich die angefochtene Entscheidung im zweiten Rechtszug durch den Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels zu Eigen macht (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 ‒ 1 AZR 460/04 ‒ Rn. 15, m.w.N., NZA 2006, 798, 799). Von einer solchen Heilung ist hier auszugehen. Der Betriebsrat hat zweitinstanzlich vorbehaltlos die Zurückweisung der Beschwerde der Arbeitgeberin beantragt. Damit hat er sich den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht. Die Arbeitgeberin hat hiergegen keine Einwendungen erhoben. Sie hat insbesondere weder die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gerügt noch sich gegen die in dem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde etwa liegende Antragserweiterung gewandt.
3. Soweit der Betriebsrat somit zumindest zweitinstanzlich auch den Antrag verfolgt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten, ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt und damit wegen Verstoßes gegen auch im Beschlussverfahren anzuwendenden § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.
a) Im Beschlussverfahren muss ein Antrag ebenso bestimmt sein wie im Urteilsverfahren. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gilt auch für das Beschlussverfahren und die in ihm gestellten Anträge. Der jeweilige Verfahrensgegenstand muss so konkret umschrieben werden, dass der Umfang der Rechtskraftwirkung für die Beteiligten nicht zweifelhaft ist. Der in Anspruch genommene Beteiligte muss bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (vgl. BAG, Beschluss vom 23.02.2021 ‒ 1 ABR 12/20 ‒ Rn. 27, m.w.N., NZA 2021, 881, 883 f.).
b) Diesen Anforderungen wird der Antrag, die Arbeitgeberin zu verpflichten, im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten, nicht gerecht. Ob eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats fristgerecht und beachtlich ist, ist eine Rechtsfrage, deren Beantwortung im Erkenntnisverfahren vorzunehmen ist und nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden darf. Dem trägt die oben zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dadurch Rechnung, dass sie in Fällen der Beteiligung bei Ein- oder Umgruppierungen nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG erst dann zulässt, wenn das Zustimmungsverfahren bereits abgeschlossen ist.
B.
Im Übrigen ist die Beschwerde der Arbeitgeberin nicht begründet und daher zurückzuweisen. Der Arbeitgeberin/Beteiligten zu 2. ist gemäß § 101 Satz 1 BetrVG aufzugeben, gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats/Beteiligten zu 1. zur Umgruppierung des Arbeitnehmers … in die Vergütungsgruppe VIII des Vergütungstarifvertrages für die Beschäftigten der Mitgliedsbetriebe der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe in Sachsen einzuholen.
Wie bereits oben ausgeführt, kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine Ein- oder Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne seine Zustimmung vornimmt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzugeben. Die Voraussetzung hierfür ist gegeben. Die Arbeitgeberin hat den Arbeitnehmer … umgruppiert, ohne den Betriebsrat hierzu gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beteiligen.
1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit ‒ wie hier ‒ in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Ein- oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen.
Eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der ‒ erstmaligen oder erneuten ‒ Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien. Eine Vergütungsordnung ist ein kollektives und ‒ jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems ‒ mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem für den Arbeitgeber geltenden oder auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein. Umgruppierung ist jede Änderung der Einreihung in eine Vergütungsordnung. Sie kann auf der Feststellung beruhen, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Merkmalen der Vergütungsgruppe entspricht, nach der er bisher eingruppiert ist, sondern denen einer anderen. Sie hat z.B. zu erfolgen, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Merkmalen einer anderen Vergütungsgruppe unterfällt (vgl. BAG, Beschluss vom 06.04.2011 ‒ 7 ABR 136/09 ‒ Rn. 17 bis 20, m.w.N., zitiert nach Juris).
Das Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen ist ein Mitbeurteilungs- und kein Mitgestaltungsrecht. Das folgt daraus, dass Ein- oder Umgruppierungen in eine betriebliche Entgeltordnung keine konstitutiven Maßnahmen sind, sondern Akte der Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass diese Rechtsanwendung möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen und damit der innerbetrieblichen Entgeltgerechtigkeit sowie Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis. Für die Mitbestimmung des Betriebsrats und einen auf ihre Sicherung nach § 101 BetrVG gerichteten Antrag ist letztlich nicht ausschlaggebend, ob der vom Betriebsrat mitzubeurteilende gedankliche Akt des Arbeitgebers eine Eingruppierung oder eine Umgruppierung ist. Entscheidend ist vielmehr, dass ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses stattfinden (vgl. BAG, Beschluss vom 23.02.2021 ‒ 1 ABR 4/20 ‒ Rn. 26/27, m.w.N., NZA 2021, 1413, 1415). Die der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterfallende Rechtsanwendung des Arbeitgebers setzt keinen Gestaltungs- oder Ermessensspielraum voraus (so BAG, Beschluss vom 06.04.2011 ‒ 7 ABR 136/09 ‒ Rn. 19, m.w.N., zitiert nach Juris).
2. Ausgehend hiervon liegt in der Tatsache, dass die Arbeitgeberin Herrn … rückwirkend ab dem 01.06.2020 nach der Vergütungsgruppe VIII des einschlägigen Vergütungstarifvertrages vergütet, eine der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterliegende, zustimmungspflichtige Umgruppierung. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG steht dem nicht entgegen.
a) Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. § 37 Abs. 2 BetrVG begründet keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611a Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag sowie dem ggf. anzuwendenden Tarifvertrag, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nimmt. Das Verbot der Entgeltminderung soll die Bereitschaft des Arbeitnehmers zur Übernahme eines Betriebsratsamts fördern, indem es ihm die Befürchtung nimmt, Einkommenseinbußen durch die Wahrnehmung eines Ehrenamts zu erleiden. Diese Vorschrift, die für alle Betriebsratsmitglieder unabhängig von einer etwaigen Freistellung nach § 38 BetrVG gilt, konkretisiert hinsichtlich der Vergütung das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Das Arbeitsentgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen. Die Berechnung der geschuldeten Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip erfordert eine hypothetische Betrachtung, welches Arbeitsentgelt das Betriebsratsmitglied ohne die Arbeitsbefreiung verdient hätte (so BAG, Urteil vom 14.10.2020 ‒ 7 AZR 286/18 ‒ Rn. 27, m.w.N., NZA 2021, 869, 872). Ist während der Dauer der Freistellung ein betriebsüblicher beruflicher Aufstieg des Betriebsratsmitglieds eingetreten, ist für die Höhe der nach dem Lohnausfallprinzip gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG zu zahlenden Vergütung gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darauf abzustellen, welche Vergütung das Betriebsratsmitglied mit der Tätigkeit erzielt hätte, in die es zwischenzeitlich aufgestiegen ist (BAG, Urteil vom 29.08.2018 ‒ 7 AZR 206/17 ‒ Rn. 40, NZA 2019, 253, 257). § 37 Abs. 4 BetrVG ist allerdings keine Bemessungsvorschrift für den Anspruch aus § 37 Abs. 2 BetrVG. Die Bestimmung regelt einen anderen Sachverhalt als § 37 Abs. 2 BetrVG. Während § 37 Abs. 2 BetrVG die Fortzahlung des ‒ vereinbarten, dem Betriebsratsmitglied bei unterstellter Erbringung seiner vertraglichen Tätigkeit zustehenden ‒ Arbeitsentgelts für die Dauer der Arbeitsbefreiung zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben regelt, gewährt § 37 Abs. 4 BetrVG einem Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Erhöhung seines Entgelts in dem Umfang, in dem das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung steigt (so BAG, Urteil vom 14.10.2020 ‒ 7 AZR 286/18 ‒ Rn. 21, m.w.N., NZA 2021, 869, 871).
Der Arbeitgeberin ist zuzugestehen, dass dem Betriebsrat im Hinblick auf die Beurteilung der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung kein Mitbestimmungsrecht zusteht. Dies hindert aber ‒ jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden ‒ nicht das Bestehen des Mitbestimmungsrechts aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei Ein-/Umgruppierungen. Besteht ‒ wie hier ‒ aufgrund Tarifbindung des Arbeitgebers eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung in Form eines Vergütungsgruppen enthaltenen Vergütungstarifvertrages, so gliedert sich der Vorgang des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG in zwei Abschnitte: Zunächst ist festzustellen, in welche Tätigkeit das Betriebsratsmitglied bei einer betriebsüblichen Entwicklung aufgestiegen wäre; sodann ist festzustellen welche Vergütung sich für diese Tätigkeit nach der Vergütungsordnung des anzuwendenden Tarifvertrages ergibt. Sieht der Tarifvertrag für die (fiktive) neue Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds eine andere, höhere Vergütungsgruppe vor, so hat der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung nach § 37 Abs. 2 BetrVG zukünftig auf der Basis der höheren Vergütungsgruppe zu leisten. Der zweite Abschnitt des Vorgehens nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unterscheidet sich in Nichts von der oben beschriebenen Situation einer Umgruppierung. Auch im Falle des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG wird dem Arbeitnehmer ‒ wenn auch nur gedanklich und nicht tatsächlich ‒ eine neue Tätigkeit zugewiesen, die den Merkmalen einer anderen Vergütungsgruppe unterfällt. Entscheidend ist, dass auch im Falle des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG bezogen auf die evtl. notwendige Umgruppierung ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses stattfinden. Auch insoweit trägt eine Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dazu bei, dass diese Rechtsanwendung möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt und eine möglichst einheitliche und gleichmäßige Anwendung der Vergütungsordnung erfolgt. Zudem dient es gerade auch der Transparenz der Bemessung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern, wenn der Betriebsrat an auf der Basis von § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG erforderlichen Umgruppierungen beteiligt wird. Soweit die Arbeitgeberin auf die strafrechtliche Relevanz der zutreffenden Ermittlung der an Betriebsratsmitglieder zu zahlenden Vergütung verweist, spricht dies eher für als gegen die Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG, denn insbesondere nach Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens dürfte für den Tatbestand der Untreue mangels Vorsatz kein Raum mehr sein.
b) Auf der Basis des Vorstehenden liegt in der Tatsache, dass die Arbeitgeberin Herrn … rückwirkend ab dem 01.06.2020 nach der Vergütungsgruppe VIII des einschlägigen Vergütungstarifvertrages vergütet, eine der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterliegende, zustimmungspflichtige Umgruppierung.
Die Arbeitgeberin hat gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG festgestellt, dass der vollständig von der Arbeitsleistung freigestellte Vorsitzende des Betriebsrats, Herr …, bei einer betriebsüblichen Entwicklung mit Wirkung ab dem 01.11.2019 in die Position des Werkstattleiters aufgestiegen wäre. Hieraus ergab sich nach ihrer Ansicht jedenfalls ab dem 01.06.2020 unter Beachtung der Vergütungsordnung des einschlägigen Vergütungstarifvertrages die Notwendigkeit, die Entgeltfortzahlung des Herrn … nicht mehr aus der Vergütungsgruppe VI, sondern zukünftig aus der Vergütungsgruppe VIII zu leisten. Bei dieser Rechtsanwendung handelt es sich nach den vorzitierten Grundsätzen um eine Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Für die Arbeitgeberin ergab sich die Notwendigkeit der (Rechts-)Anwendung des Tarifrechts in Form der tariflichen Vergütungsordnung, an der der Betriebsrat in Form einer Mitbeurteilung zu beteiligen war. Dass der Arbeitgeberin im Hinblick auf die Rechtsanwendung kein Gestaltungs- oder Ermessensspielraum zukam, sondern die Anwendung der tariflichen Entgeltordnung auf dem Benachteiligungsverbot des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG beruhte, hindert das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nach den oben zitierten Grundsätzen nicht.
III.
Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde für den Betriebsrat/Beteiligten zu 1. bedurfte es nicht, da die hierfür in §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Das Gericht hat einen Einzelfall auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung entschieden. Gegen den vorstehenden Beschluss ist daher für den Betriebsrat/Beteiligten zu 1. ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 92 a ArbGG wird hingewiesen.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde für die Arbeitgeberin/Beteiligte zu 2. war gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob es in Fällen wie dem vorliegenden einer Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bedarf, geboten.