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  • 28.10.2021 · IWW-Abrufnummer 225554

    Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Beschluss vom 07.06.2021 – 2 Ta 14/21

    1. Im Kostenfestsetzungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die geltendgemachten Kosten das zugrundeliegende Verfahren betreffen, entstanden sind und notwendig waren.

    2. Materiell-rechtliche Einwendungen können lediglich außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden.

    3. Eine Kostenfestsetzung kann grundsätzlich auch ergehen, wenn die Kostengrundentscheidung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist.


    Tenor:
    1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 23.04.2021 gegen die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Stralsund vom 13.04.2021 zum Az.: 2 Ca 416/19, mit denen das Gericht die von dem Kläger zu erstattenden Kosten der gegnerischen Partei zu dem mit dem Az.: 8 AZM 21/20 vor dem Bundesarbeitsgericht geführten Verfahren sowie dem unter dem Az.: 5 Sa 200/20 beim Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern geführten Verfahren festgesetzt hat, wird zurückgewiesen.


    2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger bei einem Beschwerdewert von 4.029,64 €.


    3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



    Gründe



    I.



    Der Kläger hat im Klagewege aufgrund mehrerer erfolglos gebliebener Bewerbungen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes bzw. einer Entschädigung an ihn zuletzt in Höhe von 54.000,00 € geltend gemacht.



    Durch Beschluss vom 04.09.2020 zum Az.: 5 Sa 200/20 hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern die Berufung des Klägers gegen das 2. Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 30.06.2020, Az.: 2 Ca 416/19, auf seine Kosten als unzulässig verworfen.



    Mit Beschluss vom 03.03.2021 zum Az.: 8 AZM 21/20 hat das Bundesarbeitsgericht die gegen vorgenannten Beschluss eingelegte Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen und dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.



    Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat mit Schreiben vom 10.09.2020 die Festsetzung seiner Kosten, die er mit 1.615,65 € beziffert hat, gegen den Kläger beantragt wegen des vor dem Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zum Az.: 5 Sa 200/20 geführten Verfahrens. Mit Schriftsatz vom 15.03.2021 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen des vor dem Bundesarbeitsgericht zum Az.: 8 AZM 21/20 geführten Verfahrens die von ihm mit 2.399,99 € bezifferten Kosten zur Festsetzung gegen den Kläger beantragt.



    Nachdem dem Kläger rechtliches Gehör gewährt worden war, hat das Arbeitsgericht Stralsund unter dem 13.04.2021 mit zwei Beschlüssen zum Az.: 2 Ca 416/19 den Kostenfestsetzungsanträgen wie beantragt stattgegeben und zudem jeweils 7,00 € Zustellauslagen berücksichtigt.



    Gegen diese ihm am 17.04.2021 zugestellten Beschlüsse hat der Kläger unter dem 23.04.2021 sofortige Beschwerde eingelegt.



    Mit Beschluss vom 26.04.2021 hat das Arbeitsgericht Stralsund der sofortigen Beschwerde des Klägers vom 23.04.2021 gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse über die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde vom 13.04.2021 nicht abgeholfen und daher die Angelegenheit dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.



    Auf die nochmalige Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Landesarbeitsgericht hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 25.05.2021 geäußert.



    II.



    1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß den §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO); 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz (RPflG); 78 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) statthaft, der Beschwerdewert von mehr als 200,00 € ist erreicht. Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt.



    Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1 ZPO).



    2. Die Beschwerde ist nicht begründet.



    Der Kläger ist in dem von ihm angestrengten Berufungsverfahren unterlegen und hat daher die Kosten zu tragen (§ 97 ZPO), wie es das Landesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 04.09.2020 zur Verwerfung der Berufung als unzulässig auf Kosten des Klägers entschieden hat. Damit liegt eine Kostengrundentscheidung vor.



    Die Kosten, die der Prozessgegner bei der unterlegenen Partei geltend machen kann, richten sich nach den Regelungen im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Die von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit Schriftsatz vom 10.09.2020 wegen des Berufungsverfahrens beantragte Kostenfestsetzung hält sich an die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Die Verfahrensgebühr, Auslagen sowie Mehrwertsteuer sind zutreffend berechnet. Einwendungen, die sich auf dieses Rechenwerk und seine Grundlagen beziehen, hat der Kläger nicht vorgebracht.



    Im Kostenfestsetzungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die geltend gemachten Kosten das zugrundeliegende Verfahren betreffen, entstanden sind und notwendig waren. Das ist vorliegend der Fall.



    Der Kläger hat ein Schmerzensgeld bzw. eine Entschädigungszahlung in Höhe von 54.000,00 € mit seiner Klage von der Beklagten gefordert. Mit dieser Summe ist der Streitwert des Verfahrens festgelegt und dementsprechend im erstinstanzlichen Urteil festgehalten. Die Gebührenberechnung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten beziehen sich auf diesen Gegenstandswert. Eine rechtskräftige Entscheidung ist insoweit nicht erforderlich. Selbst wenn gegen eine Streitwertfestsetzung Verfassungsbeschwerde eingelegt ist, darf deshalb das Kostenfestsetzungsverfahren nicht ausgesetzt werden (OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.11.1978 - 8 WF 325/78 -, juris).



    Das Gleiche gilt bezüglich der sofortigen Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund zur Festsetzung der Kosten des vor dem Bundesarbeitsgericht wegen Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde geführten Verfahrens. Das Bundesarbeitsgericht hat am 03.03.2021 zum Az.: 8 AZM 21/20 entschieden, dass der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat. Die diesbezüglich von dem Beklagtenvertreter unter dem 15.03.2021 beantragte Kostenfestsetzung entspricht ebenfalls den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, so dass die Summe von 2.399,99 € bei dem zugrundeliegenden Streitwert von ebenfalls 54.000,00 € zutreffend berechnet ist. Gegen die Höhe der Festsetzungsanträge richten sich die klägerischen Einwendungen auch nicht.



    Die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Stralsund sind formal ordnungsgemäß und enthalten keinerlei Festsetzungsfehler. Auf Antrag hat eine Verzinsung mit einem Zinssatz gemäß §§ 288 Abs. 1, 247 BGB ab Eingang des entsprechenden Kostenfestsetzungsantrages zu erfolgen (§ 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dies ist auf entsprechenden Antrag jeweils zutreffend geschehen.



    Die weiteren Einwendungen des Klägers aus seiner sofortigen Beschwerde vom 23.04.2021 und der Ergänzung vom 25.05.2021 vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.



    Materiell-rechtliche Einwendungen können lediglich außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden. Das Kostenfestsetzungsverfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses endet, ist nämlich eine Umsetzung der zwischen den Parteien ergangenen Kostengrundentscheidung. Es hat allein die Frage zum Gegenstand, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Deshalb ist das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grund auf den Rechtspfleger übertragen (BAG, Beschluss vom 30.06.2015 - 10 AZB 17/15 - Rn.8, juris).



    Soweit der Kläger darauf abstellt, dass der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 03.03.2021 zum Az.: 8 AZM 21/20 nicht rechtskräftig sei ebenso wie die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zum Az.: 5 Sa 200/20 vom 04.09.2020, kommt es hierauf nicht an. Eine Kostenfestsetzung kann grundsätzlich auch ergehen, wenn die Kostengrundentscheidung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Gemäß § 104 Abs. 3 S. 2 ZPO kann zwar das Beschwerdegericht das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist, eine derartige Aussetzung erfordert jedoch Umstände, die vorliegend weder vorgetragen sind noch tatsächlich vorliegen. Es ist nicht nachvollziehbar, ob und gegebenenfalls welches Rechtsmittel gegen welche Entscheidung eingelegt sein soll, aus welchen Gründen eine Aussetzung sachgemäßem Ermessen entsprechen könnte.



    Auch ein Ruhen des Verfahrens scheidet aus. Ein Ruhen des Hauptverfahrens liegt nicht vor, würde sich aber auch nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren auswirken. Ein Ruhen des Verfahrens kommt gemäß § 251 ZPO lediglich in Betracht, wenn beide Parteien dies übereinstimmend beantragen. Ein derartiger Antrag beider Parteien liegt nicht vor.



    § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG findet ausschließlich im ersten Rechtszug Anwendung, im Rechtsmittelverfahren gelten dagegen in vollem Umfang die §§ 91 ff. ZPO. Dieser auf die erste Instanz beschränkte Anwendungsbereich ergibt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut; im Übrigen verweisen weder § 64 Abs. 7 ArbGG noch § 72 Abs. 6 ArbGG auf diese Bestimmung. Ebenso wenig findet § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG im Beschwerdeverfahren nach § 78 ArbGG Anwendung. Der Wortlaut des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG erwähnt das Beschwerdeverfahren nicht. Dieses ist auch nicht Teil des erstinstanzlichen Urteilsverfahrens, sondern findet nach Durchführung des Abhilfeverfahrens vor dem Beschwerdegericht statt. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG wird von § 78 ArbGG nicht in Bezug genommen (BAG, Beschluss vom 27.10.2014 - 10 AZB 93/14 - Rn 7,8, juris).



    Die sofortige Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§ 570 ZPO).



    III.



    Der Kläger hat die Kosten der sofortigen Beschwerde zu tragen, da das von ihm eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg ist (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Wert des Beschwerdegegenstandes folgt aus der Höhe des Betrages, dessen Festsetzung erfolgt ist (§ 3 ZPO).



    Die Entscheidung ist rechtskräftig. Ein weiteres Rechtsmittel sieht das Gesetz nicht vor. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG).

    Vorschriften§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), § 572 Abs. 1 ZPO, § 97 ZPO, §§ 288 Abs. 1, 247 BGB, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 104 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 251 ZPO, § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 91 ff. ZPO, § 64 Abs. 7 ArbGG, § 72 Abs. 6 ArbGG, § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 78 ArbGG, § 570 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO, § 3 ZPO, §§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG