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  • 01.03.2021 · IWW-Abrufnummer 220826

    Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 08.07.2020 – 14 Ta 183/20

    Das Vorliegen einer Privatinsolvenz beim Antragsteller bereits vor Klageeingang hindert die Anordnung einer Zahlungsbestimmung bei der Bewilligung von PKH grds. nicht.

    Einfluss hat das Insolvenzverfahren nur insofern, als tatsächlich an den Treuhänder geleistete Beträge zur Bedienung der Insolvenzmasse als Belastung iSd. § 115 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO zu berücksichtigen sind.


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 4. Mai 2020 -7 Ca 24/20- wird zurückgewiesen.



    Gründe



    I.



    Die Klägerin hat unter dem 24. Januar 2020 u.a. Entfristungsklage erhoben und für diese Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung beantragt. Mit Eingangsdatum vom 27. Januar 2020 hat sie eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Akte gereicht. Dort sind weder Wohnkosten noch Zahlungsverpflichtungen noch besondere Belastungen angegeben.



    Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz vom 14. April 2020 ihre Klage erweitert und auch für die Klageerweiterung Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung begehrt.



    Im Gütetermin vom 24. April 2020 schlossen die Parteien einen verfahrensbeendenden Vergleich (Bl. 43 der Akte). Durch in diesem Termin verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht der Klägerin aufgegeben, bis zum 12. Mai 2020 verschiedene Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nachzuholen. Mit Schriftsatz vom 28. April 2020 hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten die Zahlungsmitteilung der AOK bezüglich Krankengeld, die Entgeltabrechnung ihres Ehemanns und Auszüge zum Kontenstand zur Akte reichen lassen.



    Mit Beschluss vom 4. Mai 2020 (Bl. 14 des Beihefts), der Klägerin zugestellt am 5. Mai 2020, hat das Arbeitsgericht Gießen die begehrte Prozesskostenhilfe bewilligt und die monatlich zu zahlenden Raten auf 37 € festgesetzt. Es ist insofern von dem an die Klägerin gezahlten Krankengeld i.H.v. 575,40 € monatlich ausgegangen und hat hieraus unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO ein einzusetzendes Einkommen von 74 € ermittelt.



    Mit am 20. Mai 2020 beim Arbeitsgericht Gießen eingegangenen Schreiben hat die Klägerin persönlich gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und mitgeteilt, dass am 23. März 2015 das Verbraucherinsolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden sei und sie aufgrund der finanziellen Verhältnisse ihrer Familie nicht in der Lage sei, die festgesetzte Ratenzahlung zu leisten. Sie teilte mit, sie müsse Schulden gegenüber der Familie und Bekannten in kleineren Raten begleichen, die wegen ihrer und des Ehemanns finanzieller Lage notwendig geworden seien.



    Wegen der Einzelheiten des Schreibens nebst Anlagen wird auf (B) 19 ff. des Beihefts Bezug genommen.



    Mit Beschluss vom 20. Mai 2020 hat das Arbeitsgericht Gießen der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Dies hat es damit begründet, dass die Klägerin nicht dargelegt habe, welche konkreten Zahlungsverbindlichkeiten sie selbst habe und welche monatlichen Zahlungen sie hierauf tatsächlich leiste.



    Die erkennende Beschwerdekammer hat der Klägerin unter dem 4. Juni 2020 aufgegeben, die sofortige Beschwerde ergänzend zu begründen und dabei mitzuteilen, ob und gegebenenfalls wann das Insolvenzverfahren aufgehoben wurde. Hierauf hat die Klägerin innerhalb der gesetzten Frist mitgeteilt, sie sei seit März 2015 wegen Zahlungsunfähigkeit in der Verbraucherinsolvenz bis März 2021. Ihr Einkommen bestehe nach wie vor lediglich aus Krankengeld.



    II.



    1.



    Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft und zulässig, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 3, 567, 569 ZPO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.



    2.



    Das Arbeitsgericht hat zu Recht gem. § 115 Abs. 2 ZPO eine Zahlungsbestimmung getroffen und die Raten zutreffend festgesetzt. Eine Abänderung der Ratenhöhe aufgrund des Beschwerdevorbringens der Klägerin kann nicht vorgenommen werden.



    a) Die bereits im März 2015 erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin steht einer Zahlungsbestimmung im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen. Die Anordnung einer Ratenzahlung scheidet nach teilweise vertretener Auffassung dann aus, wenn diese Verfahrenskosten betrifft, die aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stammen, weil es sich insoweit um Insolvenzforderungen handelt, die zur Tabelle festzustellen sind (vergl. OLG Frankfurt 3. Januar 2019 -5 WF 133/18- Juris). Dies ist jedoch hier nicht der Fall.



    b) Von dieser Fallgestaltung abgesehen hindert das Vorliegen einer Privatinsolvenz die Anordnung einer Ratenzahlung im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht (LAG Köln 21. Dezember 2015-7 Ta 303/15- Juris; LAG Berlin-Brandenburg 27. Juli 2015-10 TA 1125 / 15-Juris). Nach den Angaben der Klägerin zum Stand ihres Insolvenzverfahrens ist davon auszugehen, dass dieses bereits aufgehoben wurde, da die Klägerin den Zeitpunkt der Restschuldbefreiung (März 2021) in ihrem Schreiben vom 22. Juni 2020 benennt. Im Übrigen wurde das Insolvenzverfahren bereits im März 2015 eröffnet. Die Situation der Privatinsolvenz findet bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Verfahrenskosten nur insofern Berücksichtigung, als tatsächlich an den Treuhänder geleistete Beträge zur Bedienung der Insolvenzmasse als Belastung im Sinne des § 115 Absatz ein Ziff. 3 ZPO zu berücksichtigen sind (LAG Köln 21. Dezember 2015-7 Ta 303/15- Juris; LAG Köln 9. Dezember 2010-1 TA 341/10-Juris). Nach den Angaben der Klägerin leistet diese keine Zahlungen an den Treuhänder.



    c) Soweit sich die Klägerin in ihrer sofortigen Beschwerde darauf beruft, sie und ihr Ehemann hätten sich Geld von Bekannten der Familie leihen müssen, die sie nun in kleinen Raten zu begleichen hätten, hat das Arbeitsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin in keiner Weise dargelegt hat, welche konkreten Zahlungsverbindlichkeiten sie selbst hat und welche monatlichen Zahlungen sie hierauf tatsächlich leistet. Dies hat sie auch nicht im Rahmen der Auflage der Beschwerdekammer vom 4. Juni 2020 nachgeholt, so dass dahinstehen kann, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige Angaben im Rahmen der Beschwerdebegründung nach Instanzende noch berücksichtigungsfähig wären.



    3.



    Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da sich die Kostenfolge aus Ziff. 8614 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) ergibt. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.



    4.



    Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben, da ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegt, §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

    Vorschriften§ 115 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO, § 115 Abs. 2 ZPO, § 3 Abs. 2 GKG, § 127 Abs. 4 ZPO, §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG