Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 05.06.2020 · IWW-Abrufnummer 216079

    Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 10.01.2019 – 7 Sa 266/18

    1. Eine Entscheidung nach Lage der Akten im Sinne von §§ 251 a II , 331 a ZPO ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht zulässig, wenn zuvor nur eine Güteverhandlung gemäß § 54 ArbGG stattgefunden hat. Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren beginnt eine mündliche Verhandlung im Sinne von § 251 a II 1 ZPO erst mit dem Stellen der Sachanträge.

    2. Eine Entscheidung nach Lage der Akten setzt ferner voraus, dass "der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint", § 331 a S.1 letzter Halbs. ZPO .

    3. Hat das Arbeitsgericht eine Entscheidung nach Lage der Akten getroffen, ohne dass dafür die Voraussetzungen des § 251 a ZPO vorgelegen haben, kann das Berufungsgericht den Rechtsstreit in entsprechender Anwendung von § 538 II Nr. 2 und Nr. 6 ZPO abweichend von § 68 ArbGG an das Arbeitsgericht zurückverweisen.


    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.02.2018 wie folgt abgeändert:

    Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 14.08.2017 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat.

    Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu unveränderten Bedingungen als Zahntechnikerin weiter zu beschäftigen.

    Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie Führung und Leistung erstreckt.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung vom 14.08.2017, einen Weiterbeschäftigungsantrag sowie den Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Zwischen- bzw. Endarbeitszeugnisses.



    Die am 1980 geborene Klägerin wurde zum 01.09.2016 laut schriftlichem Arbeitsvertrag als Zahntechnikerin eingestellt. Arbeitsvertraglich wurde ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 6.499,55 € vereinbart. Die Beklagte beschäftigt ca. 50 Arbeitnehmer/-innen. Ausweislich eines Organigramms aus Januar 2017 (Bl. 137 d. A.) unterhielt die Beklagte ein Labor mit sieben Mitarbeitern und zwei Auszubildenden. Dem Organigramm zufolge fungierte die Klägerin zusammen mit den Mitarbeiter G als stellvertretende Laborleiterin. Als Laborleiter ist der Mitarbeiter S aufgeführt. Der Mitarbeiter S wurde gemeinsam mit der Klägerin am 01.09.2016 von der Beklagten eingestellt. Die Klägerin und der Mitarbeiter S betrieben mit dem Wissen der Beklagten gemeinsam auch eine Firma J Zahnconstruct GmbH.



    Im Labor der Beklagten befand sich eine Goldkassette, in der das für die Verarbeitung als Zahngold benötigte Gold aufbewahrt wurde. Goldbestellungen/-eingänge, Goldentnahmen und die Namen der Kunden, für die das entnommene Gold benötigt wurde, wurden in einem sogenannten Goldbuch festgehalten.



    Im September 2016 entnahm der Laborleiter S der Goldkassette 32 g Gold, die er für die Anfertigung seines Meisterstücks in der für ihn bevorstehenden Meisterprüfung benötigte. Nach Abschluss des Prüfungsverfahrens wurde dem Mitarbeiter S von Prüferseite unter dem 06.08.2017 mitgeteilt, dass er das von ihm angefertigte Werkstück wieder abholen könne (Bl.138 d.A.). Der Laborleiter S händigte das Meisterstück sodann der Beklagten aus. Im Zuge der Anfertigung des Meisterstücks wurden technisch bedingt 9,5 g Gold verbraucht, die in dem Meisterstück nicht mehr verkörpert sind. 1 g Gold der entsprechenden Sorte kostete nach Angaben der Beklagten im vorliegenden Verfahren seinerzeit 51,15 €.



    Mit am 17.08.2017 unterzeichnetem Schreiben vom 14.08.2017 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin "aus wichtigem Grund mit Auslaufzeit von vier Tagen zum 21.08.2017 hilfsweise fristgerecht zum 30.09.2017." Hiergegen erhob die Klägerin am 04.09.2017 die vorliegende Klage. Zeitgleich kündigte die Beklagte auch das Anstellungsverhältnis mit dem Mitarbeiter S . Dieser war Kläger des Kündigungsschutzverfahrens Arbeitsgericht Köln 9 Ca 5913/17. Der Kündigungsschutzprozess des Mitarbeiters Speck endete durch rechtskräftigen Vergleich vor dem Berufungsgericht vom 22.11.2018 (7 Sa 410/18). Darin einigten sich die dortigen Prozessparteien, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.09.2017 zu beenden. Der Beklagten wurde die Befugnis eingeräumt, von der noch ausstehenden Bezahlung der Kündigungsfrist 316, 35 € als Gegenwert der bei Anfertigung des Meisterstücks verbrauchten 9,5 g Gold einzubehalten.



    Im vorliegenden Verfahren fand am 27.09.2017 vor dem Arbeitsgericht ein Gütetermin statt, der erfolglos blieb. Das Arbeitsgericht beraumte daraufhin einen Kammertermin für den 24.01.2018 an und erteilte der Beklagten folgende Auflage:

    "Der Beklagten wird aufgegeben, auf die Klageschrift zu erwidern und hierbei abschließend die tatsächlichen Voraussetzungen für die ausgesprochene streitgegenständliche fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung darzutun. Hierbei hat die Beklagte darzulegen, wann die Klägerin welche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung im Einzelnen begangen haben soll, insbesondere wann die Klägerin, ggf. Mittäterschaft mit anderen Personen, wieviel Gramm Gold aus dem Dentallabor der Beklagten entwendet bzw. unterschlagen haben soll. Hierbei hat die Beklagte darzulegen, wann welches Gold angeschafft wurde sowie wann und wie die klagende Partei dieses Gold gestohlen und unterschlagen haben soll. In diesem Sinne hat die Beklagte darzulegen, wer bei der Beklagten das Goldbuch führt sowie wann und wie entsprechende Goldbestände zu welchem Wert angeschafft wurden. Im Hinblick auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB hat die Beklagte darzulegen, wann kündigungsberechtigte Personen bei ihr erstmals Kenntnis von dem behaupteten Diebstahl bzw. Unterschlagung erlangt haben sollen."



    Die der Beklagten zum 30.10.2017 gesetzte Stellungnahmefrist wurde später antragsgemäß bis zum 13.11.2017 verlängert. Der Klägerin wurde im Gütetermin aufgegeben, auf den zu erwartenden Schriftsatz der Beklagten bis zum 04.12.2017 zu erwidern "und hierbei abschließend ihre Einwendungen gegen die streitgegenständliche Kündigung darzutun". Auf das Sitzungsprotokoll vom 27.09.2017 insgesamt wird Bezug genommen.



    Mit knapp eineinhalbseitigem Schriftsatz vom 13.11.2017 führte die Beklagte in Erfüllung der arbeitsgerichtlichen Auflage aus dem Gütetermin im Wesentlichen Folgendes aus:

    "Im Labor der Beklagten wird eine Kassette mit reinem Gold geführt, welches für die Anfertigung von Zahngold benötigt wird. Am 28.07.2017 wurde erstmals durch eine Mitarbeiterin festgestellt, dass diese Kassette fehlt. Dieser Sachverhalt wurde dem seinerzeit zuständigen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn G M , mitgeteilt, der diesen Sachverhalt recherchierte und dabei das sogenannte Goldbuch kontrollierte. Dabei stellte er fest, dass im September 2016 32 g Gold (Geo Ti) mit Wert 1.833,60 € aus der Kassette durch Herrn Speck entnommen wurden. Herr M nahm hierzu mit Herrn S Rücksprache und Herr S räumte ein, dieses Gold im Jahre 2016 für sein Meisterstück entnommen zu haben ... Herr S hat dann das Meisterstück am 11.08.2017 an die Beklagte zurückgegeben. Für die Führung des Goldbuches als auch für die Aufsicht über die Goldkassette war die Klägerin verantwortlich. Die Klägerin hat eingeräumt, dass sie in Zusammenarbeit mit Herr J S die Entnahme des Goldes im Jahr 2016 nicht in das Grundbuch eingetragen hat, obwohl dies ihre Pflicht gewesen wäre. Die Klägerin war also über die Entnahme des Goldes seit September 2016 in Kenntnis. Dennoch hat sie weder den Eintrag ins Goldbuch veranlasst, noch die Veruntreuung durch Herrn S der Geschäftsführung gemeldet."



    Auf den vollständigen Inhalt des Schriftsatzes vom 13.11.2017 wird Bezug genommen.



    Die Klägerin nahm entgegen der sie betreffenden Auflage aus dem Gütetermin vom 27.09.2017 bis zum Kammertermin am 24.01.2018 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.11.2017 ihrerseits nicht Stellung. Nach der insoweit unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin beruhte dies darauf, dass eine Kanzleiangestellte des Klägeranwalts versäumt hatte, die Schriftsatzfrist zu notieren. Hierüber informierte der Klägervertreter vor dem Kammertermin vom 24.01.2018 fernmündlich auch den Vorsitzenden des Arbeitsgerichts.



    Im Kammertermin vom 24.01.2018 erschien für die Klägerin niemand. Ausweislich des Sitzungsprotokolls beantragte der Beklagtenvertreter daraufhin den Erlass einer Entscheidung nach Aktenlage gemäß §§ 331 a, 251 a ZPO. Im Übrigen stellte er Klageabweisungsantrag. Das Gericht bestimmte Termin zur Verkündung einer Entscheidung nach Aktenlage auf den 21.02.2018.



    Einen Tag nach dem Kammertermin vom 24.01.2018 erreichte das Arbeitsgericht ein weiterer, nicht nachgelassener Schriftsatz der Beklagten vom 23.01.2018, in dem diese u. a. Folgendes ausführt:

    "Bis Januar 2017 hatten der vorbezeichnete Herr S B und Herr S R , die mittlerweile beide ausgeschieden sind, die Schlüssel und damit die Verwaltung der Goldkassette. Herr B übergab seinen Schlüssel für die Goldkassette dann an seinem letzten Arbeitstag im Januar an Herrn S und Frau H . Ab diesem Zeitpunkt also führten die beiden Kläger die Goldkassette und das Goldbuch und tätigten die Bestellungen von Gold und waren für die Aufbewahrung und die Herausgabe des Goldes verantwortlich."



    Auf den vollständigen Inhalt des Schriftsatzes vom 23.01.2018 wird Bezug genommen.



    Mit Schriftsatz vom 16.02.2018 trat sodann die Klägerin der Absicht des Gerichts, eine Entscheidung nach Aktenlage zu verkünden, entgegen und erläuterte hierzu auch nochmals, dass aufgrund eines Kanzleiversehens die ihr gesetzte Schriftsatzfrist nicht eingehalten worden sei.



    Zur Sache hat die Klägerin sodann ausgeführt: Bereits im Einstellungsgespräch des Herrn S sei zwischen diesem und der Beklagten besprochen worden, dass er nach der Handwerksverordnung eine abschließende Prüfung zum Meistertitel ablegen müsse, da im Labor auch Auszubildende beschäftigt würden. Für diese Prüfung habe er eine praktische Arbeit anfertigen müssen, nämlich eine viergliedrige keramisch verblendete Zahnbrücke inklusive einem Vollgussbrückenglied mit Geschiebe. Das dafür benötigte Edelmetall, die 32 g Gold, sei Herrn S aus dem Edelmetallbestand des Labors zur Verfügung gestellt worden. Über die sei der seinerzeit zuständigen Person S B ein Tages-Goldzettel mit dem Namen des Herrn S und dem Datum der Entnahme ausgehändigt worden. Über den Vorgang seien neben der Klägerin der weitere stellvertretende Laborleiter Herr G , Herr S B , seinerzeit Verwalter der Goldkassette und Schlüsselinhaber, Herr S R , ebenfalls Verwalter der Goldkassette und Schlüsselinhaber, sowie Frau M K seinerzeit Goldbuchbeauftragte unterrichtet gewesen.



    Weiter hat die Klägerin vorgetragen, im Goldbuch selbst würden nur Goldentnahmen eingetragen, die Patienten zuzuordnen sind, nicht aber solche Entnahmen, die anderen Zwecken dienten und zurückgegeben würden. Diese würden mit einem sogenannten Tages-Goldzettel notiert, der mit dem Goldbuch in der Kassette aufbewahrt werde. Herr S habe mit Herrn G abgesprochen, dass das ausgeliehene Edelmetall nach Abschluss der Prüfung und Rückgabe der Prüfungsbrücke durch den Gutachter an das Labor zurückgegeben werde. Das verarbeitete Gold könne für weitere Arbeiten wieder eingeschmolzen werden. Die bei der Verarbeitung entstandene Gewichtsdifferenz von 9,5 g habe dann durch den Zeugen S ausgeglichen werden sollen. Sie, die Klägerin, habe zwar von der Leihgabe Kenntnis gehabt, sei aber in diesen Vorgang in keiner Weise involviert gewesen. Sie habe mit dem Vorgang auch in verantwortlicher Stellung überhaupt nichts zu tun gehabt, da sie zum Zeitpunkt der Ausgabe keinerlei Funktion im Zusammenhang mit dem Goldbuch innegehabt habe.



    Am 21.02.2018 hat das Arbeitsgericht Köln, wie von ihm angekündigt, eine Entscheidung nach Lage der Akten verkündet. In den Entscheidungsgründen führt das Arbeitsgericht u. a. aus, dass es sich zur Verkündung einer Entscheidung nach Lage der Akten befugt gefühlt habe, da im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Güteverhandlung ausreichend sei, um die in §§ 251 a Abs. 2 S. 1 ZPO, 331 a S. 2 ZPO enthaltene Voraussetzung zu erfüllen, dass in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden sei. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es bei seiner Entscheidung weder den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 23.01.2018 noch den Schriftsatz der klagenden Partei vom 16.02.2018 berücksichtigt habe. Auf den vollständigen Inhalt der Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.



    Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 07.03.2018 zugestellt. Sie hat hiergegen am Montag, dem 09.04.2018 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist am 07.06.2018 begründet. In der Berufungsbegründung wiederholt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Ausführungen aus dem Schriftsatz vom 16.02.2018 und weist ergänzend darauf hin, dass auch die 4. Kammer des LAG Köln mittlerweile mit Urteil vom 10.04.2018 (4 Sa 1024/16) entschieden habe, dass eine vorausgegangene Güteverhandlung nicht ausreiche, um bei Säumnis einer Partei im Kammertermin ein Urteil nach Lage der Akte zu erlassen.



    Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,

    unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21.02.2018, Aktenzeichen: 9 Ca 5912/17, 1.) festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 14. August 2017 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat;2.) die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu unveränderten Bedingungen als Zahntechnikerin zu beschäftigen;3.) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie Führung und Leistung erstreckt;4.) hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1.) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und Führung und Leistung erstreckt.



    Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

    die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.



    Die Beklagte und Berufungsbeklagte führt aus, der Klägerin würden dieselben Vorwürfe gemacht wie Herrn S anlässlich dessen eigener Kündigung. Die Klägerin habe zwar das Gold nicht unmittelbar für eigene Zwecke verwendet, mit der Gewährung der Entnahme des Goldes Herrn S jedoch bewusst einen wirtschaftlichen Vorteil eingeräumt. Aufgrund ihrer Position wäre die Klägerin aber verpflichtet gewesen, die Entnahme des Goldes bei der Geschäftsleitung anzuzeigen und genehmigen zu lassen sowie dafür Sorge zu tragen, dass diese Goldentnahme im sogenannten Goldbuch eingetragen wird.



    Die Beklagte behauptet, ein Einvernehmen der geschäftsführenden Ärzte sei erst gar nicht eingeholt worden, da die Klägerin und Herr S gewusst hätten, dass die Beklagte eine Genehmigung nicht erteilen würde; denn für sie habe kein wirtschaftliches Interesse an der Goldentnahme bestanden und sie hätten gewusst, dass eine Rückgabe des Goldes nicht gewährleistet sei.



    Erstmals in der Berufungserwiderung behauptet die Beklagte, die Klägerin habe auch gewusst, dass Herr S gegenüber Herrn G behauptet habe, für die Entnahme des Goldes die Zustimmung der Ärzte zu haben.



    Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift der Klägerin, der Berufungserwiderungsschrift der Beklagten und des weiteren Schriftsatzes der Klägerin vom 21.11.2018 nebst zugehöriger Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.02.2018 in Sachen 9 Ca 5912/17 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b und c ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formal ordnungsgemäß eingelegt und begründet.



    II. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.02.2018 musste auch in der Sache Erfolg haben. Die Kündigung der Beklagten vom 14.08.2017 erweist sich sowohl als außerordentliche Kündigung wie auch als ordentliche Kündigung als rechtsunwirksam. Der Klägerin war somit auch kein Endzeugnis, sondern ein Zwischenzeugnis zuzusprechen und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen.



    Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.08.2017 erweist sich ebenso als rechtsunwirksam wie die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Es ist der Beklagten weder erst- noch zweitinstanzlich gelungen, substantiiert und widerspruchsfrei Tatsachen vorzutragen, aufgrund derer es ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Ebenso wenig ist es der Beklagten gelungen, substantiiert und widerspruchsfrei Gründe darzulegen und unter Beweis zu stellen, die geeignet wären, die Kündigung gegenüber der Klägerin im Sinne von § 1 Abs.2 KSchG sozial zu rechtfertigen.



    1. Vorab ist festzustellen, dass das Arbeitsgericht nicht befugt war, den Rechtsstreit, wie geschehen, durch eine streitige Entscheidung nach Lage der Akten gemäß §§ 331 a, 251 a ZPO zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung nach Lage der Akten lagen gleich aus mehreren Gründen ersichtlich nicht vor.



    a. So darf gemäß § 331 a ZPO in einer Säumnissituation, wie sie hier vorlag, eine Entscheidung nach Lage der Akten nur ergehen, "wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint". Hiervon konnte im Zeitpunkt des Kammertermins vom 24.01.2018 ersichtlich keine Rede sein.



    aa. Im Zeitpunkt des Kammertermins vom 24.01.2018 lag dem Arbeitsgericht an schriftsätzlichem Sachvortrag der Parteien lediglich die sich im Wesentlichen auf formale Aspekte beschränkende Klageschrift der Klägerin und die sich ebenfalls auf formale Aspekte beschränkende Kurzstellungnahme der Beklagten vom 11.09.2017 sowie die knapp eineinhalbseitige Klageerwiderungsschrift der Beklagten vom 13.11.2017 vor.



    bb. Dem Arbeitsgericht hätte auffallen müssen, dass die Klageerwiderungsschrift vom 13.11.2017 bei weitem keine vollständige und substantiierte Erfüllung der gerichtlichen Auflage vom 27.07.2017 darstellte.



    cc. Vor allem aber wies die knappe Sachdarstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 13.11.2017 in einem den Kern des der Klägerin gegenüber erhobenen Tatvorwurfs berührenden zentralen Punkt eine erhebliche Unklarheit bzw. Widersprüchlichkeit auf. Auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 13.11.2017 wirft die Beklagte der Klägerin nämlich vor, dass sie "in Zusammenarbeit mit Herrn J S die Entnahme des Goldes im Jahr 2016 nicht in das Grundbuch [gemeint ist offensichtlich das Goldbuch] eingetragen hat, obwohl dies ihre Pflicht gewesen wäre". Auf Seite 1 des Schriftsatzes hatte die Beklagte jedoch geschildert, dass der Mitarbeiter G M bei Kontrolle des sogenannten Goldbuches festgestellt habe, "dass im September 2016 32 g Gold (Geo Ti) mit Wert 1.133,60 € aus der Kassette durch Herrn S entnommen wurden." Es drängt sich nunmehr die Frage auf, wie denn der Zeuge M bei Kontrolle des Goldbuches die Goldentnahme durch den Zeugen S mit allen Einzelheiten (Zeitpunkt, Menge, Art des Goldes, Zeitwert) entdecken konnte, obwohl die Goldentnahme doch gar nicht im Goldbuch eingetragen war.



    dd. Bezeichnenderweise sah sich die Beklagte von sich aus veranlasst, weiter zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen, wie der von ihr unter dem 23.01.2018 verfasste Schriftsatz zeigt, der dem Gericht allerdings erst am Tag nach dem Kammertermin zugegangen ist.



    ee. Dabei widerspricht die Darstellung im Schriftsatz vom 23.01.2018 in einem zentralen Punkt diametral der Darstellung aus der Klageerwiderung vom 13.11.2017; denn im Schriftsatz vom 23.01.2018 trägt die Beklagte vor, dass die Klägerin erst ab Ende Januar 2017 für die Verwaltung der Goldkassette und die Führung des Goldbuchs zuständig gewesen sein soll.



    ff. Die Klägerin ihrerseits hatte sich bis zum Kammertermin vom 24.01.2018 schriftsätzlich noch gar nicht zu den Kündigungsvorwürfen der Beklagten aus der Klageerwiderung eingelassen. Hierin lag zwar eine Verletzung der vom Arbeitsgericht gesetzten Auflagen vom 27.09.2017. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag des Klägervertreters war dem Arbeitsgericht jedoch im Kammertermin vom 24.01.2018 bekannt, dass die Klägerin ihre Stellungnahmefrist nicht absichtlich, sondern aufgrund eines in der Kanzlei des Klägervertreters aufgetretenen Büroversehens versäumt hatte.



    b. Der Erlass einer Entscheidung nach Lage der Akten war aber nicht nur deshalb unzulässig, weil der Sachverhalt entgegen § 331 a S. 1 ZPO für eine derartige Entscheidung noch nicht hinreichend geklärt war und eine Entscheidungsreife zu Lasten der Klägerin nicht vorlag. Eine Entscheidung nach Lage der Akten kam vielmehr von vornherein auch deshalb nicht in Betracht, weil entgegen §§ 331 a S. 2, 251 a Abs. 2 S. 1 ZPO noch nicht "in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden" war.



    aa. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und der von ihm zitierten älteren obergerichtlichen Rechtsprechung stellt eine Güteverhandlung im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 ArbGG keine "mündliche Verhandlung" im Sinne von § 251 a Abs. 2 ZPO dar. Das Rechtsinstitut der Entscheidung nach Lage der Akten ist ausschließlich in der Zivilprozessordnung geregelt. §§ 251 a, 331 a S. 2 ZPO gelten im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur aufgrund der in § 46 Abs. 2 ArbGG enthaltenen allgemeinen Verweisung auf die Rechtsnormen der ZPO. Die Auslegung einer Norm der Zivilprozessordnung wie § 251 a ZPO kann sachgerecht nur anhand der Begrifflichkeiten und Systematik der Zivilprozessordnung erfolgen. Dass eine Güteverhandlung, wie sie jetzt in § 278 Abs. 2 ff. ZPO geregelt ist, keine mündliche Verhandlung im Sinne von § 251 a Abs. 2 ZPO darstellt, kann nach Wortlaut und Systematik der ZPO keinem Zweifel unterliegen. § 278 Abs.2 S.1 ZPO bestimmt, dass der mündlichen Verhandlung die Güteverhandlung vorausgeht. Mit einer mündlichen Verhandlung im Sinne von § 251 a Abs. 2 ZPO ist somit die streitige Verhandlung gemeint. Gemäß § 137 Abs. 1 ZPO beginnt die mündliche Verhandlung dadurch, "dass die Parteien ihre Anträge stellen". Dass in einer Güteverhandlung streitige Sachanträge gestellt werden, ist weder in der ZPO, noch im Arbeitsgerichtsgesetz vorgesehen.



    bb. Anderseits gebietet es aber auch das Bestimmtheitsgebot, dass ein Urteil nach Lage der Akten, bei welchem es sich um ein streitiges Sachurteil handelt, nur ergehen kann, wenn zuvor die den Streitgegenstand des Verfahrens bestimmenden Sachanträge einmal in einer mündlichen Verhandlung gestellt worden sind.



    cc. Das Arbeitsgerichtsgesetz enthält keine Normen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung des Begriffs der "mündlichen Verhandlung" in § 251 a ZPO geben könnten. Zwar heißt es in § 54 Abs. 1 S. 1 ArbGG anders als in § 278 Abs. 2 ZPO, dass die mündliche Verhandlung "mit einer Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung)" beginnt. Es ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass mit dieser Formulierung der Gesetzgeber bewusst eine Handhabe schaffen wollte, um abweichend von den Regeln der Zivilprozessordnung eine Entscheidung nach Lage der Akten im Sinne von § 251 a Abs. 2 ZPO zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich schon nach Durchführung einer bloßen Güteverhandlung, zu ermöglichen. Vielmehr unterscheidet in systematischer Hinsicht auch das Arbeitsgerichtsverfahren ebenso wie die ZPO zwischen einer Güteverhandlung und einer streitigen Verhandlung. Die streitige Verhandlung ist z.B. in § 54 Abs. 4, § 56 Abs. 1 S. 1 und in der Überschrift dieser Norm sowie der Sache nach auch in § 57 ArbGG erwähnt und angesprochen. Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren beginnt die streitige mündliche Verhandlung mit dem Stellen der Sachanträge (BAG vom 04.12.2002, 5 AZR 556/01).



    dd. Das prozessuale Bestimmtheitsgebot beansprucht im Arbeitsgerichtsverfahren genauso Beachtung wie in der Zivilprozessordnung. Der Erlass einer Entscheidung nach Lage der Akten im Sinne der §§ 331 a S. 2, 251 a Abs. 2 ZPO ist daher auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur dann zulässig, wenn in einer vorangegangenen streitigen mündlichen Verhandlung bereits die Sachanträge gestellt worden sind.



    ee. Ergänzend wird auf die zum gleichen Ergebnis gelangenden Entscheidungen des LAG Köln vom 10.04.2018, 4 Sa 1024/16; des LAG Frankfurt vom 10.11.2015, 15 Sa 476/15; des LAG Hamm vom 04.03.2011, 18 Sa 970/10; des LAG Hamm vom 20.07.2011, 2 Sa 422/11; des LAG Bremen vom 25.06.2003, 2 Sa 67/03 Bezug genommen.



    c. Der Erlass eines Urteils nach Lage der Akten im Sinne von § 251 a Abs. 2 ZPO, ohne dass dessen Voraussetzungen vorliegen, stellt einen schweren Verfahrensmangel dar, der dazu führt, dass den Parteien eine vollwertige Gerichtsinstanz genommen wird. Nach der zitierten Rechtsprechung des LAG Hamm kommt in einem solchen Fall abweichend von § 68 ArbGG und in entsprechender Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 6 ZPO eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an die erste Instanz in Betracht. Vorliegend hat das Berufungsgericht jedoch im Interesse einer Beschleunigung des vorliegenden Bestandsschutzverfahrens von einer Zurückverweisung abgesehen.



    2. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, der die Beklagte dazu berechtigt hätte, der Klägerin unter dem 14.08.2017 eine außerordentliche, fristlose Kündigung auszusprechen ist nicht erkennbar.



    a. Das Arbeitsgericht benennt in seinen Entscheidungsgründen als maßgeblichen konkreten Kündigungsgrund, die Klägerin habe "zusammen mit ihrem Kollegen S das Vermögen der Beklagten dadurch geschädigt, indem sie es dem Kollegen S ermöglichte, bis zu 32 g Gold für eigene Zwecke (hier: Meisterstück) zu verwenden". Diese Aussage erscheint isoliert betrachtet substanzlos. Welche Handlung oder Unterlassung der Klägerin in den Augen des Arbeitsgerichts dazu geführt haben soll, dass dem Mitarbeiter S die Entnahme des Goldes "ermöglicht" worden sein soll, erläutert das Arbeitsgericht nicht.



    b. Ergänzend führt das Arbeitsgericht lediglich noch aus: "Die klagende Partei hat dabei ferner ihre Pflichten verletzt, da sie das ihr obliegende Goldbuch nicht ordnungsgemäß geführt hat."



    Aufgrund des im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erreichten Sach- und Streitstandes, der in seinen wesentlichen Teilen aber bereits in den Schriftsätzen der Beklagten (!) vom 23.01.2018 und der Klägerin vom 16.02.2018 enthalten war, lassen sich die vom Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Kündigungsvorwürfe nicht aufrechterhalten. Es ergibt sich nunmehr vielmehr folgendes Bild:



    aa. Bereits mit Schriftsatz vom 23.01.2018 hat die Beklagte selbst richtig gestellt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Entnahme des Goldes durch den Mitarbeiter S im September 2016 weder für die Verwaltung der Goldkassette, noch für die Führung des Goldbuches verantwortlich war. Die Beklagte führt im Schriftsatz vom 23.01.2018 nämlich aus, dass bis Januar 2017 die Zeugen B und R für die Verwaltung der Goldkassette zuständig waren, deren Schlüssel in Besitz hatten und auch das Goldbuch führten. Erst ab dem Zeitpunkt, an dem Herr B an seinem letzten Arbeitstag im Januar 2017 die Schlüssel für die Goldkassette an Herrn S und die Klägerin übergeben habe, führten der Beklagten zu Folge die Klägerin und Herr S die Goldkassette und das Goldbuch. Im Anschluss an den Schriftsatz der Klägerin vom 16.02.2018 ist sodann in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass als sogenannte Goldbuchbeauftragte eine Mitarbeiterin K fungierte, jedenfalls nicht die Klägerin.



    bb. Unstreitig war der Klägerin die Goldentnahme durch Herrn S im September 2016 bekannt. Nach dem in der Folgezeit unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 16.02.2016 waren über die Goldentnahme aber nicht nur die Klägerin, sondern auch der weitere stellvertretende Laborleiter G , die beiden zum damaligen Zeitpunkt mit der Verwaltung der Goldkassette und deren Schlüssel beauftragten Mitarbeiter B und R sowie die Goldbuchbeauftragte K informiert.



    cc. Unstreitig wurde die Goldentnahme durch Herrn S nicht in dem sogenannten Goldbuch verzeichnet. Gleichwohl erfolgte die Goldentnahme auch abgesehen von der unstreitig gegebenen Kenntnis der oben genannten Personen keineswegs "heimlich", sondern wurde auch schriftlich dokumentiert. Der Mitarbeiter S hat nämlich Zeitpunkt der Entnahme, die Person des Entnehmenden sowie Art und Menge des entnommenden Goldes in einem sogenannten Tages-Goldzettel dokumentiert, der mit dem Goldbuch zusammen aufbewahrt wurde. Auch den in dem Schriftsatz vom 16.02.2018 enthaltenen Sachvortrag der Klägerin hat die Beklagte in der Berufungsinstanz der Sache nach unstreitig gestellt. Sie hat nämlich die Behauptung der Klägerin, Herr S habe einen Tages-Goldzettel ausgefüllt, nicht bestritten, sondern damit kommentiert, dass die Anfertigung eines solchen Tages-Goldzettels nicht ausreichend gewesen sei, weil grundsätzlich sämtliche Goldentnahmen ins Goldbuch hätten eingetragen werden sollen.



    dd. Nur mit der Existenz eines solchen Tages-Goldzettels lässt sich im Übrigen auch der Sachvortrag der Beklagten erklären, dass der Mitarbeiter M Ende Juli 2017 bei der Kontrolle des Goldbuches die Goldentnahme durch Herrn S im September 2016 feststellen konnte.



    c. Hat Herr S die Goldentnahme schriftlich quittiert und die entsprechende Quittung im Goldbuch hinterlegt, so bestand für einen Außenstehenden wie die Klägerin kein Grund zur Annahme, Herr S wolle sich den Wert des entnommenen Geldes persönlich zueignen und das Vermögen der Inhaber der Beklagten auf diese Weise schädigen. Auch die in dem arbeitsgerichtlichen Urteil enthaltene Aussage, die Klägerin habe das Vermögen der Beklagten um knapp 1.900,00 € geschädigt, lässt sich nicht aufrechterhalten. Die Klägerin konnte davon ausgehen, dass das entnommene Gold bzw. sein Gegenwert zur gegebenen Zeit zurückerstattet würde. Das vom Mitarbeiter S angefertigte Meisterstück, das noch wiederverwertbare 22,5 g des entnommenen Goldes verkörperte, wurde der Beklagten auch tatsächlich vor Ausspruch der streitigen Kündigung zurückgegeben. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren auch belegen können, dass der Zeuge S sein Meisterstück selbst erst Anfang August von dem Prüfungssachverständigen der Handwerkskammer zurückerhalten hat.



    Der Mitarbeiter S hat ferner, soweit ersichtlich, zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten in Abrede gestellt, auch den Wert des bei der Anfertigung des Meisterstücks verbrauchten Goldanteils - hier 9,5 g - erstatten zu wollen.



    d. Die vom Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Kündigungsgründe liegen somit nicht vor und können die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.08.2017 nicht rechtfertigen.



    3. In der Berufungsinstanz hält die Beklagte an ihrer Kündigung fest und fasst die Vorwürfe gegenüber der Klägerin dahingehend zusammen, dass diese "aufgrund ihrer Position bei der Beklagten" verpflichtet gewesen wäre, die Entnahme des Goldes bei der Geschäftsleitung anzuzeigen und genehmigen zu lassen sowie dafür Sorge zu tragen, dass diese Goldentnahme im Goldbuch eingetragen wird.



    a. Welche "Position bei der Beklagten" die Beklagte damit ansprechen will, erscheint unklar. Die Klägerin fungierte unstreitig zusammen mit dem Mitarbeiter G als stellvertretende Laborleiterin. Herr S war jedoch Laborleiter und somit in einer höheren hierarchischen Position als die Klägerin. Eine besondere Funktion bei der Verwaltung der Goldkassette oder der Führung des Goldbuches nahm die Klägerin entgegen dem ursprünglichen Sachvortrag der Beklagten im Zeitpunkt der Goldentnahme im September 2016 unstreitig gerade nicht ein.



    b. Es musste sich der Klägerin in Anbetracht der oben geschilderten Umstände auch nicht die Absicht eines strafbaren, unredlichen Verhaltens des Mitarbeiters S zulasten der Beklagten aufdrängen, so dass sie ungeachtet ihrer speziellen Position im Betrieb verpflichtet gewesen wäre, der Geschäftsleitung Mitteilung zu machen, um Schaden vom Betrieb zu wenden.



    c. Für die Führung des Goldbuches war die Klägerin nicht zuständig.



    d. Warum und aufgrund welcher - der Klägerin bekannten - betrieblichen Vorgaben es zwingend erforderlich gewesen wäre, die Goldentnahme in das Goldbuch selbst einzutragen und die Anfertigung und Hinterlegung eines sogenannten Tages-Goldzettels nicht ausreichend sein würde, hat die Beklagte nicht näher erläutert. Selbst wenn man aber einmal zugunsten der Beklagten unterstellt, dass dem Laborleiter S insoweit ein formaler Fehler unterlaufen ist, ändert dies nichts daran, dass ein solcher Fehler aber nicht der Klägerin vorgeworfen werden kann oder gar zum Grund für eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses ausreichen könnte.



    e. Daran vermag auch die erstmals in der Berufungserwiderung aufgestellte Behauptung der Beklagten nichts zu ändern, die Klägerin habe gewusst, dass Herr Speck dem Mitarbeiter Gadasz wahrheitswidrig erklärte hätte, er habe für die Goldentnahme die Zustimmung der Ärzte (= Geschäftsführer der Beklagten). Auf diese Behauptung kann es schon deshalb nicht ankommen, weil sie in doppelter Hinsicht unsubstantiiert erscheint, nämlich sowohl was Zeitpunkt und nähere Umstände der angeblichen Erklärung des Speck gegenüber Gadasz angeht, wie auch, was das Wissen der Klägerin davon betrifft, und weil sie darüber hinaus auch nicht unter Beweis gestellt wurde.



    4. Es fehlt für die Wirksamkeit der Kündigung vom 14.08.2017 jedoch nicht nur an einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, sondern auch an einer sozialen Rechtfertigung als verhaltensbedingte ordentliche fristgerechte Kündigung. Aus den ausführlich erörterten Gründen ergibt sich, dass ausreichende Gründe für eine derartige ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ebenfalls nicht vorliegen.



    5. Ist die Kündigung der Beklagten vom 14.08.2017 sowohl als außerordentliche wie als ordentliche Kündigung rechtsunwirksam, so bleibt die Beklagte auch verpflichtet, die Klägerin nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des BAG vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht zunächst bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens weiter zu beschäftigen. Gründe, die dies ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, sind nicht gegeben.



    6. Besteht das Arbeitsverhältnis der Parteien entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts fort, so ist das arbeitsgerichtliche Urteil auch insofern abzuändern, als die Beklagte der Klägerin kein qualifiziertes Endzeugnis schuldet, sondern ein entsprechendes Zwischenzeugnis.



    III. Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 91 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.



    Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Insbesondere vermag auch die Frage, ob eine Güteverhandlung im Sinne von § 54 Abs. 1 ArbGG eine "mündliche Verhandlung" im Sinne von § 251 a Abs. 2 S. 1 ZPO darstellt, nicht die Zulassung der Revision zu rechtfertigen, da im vorliegenden Fall eine Entscheidung nach Lage der Akten auch aus anderen Gründen nicht zulässig war.

    Vorschriften§§ 331 a, 251 a ZPO, §§ 251 a Abs. 2 S. 1 ZPO, 331 a S. 2 ZPO, § 64 Abs. 2 b, c ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 1 Abs.2 KSchG, § 331 a ZPO, § 331 a S. 1 ZPO, §§ 331 a S. 2, 251 a Abs. 2 S. 1 ZPO, § 54 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 251 a Abs. 2 ZPO, §§ 251 a, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 251 a ZPO, § 278 Abs. 2 ff. ZPO, § 278 Abs.2 S.1 ZPO, § 137 Abs. 1 ZPO, § 278 Abs. 2 ZPO, § 57 ArbGG, 251 a Abs. 2 ZPO, § 68 ArbGG, § 538 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 6 ZPO, § 626 Abs. 1 BGB, § 91 ZPO, § 54 Abs. 1 ArbGG, § 251 a Abs. 2 S. 1 ZPO