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  • 01.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211445

    Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 20.12.2018 – 9 Sa 499/17

    1. Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist.

    2. Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. "Erforderlich" ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt. Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehört u. a. die Frage, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat (ebenso BAG, Urteil vom 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 -, AP Nr. 49 zu § 611 BGB Arbeitszeit m. w. N.).

    3. Steht fest ( § 286 ZPO ), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG, a. a. O.).


    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat das Sächsische Landesarbeitsgericht -Kammer 9 -durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herrn .. auf die mündliche Verhandlung vom 27.09.2018

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24.08.2017 - 1 Ca 240/17 - teilweise abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen, als das Arbeitsgericht in der Ziffer 2 seines Urteilstenors festgestellt hat, dass Umkleidezeiten des Klägers (Berufskleidung) in einem Umfang von sechs Minuten pro Umkleidung vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.

    2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil oder einer gleichwertigen Entscheidung zu den Kosten vorbehalten.

    3. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug - soweit für dieses Teilurteil von Belang - unverändert darüber, ob die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Klägers erforderlichen Umkleidezeiten, mindestens jedoch sechs Minuten pro Umkleidung, vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.



    Der am ...1973 geborene Kläger ist seit dem 11.05.1998 als Rettungssanitäter tätig.



    Er arbeitete zunächst für den ... e. V. Für diesen war er zuletzt in einer Rettungswache in ... tätig. Im Zuge der Ausschreibung des Rettungsdienstes zum Jahreswechsel 2013/2014 ging das Arbeitsverhältnis zum 01.01.2014 auf die Beklagte, die jetzige Arbeitgeberin des Klägers, über.



    Während der mit RTW, KTW und NEF bezeichneten Dienste ist der Kläger verpflichtet, eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) bestehend aus Schuhen, Jacke, Weste und Hose zu tragen. Ein Qualitätsmanagement-Handbuch vom 12.06.2013 enthielt u. a. die Regelung, dass die Arbeitskleidung erst in der Wache angelegt werden dürfe. Nach einem Hygieneplan war festgelegt, dass das Umkleiden bei der Arbeit und im Umkleideraum stattzufinden habe. In einem Qualitätsmanagement-Handbuch vom 06.10.2014 ist eine entsprechende Verpflichtung nicht mehr enthalten.



    Bei seiner Einstellung sowie in späteren Unterweisungen war der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die PSA nicht zu Hause gereinigt werden dürfe und grundsätzlich am Dienstort angezogen werde. Den Mitarbeitern wurde das Fahren mit angelegter Dienstkleidung im privaten Pkw untersagt.



    Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, der Umkleidevorgang dauere im Durchschnitt jeweils sechs Minuten. Bei den Umkleidezeiten handele es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeiten, die dem für ihn geführten Arbeitszeitkonto gutzuschreiben seien.



    Der Kläger hat - soweit für dieses Teilurteil von Relevanz - erstinstanzlich beantragt,



    festzustellen, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Umkleidezeiten (Berufskleidung), mindestens jedoch sechs Minuten pro Umkleidung, vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.



    Die Beklagte hat beantragt,



    die Klage abzuweisen.



    Umkleidezeiten seien nicht zusätzlich zu vergüten. Es gebe jedenfalls aktuell keine Anweisung der Geschäftsleitung an den Kläger oder andere Mitarbeiter, die Dienstkleidung ausschließlich an der Arbeitsstelle an- bzw. auszuziehen. Zudem sei vom Kläger nicht dargelegt worden, dass er die Kleidung regelmäßig am Arbeitsort an- und wieder ausgezogen habe. Jedenfalls sei die vom Kläger angesetzte Dauer von sechs Minuten zu lang. Ein Umkleidevorgang dauere etwa 181 bis 194 Sekunden.



    Der pauschale Ansatz von sechs Minuten pro Umkleidevorgang sei unzulässig. Der Kläger könne sich nicht auf § 287 ZPO stützen, weil er insbesondere zum Faktor Zeit keine Anknüpfungstatsachen liefere. Ebenso wenig würden Anknüpfungstatsachen zum Ausschöpfen seiner persönlichen Leistungsfähigkeit sowie der Erforderlichkeit vorgetragen.



    Darauf hat der Kläger zum Ablauf des Umziehens wie folgt repliziert:



    Ablauf des Umziehens bei Dienstbeginn

    Tätigkeit Dauer (Näherungswerte) 1. PSA - Einzelstücke - aus den Wäschefächern (1 Fach Hose, 1 Fach Hemd, Arbeitsschuhe Regal, Fleecejacke hängt im Spind, Dienstjacke hängt im Spind) 60 Sekunden 2. Ausziehvorgang 75 Sekunden 2.1. Privatjacke ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 2.2. Pullover oder Fleecejacke ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 2.3. Hemd ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 2.4. Schuhe ausziehen und hinstellen 15 Sekunden 2.5. Hose ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 3. Aufschließen Spind für Privatkleidung 10 Sekunden 4. Jacken auf Bügel hängen, Schuhe einräumen, Hemd ordentlich reinlegen 30 Sekunden 5. Spind für Privatkleidung abschließen 10 Sekunden 6. Anziehvorgang 125 Sekunden 6.1. Hemd nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.2. Hose nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.3. Fleecejacke nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.4. Arbeitsschutzschuhe nehmen und anziehen 25 Sekunden 6.5 Dienstjacke nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.6. Arbeitsmittel, z. B. Schreibzeug, Schlüssel einstecken 20 Sekunden 7. Umkleideraum verlassen und abschließen 15 Sekunden 8. Weg vom Umkleidezeit zum Aufenthaltsraum (ca. 30 m, 2 Türen, 2 Treppen) - hier beginnt die Kerntätigkeit 60 Sekunden Insgesamt: 385 Sekunden = 6,41 Minuten



    Ablauf des Umziehens bei Dienstende

    Tätigkeit Dauer in Sekunden 1. Weg vom Aufenthaltsraum innerhalb der Wache zum Spind (ca. 30 m, 2 Türen, 2 Treppen) 60 Sekunden 2. Aufschließen Spind für Privatkleidung 10 Sekunden 3. Ausziehvorgang 100 Sekunden 3.1. Arbeitsmittel, z. B. Schreibzeug, Schlüssel aus den Taschen nehmen und hinlegen 20 Sekunden 3.2. Dienstjacke ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 3.3. Arbeitsschutzschuhe ausziehen und hinlegen 20 Sekunden 3.4. Fleecejacke ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 3.5. Hose ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 3.6. Hemd ausziehen und hinlegen 15 Sekunden 4. PSA in die Wäsche geben 40 Sekunden 5. Privatsachen aus Spind ordentlich herausnehmen 20 Sekunden 6. Anziehvorgang 100 Sekunden 6.1. Hose nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.2. Hemd nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.3. Pullover oder Fleecejacke nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.4. Schuhe nehmen und anziehen 20 Sekunden 6.5. Privatjacke nehmen und anziehen 20 Sekunden 7. Abschließen Spind 10 Sekunden Insgesamt: 340 Sekunden = 5,67 Minuten



    Mit Urteil vom 24.08.2017 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Umkleidezeiten des Klägers (Berufskleidung) in einem Umfang von sechs Minuten pro Umkleidung vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind.



    Gegen das ihr am 09.10.2017 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 27.10.2017 Berufung eingelegt und diese mit am 07.12.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.



    Das Arbeitsgericht begründe nicht, aufgrund welcher eigener Erfahrung es eine Umkleidezeit vom sechs Minuten einschließlich der Wegezeiten für angemessen halte. Nicht berücksichtigt würden auch saisonale und individuelle Unterschiede. Es dürfte auf der Hand liegen, dass im Winter der Auskleidevorgang etwas länger sei, im Sommer jedoch erheblich kürzer.



    Die Beklagte beantragt,



    das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24.08.2017 - 1 Ca 240/17 - abzuändern und die Klage abzuweisen.



    Der Kläger beantragt,



    die Berufung zurückzuweisen.



    Den Überlegungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet er bei, den Ausführungen der Beklagten im Berufungsrechtszug tritt er entgegen.



    Wie das Arbeitsgericht richtig festgestellt habe, sei der Antrag zulässig und begründet.



    Dieser Antrag enthalte im Übrigen ein Minus, nämlich den Antrag auf Feststellung, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderliche Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zähle und von der Beklagten zu vergüten sei.



    Für diese Frage sei auf seinen erkennbar zum Ausdruck gebrachten Willen abzustellen.



    Hier sei anhand der Klagebegründung erkennbar, dass er die Feststellung begehre, dass die notwendige Umkleidezeit vergütungspflichtig sei und er diese Zeit mit sechs Minuten beziffere. Anhand dieses Willens sei auch ohne weiteres erkennbar, dass er die Vergütungspflicht der Umkleidezeit wenigstens grundsätzlich anerkannt haben wolle.



    Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung vom 27.09.2018 sowie die danach noch bei Gericht eingegangenen Schriftsätze vom 07.11., 08.11., 29.11. und vom 13.12.2018.



    Entscheidungsgründe



    Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG an sich statthafte, gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete, insgesamt daher zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.



    1. Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlichen Umkleidezeiten (Berufskleidung), mindestens jedoch sechs Minuten pro Umkleidung, vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind, ist unbegründet.



    a) Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung und das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege erforderlich ist. Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. "Erforderlich" ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für das Umkleiden und den Weg zur und von der Umkleidestelle im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt. Bei Ermittlung der erforderlichen Zeit gilt es, die Variablen des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen. Hierzu gehört u. a. die Frage, welche Privatkleidung je nach Jahreszeit der Arbeitnehmer zuvor getragen hat (ebenso BAG, Urteil vom 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 -, AP Nr. 49 zu § 611 BGB Arbeitszeit m. w. N.).



    b) Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze ist der Vortrag des Klägers bis zuletzt unzureichend, um die begehrte Feststellung treffen zu können.



    aa) Die Beklagte wendet insoweit zu Recht ein, dass der Vortrag des Klägers bereits saisonale Unterschiede unbeachtet lässt, die zudem auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a. a. O.) bei der Ermittlung der erforderlichen Zeit als Variable des Umkleidevorgangs zu berücksichtigen sind. Dass der Kläger beispielsweise im Hochsommer bei Dienstbeginn eine Fleecejacke erst aus- und dann wieder anzieht, erscheint ausgeschlossen und wird von ihm selbst im Übrigen auch nicht behauptet. Allein diese beiden Positionen machen aber nach der Aufstellung des Klägers 15 Sekunden und 20 Sekunden, zusammen also 35 Sekunden aus. Bereits bei Abzug dieser 35 Sekunden wäre aber die Sechs-Minutengrenze, die der Kläger mindestens als Umkleidezeit verlangt, unterschritten.



    Die gleichen Überlegungen gelten erst recht für das Umziehen bei Dienstende. Die dort vom Kläger veranschlagten 340 Sekunden würden sich ebenfalls um 35 Sekunden reduzieren, so dass sich insoweit lediglich noch eine Umkleidezeit von gut fünf Minuten, keinesfalls aber von mindestens sechs Minuten pro Umkleidevorgang ergeben würde.



    bb) Unabhängig hiervon und selbständig tragend können dem Kläger Umkleidezeiten in Höhe von mindestens sechs Minuten pro Umkleidevorgang auch deshalb nicht zugesprochen werden, weil die behaupteten Zeiten von den Klägern in einer kaum zu überschauenden Anzahl von Verfahren identisch verwendet werden und insoweit die persönliche Leistungsfähigkeit des Klägers nicht hinreichend berücksichtigen.



    Etwa aus den Verfahren 3 Sa 300/17, 9 Sa 499/17, 2 Sa 506/17 und 9 Sa 99/18, allesamt mit identischen Prozessbevollmächtigten und anhängig (gewesen) beim Sächsischen Landesarbeitsgericht, ist gerichtsbekannt, dass die Klägervertreter für sämtliche Kläger auf die Sekunde genau identische Umkleidezeiten vortragen. Es mag sein, dass irgendwer mal für irgendwen diese Umkleidezeiten mit der Uhr gestoppt und ermittelt hat. Hierauf kommt es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, von der die erkennende Kammer keine Veranlassung hat abzuweichen, jedoch nicht an. Vielmehr ist zur Ermittlung der Zeitspanne ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen (vgl. BAG, a. a. O).



    Zu seiner persönlichen Leistungsfähigkeit trägt der Kläger jedoch nichts vor, sondern behauptet - wie alle anderen Arbeitnehmer auch - für das Umziehen bei Dienstbeginn 385 Sekunden und für das Umziehen bei Dienstende 340 Sekunden zu benötigen. Die Annahme, dass alle vier Arbeitnehmer in den o. a. Verfahren exakt die gleiche Sekundenzahl für ihren Umkleidevorgang benötigen, erscheint in Anbetracht des gerichtsbekannten Umstandes, dass sich Menschen unterschiedlich schnell umziehen, völlig lebensfremd. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die von den Klägervertretern mitgeteilten, auf die Sekunde identischen Umkleidezeiten unmöglich auf alle Kläger zutreffen können. Obwohl hiernach nicht mehr entscheidungserheblich, möchte die Kammer zudem erhebliche Zweifel daran anmelden, dass die zwischen dem Umkleideraum und dem Aufenthaltsraum zurückzulegenden Wege in den Rettungswachen in Borna und in ... mit exakt einer Minute auf die Sekunde genau gleich lang sein sollen (so aber die beiden Kläger in den heute entschiedenen Parallelverfahren 9 Sa 499/17 und 9 Sa 99/18).



    cc) Die Voraussetzungen für eine Schätzung der Dauer der Umkleidezeit des Klägers liegen ebenfalls nicht vor.



    Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen (vgl. BAG, a. a. O.).



    Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber gerade nicht gegeben. Denn der Kläger trägt zu den Umkleidezeiten in seinem Schriftsatz vom 25.04.2017 detailliert und sekundengenau vor. Hierdurch macht er selbst deutlich, seiner Darlegungs- und Beweislast zum zeitlichen Umfang genügen zu können (im Ergebnis ebenso die 2. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts im Teilurteil vom 23.08.2018 - 2 Sa 506/17 -, n. r.). Der im Schriftsatz des Klägers vom 25.04.2017 detailliert geschilderte Ablauf des Umziehens sowohl bei Dienstbeginn als auch bei Dienstende zeigt eindeutig, dass eine sekundengenaue Ermittlung des Umkleidevorgangs möglich ist. Wenn der Kläger es hingegen unterlässt, dem Gericht die unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit für ihn maßgeblichen Zeiten mitzuteilen, kommt eine Schätzung nach § 287 ZPO nicht in Betracht.



    2. Das Landesarbeitsgericht konnte dem Kläger auch nicht weniger zusprechen als mindestens sechs Minuten pro Umkleidung.



    a) Der Antrag ist insoweit eindeutig. Wenn der Kläger ausdrücklich die Feststellung begehrt, dass "mindestens ... sechs Minuten pro Umkleidung" vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind, ist es dem Landesarbeitsgericht verwehrt, dem Kläger zumindest die von der Beklagten ermittelten Zeiten, die unterhalb dieser sechs Minuten liegen, zuzusprechen.



    b) Nicht zu folgen vermag die Kammer zudem der Argumentation im Schriftsatz vom 11.09.2018, wonach der gestellte Antrag als Minus den Antrag auf Feststellung enthalten soll, dass die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Klägers erforderliche Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der Beklagten zu vergüten ist.



    Was der Kläger insoweit aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2018 (- 5 AZR 245/17 -, AP Nr. 31 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bewachungsgewerbe) herleiten will, erschließt sich der Kammer nicht wirklich, weil dort ein gänzlich anderer Antrag gestellt wurde, in dem etwa der Relativsatz "mindestens jedoch sechs Minuten pro Umkleidung" gerade fehlte.



    Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist für die Kammer auch nicht geschweige denn wäre für diese "ohne weiteres" erkennbar, dass er die Vergütungspflicht der Umkleidezeit wenigstens grundsätzlich anerkannt haben will. Im Übrigen ist für einen solchen Antrag lediglich auf Feststellung, dass die Umkleidezeiten zumindest dem Grunde nach zu vergüten sind, auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht ersichtlich. Weder würde ein Folgeprozess vermieden noch würde der eigentliche Streit der Parteien entschieden. Mit einem solchen Feststellungsurteil wäre für den Kläger nichts gewonnen, weil der eigentliche Streit der Parteien, wie viele Minuten und Sekunden für das Umkleiden in Ansatz zu bringen sind, gerade keiner Klärung zugeführt würde.



    3. Die Kammer stellt abschließend klar, dass sie das gesamte Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung gezogen hat. Sie hat dem Vortrag des Klägers, soweit oben nicht ausdrücklich beschieden, jedoch keine weitere Relevanz beigemessen.



    4. Eine Kostenentscheidung hatte vorliegend nicht zu ergehen.



    5. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst; auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

    Vorschriften§ 287 ZPO, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 286 ZPO, § 256 ZPO, § 72 a ArbGG