16.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208363
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 14.03.2019 – 11 Sa 980/18
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 12.04.2018 - 2 Ca 492/17 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klage richtet sich gegen eine fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 03.03.2017 und gegen eine fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 26.09.2017; zudem begehrt die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung.
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Die 1965 geborene verheiratete Klägerin war aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages vom 31.05.1996 beginnend mit dem 01.06.1996 in Vollzeit als Leiterin des Nordrhein-Westfälischen Landgestüts/Deutsche Reitschule in X angestellt und übte seit diesem Zeitpunkt ihre Arbeitstätigkeit in dieser Funktion auch am Landgestüt in X aus. Ausweislich § 3 des Arbeitsvertrages ist die Geltung des BAT und der diesen ergänzenden, erneuernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung vereinbart worden wie auch die Geltung der für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge (K 1, Bl. 20, 21 GA). Das jährliche Bruttogehalt belief sich zuletzt auf 90.351,82 €, was einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von ca. 7.530,00 € entspricht. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ist gemäß § 34 Abs. 2 TV-L die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ausgeschlossen.
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Das Nordrhein-Westfälische Landgestüt ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 14 Landesorganisationsgesetz NW . Das Gestüt sichert genetische Vielfalt und stellt hochwertige Hengste für die Zucht zur Verfügung und trägt zum Erhalt vom Aussterben bedrohter Pferderassen bei. Es bildet angehende Pferdewirtinnen und -wirte aus und stellt mit der angeschlossenen Deutschen Reitschule Angebote zur Fortbildung und Qualifizierung von Berufsreitern und Turnierfachleuten bereit. Auch Pferdesportlerinnen und Pferdesportler können sich in den Bereichen Reiten und Fahren fortbilden lassen.
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Auslöser des Geschehens, das zu den fristlosen Kündigungen vom 03.03.2017 und 27.09.2017 führte, waren anonyme Schreiben mit Datum vom 13.08.2014. Zwei gleichlautende Briefe wurden an den zuständigen Minister S5 und an den Parlamentarischen Staatssekretär C2 gesandt (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz). Der Text der Schreiben lautete jeweils (Anlage B 1, Bl. 171, 172 GA = Anlage K 3, K 4 Bl. 23, 24 GA):
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"Betreff Vorteilsnahme im Amt am Nordrhein-Westfälischen-Landgestüt X durch Frau T, Herrn (sic) H und C
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Seit einigen Jahren unterhält das NRW-Landgestüt Geschäftsbeziehungen mit der katarischen Reitschule B in Doha. Beim alljährlichen Einladungsturnier auf der Reitanlage in Doha nahm im April 2013 auch C mit dem Hengst M5 (Besitzer NRW Landgestüt) teil. Bei einem Einladungsturnier übernimmt der Veranstalter die kompletten Kosten (Anreise, Unterbringung von Mensch und Tier etc.). Dieser (sic) Einladung nahmen C, T sowie H an und flogen mit ihren Ehepartnern in ein Luxushotel nach Katar. Neben der kostenlose (sic) Unterbringung gab es auch ein Preisgeld von fast 4000 € das nicht an die Landeskasse abgeführt wurde. Im Herbst 2013 kamen dann ca. 20 Reitschüler aus Katar und bekamen am NRW Landgestüt ein (sic) Lehrgang auf externen Pferden die von T, H und C eingekauft wurden und nach dem Lehrgang nach Katar verkauft wurden.
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Zurzeit läuft wieder ein Lehrgang mit Reitschüler (sic) aus Katar hierfür wurde ohne öffentliche Ausschreibung eine externe Mitarbeiterin eingestellt. Diese neu eingestellte Mitarbeiterin hat weder eine pädagogische Ausbildung noch eine reiterliche Ausbildung. Die einzige Qualifikation die sie hat, ist das (sic) sie die Tochter von C ist."
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Bei der Reitschule B in Doha handelt es sich um eine in dem arabischen Emirat Katar ansässige Reitsporteinrichtung. Diese gehört zu der sog. Katar J, einer von Scheich I7 und seiner Frau N7 gegründeten Stiftung. Eine geschäftliche Kooperation zwischen dem Landgestüt und B ab 2012 war im Ministerium unstreitig dem Grundsatze nach bekannt und war als Einnahmequelle grundsätzlich begrüßt worden (Schreiben des Staatssekretärs L an das LKA vom 04.09.2014, K 28, Bl. 723 ff GA).
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Nach Eingang der anonymen Schreiben fand am 01.09.2014 zwischen Vertretern des beklagten Landes, der Klägerin sowie dem stellvertretenden Leiter des Nordrhein-Westfälischen Landgestüts Herrn H ein von dem beklagten Land als förmliches Dienstgespräch bezeichnetes Gespräch statt. In diesem wurden die Klägerin und Herr H mit den Vorwürfen konfrontiert, die in den anonymen Schreiben gegen sie ausgeführt waren. Die Klägerin und Herr H ließen sich zu den Vorwürfen wie folgt ein:
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Es gäbe eine offizielle Kooperation mit der Reitsporteinrichtung B in Katar. Deren Betreiber seien international auf der Suche nach fachkundiger, professioneller Unterstützung gewesen und hätten sich für eine Kooperation mit dem Landgestüt Nordrhein-Westfalen entschieden. Die Leistungen des Landgestüts bestünden u.a. in der Beratung und Unterstützung bei der Reitsportausbildung. Für die Beratung seien Tagessätze in Höhe von je 1.600,00 € für die Gestütsleiterin und den Stellvertreter gezahlt worden. Zusätzlich seien bei Reisen nach Katar die kompletten Reisekosten und ein Tagegeld von 800,00 € übernommen worden. Die Klägerin und Herr H seien in den letzten Jahren sechs bis sieben Mal in Doha, Katar gewesen. Der Jahresumsatz habe im letzten Jahr bei rd. 200.000,00 € gelegen, davon etwa 150.000,00 € für Reitlehrgänge in X für Teilnehmer aus Katar. Das Landgestüt sei durch das Ministerium angehalten gewesen, neue Einnahmemöglichkeiten zu erschließen und auch bestärkt worden, die Geschäftsbeziehung nach Katar weiter zu entwickeln. Dies erfordere große Flexibilität im Umgang mit den dortigen Gepflogenheiten, Wünschen und Vorstellungen. Richtig sei, dass sie, die Klägerin, und Herr H in den Jahren 2013 und 2014 zu Turnieren nach Katar gereist seien. Es habe sich um dienstlich veranlasste Reisen gehandelt, da Herr C an dem Turnier teilgenommen habe und sie während dessen im Rahmen ihrer Tätigkeit für B und in der Akquise aktiv gewesen seien. Der Frage der Dienstreisegenehmigung habe man keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da man der Ansicht gewesen sei, dass das Landgestüt hierfür zuständig sei. Die Kostenübernahme durch den Veranstalter sei bei derartigen Einladungsturnieren üblich und entspreche den Gepflogenheiten in Katar. Da es sich um Dienstreisen gehandelt habe, sei die Kostenübernahme als unproblematisch eingeschätzt worden. Es sei auch richtig, dass die Kosten für die Ehepartner übernommen worden seien. Dies sei bei derartigen Einladungsturnieren üblich und sei allen Teilnehmern gewährt worden. Man sei der Auffassung gewesen, dass eine Ablehnung der Einladung von den Geschäftspartnern nicht akzeptiert worden wäre und zu Nachteilen in der Geschäftsbeziehung geführt hätte. Die Vorgehensweise entspreche üblichen Gepflogenheiten in Katar. Die Reise sei für die begleitenden Ehepartner kein Vergnügen gewesen. Die Problematik einer möglichen Vorteilsnahme sei ihnen unbekannt gewesen. Es sei richtig, dass Herr C das bei dem Turnier in Katar erzielte Preisgeld nicht an die Landeskasse abgeführt habe. Es gebe eine mit Zustimmung der Rechnungsprüfung und des Ministeriums entwickelte Vereinbarung, nach der Bedienstete des Landgestüts etwaige Preisgelder aus dienstlichen Turnierteilnahmen bis zu einer festgelegten Obergrenze behalten dürften. Es treffe auch zu, dass im Jahre 2013 der genannte Reitlehrgang für Schüler aus Katar in X stattgefunden habe. Da nicht ausreichend geeignete Pferde des Landgestüts und der Deutschen Reitschule zur Verfügung gestanden hätten, seien Pferde im Rahmen üblicher Verfahren angemietet worden. Einige der Pferde seien dann nach dem Lehrgang von den jeweiligen Eigentümern nach Katar verkauft worden, dies jedoch ohne jede Beteiligung des Landgestüts. Schließlich treffe es ebenfalls zu, dass auch die Tochter von Herrn C im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung zu diesem Zeitpunkt im Jahre 2014 einen Lehrgang mit Teilnehmern aus Katar betreut habe. Die Tochter sei auch geeignet gewesen, reiterlich ausreichend qualifiziert und habe das Fach "Englisch" auf Lehramt studiert, so dass hinreichende sprachliche und pädagogische Fähigkeiten vorgelegen hätten.
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Am 04. September 2014 erstattete Ministerialrat E3 eine Anzeige gemäß § 12 Korruptionsbekämpfungsgesetz an das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen mit der Bitte um Übernahme der Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft Münster leitete unter dem Aktenzeichen 44Js 980/14 Ermittlungen ein.
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Der Geschehensablauf bis zum 13.08.2014 war wie folgt:
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Im November 2011 wurde der Verkauf eines Pferdes Fuchs von G5 (auch: "Fürst S3") abgewickelt. Verkäufer war Herr C1, Käuferin war die in den Vereinigten Staaten (Boulder/Colorado) ansässige Inhaberin des Unternehmens N1 Imports LLC Frau C2. Frau C2 ist eine ehemalige Reitschülerin des Herrn C. Der Kaufvertrag sah vor, dass das Pferd zunächst als Pachthengst im Landgestüt verbleiben sollte. Der Kaufvertrag mit der Vereinbarung über die Einstallung als Pachthengst wurde von Herrn C vermittelt. Am 23.11.2011 wurden von Frau C2 aus den Vereinigten Staaten 18.000,00 € auf das Privatkonto der Klägerin überwiesen mit dem Betreff "G5". Nach Darstellung der Klägerin habe es sich um 10.000,00 € restlichen Kaufpreis zugunsten des Herrn C1 gehandelt und um eine für Herrn C bestimmte Zahlung von 8.000,00 € als Provision oder Zuwendung aus Dankbarkeit. Am 09.12.2011 wurden von dem Konto der Klägerin 10.000,00 € in bar abgehoben. Am 12.12.2011 wurden 5.000,00 € auf das Sparkonto überwiesen, das die Klägerin mit ihrem Ehemann unterhielt. Weitere Einzelheiten sind streitig.
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Seit dem Jahr 2012 bestehen Geschäftsbeziehungen zwischen dem NRW Landesgestüt und der Reitsporteinrichtung B. Gegenstand der Geschäftsbeziehungen waren Training für Reitlehrer, Stallmanagement, Abgleich der Struktur, Workshop für Schüler und Bewertung. Am 08.03.2012 erteilte die Klägerin Herrn H und Herrn C eine auf das Projekt B beschränkte grundsätzliche Dienstreisegenehmigung. Das beklagte Land steht auf dem Standpunkt, dass die Klägerin eine solche Genehmigung nicht habe erteilen dürfen.
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Unter dem 15.06.2012 zeigte die Klägerin dem Ministerium schriftlich als Nebentätigkeiten an (B 6, Bl. 224 GA):
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Das Ministerium antwortete mit Schreiben vom " .07.2012", ausweislich des Vermerks abgesandt am 19.07.2012. Auszugsweise heißt es dort (B 6, Bl. 225, 226 GA).
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 225, 226 GA).
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Am 12.12.2012 wurde bei der Sparkasse N ein gemeinschaftliches Konto auf die Namen "C, T, H" eingerichtet. Kontoinhaber waren Herr C, Frau T und der Kläger (Girovertrag vom 12.12.2012, B 9, Bl. 239, 240 GA). Bis zum 31.10.2013 gab es nur geringfügige Kontobewegungen.
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Im März 2013 nahm Herr C mit dem im Eigentum des Landgestüts stehenden Pferd M5 an dem Reitturnier in Katar vom 27.03. - 30.03.2013 teil. Er gewann ein Preisgeld von 4.000,00 €. Dieses vereinnahmte Herr C für sich. Herr C, die Klägerin und Herr H machen geltend, diese Handhabung stehe im Einklang mit gültigen Absprachen zum Verbleib gewonnener Preisgelder.
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Am 06.08.2013 schloss das Landgestüt eine Kooperationsvereinbarung mit B (B 4, Bl. 194 - 215 GA). Vom NRW Landgestüt wurden der Reitsporteinrichtung B im Zeitraum 29.08.2013 bis 08.09.2014 insgesamt 6 Rechnungen im Gesamtwert von 341.350,85 € gestellt. Unstreitig waren die Klägerin, Herr H und Herr C seit Beginn der Zusammenarbeit wiederholt in Katar (Reistermine im Einzelnen: s.u.). Wegen des ebenfalls am 06.08.2013 abgeschlossenen Vertrags zwischen der Reitschule B und der F GbR wird auf den folgenden Absatz verwiesen.
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Die Klägerin, Herr H und Herr C gründeten mit Vertrag vom 30.08.2013 die Gesellschaft bürgerlichen Rechts F GbR mit dem Geschäftsgegenstand "Beratung von Personen und Unternehmen in Personal-, Ausrüstungs-, Haltungsfragen, Reithallen- und Anlagenneubau sowie die Vermittlung von Personal, Pferden, Ausbildungs- und Ausrüstungsgegenständen und Anlagenbauer rund um den Wirtschaftsfaktor Pferd". Laut Gesellschaftsvertrag sollte die Gesellschaft die Geschäfte am 01.09.2013 aufnehmen. Wegen des Gesellschaftsvertrags wird auf die Anlage B 8 Bezug genommen (Bl. 230 - 238 GA). Bereits zuvor war am 06.08.2013, dem Tag der Unterzeichnung der Kooperationsvertrags zwischen dem Landgestüt und B (s.o.), ein Kooperationsvertrag auch zwischen B und der F GbR abgeschlossen und unterzeichnet worden. Wegen dessen Inhalt wird auf die zur Akte gereichte Kopie verwiesen (B 11, Bl. 248 ff GA).
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Im August und September 2013 fand bei dem Landgestüt in X ein mehrwöchiger Reitlehrgang mit Reitschülern aus Katar statt. Für diesen Lehrgang waren Pferde von anderen Eigentümern organisiert worden (u.a. Volle, Brings). Elf dieser Pferde wurden anschließend nach Katar verkauft.
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Am 08.11.2013 wurde die Kontobezeichnung des oben genannten Kontos geändert in F GbR. Am 08.11.2013 ging auf dem Konto der F der Betrag von 221.595,00 € von der Katar J ein. Es folgten Überweisungen von insgesamt 220.700,00 € von dem Konto der F an (verschiedene) Pferdegestütsbesitzer. Die F stellte B mit Rechnung vom 25.11.2013 einen Betrag von 18.900 € netto für sechs Reisetage und acht Beratertage, insgesamt also 14 Tage, in Rechnung (B 19, Bl. 266 GA). Am 04.02.2014 gab es auf dem Konto der F einen Eingang von 85.945,00 €. Anfang Februar 2014 wurden jeweils 20.000,00 € auf die Privatkonten der Klägerin, des Herrn H und des Herrn C überwiesen. Der Verwendungszweck der Überweisungen lautete jeweils "bekannt". Die Überweisungsträger waren von Herrn H unterschrieben. Weitere Überweisungen von jeweils 3.000,00 € von dem Konto der F GbR auf die drei Privatkonten erfolgten Ende September/ Anfang Oktober 2014.
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Unter dem 07.03.2014 lehnte das Ministerium generelle Dienstreisegenehmigungen für das Projekt B für die Klägerin und Herrn H ab.
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Im August 2014 fand erneut ein Lehrgang mit Reitschülern aus Katar beim NRW Landgestüt statt.
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Die Klägerin reiste zu den folgenden Terminen nach Katar:
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19. März - 22. März 2012
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28. Mai - 1. Juni 2012
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28. Oktober - 31. Oktober 2012
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26. März - 31. März 2013, Besuch Einladungsturnier mit Ehemann u. den Ehepaaren H und C
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11. November - 17. November 2013
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11. März - 16. März 2014, Besuch Einladungsturnier mit Ehemann u. den Ehepaaren H und C
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Für die Tage 10.03.2014 bis 14.03.2014 hatte die Klägerin Urlaub genommen. Bei den Einladungsterminen hatten die Klägerin und ihr Ehemann wie auch die Ehepaare H und C für die Flug- und Hotelkosten nicht aufzukommen; diese wurden von den katarischen Gastgebern die übernommen (Flüge jeweils Businessklasse / Hotels: 2013 Marriot Gulf Hotel in Doha, 2014 Hotel Ritz Carlton in Doha).
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Unter dem 18.09.2014 wurde der Klägerin eine viertägige Dienstreise vom Ministerium genehmigt mit der Maßgabe, dass nur Kosten gemäß dem Landesreisekostengesetz NRW übernommen werden durften (Erstattungsanspruch für die niedrigsten buchbaren Klassen des Reisemittels). Im weiteren Verlauf kam es zu Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem Staatssekretär L zur Problematik der Dienstreisen nach Doha. Unter dem 26.11.2014 beantwortete der Staatssekretär ein Schreiben der Klägerin vom 11.11.2014, erläuterte u. a. die Grundsätze zum Erlass über Dienstreisegenehmigungen und machte Ausführungen zur erforderlichen Vorgehensweise bei zukünftigen Dienstreisen der Klägerin nach Katar und wandte sich abschließend gegen den Vorwurf einer Vorverurteilung und Kriminalisierung der Klägerin und der beiden weiteren Beschäftigten (K 26, Bl. 707 - 711 GA). Am 29.04.2015 beschied der Staatssekretär einen Dienstreiseantrag der Klägerin vom 29.04.2015 für eine Reise nach Katar vom 05. - 10.05.2015 positiv und stimmte "für diese Dienstreise etwaigen Überschreitungen der nordrhein-westfälischen Höchst-sätze für die Übernachtungskosten zu, wobei ich es als positiv bewerte, dass hinsichtlich der Flüge bereits eine Einigung erzielt werden konnte" (K 34, Bl. 801 GA).
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Während des laufenden Ermittlungsverfahrens wurde dem beklagten Land der Zwischenbericht der ermittelnden Kriminalkommissarin E1 vom 03.September 2015 zugeleitet (B 3, Bl. 177 - 193 GA). Aus diesem ergab sich u.a., dass die Klägerin gemeinsam mit Herrn H und Herrn C die Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet hatte, die F GbR. Dargestellt waren Zahlungsflüsse über das Konto der F im Zusammenhang mit der Abwicklung von Pferdeverkäufen, Eingang von Kaufpreisen auf dem Konto der F und Weiterleitung an Verkäufer. Festgestellt wurde ausweislich des Zwischenberichtes auch, dass auf die Privatkonten der Klägerin, des Herrn H und des Herrn C die jeweils 20.000,00 € von dem Konto der F überwiesen worden waren (s.o.).
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Im weiteren Fortgang der Ermittlungsmaßnahmen kam es am 10.Februar 2016 auf der Grundlage entsprechender richterlicher Durchsuchungsbeschlüsse zu Durchsuchungen im Nordrhein-Westfälischen Landgestüt sowie in den Privatwohnungen der Klägerin, des Herrn H und des Herrn C.
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Ab dem 15.02.2016 wurden die Klägerin, Herr H und Herr C von der Verpflichtung zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung freigestellt (Schreiben an die Klägerin vom 11.02.2016, K 5, Bl. 25 GA).
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Auf Antrag des beklagten Landes auf Akteneinsicht wurde dem beklagten Land Anfang 2017 der Inhalt der rund 2000 Seiten umfassenden Ermittlungsakte nebst einem mehr als 100 Seiten umfassenden Sonderband "Personalakte" sowie einem annähernd 800 Seiten umfassenden weiteren Sonderband "Finanzermittlung" spätestens am 07.02.2017 zur Verfügung gestellt. Spätestens am 15.02.2017 wurde das Ergebnis der Auswertung der Akte Herrn Staatssekretär L präsentiert. In der Ermittlungsakte befanden sich u.a. folgende Rechnungen: Die F stellte B mit Rechnung vom 25.11.2013 für den Zeitraum 19.03.2012 bis 24.11.2013 6 Reisetage und 8 Beratertage in Rechnung (B19, Bl. 304 GA). Für denselben Zeitraum und unter demselben Rechnungsdatum stellte das Landgestüt B 16 Reisetage und 26 Beratertage in Rechnung (Anlage K 29, Bl. 777 GA).
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Mit Schreiben vom 16.02.2017 wurde die Klägerin zu den aus Sicht des beklagten Landes relevanten Vorwürfen mit einem 29-seitigen Schreiben angehört. Wegen des Inhalts wird auf die Anlage K 8 Bezug genommen (Bl. 32 - 60 GA). Das Anhörungsschreiben ist im Text inhaltsgleich mit den Anhörungsschreiben an Herrn H und Herrn C. Gliederungspunkte des Anhörungsschreibens sind:
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1. Anonyme Anzeige,
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2. Dienstgespräch,
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3. Kooperation zwischen dem Landgestüt und B,
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4. Kooperation zwischen B und privatrechtlicher Gesellschaft der Betroffenen,
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5. Abwicklung von Pferdeankäufen für katarische Lehrgangsteilnehmer,
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6. Vermischung von dienstlichen und privaten Aspekten,
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7. Dienstreisen nach Katar,
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a) Hintergrund der Turniereinladungen,
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b) fehlende Dienstreisegenehmigungen,
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8. Vereinnahmung von Preisgeldern durch Herrn C,
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9. Sonstiger An- und Verkauf von Pferden sowie Einstallungen durch das Landgestüt
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a) Provisionszahlungen an Herrn C
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b) Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Pferdes Fuchs von G5
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c) Verschleierung von Zahlungen
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d) Einstellung von Hengsten des Herrn T
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e) Erwerb des Pferdes "E6"
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f) Vorgang Hengst "C7" und zusammenhängende Kaufabwicklungen,
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10. Mögliche Schenkung eines Hundes an Frau T,
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11. Übernahme der Kosten für die Reparatur eines privaten Sattels durch Herrn H,
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12. Leistungen für Herrn T1,
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13. Einschluss privater Haftpflichtversicherung von Frau T in Versicherung des Landgestüts,
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14. Anmietung von Fahrrädern für katarische Lehrgangsteilnehmer.
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In dem Anhörungsschreiben wurden u.a. die nachstehenden Vorwürfe inhaltlich wie folgt ausgeführt:
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- unter "6.Vermischung von dienstlichen und privaten Aspekten" (Bl. 42 GA):
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- unter "7. Dienstreisen nach Katar - a) Hintergrund der Turniereinladungen - b) fehlende Dienstreisegenehmigungen" (Bl. 43 - 48 GA):
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- unter "9. Sonstiger An- und Verkauf von Pferden sowie Einstallungen durch das Landgestüt - a) Provisionszahlungen an Herrn C - b) Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Pferdes Fuchs von G5 - c) Verschleierung von Zahlungen - Einstellung von Hengsten des Herrn T - e) Erwerb des Pferdes "E6" - f) Vorgang Hengst "C7" und zusammenhängende Kaufabwicklungen" (Bl. 49 - 52 GA):
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Der Klägerin wurde im Anhörungsschreiben eine Frist zur Stellungnahme bis zum 23.02.2017 eingeräumt. Die Klägerin nahm mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.02.2017 innerhalb verlängert gewährter Frist Stellung (Anlage K9, Bl. 61 - 63 GA). Sie rügte in ihrer Stellungnahme insbesondere, dass das Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben genüge. Insbesondere in Ermangelung einer Individualisierung und auch Konkretisierung der Vorwürfe sei das Anhörungsschreiben nicht erwiderungsfähig. Erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen, die den Ausspruch einer ins Auge gefassten Kündigung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen (K 9, Bl. 61 - 63 GA).
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Mit Schreiben vom 28.02.2017 hörte das beklagte Land den Hauptpersonalrat des Ministeriums zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung an (Einzelheiten: K 10, Bl. 64 - 71 GA). Als Anlagen beigefügt waren insbesondere das an die Klägerin gerichtete Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 sowie das Antwortschreiben der Klägerin vom 24.02.2017. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die schriftsätzliche Darstellung und die überreichten Anlagen Bezug genommen. Das Anhörungsschreiben ist unterzeichnet von Frau M1. Der Hauptpersonalrat übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 28.02.2017 das Anhörungsschreiben des beklagten Landes mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 02.03.2017, 14:00 Uhr (K 11, Bl. 72 GA). Die Klägerin erwiderte auf dieses Schreiben mit Schreiben an den Hauptpersonalrat vom 02.03.2017 (K12, Bl. 73 ff GA). Das Schreiben des Hauptpersonalrats an das Ministerium vom 03.03.2017 lautet (B 2, Bl. 939 GA).
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Das beklagte Land behauptet, die Stellungnahme des Personalrats sei ihm am frühen Vormittag des 03.03.2017 übermittelt worden, anschließend seien Herr E3 und Frau X1 mit dem Wagen in E4 aufgebrochen, um die Kündigungsschreiben im Münsterland an die drei Beschäftigten zu überbringen. Die Einzelheiten zur zeitlichen Abfolge am frühen Vormittag des 03.03.2017 waren Gegenstand der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme. Am 03.03.2017 wurde der Klägerin die außerordentliche Kündigung vom 03.03.2017 gegen 10:35 Uhr an ihrem Wohnsitz in X durch Boten zugestellt. Das Kündigungsschreiben war auf einem Kopfbogen des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen erstellt und unterschrieben vom Staatssekretär L mit "In Vertretung L" (K 13, Bl. 78 GA). In § 6 Abs. 1 Satz 2 der gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen ist geregelt, dass der Staatssekretär ständiger Vertreter des Ministers und in dessen Eigenschaft als Behördenleiter und Vorgesetzter aller Beschäftigten der Behörde ist (Bl. 93 GA). Der Kündigung war eine Vollmacht nicht beigefügt. Die Klägerin wies die Kündigung mit Schreiben vom 03.03.2017 gemäß § 174 BGB wegen fehlender Vollmachtsbeifügung zurück (K 14, Bl. 79 GA).
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Die Klägerin hat gegen die fristlose Kündigung vom 03.03.2017 Klage erhoben. Die Klageschrift ist am 14.03.2017 bei dem Arbeitsgericht Münster eingegangen.
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Am 26.07.2017 ist gegen die Klägerin Anklage vor dem Amtsgericht erhoben worden (Kopie der Anklageschrift vom 26.07.2017 B 58, Bl. 473 ff in 2 Ca 1555/17 [=verbundener Rechtsstreit]). Hierüber wurde das beklagte Land mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Münster vom 13.09.2017, eingegangen beim Ministerium am 18.09.2017, informiert. Mit Schreiben vom 21.09.2017 hörte der Hauptpersonalrat die Klägerin bezüglich eines erneuten Antrags des beklagten Landes auf Zustimmung zu einer vorsorglichen und außerordentlichen Kündigung an. Die Einlassung der Klägerin hierauf ging dem Hauptpersonalrat am 26.09.2017 um 8:43 Uhr zu. Mit E-Mail vom gleichen Tage um 14:23 Uhr wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beschlussfassung des Hauptpersonalrats vom gleichen Tage übermittelt. Der Hauptpersonalrat hat im Rahmen einer Beschlussfassung auf die Abgabe einer Stellungnahme zu der beabsichtigten erneuten vorsorglichen und außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses verzichtet. Am Folgetag, dem 27.09.2017, ging der Klägerin die (weitere) außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Datum vom 26.09.2017 zu. Das Kündigungsschreiben ist unterzeichnet von Herrn C5 ohne Vertretungszusatz (Anlage K 14 im verbundenen Verfahren 2 Ca 1555/17, Bl. 39). Wegen der Organisation des Ministeriums Stand 20.07.2017 und 16.10.2017 wird auf die eingereichten Organigramme Bezug genommen (Bl. 496, 497 in 2 Ca 1555/17). Die Klägerin wies die ausgesprochene Kündigung mit Schreiben vom 29.09.2017 gemäß § 174 BGB wegen fehlender Vollmachtsbeifügung zurück (K 15, Bl. 40 in 2 Ca 1555/17). Auch gegen diese Kündigung hat die Klägerin Klage erhoben (ArbG Münster 2 Ca 1555/17). Das Arbeitsgericht hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden unter dem führenden Aktenzeichen 2 Ca 492/17.
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Am 22.02.2019 ist die Klägerin in dem gegen sie sowie die Beschäftigten H und C geführten Strafverfahren durch das Amtsgericht wegen gemeinschaftlicher Vorteilsnahme in vier Fällen zur Zahlung einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen a' 40,00 € verurteilt worden. Die Verurteilung ist nicht rechtskräftig. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis erneut. Das Kündigungsschreiben wurde der Klägerin am 08.03.2019 zugestellt.
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Die Klägerin hat vorgetragen, die außerordentlichen Kündigungen seien unwirksam. Hinsichtlich der Kündigung vom 03.03.2017 sei bereits die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Sie gehe davon aus, dass das beklagte Land bereits im Januar 2017 Einsicht in die Ermittlungsakte erhalten gehabt habe. Im Schriftsatz des beklagten Landes vom 28.07.2017 führe dieses aus: "...hat das beklagte Land zwischenzeitlich erneut Einsicht in die staatsanwaltliche Ermittlungsakte genommen, nachdem seit der letzten Akteneinsicht mehr als ein halbes Jahr vergangen war.". Ausgehend vom Datum dieses Schriftsatzes vom 28.07.2017 müsse daher nach eigenen Angaben der Beklagen die mehr als ein halbes Jahr zurückliegende Akteneinsicht dann zeitlich gesehen auch vor dem 28.01.2017 erfolgt sein, was in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vortrag stehe, wonach die Akteneinsicht schon am 19.01.2017 stattgefunden habe. Dem beklagten Land sei zudem bereits mit staatsanwaltschaftlicher Verfügung vom 19.01.2017 Akteneinsicht gewährt worden. Die Akteneinsichtnahme sei wie bei derartig umfangreichen Verfahren üblich in Form der Übersendung einer CD, auf der die komplette Ermittlungsakte aufgespielt sei, vorgenommen worden. Gleichzeitig mit der Übermittlung der CD erfolge ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, auf dem der entsprechende Zugangscode zum Öffnen dieser CD aufgeführt sei. Angesichts dieses üblichen Ablaufs müsse die tatsächliche Akteneinsichtnahme deutlich vor dem 07.02.2017, unter Berücksichtigung des üblichen Postlaufs für die entsprechende CD und den Zugangscode am 20. oder 21.01.2017, für das beklagte Land möglich gewesen sein. Bestritten werde, dass das Ergebnis einer vorgenommenen Auswertung dem Staatssekretär L am 15.02.2017 präsentiert worden sei. Darüber hinaus sei das beklagte Land bereits durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte im Jahre 2015 über die streitgegenständlichen Vorfälle informiert gewesen. Mit Datum vom 31.07.2015 sei ein Akteneinsichtsgesuch durch den Zeugen E3 gestellt worden. Mit Schreiben vom 12.10.2015 sei die Ermittlungsakte an die Staatsanwaltschaft Münster vom Zeugen E3 zurückgereicht worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Zwischenbericht vom 03.09.2015 in der Ermittlungsakte befunden, so dass das beklagte Land entsprechend auch Kenntnis von dem Zwischenbericht gehabt habe. Dementsprechend sei das beklagte Land im Zeitraum Anfang Oktober 2015 darüber informiert gewesen, dass
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- sie gemeinsam mit ihrem Ehemann auf Kosten der Reitsporteinrichtung B, Reisen nach Doha, Katar unternommen habe
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- Herr C anlässlich dieses Turniers in Katar gewonnenes Preisgeld selbst vereinnahmte und nicht an die Landeskasse abgeführt habe
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- es im Nachgang der Lehrgangsdurchführung für Reitschüler aus Katar zum Verkauf einzelner Pferde an die Reitsporteinrichtung in Katar gekommen sei
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- sie gemeinsam mit Herrn H und Herrn C die F GbR gegründet gehabt habe und über das Konto der F GbR die Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit Pferdeverkäufen abgewickelt worden seien,
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- sie, Herr H und Herr C jeweils 20.000,00 € vom Konto der F GbR erhalten hätten.
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In Kenntnis dieser Tatsachen habe das beklagte Land in arbeitsrechtlicher Hinsicht keinerlei Konsequenzen an den Tag gelegt. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei daher nicht eingehalten. Soweit ihr die Abrechnung von Beratungsleistungen der F GbR in Katar vorgeworfen werde, sei auch dieser Vorwurf dem Beklagten vor Akteneinsichtnahme zu Beginn des Jahres 2017 bekannt gewesen. Die Existenz der F GbR und deren gesellschaftsvertraglich vereinbarte Zwecke fänden sich bereits in dem Zwischenbericht des Landeskriminalamtes NRW wieder. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der zugrunde liegende Gesellschaftsvertrag der F GbR Akteninhalt gewesen. So habe die Staatsanwaltschaft unter dem 20.03.2015 eine Kontoanfrage bei der Sparkasse bezogen auf die F GbR gestellt gehabt. Es existiere ein weitergehender Vermerk beinhaltend die Kontobewegungen des Kontos der F GbR vom 22.06.2015. Die Sparkasse habe am 26.06.2015 aufgrund eines erweiterten Auskunftsersuchens eine Kopie des Gesellschaftsvertrages der F GbR zur staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte gereicht, der ebenfalls Akteninhalt der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte geworden sei. Ebenfalls im Zeitpunkt der Akteneinsichtnahme des beklagten Landes im Oktober 2015 habe sich eine weitere Kontoauswertung vom 30.07.2015 in der Ermittlungsakte befunden, aus der hervorgehe, dass am 08.11.2013 von der Katar J ein Betrag in Höhe von 221.595,00 € eingegangen sei, der nahezu vollständig an die Pferdeverkäufer ausgekehrt worden sei. Am 04.02.2014 seien weitere 85.945,00 € eingegangen von Katar J, die sich auf fünf Rechnungen der F GbR bezögen, jeweils endend mit den Endziffern 11 - 16, wie aus der Kontoauswertung vom 30.07.2015 ersichtlich sei (Anlage K40, Bl. 901 GA). Enthalten sei hierbei auch die Rechnung über Beratungsleistungen vom 25.11.2013 mit der Rechnungsnummer 1234/2015. Dementsprechend sei das beklagte Land sehr wohl bereits im Oktober 2015 darüber in Kenntnis gesetzt gewesen, dass die F GbR auch Beratungsleistungen abgerechnet gehabt habe. Selbst wenn zu Gunsten des beklagten Landes eine fehlende Kenntnis über abgerechnete Beratungsleistungen im Oktober 2015 unterstellt werden könnte, so sei das beklagte Land gleichwohl über diesen Umstand spätestens seit dem 24.06.2016 in Kenntnis gesetzt gewesen. Der Zeuge I4 habe am 24.06.2016 im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ausgesagt. Bei dem Zeugen I handele es sich um den Leiter der Zentralabteilung bei dem Ministerium, dem insgesamt 9 Referate unterstellt seien. Die Dienstaufsicht des Landgestüts, die vorliegend zuständig sei, falle in den Zuständigkeitsbereich des Zeugen I, so dass das beklagte Land sich die Kenntnisse des Zeugen I als des Leiters der zuständigen Dienstaufsicht zurechnen lassen müsse. Maßgeblich sei folgende Aussage:
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Dementsprechend bleibe festzuhalten, dass dem beklagten Land spätestens durch die Fragestellungen im Rahmen der Zeugenanhörung des zuständigen Dienstleiters I nicht nur die Existenz der F GbR bekannt gewesen sei sondern auch der Umstand, dass die F GbR Pferde und Personal nach Katar vermittelt sowie Reise- und Arbeitstage abgerechnet habe. Gleichwohl habe das beklagte Land trotz Kenntnis dieser Tatsachen keinerlei weitergehende Konsequenzen ergriffen.
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Sie sei im Übrigen berechtigt gewesen, generell Beratungsleistungen zu erbringen und diese dann auch abzurechnen. Insbesondere der von B gewünschte Tätigkeitsbereich in Form der Unterstützung und ggf. Vermittlung bei Erwerb von geeigneten Pferden sowie auch Reitausrüstung pp. habe letztlich über das Landgestüt nicht bedient werden können. Denn der Erwerb von Pferden und der Erwerb von Reitausrüstung sei ministeriumsintern überaus kritisch gesehen worden, da dies nicht in den Kompetenzbereich des Landgestüts gefallen sei. Um letztendlich den Vertragsschluss zwischen dem Landgestüt und B nicht zu gefährden, habe dann die F GbR im Rahmen einer weitergehenden Kooperationsvereinbarung die Aufgaben nach Maßgabe der Zielvorstellung B übernommen, zu denen sich das Land nicht in der Lage gesehen habe. Von einem Ausnützen der Geschäftsbeziehung zugunsten privater Vorteile könne nicht die Rede sein. Nicht richtig sei es, dass sie sich über die ausdrückliche Untersagung einer Nebentätigkeit hinweggesetzt haben solle. Die Nebentätigkeitsauflage bzw. Untersagung stehe dem nicht entgegen. Grundsätzlich sei gem. § 3 Abs. 4 des einschlägigen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst eine Nebentätigkeit gegen Entgelt schriftlich anzuzeigen. Der Arbeitgeber könne die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn die Nebentätigkeit geeignet sei die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. Von dieser Möglichkeit der Auflagen habe das beklagte Land Gebrauch gemacht und zwar in der Form, dass eine Beratung zur Pferdehaltung einschließlich Zuchtfragen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und eine Vermittlung von Gegenständen und Leistungen jeglicher Art einschließlich von Pferden an Personen, mit denen das Landgestüt im laufenden und in den drei vergangenen Jahren in Geschäftsbeziehungen stehe, ebenfalls untersagt worden sei. Diese Auflagen verhielten sich allerdings nicht über die beantragten Nebentätigkeiten Vorträge und Gastvorlesungen rund um den Wirtschaftsfaktor Pferd, Beratung in Personal-, Ausbildungs-, Ausrüstungsfragen, Beratung in Reithallen- und Anlagenbau, Vermittlung von Personal. Damit seien diese Tätigkeiten gerade nicht untersagt worden und somit erlaubt gewesen. Die Auflagen bezögen sich zudem ausschließlich auf Leistungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, ermöglichten demnach entsprechende Leistungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Zudem würden sich die Auflagen auf Geschäfte gegenüber Personen, mit denen das Landgestüt im laufenden Jahr "und" - demnach kumulativ - in den drei vergangenen Jahren in Geschäftsbeziehungen gestanden habe. Die Reitsporteinrichtung B sei keine Person. Darüber hinaus hätten mit dieser nicht im laufenden und in den drei vergangenen Jahren Geschäftsbeziehungen bestanden, sondern lediglich in dem laufenden Jahr. Im Zuge eines Gesprächs bei Herrn I1 (Ministerium, Fachaufsicht) ca. Anfang Juni 2012 habe sie vorgeschlagen, diejenigen Leistungen, auf deren Erfüllung B Wert gelegt habe, die allerdings vom Land nicht hätten erfüllt werden können, gemeinsam mit den Zeugen C und H "als Privatperson" zu übernehmen, um die Zielsetzung der Kooperation nicht zu gefährden. Herr I1 habe erklärt, dass er das für eine gute Idee halte, dass aber eine Nebentätigkeitsgenehmigung eingeholt werden solle. Er habe noch Ratschläge gegeben, wie eine derartige Nebentätigkeitsgenehmigung aufzusetzen sei. In Umsetzung dieses Rates hätten sie und Herr H dann einen entsprechenden Antrag gestellt, sie den Antrag vom 15.06.2012, worauf dann das Land im Juli 2017 mit dem entsprechenden Schreiben reagiert habe. Nach Erhalt des Schreibens des Ministeriums habe sie sich noch einmal mit Herr I1 in Verbindung gesetzt und diesen gemeinsam mit Herrn H aufgesucht und den Inhalt der Unterlassungsanordnung erörtert. Herr I1 habe sich in dem Gespräch dahingehend eingelassen, dass die Genehmigung doch explizit eine "und"-Verknüpfung enthalte, was eben so zu verstehen sei, wie sie - die Klägerin - es aufgefasst habe. Wörtlich habe sich I1 dahingehend geäußert: "Sie können doch dann alles machen was sie wollen" (Bl. 614 GA). Sie habe hieraufhin Herrn I1 sogar noch ergänzend befragt, ob sie sich vorsichtshalber noch einmal mit der Abteilung I des Ministeriums auseinandersetzen müsse bzw. solle. Dies sei von Herrn I1 negiert worden. Er habe nahezu wörtlich ausgeführt: "Nein, das Verhältnis zur Abteilung I ist sowieso schon angespannt, die Lage ist ohnehin eindeutig und durch weitere Nachfragen wird nur weiterer Unmut entstehen ..." (Bl. 614 GA). Was letztendlich I1 mit Unmut gemeint habe, sei unklar geblieben. Sie habe das insoweit für sich im Sinne einer Gefahr des Entstehens von Neidgefühlen oder im Hinblick auf das Auslösen eines Lästigkeitseffekts interpretiert. Festzuhalten sei jedenfalls, dass durch die konkrete Formulierung nur solche Nebentätigkeiten zu Personen untersagt worden seien, zu denen kumulativ das Landgestüt in aktuellen Geschäftsbeziehungen stehe und mit denen auch schon seit drei Jahren Geschäftsbeziehungen gepflegt worden seien. Wenn das beklagte Land insoweit anderer Auffassung sein sollte, könnten derartige Unklarheiten nicht zu ihren Lasten gehen. Die Leistungen der F GbR hätten außerhalb des Leistungsspektrums des Landgestüts gelegen. Die Bereiche, zu deren Erbringung sich das Land außerstande gesehen habe, seien durch die F GbR "aufgefangen" worden. Eine Interessenkollision habe nicht im Ansatz bestanden.
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Die Pferde für den Lehrgang hätten besorgt werden müssen, um den Lehrgang überhaupt durchführen zu können. Unzutreffend sei, dass von Anfang an beabsichtigt gewesen sei, den Reitschülern die Möglichkeit zum Kauf von Pferden einzuräumen (weitere Einzelheiten: insb. Bl. 615 - 628 GA).
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Wenn die Reitsporteinrichtung B sich dazu entschieden gehabt habe, die Ehepartner zu den Turnieren mit einzuladen und hierfür Businessclass-Tickets zur Verfügung zu stellen, so beruhe dies jedenfalls nicht auf einem insistierenden Vorgehen ihrerseits. Keinesfalls habe sie die Einladung per Businessclass und die Einladung ihres Ehemannes eingefordert. Es sei zu bestreiten, dass B durch die Nachfrage des Zeugen C zur Einladung der Ehepartner regelrecht angehalten worden sei. Die entsprechende Nachfrage sei schlicht aus Höflichkeit gestellt worden (weitere Einzelheiten Bl. 629 - 633 GA).
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Es sei unzutreffend, dass es Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Dienstreisen und deren Abrechnungen gegeben habe. Private Interessen der F seien nicht während der Dienstzeiten verrichtet worden. Abrechnungen seien nicht zu Lasten des Landgestüts vorgenommen worden. Sie habe ein Arbeitspapier (Anlage K 30, Bl. 793 GA), aus dem hervorgehe, dass die für die F abgerechneten Leistungen in ihrer - der Klägerin - Freizeit und der Freizeit der weiteren Gesellschafter der F erfolgt sei. Im Einzelnen gelte folgendes:
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Im Zeitraum 19.03.2012 bis 22.03.2012 seien ausschließlich Arbeits- und Reisetage zu Gunsten des Landgestüts erbracht worden.
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Im Zeitraum 28.05.2012 bis 02.06.2012 sei es hinsichtlich der Rückreise zu einem Schreibfehler gekommen. Die Rückreise sei nicht am 02.06.2012 sondern am 01.06.2012 erfolgt. Es seien vier Reisetage und sechs Arbeitstage zu Gunsten des Landgestüts und zwei Arbeitstage für die F abgerechnet worden. Es handele sich bei den aufgeführten abgerechneten Tagen um "Manntage" und nicht um "Zeittage". Wenn also zwei Tage für die F abgerechnet worden seien als Arbeitstage, dann habe dies seine Begründung darin, dass der Zeuge C und sie, die Klägerin, an jeweils einem Tag gemeinsam Tätigkeiten für die F entfaltet gehabt hätten und diese dann auch gegenüber B abgerechnet hätten. Inhaltlich sei zu dem Zeitpunkt auszuführen, dass die Ankunft am 28.05.2012 gewesen sei. Hierbei habe es sich um einen Montag gehandelt. An den folgenden Tagen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag seien drei Tage tagsüber während der Dienstzeiten Gespräche geführt worden für das Landgestüt. In diesen drei Tagen sei es um eine Analyse der vor Ort schon vorhandenen Reitausbilder gegangen. Es seien die vor Ort vorhandenen Schulpferde/Ponys gesichtet und die Pferde durch den Stallmeister präsentiert worden. Es hätten Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Organisationsteams für die Reitschule stattgefunden. Die reiterliche Qualifikation der vor Ort tätigen Reitausbilder sei überprüft worden, indem diese ihre praktische Befähigung durch entsprechendes Vorreiten präsentiert hätten. Es sei die Qualität der Unterrichtserteilung der vor Ort tätigen Reitausbilder überprüft worden, indem diese wechselseitig Reitunterricht erteilt hätten. Im Anschluss hieran seien weitere Gespräche geführt worden mit den zuständigen Leitern der Reitsporteinrichtung über weitergehende Entwicklungsmöglichkeiten und Ausbildungen dieser vorhandenen und vor Ort tätigen Trainer sowie auch der Pferde. Diese Tätigkeiten hätten die Zeiträume vom 29.05.2012 bis 31.05.2012 vollumfänglich tagsüber in Anspruch genommen.
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Soweit Tätigkeiten für die F entwickelt worden seien, hätten diese darin bestanden, Rahmenbedingungen für eine beabsichtigte Personalakquise neuer, nicht etwa schon vorhandener Mitarbeiter zu erörtern sowie Beratungen über Personalqualifikationen sowie auch Bedarf für die Arbeit in einem späteren Ausbildungszentraum in B abzuklären. In Abgrenzung zu den Tätigkeitsbereichen des Landgestüts sei es darum gegangen, neues Personal und einen entsprechenden Bedarf für dieses neu einzustellende Personal zu eruieren und die entsprechende Qualifikationsvoraussetzung abzuklären. Das Landgestüt bzw. das beklagte Land hätten derartige Tätigkeiten nicht übernehmen wollen, da seinerzeit befürchtet worden sei, dass bei entsprechenden Bewerbungen für derartige Tätigkeiten Regressansprüche hätten auftreten können, die das Land nicht zu übernehmen bereit gewesen sei. Aus diesem Grund habe sich die Tätigkeit für das Landgestüt auf die Qualitätsüberprüfung und Kontrolle der schon eingestellten und vorhandenen Trainer sowie Ausbilder und sonstiges Personal reduziert. Die F habe dementsprechend beraten über die Anzahl benötigter weiterer Mitarbeiter und die Festlegung der Parameter für erforderliche Qualifikationen dieser neu einzustellenden Mitarbeiter, um eben dem Ziel einer hochwertigen Reitschule gerecht werden zu können. Diese Gespräche und Beratungen hätten in den Zeiträumen Mittwoch und Donnerstag jeweils am Abend nach Dienstende in der Zeit von 18.30 Uhr bis 24.00 Uhr stattgefunden. Diese Gespräche seien dann auch geführt worden mit dem bereits benannten Zeugen U als dem vor Ort verantwortlichen Ansprechpartner. Da letztendlich diese Gespräche in den Abendstunden zwischen 18.30 Uhr und 24.00 Uhr an zwei Abenden stattgefunden hätten, seien dann an diesen zwei Abenden jeweils 1/2 Tag zusammenaddiert und als ein Arbeitstag für zwei Personen abgerechnet worden. Dies sei auch nicht zu beanstanden. Am 01.06.2012 sei sodann der Rückflug erfolgt.
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Im Zeitraum 28.10.2012 bis 31.10.2012 hätten sie und der Zeuge H sich dort vor Ort aufgehalten. Der Anflug sei am 28.10.2012 erfolgt. Bei diesem Tag habe es sich um einen Sonntag gehandelt, der Rückflug sei am 31.10.2012 erfolgt, einem Mittwoch. Dementsprechend hätten als Arbeitstage zwei Arbeitstage, nämlich Montag und Dienstag, zur Verfügung gestanden. An diesen beiden Arbeitstagen seien Leistungen für das Landgestüt während der Dienstzeiten erbracht worden. In den Zeiträumen von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr sowie von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr seien konkrete Vertragsentwürfe zwischen B und dem Landgestüt nach Vorgabe der Katar J erörtert und besprochen worden. Es sei hierbei auch darum gegangen, letztendlich die ins Auge gefasste Kooperationsvereinbarung zu sichern. Im Einzelnen sei das Leistungsspektrum, zu dem sich das Landgestüt in der Lage gesehen habe, erarbeitet worden. Thematisiert worden sei dann auch die Frage eines schon ins Auge gefassten "Sommercamps" für junge Reitschüler aus Katar. Diese Zeiträume montags und dienstags hätten sich dann auch in der Abrechnung der Arbeitstage wieder gefunden, nämlich zwei Arbeitstage mal zwei Personen (= vier Arbeitstage) für das Landgestüt. Soweit die Beratungsleistungen der F betroffen seien, habe es sich um Gespräche über geeignetes Lehrmaterial sowie auch eine Beratung über eine faire Preisfindung für Lehrpferde für Katar in der Reitsporteinrichtung B gehandelt. Diese Gespräche hätten am Montagabend und am Dienstagabend jeweils nach Dienstschluss ab 18.00 Uhr stattgefunden und hätten sich jeweils bis ca. 23.00 Uhr hingezogen. Auch hier seien die an diesen zwei Abenden erbrachten Leistungen als jeweils 1/2 Arbeitstag bewertet und richtigerweise zu einem Arbeitstag zusammen addiert worden für zwei Personen. Am 31.10.2012 sei dann der Rückflug erfolgt.
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Soweit die Reisetage betroffen seien, so sei richtig, dass hier eine Splittung erfolgt sei. Dies habe seine Ursache darin gehabt, dass der für die Abrechnung zuständige Zeuge H, im Übrigen völlig zutreffend, davon ausgegangen sei, dass Reisen, die außerhalb der Dienstzeiten am Wochenende stattfänden, eben keine Reisetage darstellten, die dem Landgestüt zuzuordnen seien. Mit dieser Auffassung habe sich der Zeuge H exakt im Rahmen der hier zur Beurteilung heranzuziehenden Vorgaben des Bundesreisekostengesetzes bewegt. Im öffentlichen Dienst zähle als Dienstzeit nur die Zeit der Tätigkeit am Geschäftsort. Dasselbe gelte für Aufenthaltszeiten am Geschäftsort außerhalb der Erledigung von Dienstgeschäften, also auch für Tage einer mehrtägigen Dienstreise, welche ein Wochenende einschließe. Folglich liege auch keine Dienstzeit hinsichtlich der am Geschäftsort verbrachten Zeiträume vor Beginn und nach Ende der dienstlichen Tätigkeiten vor, ebenso nicht bei Fahrzeiten anlässlich von Tätigkeiten bei verschiedenen Arbeitsstellen am Geschäftsort. Werde eine Dienstreise mit einem verlängerten privaten Aufenthalt am Geschäftsort zeitlich oder räumlich verbunden, so sei grundsätzlich eine Reisekostenvergütung so zu bemessen, als wäre der Beschäftigte unmittelbar vor dem Dienstgeschäft von dem Dienstort zum Geschäftsort und unmittelbar nach Beendigung des Dienstgeschäftes von diesem zum Dienstort gereist. Ausgehend hiervon bleibe festzuhalten, dass die hier erfolgte Anreise am Wochenende eben keine Reisetage gewesen seien, die dem Landgestüt zuzuordnen gewesen seien, sondern privat veranlasst gewesen seien. Bei der Rückreise am Mittwoch habe es sich um einen Arbeitstag gehandelt, so dass dieser Arbeitstag letztendlich auch als Reisetag zu Gunsten des Landgestüts abzurechnen gewesen sei. Wenn dementsprechend eine Abrechnung der Reisetage in der Form erfolgt sei, dass zwei Reisetage für das Landgestüt und zwei Reisetage für die F abgerechnet worden seien, so sei dies vor dem Hintergrund, dass die Anreise außerhalb der Dienstzeiten erfolgt sei, nicht zu beanstanden.
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Der Zeitraum 26.03.2013 bis 31.03.2013 sei ohne Abrechnung gegenüber B geblieben, da es sich um die Teilnahme an dem Einladungsturnier gehandelt habe. Sie habe hier eine Repräsentationsaufgabe für das Landgestüt wahrgenommen, die bezogen auf Reise- und Arbeitstage außerhalb der Beratungstätigkeit für das Landgestüt anzusiedeln gewesen sei. Sie habe als Repräsentantin des Landgestüts auch im Rahmen ihrer üblichen Aufgaben an anderen Turnierveranstaltungen teilgenommen, auch europaweit. Auf keiner dieser Veranstaltungen habe sie sich ihren Aufenthalt durch den die Einladung aussprechenden Veranstalter vergüten lassen. Hierfür habe es auch keine Anspruchsgrundlage gegeben.
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Im Zeitraum 10.07.2013 bis 14.07.2013 sei der Zeuge C allein in Katar gewesen. Ankunftstag sei Mittwoch, der 10.07.2013, gewesen. Alle Mitarbeiter des Landgestüts und auch der Zeuge C hätten regelmäßig am Mittwochnachmittag frei gehabt. Der Zeuge C habe nach ihrem Kenntnisstand am Donnerstag und Freitag potentielle Teilnehmer und Teilnehmerrinnen für das schon ins Auge gefasste Sommercamp 2013 in X gesichtet und die in Frage kommenden zahlreichen Bewerber nach ihren reiterlichen Fähigkeiten aussortiert. Nur die talentierteren Jugendlichen hätten an diesem Sommercamp teilnehmen sollen. Das Problem habe darin bestanden, dass die Jugendlichen regelmäßig nur nachmittags nach Schulschluss zur Verfügung gestanden hätten und dementsprechend auch nur am Donnerstag ab Mittag diese Tätigkeit der Sichtung habe ausgeübt werden können. Am Freitag habe es sich um einen freien Tag in Katar gehandelt, bei dem regelmäßig sich die Familien gemeinschaftlich zum Morgengebet einfänden und gemeinsam Mittag äßen, so dass auch am Freitag erst nachmittags eine entsprechende Sichtung habe erfolgen können. Aufgrund dieser zwei Mal 1/2 Arbeitstage habe der Zeuge C dann berechtigterweise nur einen Tag für das Landgestüt als Arbeitstag abgerechnet. Am Samstag, dem 13.07.2013, habe der Zeuge C einen zuvor ausgesuchten Kandidaten, der als Pferdewirtschaftsmeister in der Reitsporteinrichtung B die Reitausbildung vor Ort habe durchführen sollen, empfangen und diesem die Reitanlage gezeigt. Dieser potentielle Kandidat sei auf eine Einladung von B am Freitagabend, dem 12.07.2013, eingeflogen worden und habe dann am Samstag sich die Reitanlage angesehen. Er sei dabei von dem Zeugen C begleitet worden, der ihm die Anlage präsentiert habe. Begleitet worden seien der Bewerber und der Zeuge C durch einen Herrn P, seines Zeichens stellvertretender Direktor der Anlage hinter dem bereits benannten Zeugen G. Nach Sichtung der gesamten Anlage seien Bewerbungsgespräche geführt worden, an denen der Zeuge C ebenfalls teilgenommen habe. Wegen der Vielfalt der zu übernehmenden Tätigkeiten dieses Kandidaten und auch wegen der Größe der Anlage habe sich diese Tätigkeit über den gesamten Tag hingezogen. Aus diesem Grund sei dann dieser Tag auch zu Gunsten der F abgerechnet worden, was nicht zu beanstanden sei, da diese Tätigkeit außerhalb des Leistungsspektrums des Landgestüts gelegen habe. Richtig sei, dass der Anreisetag als Reisetag zu Gunsten des Landgestüts abgerechnet worden sei und der Abreisetag am Sonntag zu Gunsten der F. Dies habe seine Ursache in den bereits zuvor geschilderten Umständen zu Dienstzeiten und Reisetagen gehabt und sei nicht zu beanstanden.
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Im Zeitraum 11.11.2013 bis 17.11.2013 seien am 11.11.2013 und 17.11.2013 Reisetage angefallen. Bei dem 17.11.2013 habe es sich um einen Sonntag gehandelt, bei dem 11.11.2013, dem Anreisetag, um einen Montag. Hierzu sei anzumerken, dass eine Anfahrt bzw. Anreise ursprünglich vorgesehen gewesen sei für den 10.11.2013. Aufgrund einer Verhinderung ihrerseits sei die Anreise dann erst am 11.11.2013 erfolgt. Sie sei um 6.30 Uhr von N nach N7 und von dort nach Doha geflogen mit der Folge, dass sie am Montag um 17.55 Uhr in Doha angekommen sei. Die beabsichtigte Tätigkeit, nämlich Unterrichtserteilung für Reitlehrer in B, hätte dann am Montag um 19.30 Uhr beginnen können, als Rückreisedatum sei der 15.11.2013 vorgesehen gewesen. Der Rückflug aus Doha habe konkret am 15.11.2013 um 08.50 Uhr erfolgen sollen. Ankunft in N habe um 17.10 Uhr sein sollen. Im Rahmen der Abstimmung mit B sei vom Zeugen G gewünscht worden, dass der Aufenthalt bis zum 17.11.2013 verlängert werde, was sich aus einer E-Mail vom 06.11.2013 ergebe (Anlage K 42, Bl. 905 GA). Hintergrund dafür sei gewesen, dass an diesem Wochenende eine Turnierveranstaltung stattgefunden habe, in der u.a. auch der Sohn des zuständigen Emirs teilgenommen habe. Es sei gewünscht gewesen, dass sie mit dem Königshaus in Kontakt trete, zumal die Frau des Emirs die Schirmherrin der Katar J und damit "Hauptsponsorin" gewesen sei. Deshalb sei der Aufenthalt dann bis 17.11.2013 verlängert worden. Für das Landgestüt seien schon in den Abendstunden des 11.11.2013, dem Anreisetag, die Reitausbilder vor Ort gesichtet, geschult und unterrichtet worden. Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag hätten ausschließlich Gespräche für das Landgestüt stattgefunden. Dementsprechend seien drei Tage á drei Leute gleich neun Tage als Arbeitszeit zu Gunsten des Landgestüts abgerechnet worden. Richtig sei, dass am Samstag ein Tag pro Person für die Begleitung und Richtertätigkeit bei diesem Turnier stattgefunden habe, die für die F erbracht worden seien und bei denen dann auch die Gespräche oben dargestellten Inhalts geführt worden seien. Es sei ausschließlich um die Beratung hinsichtlich Ausstattung, optimierten Prüfungsabläufen und Protokollführung bei Wettbewerben pp. sowie auch Ausstattung von Lehrmaterial, Erteilung von Fachenglisch für Reitschüler in Katar sowie Beratung über Sicherheitsstandards gegangen. Offen gestanden habe dann noch der Freitag. An dem Freitag habe es sich innerhalb Katars um einen Feiertag gehandelt. Zur Hintergrundinformation sei anzumerken, dass wegen des überaus auffälligen Verhaltens der Reitschüler aus Katar innerhalb Deutschlands u.a. auch von ihr, der Klägerin, erklärt worden sei, dass schon vor Ort eine gewisse Einflussnahme auf die Reitschüler vorzunehmen sei, damit sich derartige Vorfälle, wie sie zuvor in Deutschland aufgetreten seien, nicht wiederholten. Um letztendlich ihr und auch den beiden anderen Mitreisenden einen Überblick über die kulturelle Situation vor Augen zu führen, hätten die Begleiter der Jugendlichen, die schon zum Sommercamp mit nach Deutschland gekommen gewesen seien, und auch Herr U es für zwingend erforderlich erachtet, an diesem Feiertag ihr und den Zeugen C und H die Kultur des Landes sowie die Umstände, unter denen diese Jugendlichen aufwüchsen, vor Augen zu führen. Dies habe erfolgen sollen, damit auch ein gewisses Verständnis für die Verhaltensweise insbesondere der Jugendlichen aufgebracht werde. Aus diesem Grunde habe an diesem Freitag ein Besuch eines "Familiencamps" mitten in der Wüste stattgefunden. Bei dieser Gelegenheit habe auch ein sog. Insurance-Turnier gesichtet werden sollen. Es habe sich dabei um ein Distanzreiten gehandelt, bei dem auch teilweise Schüler der Reitsporteinrichtung B teilgenommen hätten, die zuvor das Sommercamp in X besucht hätten. Da es sich bei diesem Freitag um einen Feiertag gehandelt habe und letztendlich diese Einladung zum besseren kulturellen Verständnis von den entsprechenden Begleitern vor Ort ausdrücklich ausgesprochen worden sei, sei diese Leistung am Feiertag nicht abgerechnet worden, was seine Ursache in den Vereinbarungen mit B gefunden habe. Es seien nämlich keine unmittelbar abrechenbaren Leistungen auf Basis der Kooperationsvereinbarung erbracht worden. Dass sodann insgesamt drei Reisetage zu Gunsten des Landgestüts und drei Reisetage zu Gunsten des F abgerechnet worden seien, habe seine Ursache in dem Rückflug am Sonntag und der privaten Verlängerung des Aufenthaltes vor Ort.
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Im Zeitraum 11.03.2014 bis 16.03.2014 sei wiederum eine Teilnahme an einem Einladungsturnier gewesen. Eine Abrechnung sei nicht erfolgt. Es habe auch keine Anspruchsgrundlage für eine Abrechnung bestanden.
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Zusammengefasst bleibe festzuhalten, dass die Tätigkeiten, die vor Ort in Katar für die F erbracht worden seien, strikt getrennt worden seien von denen des Landgestüts. Besprechungen für die F hätten immer außerhalb der regelmäßigen Dienststunden stattgefunden, in denen Aufgaben für das Landgestüt erbracht worden seien. Eine Vermischung habe nicht vorgelegen.
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Sie habe sich auch nicht im Zusammenhang mit dem Kauf des Pferdes Fürst S3 fehlverhalten. Unstreitig stehe im Landgestüt ein Budget zum Kauf geeigneter Pferde zur Verfügung, um letztendlich dem Ziel der genetischen Vielfalt von Zuchtprodukten zu genügen. Im Zeitpunkt 2011 sei dieses zur Verfügung stehende Budget überwiegend verplant gewesen. Aufgrund seines hervorragenden Pedigrees sei der Hengst Fürst S3 für das Landgestüt von überaus großem Interesse gewesen. Die Kaufpreisvorstellung des Verkäufers C1 hätte allerdings weit oberhalb der Grenze gelegen, die noch vom Budget gedeckt gewesen sei. Der Zeuge C habe hieraufhin einen Kontakt zu der Zeugin C2 hergestellt. Bei der Zeugin C2 handele es sich um eine in Amerika ansässige Dressurreiterin, mit der der Zeuge C seit Jahren gute persönliche Kontakte pflege. Er sei darüber informiert gewesen, dass die Zeugin C2 immer auf der Suche nach überdurchschnittlich guten Reitpferden gewesen sei, und habe ihr daher von dem Pferd berichtet. Da es sich altersentsprechend um ein sehr junges und noch nicht einmal angerittenes Pferd gehandelt habe, habe der Zeuge C zugleich angefragt ob bei ggfls. beabsichtigtem Kauf des Pferdes durch Frau C2 ggfls. auch die Möglichkeit bestünde, dass diese den Hengst dem Landgestüt als Pachthengst zur Verfügung stelle. Hiermit sei die Zeugin C2 gerne einverstanden gewesen. Zum besseren Verständnis sei anzumerken, dass es sich bei zur Körung vorgestellten Hengsten um gerade einmal 2,5-jährige Pferde handele. Diese seien regelmäßig in diesem Zeitpunkt noch nicht angeritten. Ein Anreiten erfolge regelmäßig erst in einem Alter von 3 Jahren. Hier würden die Pferde zunächst an Reiter und Sattel gewöhnt. Im Anschluss hieran erfolge eine ca. 2 Jahre andauernde kontinuierliche Aufbauarbeit, um die erforderliche Muskulatur aufzubauen und das Pferd zu stabilisieren bzw. ins Gleichgewicht zu bringen. Erst in einem Alter von ca. 5 Jahren erfolgten bei gleichmäßiger positiver Entwicklung die ersten wesentlicheren Versammlungslektionen. Grundsätzlich seien Pferde erst ab diesem Alter für Turnierreiter, die in höheren Dressurprüfungen an den Start gingen, von persönlichem Interesse. Aus diesem Grunde sei es für die Zeugin C2 auch von Interesse gewesen, das Pferd anschließend, nach einer gegebenenfalls erfolgten Körung, beim Landgestüt unterzustellen, da sie dort die Gewissheit gehabt habe, dass neben einem sicherlich beabsichtigten Zuchteinsatz auch eine altersentsprechende artgerechte Ausbildung gewährleistet werde. Im Hinblick hierauf wäre bei erfolgreicher Körung für beide Seiten ein gewisser Vorteil eingetreten. Das Landgestüt hätte einen ohnehin gewünschten Hengst als Pachthengst erhalten. Die Zeugin C2 hätte ein Pferd erworben, das nach erfolgter Körung eben in den nächsten Jahren alters- und sachgerecht ausgebildet worden wäre, bevor sie es dann in Amerika zur weiteren Ausübung des Dressursports übernommen hätte. Die vorrangige Zielsetzung eines Kaufs dieses Pferdes habe für die Zeugin C2 in der von ihr zu einem späteren Zeitpunkt dann auch beabsichtigten Eigennutzung des Pferdes als Reitpferd bestanden. Zunächst habe der Verkäufer C1 seinerseits ausdrücklich den Wunsch geäußert, dass der Hengst nach erfolgreicher Körung als "Landbeschäler" beim Landgestüt aufgestellt werde. Dies habe etwas mit der Züchterehre zu tun. Die Zeugin C2 habe dann zunächst einmal über das Westfälische Pferdstammbuch e.V. den Hengst von dem Zeugen C1 zu einem Kaufpreis von 30.000,00 € erworben. Ausweislich des Inhalts dieses Kaufvertrages sei dieser unter eine aufschiebende Bedingung gestellt. Der Vertrag laute wie folgt: "Sein Verkauf geschieht vorbehaltlich der Körung durch den zuständigen Zuchtverband und der zuchtbuchmäßigen Anerkennung durch das Rheinische und das Westfälische Pferdestammbuch e.V.". Die Zeugin C2 sei allerdings daran interessiert gewesen, sich dieses Pferd durch den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 30.000,00 € völlig unabhängig von einer späteren Körung zu sichern. Wie sich aus der E-Mail vom 19.11.2011 der Zeugin C2 an den Zeugen C erschließe (Anlage K 44, Bl. 907 GA), sei in schwer verständlichem Deutsch von Seiten der Zeugin C2 der Abschluss eines neuen Vertrags mit dem Käufer C1 gefordert worden, um eben sicherzustellen, dass sie dieses Pferd für den Betrag von 30.000,00 € erhalte, auch für den Fall, dass das Pferd nicht gekört werden sollte. Diese habe vor dem Hintergrund des geschlossenen Kaufvertrags und der darin enthaltenen aufschiebenden Bedingung befürchtet, dass sie das Pferd nicht kaufen könne für den Preis von 30.000,00 €, wenn es nicht gekört werden sollte. Aus diesem Grunde habe sie nötigenfalls auch den Abschluss eines weiteren Vertrags gewünscht, der ihr dann eben dieses Pferd auch völlig unabhängig von dem Ergebnis der Körung sichere. Der Zeuge C habe dieses Ansinnen an den Verkäufer C1 herangetragen, der mit einem Verkauf des Pferdes für 30.000,00 € auch für den Fall einverstanden gewesen sei, dass das Pferd nicht gekört werde. Er habe allerdings dann auch Wert darauf gelegt, dass weitere 10.000,00 € für den Fall nachgezahlt würden, dass das Pferd gekört werde. Diese Vereinbarung sei dann auch zwischen der Zeugin C2 und dem Verkäufer C1 mündlich zustande gekommen. Im Anschluss sei der schriftlich vereinbarte Kaufpreis nach Maßgabe des schriftlichen Kaufvertrags über 30.000,00 € über den Westfälischen Pferdestammbuch e.V. abgewickelt worden. Die restlichen 10.000,00 €, die für den Fall einer Körung des Hengstes fällig werden sollten, sollten dann auf entsprechendes Auffordern des Herrn C1 nach positivem Vorurteil geleistet werden. Die Problematik habe darin bestanden, dass der Zeuge C bereits einen Tag nach der Körung einen Flug in die USA gebucht gehabt habe und außer Landes gewesen sei. Soweit der Verkäufer C1 nach entsprechender Körung allerdings diesen Geldbetrag angefordert hätte, sollte sichergestellt sein, dass dieser Betrag von 10.000,00 € auch sofort ausgekehrt werde. Dies habe der Zeuge C als zuständiger Ansprechpartner und Vermittler zwischen der Zeugin C2 und dem Verkäufer C1 nicht gewährleisten können, da er sich bereits einen Tag nach Körung in der USA aufgehalten habe. Aus diesem Grunde habe er sich an sie, die Klägerin, gewandt und gefragt, ob sie bereit wäre, ihr Konto für diese gegebenenfalls noch vorzunehmende weitere Zahlung zur Verfügung zu stellen, es sei im Ergebnis darum gegangen, eine zuverlässige Person zu erhalten, bei der sichergestellt sei, dass für den Fall einer Nichtkörung diese 10.000,00 € wieder zurück flössen und für den Fall einer Körung diese 10.000,00 € nach entsprechender Anforderung durch den Verkäufer C1 auch unverzüglich an diesen ausgekehrt würden. Aus Gefälligkeit habe sie, die Klägerin, sich hiermit einverstanden erklärt. Dementsprechend sei sodann auch verfahren worden. Das Körurteil sei am Dienstag, dem 22.11.2011, ergangen. Am 23.11.2011 habe die Prämierung der Hengste nebst der anschließenden Hengstauktion stattgefunden, was allerdings für dieses Pferd auch ohne Relevanz gewesen sei, da es eben nicht über die Auktion verkauft worden sei, sondern bereits zuvor verkauft gewesen sei. An diesem Tage, dem 23.11.2011, habe sie persönlich noch nicht die Gutschrift auf ihrem Konto in Höhe von 18.000,00 € festgestellt und sei auch nicht davon ausgegangen, dass 18.000,00 € überwiesen würden. Sie sei lediglich über einen Betrag von 10.000,00 € informiert gewesen. Abgesprochen gewesen sei, dass sich der Zeuge C sofort bei der Klägerin melde, soweit er von Herrn C1 als Verkäufer die Aufforderung erhalten sollte, dass dieser Betrag nunmehr auszuzahlen sei. Am 24.11.2011, also einen Tag nach der Körveranstaltung und Prämierung habe sie dann den Eingang eines Betrages in Höhe von 18.000,00 € festgestellt und sich sofort mit dem Zeugen C in Verbindung gesetzt sowie nachgefragt, was es mit dieser Summe auf sich habe. Ihr sei immer nur von 10.000,00 € berichtet worden, die sie ja nach entsprechender Anweisung von Herrn C an Herrn C1 habe weiterleiten sollen. Der Zeuge C habe erklärt, dass er den Vorgang auch hinsichtlich dieses überschießenden Betrages von 8.000,00 € mit der Zeugin C2 besprechen werde, die er ja ohnehin in Amerika habe aufsuchen wollen. Der Zeuge C habe sich am 25.11.2011 mit der Zeugin C2 in den USA getroffen und diese befragt, aus welchem Grunde sie 18.000,00 € anstatt der im Kaufvertrag vereinbarten 10.000,00 € gezahlt habe. Die Zeugin C2 habe daraufhin den Zeugen C dahingehend aufgeklärt, dass es nach ihrer Auffassung üblich sei, Vermittlungsprovision in Höhe von 20% zu zahlen. Ohne die Unterstützung des Zeugen C hätte sie dieses schöne Pferd nicht erhalten. Der Zeuge C habe erklärt, dass er aufgrund der guten persönlichen Kontakte keine Verkaufsprovision gefordert hätte, und wenn überhaupt auch eine solche von 10 % an sich üblich sei. Die Zeugin C2 habe hierauf zu verstehen gegeben, dass sie gleichwohl ein Bedürfnis verspürt habe, hier insgesamt 8.000,00 € zu zahlen. Wenn er diese 8.000,00 € nicht als Provision für das vermittelte Pferd akzeptieren wolle, so sei der über 10% hinausgehende Betrag als Zeichen ihrer Dankbarkeit für die in vergangenen Jahren stets überaus gute Beratung des Zeugen C zu werten. Sie, die Klägerin, habe dann den Betrag in Höhe von 10.000,00 € unstreitig nach entsprechender Anforderung an den Verkäufer C1 ausgekehrt. Der Betrag von 8.000,00 €, der für den Zeugen C gewesen sei, sei zunächst noch auf dem Konto verblieben, zumal sie und der Zeuge C mit dem Gedanken gespielt hätten, gegebenenfalls gemeinsam ein Pferd zu erwerben, für das dann die auf ihrem Konto schon liegenden 8.000,00 € als Kaufpreisanteil des Zeugen C hätten verwendet werden können. Diese Absicht habe sich dann allerdings zerschlagen, so dass sie den bei ihr noch liegenden Betrag in Höhe von 8.000,00 € an den Zeugen C ausgekehrt habe. Im Übrigen habe der Zeuge C nach ihrem Kenntnisstand eine Nebentätigkeitsgenehmigung im Zusammenhang mit dem Beritt, der Ausbildung und der Ausbildung von Pferden aufgewiesen. Diese Nebentätigkeitsgenehmigung sei regelmäßig von dem zuständigen Verwaltungsleiter H erteilt worden. Von diesem Hintergrund sei auch private Vermittlungstätigkeit in Form der Vermittlung von Pferden für Herrn C von der Nebentätigkeitsgenehmigung gedeckt. Aus dem Parallelverfahren C gegen Land NRW sei bekannt, dass sich, aus welchen Gründen auch immer, die regelmäßig schriftlich erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen zugunsten des Herrn C nicht in dessen Personalakte befunden haben sollten. Dies sei auf Verwunderung gestoßen, da derartige schriftliche Nebentätigkeitsgenehmigungen nicht nur von dem zuständigen Verwaltungsleiter H erteilt worden seien sondern von diesem nach eigenen Angaben auch in die Personalakte des Zeugen C abgeheftet worden seien. Gegen sie sei nicht der Verdacht einer Vorteilsnahme gemäß § 331 StGB begründet und auch nicht der Verdacht einer Beihilfe zu einer Vorteilsnahme des Zeugen C. Sie selbst habe den Betrag in Höhe von 8.000,00 € in vollem Umfang an den Zeugen C ausgekehrt. Aus diesem Grunde könne bereits tatbestandsmäßig von einer Vorteilsnahme im Sinne des § 331 StGB nicht ausgegangen werden, da sie ihrerseits schon keinen Vorteil erhalten habe. Zudem lägen die Tatbestandshandlungen des § 331 StGB nicht vor. Erforderlich wären insoweit ein "Fordern", "Sich versprechen lassen" oder "Annehmen" eines Vorteils. Fordern sei das einseitige Verlangen eines Vorteils für die Dienstausübung. Dies sei vorliegend bereits nicht ersichtlich. Einen Vorteil lasse sich versprechen, wer ein Angebot annehme, noch zu erbringende Vorteile entgegenzunehmen. Auch dies treffe nicht zu, da sie kein Angebot der Zeugin C2 angenommen habe, sondern lediglich habe feststellen müssen, dass ihrem Konto weitere nicht zuordnungsfähige 8.000,00 € gutgeschrieben worden seien. Annehmen sei das tatsächliche Entgegennehmen des angebotenen oder geforderten Vorteils mit dem Ziel der Erlangung eigener Verfügungsgewalt. Auch dies greife vorliegend nicht durch, da ihr weder ein Vorteil angeboten worden sei noch ein solcher von ihr gefordert worden sei. Zudem müsse die Vorteilsnahme für die Dienstausübung gewährt worden sein. Zwischen dem Vorteil und der Diensthandlung müsse eine Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung bestehen. Eine derartige Unrechtsvereinbarung habe vorliegend nicht vorgelegen. Sie habe den streitgegenständlichen Betrag nicht im Rahmen ihrer Dienstausübung erhalten. Wegen der weiteren diesbezüglichen Einzelheiten hat das Arbeitsgericht auf den Schriftsatz des Prozessvertreters der Klägerin vom 06.10.2017 (Bl. 842 ff GA) verwiesen.
173
Sie habe sich auch im Übrigen nicht arbeitsvertragswidrig verhalten. Auch insoweit hat das Arbeitsgericht auf den Schriftsatz vom 06.10.2017 (Bl. 842 ff GA) sowie das im Übrigen geleistete schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin verwiesen.
174
Die Kündigung sei zudem aus formellen Gründen unwirksam. Zum Einen genüge die Anhörung vom 16.02.2017 nicht dem Erfordernis einer Anhörung vor einer Verdachtskündigung. Das Anhörungsschreiben sei nicht hinreichend individualisiert, um ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den sie betreffenden Verdachtsmomenten zu äußern. Darüber hinaus sei die Anhörung des Hauptpersonalrats zu unbestimmt. Auch in dieser seien die Kündigungsvorwürfe nicht individualisiert auf sie, die Klägerin, ausgeführt sondern gemeinschaftlich für sie, Herrn H und Herrn C aufgelistet. Der Hauptpersonalrat habe damit erst recht keine Möglichkeit gehabt, sich mit den konkret sie, die Klägerin, betreffenden Kündigungsvorwürfen auseinanderzusetzen. Die Anhörung des Hauptpersonalrates sei durch eine Frau M1 erfolgt. Es sei nicht ersichtlich, dass damit die Anhörung ordnungsgemäß eingeleitet worden sei. Das Kündigungsschreiben sei zudem vom Staatssekretär L unterschrieben worden. Es werde bestritten, dass dieser hierfür bevollmächtigt gewesen sei. Eine Vollmacht habe jedenfalls auch nicht vorgelegen, so dass die Zurückweisung erfolgreich sei. Zudem werde bestritten, dass der Kündigungsausspruch und auch der Zugang der Kündigung zeitlich gesehen erst nach schriftlicher Mitteilung des Hauptpersonalrates erfolgt seien. Der insoweit geleistete beklagtenseitige Vortrag werde vollumfänglich bestritten. Handschriftliche Vermerke, die das beklagte Land zum Nachweis der Richtigkeit seiner Darstellungen bemühe, seien als Beweismittel ungeeignet, zumal sich aus diesen handschriftlichen Vermerken noch nicht einmal deren Verfasser entnehmen lasse. Darüber hinaus enthalte diese Anmerkung auch keinen Hinweis auf den hier interessierenden Zeitraum des angeblich geführten Telefonats. Bei der Anlage B 3 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 17.11.2017 (Bl. 940 GA) handele es sich um einen Entwurf, der ebenfalls einen Rückschluss auf die tatsächliche Unterschriftsleistung zur ausgesprochenen Kündigung nicht zulasse. Schlussendlich sei darauf hinzuweisen, dass auf dem zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Kündigungsschreiben vom 03.03.2017 das Datum 03.03.2017 handschriftlich ergänzt worden sei. Durch die Unterschriftsleistung unter ein derartiges Dokument werde allerdings eben nicht nur die inhaltliche Aussage des entsprechenden Dokuments bestätigt, sondern zugleich auch die Richtigkeit des Ausstellungsdatums zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung. Dieses stimme nach eigenem Vortrag des beklagten Landes nicht mit dem Zeitpunkt der Unterschriftsleistung überein, was zur Unrichtigkeit der Urkunde und hiermit korrespondierend auch der Unwirksamkeit der Kündigung führe. Darüber hinaus werde konkreter Vortrag vermisst, wann konkret am 03.03.2017 in den frühen Morgenstunden die schriftliche Stellungnahme des Hauptpersonalrats verfasst worden sein solle. Die Tatsache, dass die schriftliche Stellungnahme des Hauptpersonalrates noch nicht zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr erstellt gewesen sei, werde gegenbeweislich unter Beweis gestellt durch Vernehmung des stellvertretenden Vorsitzenden des Hauptpersonalrats N2. Gegenbeweislich dafür, dass eine telefonische Freigabe durch den Staatssekretär L am 03.03.2017 nicht erfolgt sei, werde Beweis angetreten durch Zeugnis des seinerzeitigen Staatssekretärs L. Selbst bei Bewahrheitung des Vortrags des beklagten Landes sei die zeitliche Abfolge mit den Zeitpunkten der Zustellung nicht in Einklang zu bringen. So trage das beklagte Land selbst vor, dass in unmittelbarem Anschluss an die Übergabe der Kündigung an den als Boten eingesetzten Zeugen E3 der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes um 09.05 Uhr über den Umstand einer Botenzustellung der Kündigung informiert worden sei. In Übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass eine dementsprechende Information unmittelbar nach Übergabe der Kündigung an den Boten stattgefunden habe, mithin die Übergabe an den Boten nicht um ca. 8.30 Uhr, sondern um 09.00 Uhr erfolgt sei. Selbst wenn allerdings der Zeitpunkt 8.30 Uhr noch zutreffen würde, müsste noch berücksichtigt werden, dass die Übergabe der Kündigung innerhalb des Ministeriums in den Büroräumen erfolgt sein müsse. Von dort bedürfe es zunächst einmal einiger Zeit zum Erreichen des Dienstfahrzeugs. Gerichtsbekanntermaßen herrsche in den Morgenstunden gerade im Bereich der Großstadt E4 und auch der Stadt N erheblicher Berufsverkehr. Allein das überaus hohe Verkehrsaufkommen lasse es nicht zu, dass binnen eines Zeitraums von 1,5 - 2 Stunden, dem Zeitpunkt der Übergabe bis zur Zustellung an die Klägerin, die Fahrtstrecke von E4 nach X bewältigt werden könne. Dies habe auch für den hier interessierenden Zeitraum 03.03.2017 gegolten, was rein vorsorglich zu Beweis gestellt werde durch verkehrsanalytisches Gutachten eines vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen. Zu berücksichtigen sei letztendlich, dass per Boten am gleichen Tag auch Kündigungen gegenüber den weiteren Mitarbeitern H und C ausgesprochen worden seien. Der Mitarbeiter H, dem ebenfalls eine Kündigung zugestellt worden sei, sei in N wohnhaft. Davon ausgehend, dass wegen der Fahrtstrecke ohnehin zunächst die Kündigung an den Mitarbeiter H zugestellt worden sei, bevor dann anschließend eine Weiterfahrt von N nach X erfolgt sei, sei auch unter Berücksichtigung dieses weitergehenden Zeitmoments die Darstellung des beklagten Landes mit den tatsächlichen Gegebenheiten und insbesondere dem Verkehrsaufkommen nicht in Einklang zu bringen. Letztlich sei hinsichtlich der Anhörung des Hauptpersonalrats darauf zu verweisen, dass der Stellvertreter nur dann für den Hauptpersonalrat tätig werden dürfe, wenn die Vorsitzende verhindert sei. Dies sei vorliegend nicht gegeben gewesen. Die Vorsitzende habe an diesem Tag nicht frei gehabt, entgegenstehender Vortrag des beklagten Landes werde als verspätet gerügt. Hinsichtlich der Kündigungserklärungsfrist sei unzutreffend, dass es einzig und allein auf eine Kenntnis des kündigungsberechtigten Staatssekretärs L ankomme. Das beklagte Land müsse sich die Kenntnis des Zeugen I am 24.06.2016 zurechnen lassen. Gehe man jedoch davon aus, dass der Staatssekretär L am 15.02.2017 Kenntnis von allen kündigungsrelevanten Vorgängen gehabt habe, habe die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist am 01.03.2017 geendet, so dass auch unter Aufgreifung des Vortrags des beklagten Landes die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten sei. Mindestens im Rahmen der Interessenabwägung sei die Kündigung jedoch unwirksam. Sie habe überobligationsmäßig über Jahre ihre Arbeitstätigkeit in der Funktion als Leiterin des Gestüts entfaltet und zu einem außerordentlichen wirtschaftlichen Erfolg des Landgestüts beigetragen. Wegen der Einzelheiten Hat das Arbeitsgericht auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.12.2017 verwiesen (Bl. 960 ff. GA). Selbst wenn ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit Verfehlungen vorgehalten werden könnten, so wäre jedenfalls im Zuge der vorzunehmenden Interessenabwägung ihre Lebensleistung für das Landgestüt in jedem Fall zu berücksichtigen mit der Folge, dass im Zuge einer derartigen Interessenabwägung der Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht gerechtfertigt sein könne. Zu berücksichtigen wäre, dass für den Fall einer angeblichen Verfehlung das beklagte Land gehalten gewesen wäre, eine Abmahnung auszusprechen. Dies gelte vorliegend auch für den Fall der ausgesprochenen Verdachtskündigung.
175
Auch die Kündigung vom 27.09.2017 sei unwirksam. Hinsichtlich der Kündigungserklärungsfrist und der verhaltensbedingten Vorwürfe gelte das bereits zur Kündigung vom 03.03.2017 Ausgeführte. Das Kündigungsschreiben sei zudem durch Herrn C5 ohne Vertretungszusatz unterschrieben worden. Ihr, der Klägerin, sei nicht bekannt gewesen, in welcher Funktion Herr C5 das Kündigungsschreiben unterschrieben hat. Die Zurückweisung des § 174 BGB sei daher erfolgreich. Zu rügen sei ferner ebenfalls die nicht ordnungsgemäße Anhörung des Hauptpersonalrats. Auch diese Anhörung sei durch eine Frau G1 unterzeichnet worden. Inhaltlich habe es nicht genügt, dem Hauptpersonalrat den Schriftverkehr im vorliegenden Verfahren vorzulegen. Eine Individualisierung der Kündigungsgründe bezogen auf sie, die Klägerin, sei damit wiederum nicht erfolgt.
176
Die Klägerin hat beantragt,
177
1. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 03.03.2017, zugestellt ebenfalls am 03.03.2017, nicht aufgelöst worden ist,
178
2. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 26.09.2017, zugestellt am 27.09.2017, nicht aufgelöst worden ist,
179
3. das beklagte Land wird für den Fall des Obsiegens der Klägerin mit den Klageanträgen 1 und 2 verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen über den 26.09.2017 hinaus auf ihrem Arbeitsplatz als Leiterin des nordrhein-westfälischen Landgestüts/Deutsche Reitschule weiterzubeschäftigen.
180
Das beklagte Land hat beantragt,
181
die Klage abzuweisen.
182
Das beklagte Land hat vorgetragen, die außerordentlichen Kündigungen vom 03.03.2017 und 26.09.2017 seien wirksam. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei jeweils eingehalten. Man habe am 07.02.2017 Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen können. Aus der am 07.02.2017 erfolgten Einsicht in die Ermittlungsakte hätten sich über die zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Tatsachen hinaus weitere Pflichtverletzungen der Klägerin ergeben, die dokumentierten, dass die Klägerin als Führungskraft im öffentlichen Dienst, noch dazu mit Budget- und Personalverantwortung, vollkommen untragbar sei und für das beklagte Land eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter keinen Umständen in Betracht kommen könne. Aus dem Inhalt der Ermittlungsakte habe sich der Sachverhalt wie folgt dargestellt:
183
Zwischen dem Landgestüt und der Reitsporteinrichtung B sei eine auf den 06. August 2013 datierende Kooperationsvereinbarung zustande gekommen, die darauf abgezielt habe, die B Reitakademie in ein umfassendes Pferdeausbildungszentrum umzuwandeln. Wenn auch die grundsätzliche Kooperation zwischen dem Landgestüt und B im Ministerium bekannt gewesen sei und als Einnahmequelle begrüßt worden sei, sei das Ministerium in die Verhandlung und den Abschluss der Kooperationsvereinbarung in keiner Weise eingebunden gewesen. Der Vertrag sei dem beklagten Land erst im Rahmen des laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens bekannt geworden. Augenscheinlich hätten die Klägerin, Herr H und Herr C von Anfang an auch außerdienstliche Interessen im Rahmen der Kooperation mit B verfolgt.
184
Das Ministerium habe hinsichtlich der Nebentätigkeitsanzeigen der Klägerin und von Herrn H beiden mit Schreiben vom 17.07.2012 die Beratung in Haltungs- einschließlich Zuchtfragen sowie auch die Vermittlung von Gegenständen und Leistungen jeglicher Art an solche Personen untersagt, die im laufenden und in den vergangenen drei Kalenderjahren mit dem beklagten Land, vertreten durch das Landgestüt, in Geschäftsbeziehung standen. Nicht zutreffend sei die Behauptung der Klägerin, Herr I1 habe in einem Gespräch mit ihr und Herrn H eine Interpretation des Nebentätigkeitserlasses vorgegeben oder vorgenommen. Herr I1, der inzwischen pensioniert sei, sei persönlich befragt worden und habe angegeben, er könne ausschließen, dass er gesagt habe, dass er durch die Auflagen keine nennenswerten Einschränkungen sehe; es sei auch fernliegend, dass er einen Bescheid der Abteilung I des Ministeriums, für den er nicht zuständig gewesen sei, gegenüber der Klägerin interpretiert hätte. Über die ausdrückliche Untersagung der Nebentätigkeiten, so das beklagte Land, hätten sich die Betroffenen hinweggesetzt. Die Klägerin, Herr H und Herr C hätten die F errichtet. Für diese existiere ein auf den 30.08.2013 datierender Gesellschaftsvertrag. Als Gegenstand des Unternehmens sei die Beratung von Personen und Unternehmen in Personal-, Ausbildungs-, Ausrüstungs-, Haltungsfragen, Reithallen- und Anlagenbau sowie die Vermittlung von Personal, Pferden, Ausbildungs- und Ausrüstungsgegenständen rund um den Wirtschaftsfaktor Pferd vereinbart.
185
Für die F hätten am 12. Dezember 2012 die Klägerin, Herr H und Herr C bei der Sparkasse ein gemeinsames Konto unter der Firma F gegründet. Augenscheinlich hätten von Anfang an die Klägerin, Herr H und Herr C mit B parallel Verhandlungen einerseits für eine Kooperation mit dem Landgestüt und andererseits für eine Kooperation mit der F geführt. Dies belege eine von B am 08. Oktober 2012 an Herrn H übersandte E-Mail, mit der der erste Entwurf eines Kooperationsvertrages übermittelt worden sei und auch bereits auf die Kooperation mit der F Bezug genommen worden sei. Tatsächlich sei dann am 06. August 2013 nicht nur der schriftliche Kooperationsvertrag zwischen B und dem Landgestüt zustande gekommen, sondern auch derjenige zwischen B und der F. Letzterer lehne sich in Struktur, Inhalten und Gestaltung stark an die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landgestüt und B an, enthalte allerdings einige zusätzliche bzw. abweichende Ziele und Aufgaben. Danach seien Aufgabe der F u.a. die Bestimmung von Pferdeprofilen, die Findung von Lieferanten hochwertiger Ausrüstung und die Mithilfe bei der Pferdebeschaffung. Die Vergütung bei Verkaufsvermittlungen von Pferden sei nach einer Art Provisionsmodell ausgestaltet.
186
Die Klägerin, Herr H und Herr C hätten dann auch die Geschäftstätigkeit für die F vereinbarungsgemäß aufgenommen. Im August und September 2013 habe ein mehrwöchiger Lehrgang für Reitschüler aus Katar auf dem Gelände des Landgestüts stattgefunden. Dieser sei ihm Rahmen der offiziellen Kooperation zwischen dem Landgestüt und B abgewickelt und über das Landgestüt abgerechnet worden. Von Anfang an sei dabei auch beabsichtigt gewesen, den Reitschülern die Möglichkeit einzuräumen, die im Rahmen des Lehrgangs genutzten Pferde auch käuflich zu erwerben. Da für Zwecke des Lehrgangs wohl nicht in ausreichender Zahl geeignete eigene Pferde des Landgestüts zur Verfügung gestanden hätten, seien Pferde von Dritten, die an einem Verkauf der Tiere nach Katar interessiert gewesen seien, organisiert worden. Tatsächlich seien elf dieser Pferde nach Katar verkauft worden. Dieses sei unter Einschaltung der F abgewickelt worden, indem B den Kaufpreis für die Pferde auf das Konto der F gezahlt habe und die F die Teilbeträge an die einzelnen Verkäufer weitergeleitet habe. In diesem Zusammenhang habe Herr C eine bedeutsame aktive Rolle gespielt, ebenso die Klägerin. Die F habe neben der Vermittlung der Pferde an Käufer auch weitere Leistungen für B erbracht. So seien etwa Beratungsleistungen und Personalbeschaffungen seitens der F gegenüber B in Rechnung gestellt worden. Die Geschäftsabwicklung sei für die F so einträglich gewesen, dass die Klägerin, Herr H und Herr C Anfang Februar 2014 jeweils (unstreitig) 20.000,00 € und sodann Ende September/Anfang Oktober 2014 noch einmal (unstreitig) jeweils 3.000,00 € als erwirtschaftete Überschüsse vom Geschäftskonto der F hätten entnehmen können. Dabei hätten seitens der F augenscheinlich nur zu dem Kunden B Geschäftsbeziehungen bestanden. Die Kooperation der drei Betroffenen mit dem Gestüt B habe sich nach erfolgter Akteneinsicht deutlich anders dargestellt als noch zum Zeitpunkt des Zwischenberichtes des Landeskriminalamtes aus September 2015 bzw. erst recht anders als nach dem förmlichen Dienstgespräch im September 2014. Tatsächlich sei nun nachgewiesen, dass es den Betroffenen von Anbeginn des Kontakts mit dem Gestüt B darum gegangen sei, neben der Geschäftsbeziehung zum Landgestüt, die offiziell gewollt und erwünscht gewesen sei, eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen, die ausschließlich dem persönlichen Vorteil der handelnden Personen gedient habe und notwendigerweise eine Interessenkollision mit den Interessen des Landgestütes habe mit sich bringen müssen. Im Rahmen der Geschäftstätigkeit der F mit B sei es zu nahezu durchgängigen Überschneidungen und Konflikten mit Interessen des Landgestüts und Interessen Dritter gekommen. Diese seien durch die drei betroffenen Personen zugunsten ihrer eigenen Interessen bzw. der F aufgelöst worden, teilweise auch zum finanziellen Nachteil des Landgestüts oder Dritter. Genau dies und die damit verbundenen Interessenkonflikte hätten mit der Versagung der Nebentätigkeit durch das Ministerium vermieden werden sollen.
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Auch wenn nicht vollständig klar sei, welche der drei betroffenen Personen welche konkreten Handlungen begangen habe, so sei doch offensichtlich und klar, dass alle drei im Zuge der Geschäftsabwicklung für die F kollusiv zu Lasten des Landgestüts und Dritter gewirkt hätten. Die Interessen des Landgestüts, die sie aus ihrem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land hätten wahren müssen, hätten sie gröblich verletzt, um für die F finanzielle Vorteile zu erwirken. Augenmerk sei auf die seitens der F gegenüber B in Rechnung gestellten Beratertage zu richten. Dem Vernehmen nach solle es sich bei den nach Katar unternommenen Reisen um Dienstreisen im dienstlichen Interesse des Landgestüts gehandelt haben, gleichwohl aber habe die F gegenüber B mit Rechnung vom 25.11.2013 einen Betrag von 18.900 € netto für sechs Reisetage und acht Beratertage, insgesamt also 14 Tage in Rechnung gestellt. Die in Rechnung gestellten Leistungen sollten ausweislich der Rechnung im Zeitraum vom 19. März 2012 bis zum 24. November 2013 in Katar erbracht worden sein, so dass keine Umsatzsteuern ausgewiesen worden seien. Es stehe zu vermuten, dass die abgerechneten Leistungen, soweit diese überhaupt erbracht worden sein sollten, während der vermeintlich zu dienstlichen Zwecken für das Landgestüt nach Katar angetretenen Dienstreisezeiten erbracht worden seien. Das von der Klägerin vorgelegte Arbeitspapier (Anlage K 30, Bl. 793, 794 GA) und die korrespondierenden Rechnungen zeigten den maßgeblichen Interessenkonflikt, der sich durch die Vermischung von dienstlichen und privaten Angelegenheiten ergeben habe.
188
Nicht verständlich sei, warum die Teilnahmen der Klägerin und der Herren H und C an den jeweiligen Einladungsturnieren im März 2013 und März 2014 ohne jede Abrechnungen gegenüber B geblieben seien. Die Klägerin habe die Reisen als Dienstreise deklariert. Wenn sie auch für das zweite Einladungsturnier Urlaub eingereicht habe, vermeintlich weil eine förmliche Dienstreisegenehmigung nicht rechtzeitig erteilt worden sei, hätten die Reisen doch nach Darstellung der Klägerin ausschließlich dienstlichen Charakter haben sollen. Wenn diese jedoch im Rahmen der Kooperation mit B erfolgt seien und die Klägerin insoweit auch tätig geworden sein sollte, hätte eine Abrechnung der Leistungen der Klägerin erfolgen müssen. Dass dies augenscheinlich nicht geschehen sei, lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass Reise- und Unterbringungskosten durch B übernommen worden seien. Dies sei auch bei den anderen Reisen der Fall gewesen. Der Umfang des Ausfalls der Arbeitszeit sei aus seiner, des beklagten Landes, Sicht identisch unabhängig davon, ob es sich um eine Teilnahme an einem Einladungsturnier oder eine sonstige Dienstreise gehandelt habe.
189
Noch deutlicher werde die Vermischung der Interessen und die Konfliktlage im Hinblick auf die Reisetage. Festzuhalten bleibe, dass zu allen Reiseterminen, an denen Arbeits- und Reisetage zu Gunsten der F GbR abgerechnet worden sein sollten, d.h. vom 28. Mai bis 02. Juni 2012 (tatsächlich 01. Juni 2012), vom 28. bis 31. Oktober 2012, vom 10. Juli bis 14. Juli 2013 und vom 11. bis 17. November 2013, auch Reise- und Arbeitstage für das Landgestüt abgerechnet worden seien. Warum hier allerdings ein Teil der Reisetage zu Gunsten der F GbR und nicht zu Gunsten des Landgestüts fakturiert worden sei, lasse sich durch nichts rechtfertigen. Die Klägerin habe sich damit einen persönlichen finanziellen Vorteil verschafft, indem die Leistungen über Reisetage teilweise über die F GbR fakturiert worden seien.
190
Es werde ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten, dass irgendwelche Beratungsleistungen für die F GbR an Wochenenden oder an Feiertagen erbracht worden seien. Der entsprechende Vortrag der Klägerin sei insoweit aber auch nicht hinreichend substantiiert, um überhaupt irgendeine prozessuale Erheblichkeit haben zu können. Besonders deutlich werde dies, wenn man die Zeiträume, die vermeintlich abgerechnet worden sein sollten, genauer betrachte. Die Klägerin und Herr C seien nicht vom 28. Mai bis zum 02. Juni 2012 in Katar gewesen, sondern nur bis zum 01. Juni 2012, also von Pfingstmontag bis zum nachfolgenden Freitag. Es verblieben also zwei mal zwei Reisetage am 28. Mai und am 01. Juni und daneben zwei mal drei Arbeitstage, Dienstag bis Donnerstag, die auch für das Landgestüt abgerechnet worden sein sollten. Für zwei weitere Arbeitstage für die F GbR wäre demnach kein Raum gewesen.
191
Die Reise vom 28. bis 31. Oktober 2012 von Herrn H und der Klägerin habe von Sonntag bis Mittwoch stattgefunden. Neben den zwei mal zwei Reisetagen seien also noch zwei mal zwei Arbeitstage verblieben, nämlich Montag und Dienstag. Die vier Arbeitstage seien seitens des Landgestüts in Rechnung gestellt worden. Es sei darüber hinaus kein Raum für zwei weitere Arbeitstage für die F GbR gewesen. In der Anlage K 30 (Bl. 793, 794 GA) finde sich insoweit der Hinweis, "abends F". Es sei nicht nachvollziehbar und werde zudem bestritten, dass abends irgendwelche Leistungen nach der Tätigkeit für das Landgestüt noch erbracht worden sein sollten, die den Umfang zweier kompletter Tagewerke hätten. Es sei damit auch unschlüssig, dass für eine 4-tägige Reise mit zwei Personen insgesamt 10 Personentage in Rechnung gestellt worden seien.
192
Der Abrechnungszeitraum in Bezug auf Herrn C vom 10. bis 14. Juli 2013 sei in anderer Hinsicht unschlüssig. Die Reise habe von Mittwoch bis Sonntag gedauert. Mittwoch und Sonntag seien also die beiden Reisetage. Es seien Donnerstag, Freitag und Samstag geblieben. Ein Tag sei für das Landgestüt fakturiert worden, ein Tag für die F GbR. Am Donnerstag oder Freitag habe Herr C nicht einen Tag für die F GbR tätig werden dürfen, da er sich dienstlich in Katar befunden habe und zudem die Klägerin behauptet habe, Leistungen seien nur an Wochenenden und an Feiertagen für die F GbR erbracht worden. Also könne er allenfalls am Samstag für die F GbR tätig geworden sein. Dann stelle sich allerdings die Frage, warum dann für das Landgestüt nicht zwei Tage fakturiert worden seien, nämlich der Donnerstag und der Freitag.
193
Ähnliche Logikmängel ergäben sich auch für die Dienstreise vom 11. bis 17. November 2013. Die Reisetage seien hier Montag und Sonntag (insgesamt 6 Personentage für die Klägerin und die Herren H und C). Es verblieben also Dienstag bis Samstag. Es seien für diesen Zeitraum drei Beratertage für die F GbR fakturiert worden. Nach dem Vortrag der Klägerin könne dies nur für den Samstag gewesen sein (Wochenende), zumal auch die Klägerin und ihre Kollegen Dienstag bis Freitag dienstlich gereist und dienstlich verpflichtet gewesen seien. Dienstag bis Freitag seien allerdings insgesamt vier Arbeitstage, die bei drei Personen 12 fakturierbare Personentage für das Landgestüt bedeutet hätten. Abgerechnet worden seien allerdings nur 9 Personentage.
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Die Aufstellung der Klägerin sei damit absolut unschlüssig und keinesfalls beanstandungsfrei, sondern dokumentiere vielmehr nicht zuletzt wegen der zugunsten der F GbR abgerechneten Reisetage deutlich den Interessenkonflikt, der zu Lasten des beklagten Landes aufgelöst worden sei.
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Der Klägerin sei ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten auch im Zusammenhang mit der Abwicklung des Kaufvertrages eines Pferdes "Fuchs von G5" von Herrn C1 aus C3 an die in den Vereinigten Staaten (Boulder, Colorado) ansässige Inhaberin des Unternehmens N1 Imports, LLC Frau C2 vorzuwerfen. Den Ermittlungsergebnissen zufolge habe es sich bei Frau C2 um eine ehemalige Reitschülerin des Berittmeisters C gehandelt. Der Kaufvertrag sei auf den 18. November 2011 datiert gewesen und habe einen Kaufpreis von 30.000,00 € ausgewiesen. Weiter habe der Kaufvertrag vorgesehen, dass der Hengst als Pachthengst im Landgestüt verbleiben solle. Der Kaufvertrag sei von den Kaufvertragsparteien wechselseitig unterzeichnet per Telefax über den Telefaxanschluss des Landgestüts ausgetauscht worden. Am 19. November 2011 habe Frau C2 dann eine Email an den dienstlichen Email-sAccount von Herrn C in schwer verständlichem Deutsch gerichtet. Es sei allerdings augenscheinlich in dieser Email nur um den in Rede stehenden Kaufvertrag vom Vortag gegangen und sie habe geschrieben: "18.000,00 € wurde an Frau T Konto gesendet. Sie sollte bis Dienstag Morgen". Augenscheinlich habe Frau C2 auf eine Überweisung hingewiesen, die sie auf das Konto der Klägerin veranlasst gehabt habe. Tatsächlich sei der genannte Betrag in Höhe von 18.000,00 € am 23. November 2011 auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben worden. Als Zahlender sei die N1 Imports, LLC ausgewiesen. Der Betreff laute: G5. Hier bestehe ein ganz offensichtlicher Zusammenhang zu dem Abschluss des Kaufvertrages. Am 09. Dezember 2011 seien von dem Konto der Klägerin 10.000,00 € in bar abgehoben und am 12. Dezember 2011 weitere 5.000,00 € auf das Sparkonto der Eheleute überwiesen worden. Der Verkäufer des Pferdes, Herr C1, habe hierzu erklärt, dass vereinbart gewesen sei, dass er nach einer erfolgreichen Körung, die im Zeitraum zwischen dem 21. und dem 23. November 2011 vorgesehen gewesen sei, einen weiteren Betrag von 10.000,00 € habe erhalten sollen. Tatsächlich sei das Pferd dann erfolgreich gekört worden und an Herrn C1 seien dann von dem Vertreter des Landgestüts 10.000,00 € in bar übergeben worden. Es erscheine verdächtig, dass die diese weiteren Zahlung augenscheinlich über die Klägerin abgewickelt worden sei. Zudem sei nicht klar, warum nicht ein Betrag von 10.000,00 € sondern ein Betrag von 18.000,00 € von Frau C2 gezahlt worden sei. Widersprüchlich sei zudem, dass zum Zeitpunkt der Zahlung durch Frau C2 noch nicht klar gewesen sei, ob der veräußerte Hengst erfolgreich gekört werden würde, so dass nicht festgestanden habe, ob Herr C1 überhaupt die Zahlung weiterer 10.000,00 € habe verlangen können. Es erscheine jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin und evtl. auch Herr C, der in die Abwicklung des Geschäfts einbezogen gewesen sei, zumindest einen Teil der Zahlung von Frau C2 als private Zuwendung für die Vermittlung des Kaufvertrages erhalten hätten. Diese Vermutung sei insbesondere im Hinblick auf die Klägerin deswegen sogar kaum widerlegbar, weil kurz nach der Zahlung der 18.000,00 € eben nicht nur 10.000,00 € in bar zwecks Weitergabe an Herrn C1 von ihrem Konto abgehoben worden seien, sondern ein Teilbetrag von 5.000,00 € auf das Sparkonto der Eheleute übertragen worden sei. Der Sachverhalt sei seitens der Staatsanwaltschaft noch nicht abschließend ermittelt und aufgeklärt. Die Zahlung des genannten Betrages in Höhe von 18.000,00 € an die Klägerin und die damit im Zusammenhang stehenden Rahmenumstände legten jedoch den Verdacht nahe, dass eine unrechtmäßige Zahlung erfolgt sei. Es scheine üblichen Marktgegebenheiten zu entsprechen, bei Pferdeverkäufen auftretenden Vermittlern eine Provision von rd. 10 % des Kaufpreises zu entrichten. Übertragen auf den Sachverhalt könnte sich der Verdacht ergeben, dass zu Gunsten von Frau C2 und zu Lasten des Verkäufers die Klägerin und Herr C unlauteren Einfluss genommen haben könnten, den Kaufpreis zu reduzieren. Möglicherweise sei zumindest die über 10.000,00 € hinausgehende Zahlung auch für eine erwartete oder vereinbarte evtl. mögliche Einflussnahme der Klägerin auf die für den betreffenden Hengst bevorstehende Körung erfolgt. Problematisch sei in diesem Zusammenhang auch die im Kaufvertrag vorgesehene Einstallung des Tieres als Leihhengst im Landgestüt und der damit bestehende Zusammenhang zu einer Diensthandlung der Klägerin. Die Ausführungen der Klägerin in Bezug auf die Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit der Veräußerung des Pferdes Fuchs von G5 seien wenig glaubhaft. Es sei schon weiterhin nicht nachvollziehbar, warum hier eine Zahlung von 18.000,00 € über das Privatkonto der Klägerin abgewickelt worden sei. Hierfür eine besondere Vertrauensbeziehung anzugeben, sei wenig glaubhaft, zumal es sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nur um einen zusätzlichen Kaufpreis für den Fall der erfolgreichen Körung des Hengstes gehandelt habe. Der eigentliche Kaufpreis sei über das Westfälische Pferdestammbuch abgewickelt worden und nicht über das Privatkonto der Klägerin. Bezeichnend sei weiter, dass am 09. Dezember 2011 nicht nur 10.000,00 € in bar abgehoben worden seien, die dann wohl dem Verkäufer Herrn C1 zusätzlich zugeflossen seien, sondern auch 5.000,00 € vom Girokonto der Klägerin auf ihr Sparkonto überwiesen worden seien. Der zeitliche Zusammenhang lege den Schluss nahe, dass diese 5.000,00 € aus dem Überschuss der verbliebenen 8.000,00 € von Frau C2 stammten. Es werde ausdrücklich bestritten, dass die Summe in Höhe von 8.000,00 € von Frau C2 quasi freiwillig gezahlt worden sei, um sich bei Herrn C zu bedanken. Man bestreite weiter, dass der genannte Betrag in voller Höhe in verschiedenen Raten von der Klägerin an Herrn C ausgezahlt worden sei. Die Klägerin möge insbesondere angesichts der Überweisung der 5.000,00 € auf ihr eigenes Sparkonto darlegen, wann einzelne Zahlungen an Herrn C in welcher Höhe erfolgt sein sollten. Selbst wenn man jedoch den Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellen würde, bleibe eine erhebliche Dienstpflichtverletzung. Der Zeuge C hätte dann nämlich für die Mitwirkung an einer dienstlichen Handlung einen ganz erheblichen Vorteil der Frau C2 erhalten und die Klägerin als Leiterin des Landgestüts habe an dieser Vorteilsgewährung sogar noch mitgewirkt. Allein dieser von der Klägerin selbst behauptete Sachverhalt rechtfertige die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
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Vorzuwerfen seien der Klägerin zudem der Erwerb des Pferdes E6 zu 50 % des Eigentums an dem Hengst zu einem aus Sicht des beklagten Landes völlig überhöhten Preis, die Verschleierung von Zahlungen im Zusammenhang mit Kaufabwicklungen bezüglich des Hengstes C7, das Nicht-In-Rechnung-Stellen von die Deckeinnahmen übersteigenden Leistungen des Landgestüts an Herrn T, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Anmietung von Fahrrädern für katarische Lehrgangsteilnehmer sowie die mögliche Schenkung eines Hundes an die Klägerin und der Einschluss einer privater Haftpflichtversicherung der Klägerin in die Versicherung des Landgestüts. Zudem stellten sich die Umstände im Zusammenhang mit den Dienstreisen, insbesondere hinsichtlich der Mitnahme der Ehepartner nach den neuen Ermittlungen anders dar, als nach den bisherigen Kenntnissen des beklagten Landes angenommen worden sei. Wegen der Einzelheiten, auch wegen weiterer zur Begründung der Kündigung herangezogener Sachverhalte, hat das Arbeitsgericht auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagtenseite verwiesen.
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Die Kündigung sei auch nicht aus formalen Gründen unwirksam. Der Staatssekretär L sei Staatssekretär im zuständigen Ministerium. Die Vertretungsmacht eines Staatssekretärs in einem Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen ergäbe sich aus der gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes NRW (GGO / s.o.). Die Anhörung der Klägerin sei ordnungsgemäß erfolgt. Das beklagte Land habe die sich aus der Ermittlungsakte ergebenden Vorwürfe gegenüber der Klägerin und den Mittätern Herrn H und Herrn C im Zusammenhang systematisch und umfassend dargestellt. Es sei der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, zu den Vorhaltungen im Einzelnen Stellung zu nehmen.
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Rechtlich unproblematisch sei zudem, dass die Anhörung des Hauptpersonalrats durch Frau M1 unterzeichnet worden sei. Frau M1 sei als Leiterin des Referats I A 4 Organisation/Fortbildung und Rechtsaufsicht über die Landwirtschaftskammer zur Anhörung des Hauptpersonalrats in Abstimmung mit Herrn Staatssekretär L befugt gewesen. Soweit der Hauptpersonalrat in seinem Beschluss zu der beabsichtigten Kündigung auf eine Beschlussfassung in der Sitzung vom 01. März 2017 verweise, obschon der Klägerin eine darüber zeitlich hinausgehende Möglichkeit zur Stellungnahme seitens des Hauptpersonalrats eingeräumt worden sei, lasse sich hieraus eine Fehlerhaftigkeit des Anhörungsverfahrens nicht herleiten. Nach dem Verständnis des beklagten Landes habe der Hauptpersonalrat auf der Grundlage der Anhörung durch das beklagte Land einen vorläufigen Beschluss gefasst, der allerdings vor dem Hintergrund der eingeräumten Stellungnahmefrist für die Klägerin noch unter einem Abänderungsvorbehalt gestanden habe. Vermutlich sei genau aus diesem Grund der Beschluss dem beklagten Land nach Ablauf der Stellungnahmefrist übergeben worden. Fehler in der Sphäre des Hauptpersonalrats könnten die Wirksamkeit der Kündigung allerdings auch nicht beeinflussen. Den Vertretern des beklagten Landes sei die Stellungnahme des Hauptpersonalrats zu der gegenüber der Klägerin beabsichtigten Kündigung jedenfalls in den frühen Morgenstunden des 03. März 2017 übergeben worden. Da diese bereits erwartet worden sei, sei hierüber sofort Herr Staatssekretär L informiert worden, der danach abschließend entschieden habe, die Kündigung zu erklären, welche sodann auch sofort per Boten zugestellt worden sei. Das Anhörungsschreiben an den Hauptpersonalrat sei am 28.02.2017 durch Herrn Ministerialrat L3 um ca. 10.30 Uhr an den Hauptpersonalrat übergeben worden. Mit der Übergabe der Anhörung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung am 28.02.2017, einem Dienstag, habe festgestanden, dass die dreitägige Frist des Hauptpersonalrates für die Mitteilung etwaiger Einwendungen gem. § 74 Abs. 6 LPVG irgendwann am Freitag, dem 03. März 2017, enden würde. Zur Wahrung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB habe die Kündigung naturgemäß nach Abschluss der Anhörungsverfahren schnellstmöglich zugestellt werden sollen, sollte dieses nicht zu irgendwelchen Ergebnissen führen, die noch zu einem Ablassen von der Kündigungsabsicht geführt hätten. Es sei im Ministerium bekannt gewesen, dass der kündigungsberechtigte Staatssekretär L am 03.März 2017 geplant ortsabwesend sein werde, so dass dieser an diesem Tag nicht zur Verfügung gestanden habe, eine schriftliche Kündigungserklärung abzugeben. Vor diesem Hintergrund habe Staatssekretär L das Kündigungsschreiben bereits am Vortag, dem 02. März 2017, unterschrieben, um die Kündigung evtl. am Folgetag erklären und zustellen lassen zu können. Staatssekretär L habe das Dokument sodann im Referat I A 2 (heute I-2) (Personalgeschäftsbereich) in Verwahrung gegeben und die Verwendung des Kündigungsschreibens von seiner persönlichen Freigabe abhängig gemacht. Am frühen Morgen des 03. März 2017 habe der stellvertretende Vorsitzende des Hauptpersonalrats N2 Herrn Ministerialrat L3 angerufen und diesem mitgeteilt, dass die Stellungnahme des Hauptpersonalrats zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin vorläge und abgeholt werden könne. Ministerialrat L3 habe daraufhin sofort Herrn N2 aufgesucht und die als Anlage B 2 beigefügte Stellungnahme des Hauptpersonalrates entgegengenommen. Im Anschluss daran hätten Ministerialrat L3 und der Abteilungsleiter I mit Staatssekretär L telefoniert und diesen über den Inhalt der zuvor eingegangenen Stellungnahme des Hauptpersonalrats informiert. Staatssekretär L habe daraufhin entschieden, dass die Kündigung ausgesprochen werden solle und das von ihm zu diesem Zwecke vorbereitete Kündigungsschreiben abgesandt werden solle. Die Entscheidung des Staatssekretärs L habe Ministerialrat L3 noch am 03. März 2017 auf dem freigezeichneten Entwurf des Kündigungsschreibens mit den Worten vermerkt: "In einem Telefonat mit AL I und dem Unterzeichner hat Hr. Sts, nach Eingang der Stellungnahme des HPR, seine Entscheidung bestätigt". Im Anschluss daran habe sich Ministerialrat L3 um etwa 8.30 Uhr zu Ministerialrat E3, dem Leiter der Stabsstelle Innenrevision und Informationssicherheit, begeben und diesem das zuvor verwahrte und nun von Staatssekretär L zur Verwendung frei gegebene Kündigungsschreiben zwecks Zustellung übergeben, der sich sofort mit dem Auto auf den Weg zur Zustellung der Kündigung gemacht habe. Dieser zeitliche Ablauf werde weiter durch eine Email belegt, die Ministerialrat L3 am 03. März 2017 an den Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes Rechtsanwalt C6 abgesetzt habe. Mit dieser Email habe L3 Herrn Rechtsanwalt C6 darüber informiert, dass Herr E3 nun auf dem Weg nach X sei, um die Zustellung der Kündigungen zu bewirken. Der Email sei die als Anlage B2 bereits vorgelegte Stellungnahme des Hauptpersonalrats angehängt gewesen. Der Zugang der Kündigung bei der Klägerin sei unstreitig um etwa 10.35 Uhr am 03. März 2017 erfolgt. Die Kündigung sei durch Herrn E3 in Begleitung der seinerzeitigen Praktikantin X1 übergeben worden. Der von Herrn E3 für die Zustellung genutzte Dienstwagen habe in der Tiefgarage des Ministeriums unmittelbar unter dessen Büro gestanden. Der Zeitaufwand zum Erreichen des Dienstwagens sei minimal gewesen. Auf der Strecke über die Autobahnen A3 und A2, die Herr E3 und Frau X1 nach X gefahren seien, habe es am maßgeblichen Tag keine nennenswerten Verkehrsbeeinträchtigungen gegeben. Dies ergebe sich auch aus einer Stellungnahme des Landesbetriebes Straßenbau NRW vom 19.01.2018 (Bl. 1048 GA). In N sei Herr E3 am fraglichen Tag nicht gewesen. Herr H wohne in H2 und nicht in N, dort habe Herr E3 diesem auch die Kündigung persönlich übergeben, nachdem er zuvor in X die Kündigungen an die Klägerin und Herrn C in Begleitung von Frau X1 zugestellt gehabt habe. Die Anhörung des Hauptpersonalrats sei weder formal noch inhaltlich zu beanstanden. Die Vorsitzende des Hauptpersonalrates Frau S sei am 03. März 2017 verhindert gewesen, so dass die Funktion des Vorsitzenden von Herrn N2 aufgrund seiner Eigenschaft als Stellvertreter übernommen worden sei. Herr N2 habe auf der Grundlage des Beschlusses des Gremiums agiert und die Erklärung gegenüber dem beklagten Land abgegeben. Frau S habe am 03. März 2017 einen Gleitzeittag in Anspruch genommen gehabt. Das beklagte Land habe die durch den Zeugen N2 am 03. März 2017 übergebene Erklärung des Hauptpersonalrats als abschließende Stellungnahme im Rahmen des Anhörungsverfahrens verstanden und der Hauptpersonalrat habe diese Erklärung gegenüber dem beklagten Land als abschließende Stellungnahme abgeben wollen. Dieser Auslegung stehe nicht entgegen, dass in der Erklärung vom 03. März 2017 auf eine Beschlussfassung vom 01. März 2017 verwiesen worden sei. In der Rückschau betrachtet sei es augenscheinlich so gewesen, dass der Hauptpersonalrat die Klägerin im Anhörungsverfahren eingebunden gehabt habe und ihr eine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt habe. Vor Ablauf dieser Stellungnahmefrist habe augenscheinlich am 01. März 2017 der Personalrat bereits einen Beschluss gefasst gehabt. Es hätte eines abändernden Beschlusses des Hauptpersonalrates auf die Stellungnahme der Klägerin bedurft, wenn man denn auf Seiten der Arbeitnehmervertretung einen abweichenden Beschluss hätte treffen wollen. Augenscheinlich sei dies jedoch nicht der Fall gewesen. Etwaige Fehler in der Beschlussfassung des Hauptpersonalrates im Rahmen des Anhörungsverfahrens könnten zudem nicht zu Lasten des beklagten Landes gehen.
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Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Das beklagte Land habe tatsächlich erst am 07.02.2017 Akteneinsicht in die Ermittlungsakte nehmen können. Nachdem das Akteneinsichtsgesuch positiv durch die Staatsanwaltschaft beschieden worden sei und die Ermittlungsakte im Büro des jetzigen Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes eingegangen sei, habe dessen Sekretariat eine Kopie der auf der übermittelten CD-ROM übermittelten Dateien auf einem USB-Stick erstellt und über das Zustellunternehmen GO! Express und Logistics eine Eilzustellung noch am selben Tag veranlasst. Eine Ablichtung des Eilfrachtbriefes, aus dem das Absende- und Empfangsdatum am 07.02.2017 hervorgingen, sei als Anlage B5 (Bl. 942 GA) vorgelegt. Die Zustellung sei am 07.02.2017 durch Frau I3 bestätigt worden. Soweit die Klägerin bestreite, dass nach Sichtung und Bewertung des Akteninhalts am 15. Februar 2017 eine Besprechung mit dem kündigungsberechtigten seinerzeitigen Staatssekretärs L stattgefunden habe, werde zur Veranschaulichung als Anlage B6 (Bl. 944 GA) die im entsprechenden Outlook-Kalender hinterlegte Terminierung für den Zeitraum von 07.30 Uhr bis 09.00 Uhr vorgelegt. Für den Lauf der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei es allein auf die Kenntnis des kündigungsberechtigten Staatssekretärs angekommen, nicht auf die Kenntnis sonstiger mit der Auswertung und Ermittlung des Sachverhaltes betrauter Personen. Die Ermittlungsakte sei nicht früher übersandt worden. Richtig sei, dass das Akteneinsichtsgesuch des beklagten Landes auf den 29.12.2016 datiert gewesen sei. Richtig sei weiter, dass die Verfügung über die Gewährung der Akteneinsicht auf den 19. Januar 2017 datiert gewesen sei. Der Verfügung sei allerdings der erst auf den 30. Januar 2017 datierende Vermerk zu entnehmen "E-Akte erstellt und ab am 30.01.2017". Wann danach die E-Akte konkret in die Post gegeben worden sei, entziehe sich naturgemäß der Kenntnis des beklagten Landes.
200
Auch die Kündigung vom 26.09.2017 sei wirksam. Es sei Anklage gegen die Klägerin erhoben worden. Das Kündigungsschreiben sei durch den Staatssekretär C5 unterschrieben worden, so dass die Zurückweisung der Kündigung wegen fehlender Vollmacht keinen Erfolg habe. Der Hauptpersonalrat sei ordnungsgemäß vor der Kündigung beteiligt worden.
201
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Abläufe am frühen Vormittag des 03.03.2017 durch Vernehmung der Zeugen E3, N2 und L3 sowie der Zeugin X1, Insoweit wird auf das Protokoll der Sitzung vom 15.02.2018 verwiesen (Bl. 1067 ff. GA). Darüber hinaus ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen Staatssekretär L. Insoweit wird auf das Protokoll der Sitzung vom 12.04.2018 verwiesen (Bl. 1111 ff. GA).
202
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.04.2018 insgesamt abgewiesen (Bl. 1122 - 1199 GA). Die fristlose Kündigung vom 03.03.2017 sei durch einen wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB begründet. Die Kündigung sei innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB zugegangen. Die Klägerin sei ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung angehört worden, ebenso sei der Hauptpersonalrat ordnungsgemäß angehört worden. Die Kündigung sei auch durch den zuständigen Vertreter des beklagten Landes ausgesprochen worden. Zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung vom 26.09.2017 habe zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden. Die (darauf bezogene) Klage sei unbegründet. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei bei diesem Ergebnis nicht zur Entscheidung angefallen.
203
Die Kündigung vom 03.03.2017 sei gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
204
[I. 2. a) (S. 58 - 62)] Die Klägerin habe die ihr als Leiterin des Gestüts obliegende Pflicht, die Vermögensinteressen des Landgestüts zu wahren, verletzt. Die Rechnung der F vom 25.11.2013 enthalte 6 Reisetage und 8 Beratertage. Die Rechnung beziehe sich auf Leistungen, die - wie nunmehr unstreitig sei - für die F innerhalb von Dienstreisen für das Landgestüt erbracht worden seien. Entgegen der Angaben im Personalgespräch am 01.09.2014 seien auch während der Dienstreisen für das Landgestüt Leistungen zugunsten der F abgerechnet worden. Dahinstehen könne, ob die Darstellung der Klägerin richtig sei, Leistungen durch die F seien nicht während der Dienstzeiten für das Landgestüt erbracht worden. Es sei aber nicht ersichtlich, weshalb die F der Reitsporteinrichtung B Reisetage in Rechnung habe stellen können, wenn doch die Klägerin und die Mitarbeiter H und C jeweils zu dienstlichen Zwecken in Katar gewesen seien. Das hätte dafür gesprochen, dass Reisetage ausschließlich zugunsten des Landgestüts in Rechnung zu stellen gewesen seien. Die hierzu von der Klägerin abgegebenen Erklärungen seien nicht überzeugend. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür ergebe sich nicht. Damit habe die Klägerin die ihr als Leiterin des Gestüts obliegende Pflicht, die Vermögensinteressen des Landgestüts zu wahren, verletzt. Auch während der Dienstreisen nach Katar habe die Klägerin die Verdienstchancen des Landgestüts uneingeschränkt zu verfolgen gehabt und Einnahmemöglichkeiten uneingeschränkt zugunsten des beklagten Landes erschließen müssen. Das Verhalten der Klägerin sei ein Verstoß gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB . Auf die strafrechtliche Einordnung des Verhaltens komme es nicht an. Die Klägerin habe die Vermögensinteressen des beklagten Landes nicht uneingeschränkt beachtet, indem sie Reisekosten nicht zugunsten des Landes sondern zugunsten der F abgerechnet bzw. daran beteiligt gewesen sei, diese zugunsten der F abzurechnen. Der Hinweis der Klägerin auf das Reisekostenrecht helfe nicht weiter. Es gehe insoweit um unterschiedliche Sachverhalte. Es gehe hier um die Verpflichtung, Einkommenschancen des Landes auch zu nutzen. Es habe der Klägerin oblegen, die Dienstreisen so zu gestalten, dass die Einkommenschancen des Landes maximal genutzt würden. Gleiches gelte für die Reisetage im Zeitraum 10.07.2013 bis 14.07.2013 und für den Zeitraum 11.11.2013 bis 17.11.2013. Auch hier habe die Klägerin bei der Planung der Dienstreisen die Vermögensinteressen des beklagten Landes zu wahren gehabt. Der Hinweis der Klägerin, sie habe im Rahmen nicht untersagter Nebentätigkeit gehandelt, könne sie nicht entlasten. Hinsichtlich der Reisetage könne dies ohnehin nicht gelten. Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt könnten die Reisetage als nicht gegenüber dem beklagten Land zu entgelten angesehen werden.
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[I. 2. b) (S. 62 - 64)] Darüber hinaus bestehe zumindest der dringende Verdacht, dass die Klägerin zumindest Beihilfe zur Vorteilsnahme durch Herrn C im Zusammenhang mit der Abwicklung des Kaufvertrages des Pferdes Fürst von G5 geleistet habe. Auch insoweit komme es nicht auf die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens der Klägerin und des Beschäftigten C an. Statt entsprechenden Verdachtsmomenten nachzugehen habe die Klägerin an einem diesbezüglich verdächtigen Verhalten des Beschäftigten C mitgewirkt. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Abwicklung des Kaufvertrags unmittelbaren Bezug zu einem Dienstgeschäft gehabt. Unstreitig habe das Interesse des Landgestüts bestanden, das Pferd Fürst von G5 als Pachthengst in das Landgestüt aufzunehmen. Hieraus habe das Interesse resultiert, dass Herr C den Ankauf des Pferdes durch eine Person, die zur Einstallung bereit gewesen sei, initiiert habe. Unstreitig seien über das Konto der Klägerin nicht nur 10.000,00 € zur Auszahlung für den Fall der erfolgreichen Körung hinterlegt worden sondern es seien weitere 8.000,00 € auf ihrem Konto eingegangen, welche nach der Darstellung der Klägerin zugunsten des Herrn C als Provision oder zumindest als Zahlung aus Dankbarkeit für die Vermittlung des Pferdekaufs bestimmt gewesen sein sollten. Es habe sich um ein Dienstgeschäft gehandelt, da die Einstallung im Landgestüt vorgesehen gewesen sei und ausdrücklich im Kaufvertrag mit der Käuferin C2 vereinbart worden sei. Angesichts dessen habe die Klägerin die Zahlung dieser 8.000,00 € an den Beschäftigten C nicht hinnehmen können. Gleichwohl habe sie nach eigener Darstellung diese Zahlung nicht nur hingenommen sondern nach eigenem Bekunden die 8.000,00 € auch noch an den Beschäftigten C ausgezahlt. Dies sei zwar streitig, könne aber zugunsten der Klägerin unterstellt werden. Selbst dann hätte die Klägerin, die als Vorgesetzte von Herrn C die Unterbindung von Vorteilsnahmen durch Herrn C vorzunehmen gehabt hätte, daran mitgewirkt, Herrn C diesen unerlaubten Vorteil zu verschaffen. Auch dieses Verhalten lasse das Vertrauen in die Integrität der Klägerin und die ausschließliche Wahrnehmung der Vermögensinteressen des beklagten Landes durch die Klägerin entfallen.
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[I. " 2. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB " a) - g) / (S. 64 - 69)] Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Das beklagte Land habe vor der ab dem 07.02.2017 erfolgten Auswertung der Ermittlungsakte keine Kenntnis von dem Inhalt der Abrechnung vom 25.11.2013 gehabt und keine Kenntnis von den Umständen der Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit dem Verkauf des Pferdes Fürst von G5, so dass die Anhörung der Klägerin zu diesem Sachverhalt am 16.02.2017 fristgerecht sei. Das beklagte Land habe den Gang des Ermittlungsverfahrens abwarten können und habe dann nach Zugang der Ermittlungsakte diese kurzfristig ausgewertet und der Klägerin unmittelbar Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
207
[I. 3.] Die Klägerin sei vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß entsprechend den Anforderungen für eine Verdachtskündigung angehört worden. Die der Klägerin gesetzte Frist sei nicht zu kurz bemessen gewesen. Die Sachverhaltsdarstellung sei gut gegliedert, die einzelnen Komplexe seien nachvollziehbar geschildert, die unterbreiteten Sachverhalte seien für die Klägerin nicht neu gewesen.
208
[I. 4.] Die Interessenabwägung führe zu dem Ergebnis, dass dem beklagten Land die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Des vorherigen Ausspruchs einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Pflichtverletzung und deren Schwere seien für die Klägerin erkennbar gewesen. Die Klägerin habe bewusst dienstliche und private Vermögensinteressen derart vermischt, dass es ihr und den anderen Beteiligten ermöglicht worden sei, eigene Vermögensinteressen zu Lasten des beklagten Landes zu verfolgen. Der Klägerin habe klar sein müssen, dass ihr Mitwirken an einer solchen illoyalen Vermischung dienstlicher und privater Interessen generelle Zweifel an ihrer Loyalität und Integrität auslösen müssten. Ein durch ein solches Verhalten eigetretener Vertrauensverlust lasse sich künftig nicht reparieren. Die mit der beruflichen Position der Klägerin verbundenen Entscheidungskompetenzen erforderten ein unbedingtes Vertrauen in ihre Redlichkeit.
209
[I. 5., 6., 7.] Der Hauptpersonalrat sei am 28.02.2017 gemäß § 74 Abs. 2 LPVG NW zur Kündigung angehört worden. Dem Hauptpersonalrat seien Anlass und Inhalt des Dienstgesprächs am 01.09.2014 und der Inhalt der mit dem Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 vorgeworfenen Kündigungsgründe einschließlich der daraus abgeleiteten Bewertungen des beklagten Landes dargelegt worden. Nicht zu beanstanden sei, dass das Anhörungsverfahren durch Frau M1 eingeleitet worden sei. Der Hauptpersonalrat habe das nicht beanstandet. Das Kündigungsschreiben sei der Klägerin zugestellt worden, nachdem der Hauptpersonalrat eine abschließende Stellungnahme abgegeben habe. Der Zeuge N2 vom Personalrat habe bei seiner Vernehmung die zeitlichen Abläufe und die Herausgabe der Stellungnahme an Herrn L3 bis 8:00 Uhr am 03.03.2017 nachvollziehbar erläutert und bekundet und angegeben, dass es ganz besonders darauf angekommen sei, dass die Stellungnahme innerhalb der 3-Tage-Frist abgegeben werde. Der Zeuge L3 habe nachvollziehbar bekundet, dass nach Übergabe der Stellungnahme des Hauptpersonalrats der Staatssekretär L angerufen worden sei, für dessen Erreichbarkeit Vorsorge getroffen gewesen sei. Die Zeugen E3 und X1 hätten schlüssig ausgesagt, dass sie auf die Entgegennahme des Kündigungsschreibens gewartet hätten, nach dessen Entgegennahme losgefahren wären und das Kündigungsschreiben nachfolgend der Klägerin zu dem unstreitigen Zeitpunkt zugestellt hätten. Der von der Klägerin gegenbeweislich benannte Zeuge L habe sich zur Überzeugung des Gerichts nicht an die konkreten Absprachen im Zusammenhang mit der Beteiligung des Hauptpersonalrats und den Inhalt des Telefonats am 03.03.2017 erinnern können. Die Stellungnahme des Hauptpersonalrats sei abschließend gewesen und von der zuständigen Person abgegeben worden. Es könne dahinstehen, ob der Vorsitzende des Hauptpersonalrat S an dem Tag durch einen Gleittag verhindert gewesen sei. Das Schreiben des Hauptpersonalrats vom 03.03.2017 enthalte ausdrücklich die Mitteilung, dass der Hauptpersonalrat am 01.03.2017 den Beschluss gefasst habe, auf eine Stellungnahme zu verzichten. Der Inhalt der Erklärung sei eindeutig. Es falle nicht in die Einflusssphäre des Arbeitgebers, wie die Personalvertretungen ihre Aufgaben wahrnähmen. Es sei zulässig, dass der Personalrat ein anderes Personalratsmitglied ausdrücklich mit der Ausführung einer Aufgabe bevollmächtige, die grundsätzlich in die Kompetenz der vorsitzenden Person falle.
210
[I. 8., 9.] Als Staatssekretär sei Herr L nach der Geschäftsverteilung für die Ministerien zum Ausspruch der Kündigung bevollmächtigt. Das Kündigungsschreiben wahre die Schriftform.
211
[II.] Da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der (weiteren) Kündigung vom 26.09.2017 beendet gewesen sei, sei die gegen die Kündigung vom 26.09.2017 gerichtete Klage unbegründet.
212
[III.] Der nur für den Fall des Obsiegens gestellte Weiterbeschäftigungsantrag sei nicht zur Entscheidung angefallen.
213
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 29.08.2018 zugestellt worden. Die Klägerin hat am 13.09.2018 Berufung eingelegt und die Berufung am 02.10.2018 begründet.
214
Die Klägerin wendet ein, nach wie vor vertrete sie die Auffassung, dass die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung den Anforderungen der Rechtsprechung an die Verdachtskündigung nicht genüge. Zwar sei sie mit dem Schreiben vom 16.02.2017 zu einer Stellungnahme aufgefordert worden. Bei dem Anschreiben habe es sich aber überhaupt nicht um eine Anhörung handeln können. Wenn wie vorliegend vom beklagten Land bereits im Einleitungssatz des Schreibens unmissverständlich zu verstehen gegeben werde, dass völlig unabhängig von der Bewahrheitung oder Nichtbewahrheitung im Einzelnen sodann angeführter Pflichtverletzungen ohnehin von einer derartig massiven Störung des Vertrauensverhältnisses ausgegangen werde, dass dies eine Kündigung nach sich ziehen werde, so sei dem Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens gerade nicht genüge getan. Offensichtlich habe das beklagte Land den Kündigungsentschluss bereits vor dem Anschreiben vom 16.02.2017 gefasst gehabt völlig unabhängig davon, welche Einlassung sie, die Klägerin, im Rahmen ihrer Anhörung überhaupt abgeben werde. Ersichtlich habe das beklagte Land das Schreiben vom 16.02.2017 verfasst, um zumindest "formal" den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben zu genügen. Es fehle zudem in dem Schreiben vom 16.02.2017 eine konkrete und übersichtlich gestaltete Darstellung objektiver Tatsachen, die individualisiert auf sie, die Klägerin, angebliche Verfehlungen gestützt auf Tatsachen auflisteten und zu denen sie dann auch konkret hätte Stellung beziehen können. Das gelte umso mehr, als das Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 im Übrigen auch gleichlautend den ebenfalls gekündigten Mitarbeitern H und C zugeleitet worden sei. Es sei nicht ihre Aufgabe, aus einer über 29 Seiten aufgeführten Sachverhaltsdarstellung diejenigen Punkte herauszufiltern, die angebliche Verdachtsmomente ihr gegenüber aufkommen lassen könnten. Dies sei Aufgabe des beklagten Landes. Es könne nicht ihre Aufgabe sein, sich aus einem "Wust" von Vorwürfen nunmehr relevante sie betreffende Vorwürfe herauszusuchen. Aber auch inhaltlich seien zumindest in Teilen die aufgeführten angeblichen Verdachtsmomente schlicht und ergreifend nicht einlassungsfähig. Bloße auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichten zur Begründung eines erforderlichen dringenden Verdachts nicht aus. Im absolut überwiegenden Teil des Anschreibens würden die in den Raum gestellten Verdächtigungen nur auf derartige Vermutungen und subjektiv geprägte spekulative Schlussfolgerungen gestützt, die eben keine Grundlage in entsprechenden Tatsachendarstellungen fänden. Darüber hinaus seien - soweit objektive Tatsachen betroffen seien - diese dem beklagten Land seit geraumer Zeit bekannt gewesen. Insoweit sei neben dem Dienstgespräch auch auf den Zwischenbericht der Ermittlungsbehörde vom 03.09.2015 zu verweisen. Dem beklagten Land seien aufgrund dessen bekannt gewesen: ihre Reisen nach Doha mit ihrem Ehemann auf Kosten der Reitsporteinrichtung in Katar; Turnierteilnahme des Herrn C und nicht abgeführtes sondern selbst vereinnahmtes Preisgeld; Verkauf von einzelnen Pferden an die Reitsporteinrichtung B im Nachgang der Lehrgangsdurchführung für Reitschüler aus Katar; Gründung der F durch sie, Herrn H und Herrn C, Abwicklung und Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit Pferdeverkäufen über das Konto der F GbR; Zahlungsfluss von jeweils 20.000,00 € vom Konto der F an sie, Herrn H und Herrn C. All diese Umstände seien beklagtenseits als nicht gravierend eingestuft worden. Insoweit habe sie, die Klägerin, auch ausdrücklich im Zeitraum 2015 erklärt gehabt, jedwede Tätigkeit im Zusammenhang mit Doha bzw. B einstellen zu wollen, woraufhin das beklagte Land erklärt habe, dass dies nicht gewünscht werde und sie, die Klägerin, und Herr H nach wie vor Kontakte pflegen und Geschäftsbeziehungen abwickeln sollten. Wenn nunmehr in Abänderung dieser Absicht eine fristlose Verdachtskündigung beabsichtigt sei, so hätte dargelegt werden müssen, auf Grund welcher neuerlicher Tatsachen und Erkenntnisse sich nunmehr ein Verdachtsmoment im Zusammenhang mit angeblich strafrechtlich relevanten Verfehlungen eingestellt haben solle. Diesem Erfordernis werde das Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 nicht gerecht. Es würden dort die gesamten Geschehnisse rückwirkend ab dem Gespräch im Zeitpunkt September 2014 aufgelistet, ohne auch nur ansatzweise eine Erklärung dahingehend abzugeben, auf Grund welcher neuerlich gewonnenen Erkenntnisse nunmehr der Ausspruch einer Verdachtskündigung beabsichtigt sei. Die Stellungnahmefrist sei unangemessen kurz gesetzt. Hier müsse auch die besondere Situation berücksichtigt werden, dass neben dem eingeleiteten arbeitsgerichtlichen Verfahren parallel auch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet worden sei und noch nicht beendet gewesen sei. Daraus resultierten völlig unterschiedliche Interessenlagen. Während üblicherweise im Rahmen von Strafverteidigungsstrategien zunächst einmal der Ausgang des Ermittlungsverfahrens regelmäßig abgewartet werde, um dann nötigenfalls im Anschluss hieran nach Sichtung im Einzelnen nötigenfalls Stellung zu beziehen, verhalte es sich bei arbeitsgerichtlichen und zivilgerichtlichen Verfahren anders. Dort sei man - wie sie vorliegend - gezwungen, zumindest im Rahmen der sekundären Darlegungslast die in den Raum gestellten Verdachtsmomente zu kommentieren, was letztlich der Verteidigungsstrategie im Strafverfahren zuwiderlaufe. Hinzukomme, dass es sich um eine 29-seitiges Anschreiben gehandelt habe. Die Fristsetzung von fünf Werktagen sei nicht angemessen.
215
Mit zuvorigen Ausführungen korrespondiere, dass auch der Hauptpersonalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Die Anhörung sei an den Hauptpersonalrat und nicht an die Vorsitzende gerichtet worden. Das Schreiben sei von einer Frau M1 unterschrieben worden. Auch inhaltlich entspreche das Anhörungsschreiben nicht den rechtlichen Vorgaben. Das Land beziehe sich auf ihre - der Klägerin - Anhörung vom 16.02.2017 und nehme inhaltlich Bezug. Ausgeführt werde ferner, dass ihre - der Klägerin - Einlassung fehlerhaft sei, da sehr wohl eine Individualisierung vorgenommen worden sei. Der Hauptpersonalrat habe sich offensichtlich aus einer Zusammenfassung von Erkenntnissen diejenigen angeblichen Verdachtsmomente heraussuchen sollen, die sie, die Klägerin, betreffen könnten. Die Hauptpersonalratsanhörung sei inhaltsgleich zu den Anhörungen zu den Kündigungen der Beschäftigten H und C. Zudem wäre es Aufgabe des beklagten Landes gewesen, die konkreten und in Bezug genommenen Zeugenaussagen, Dokumente und "sonstigen Ermittlungsergebnisse" deutlich zu präsentieren. Es werde in dem Anhörungsschreiben eine nicht haltbare Belastungstendenz erkennbar, wenn ausgeführt werde, im Verhalten komme ihre - der Klägerin - Haltung zum Ausdruck, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn ihr persönliche Vorteile zugeflossen seien und das Landgestüt insoweit Aufwendungen gehabt habe, solange nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sich die finanzielle Situation des Landgestüts verbessert hätte. Das beklagte Land räume in der Anhörung des Personalrats ein, über wesentliche Umstände wie beispielhaft die Reisen nach Katar unter Begleitung der Ehepartner und Pferdeverkäufe über F bereits im September 2014 bzw. im September 2015 informiert gewesen zu sein. Es werde in dem Anhörungsschreiben Bezug genommen auf neuerliche Erkenntnisse, ohne diese auch nur annähernd zu präzisieren. Die angeblich neuen Erkenntnisse reduzierten sich im Ergebnis darauf, dass sich die seinerzeitigen von ihr - der Klägerin - getätigten Aussagen im Dienstgespräch vom September 2014 nicht bestätigt hätten und von einer quasi aufgedrängten Mitnahme der Ehepartner keine Rede mehr sein könne. Zu den Pferdeverkäufen führe das beklagte Land aus, dass nunmehr davon auszugehen sei, dass die drei Beschäftigten das Ziel verfolgt hätten, parallel auf eigene Rechnung Geschäfte im Pferdehandel mit den Kataris abzuwickeln, während man anfangs davon ausgegangen sei, dass es sich um eine "beiläufige Nutzung einer Erwerbsgelegenheit hätte handeln können". Die Kündigung sei vor Ablauf der einzuhaltenden Anhörungsfrist erfolgt. Die Anhörungsfrist habe erst mit Ablauf des 03.03.2017 um 24:00 Uhr geendet. Die Kündigung sei ihr indes unstreitig am 03.03.2017 vormittags zugestellt worden. Dass der stellvertretende Vorsitzende des Hauptpersonalrats N2 am 03.03.2017 eine Mitteilung über die Beschlussfassung des Hauptpersonalrats vom 01.03.2017 unterschrieben habe und an den Zeugen L3 übergeben habe, stehe dem Einwand nicht entgegen. Die Mitteilung sei nicht wie erforderlich von der Personalratsvorsitzenden S abgefasst, unterschrieben und zugeleitet worden. Der Zeuge N2 habe sich bei seiner gerichtlichen Vernehmung nur daran erinnert, dass er diese Mitteilung unterzeichnet und an Herrn L3 nach telefonischer Information übergeben habe. Die Anhörungsfrist sei nicht abgelaufen gewesen, dies sei erst am 03.03.2017 um 24:00 Uhr der Fall gewesen. Dass Herr N2 ausdrücklich mit der Ausführung einer Aufgabe, die grundsätzlich in die Zuständigkeit der vorsitzenden Person falle, bevollmächtigt worden sei, sei nicht vorgetragen. Wenn das Arbeitsgericht dies unterstelle und ausführe, dass Herr N2 offensichtlich Angelegenheiten des Hauptpersonalrats wahrgenommen habe, ändere dies allerdings nichts daran, dass er zu derartigen Maßnahmen nicht befugt gewesen sei. Die Stellungnahme des Hauptpersonalrats sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keinesfalls abschließend gewesen. Zwar sei es richtig, dass die Mitteilung die Aussage enthalte, dass der Hauptpersonalrat in seiner Sitzung vom 01.03.2017 den Beschluss gefasst habe, auf eine Stellungnahme zu verzichten. Es sei zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht ausführe, für das beklagte Land habe keine Veranlassung bestanden anzunehmen, dass sich der Hauptpersonalrat eine weitere Stellungnahme hätte vorbehalten wollen. Das beklagte Land habe selbst in seinem Vorbringen erster Instanz ausgeführt, dass nach seinem Verständnis der Hauptpersonalrat auf der Grundlage der Anhörung einen vorläufigen Beschluss gefasst gehabt habe, der allerdings vor dem Hintergrund der eingeräumten Stellungnahmefrist für die Klägerin noch unter einem Änderungsvorbehalt gestanden habe (Schriftsatz des beklagten Landes vom 28.04.2017, Seite 4). Diese eigene Einlassung des Landes stehe im diametralen Widerspruch zu der Ausführung des Arbeitsgerichts. Der Zeuge L3 habe bei seiner Vernehmung durch das Arbeitsgericht ausgesagt, man habe gewusst, dass der Staatssekretär am 03.03.2017 ortsabwesend sein werde und man habe auch gewusst, dass der Hauptpersonalrat der Klägerin eine Frist gesetzt gehabt habe. Weiter habe der Zeuge L3 ausgeführt, man habe seitens des Landes den Schriftverkehr zwischen Hauptpersonalrat und der Klägerin nicht gekannt; man habe aus der Mitteilung des Hauptpersonalrats, dass der Hauptpersonalrat am Morgen des 03.03.2017 sprachfähig sein würde, geschlossen, dass die Frist am 02.03.2017 abgelaufen wäre. Das Anschreiben des Personalrats stelle lediglich die Wiedergabe des Ergebnisses der Sondersitzung vom 01.03.2017 dar, den das beklagte Land eben auch nur als vorläufigen unter Abänderungsvorbehalt stehenden Beschluss aufgefasst gehabt habe.
216
Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Wie bereits in der ersten Instanz sei darauf hinzuweisen, dass die zugrunde liegende Ermittlungsakte bereits weit vor dem 07.02.2017 übermittelt worden sei. Nach dem eigenen Vorbringen des beklagten Landes sei davon auszugehen, dass die Akteneinsicht zeitlich gesehen vor dem 07.02.2017 bzw. noch im Januar 2017 erfolgt sei. Das stehe mit ihrem - der Klägerin - eigenen Vorbringen in Übereinstimmung, dass die Akteneinsicht schon am 19.01.2017 stattgefunden habe. Darüber hinaus habe eine Kenntnis des beklagten Landes aber schon spätestens am 24.06.2016 vorgelegen, dem Tag, an dem der Zeuge I4 bei der Staatsanwaltschaft angehört worden sei; der Zeuge I sei der Leiter der Zentralabteilung mit neun unterstellten Referaten und Zuständigkeit für die Dienstaufsicht über das Landgestüt. Bei seiner Zeugenbefragung am 24.06.2016 sei der Zeuge I über die Tatsache von Abrechnungen der F über Reise- und Beratertage befragt worden und in Kenntnis gesetzt worden.
217
Die Kündigung sei gemäß § 174 BGB wegen unterbliebener Vollmachtsbeifügung unwirksam.
218
Die Auffassung des Arbeitsgerichts zu den beiden von ihm als ausreichend angesehenen Kündigungsgründen teile sie nicht.
219
Hinsichtlich der Reise- und Beratertage seitens der F sei darauf hinzuweisen, dass die Erbringung von Beratungsleistungen durch die F hinsichtlich derartiger Tätigkeitsfelder, in denen das beklagte Land Leistungen zu erbringen nicht bereit gewesen sei, ausdrücklich mit dem beklagten Land abgestimmt gewesen sei. Dazu habe sie erstinstanzlich Zeugenbeweis angetreten. Die Nebentätigkeitseinschränkung habe der Ausübung von Beraterleistungen nicht entgegengestanden. Die Beratungsleistungen der F hätten sämtlich außerhalb der Dienstzeiten stattgefunden und hätten sich inhaltlich auf die Bereiche bezogen, die außerhalb des Leistungsspektrums der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landgestüt und B gelegen hätten. Der Vorwurf einer illoyalen Vermischung von privatrechtlichen Beraterleitungen und Aufgaben des Landgestüts sei nicht gerechtfertigt. Der Vorwurf, sie sei verpflichtet gewesen, die Reisetage als Verdienstchance zu Gunsten des beklagten Landes uneingeschränkt zu verfolgen, rechtfertige die Kündigung nicht. Erkennbar sei, dass für sie persönlich drei Reisetage angefallen seien, die sie nicht zugunsten des beklagten Landes abgerechnet habe. Zwar sei sie persönlich für die Abrechnung der Leistungen sowohl zugunsten des Landgestüts als auch zugunsten der F nicht federführend verantwortlich gewesen, diese Aufgabe sei für das Landgestüt und für die F in erster Linie von dem "Finanzexperten" H durchgeführt worden. Selbstverständlich wolle sie sich ihrer grundsätzlichen Verantwortlichkeit auch für die Richtigkeit dementsprechender Abrechnungen nicht entziehen. Wenn tatsächlich, wie das Arbeitsgericht meine, die während der Freizeit durchgeführten Reisetage zugunsten des Landgestüts hätten abgerechnet werden müssen, so hätte sie insoweit sodann tatsächlich hinsichtlich des Reisekostenrechts einen Fehler begangen. Den Ausspruch einer fristlosen Kündigung könne dies allerdings nicht rechtfertigen, zumal sie in keinerlei Art und Weise eine Übervorteilungsabsicht aufgewiesen habe.
220
Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu einer unterstellten "Beihilfe" zu einer Vorteilsnahme durch den Mitarbeiter C bei dem Kauf bzw. der Vermittlung des Pferdes Fürst S3 seien nicht gerechtfertigt. Der Käuferin C2 sei es darum gegangen, ein für ihre Zwecke geeignetes gutes Reitpferd zu erhalten. Richtig sei, dass Herr C von der Käuferin C2 für dieses Pferd und für in der Vergangenheit durch Herrn C erfolgte Beraterleistungen einen Betrag von 8.000,00 € erhalten habe, wobei dieser Betrag zunächst auf ihrem - der Klägerin - Privatkonto eingegangen sei, von ihr allerdings auch an Herrn C ausgekehrt worden sei. Der Zeuge C habe eine Nebentätigkeitsgenehmigung für die Vermittlung von Pferden gehabt, welche die Vermittlung von Fürst S3 an Frau C2 gedeckt habe. Eine Vorteilsnahme im Sinne von § 331 StGB liege nicht vor. Weder sie noch Herr C hätten von Frau C2 einen Vorteil gefordert oder sich versprechen lassen oder angenommen. Auch fehle es an der für § 331 StGB erforderlichen Unrechtsvereinbarung. Es fehle an einer funktionalen Verknüpfung zwischen Amtsausübung und Vorteil.
221
Selbst bei Annahme eines geschehenen Pflichtverstoßes hinsichtlich der Reisetage sei eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt (ultima-ratio-Grundsatz). Eine Abmahnung sei ausreichend gewesen. Der von dem Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf einer illoyalen Vermischung dienstlicher und privater Vermögensinteressen sei nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der drei Reisetage habe bei ihr in keinerlei Art und Weise eine irgendwie geartete Übervorteilungsabsicht bestanden (dies wäre auch völlig unsinnig gewesen, weshalb habe sie wegen bei ihr aufkommender drei Reisetage ihren Arbeitsplatz gefährden sollen?). Dass eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, zeige sich auch darin, dass sie unverzüglich nach Einleitung des Verfahrens im September 2014 trotz ausdrücklicher Anweisung des beklagten Landes, weiterhin Kontakte nach Doha zu pflegen, von jeglichen weiteren Aktivitäten im Zusammenhang mit der F abgesehen habe.
222
Da das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 03.03.2017 beendet worden sei, sei eine Auseinandersetzung mit der Kündigung vom 26.09.2017 erforderlich. Hier werde die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gerügt. Im Übrigen sei auf die erstinstanzlichen Ausführungen hinsichtlich der Hauptpersonalratsanhörung und ihrer - der Klägerin - fehlenden Anhörung zu verweisen.
223
Die Klägerin beantragt,
224
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Münster vom 12.04.2018, zugestellt am 29.08.2018,
225
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 03.03.2017, zugestellt ebenfalls am 03.03.2017, nicht aufgelöst worden ist,
226
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 26.09.2017, zugestellt am 27.09.2017, nicht aufgelöst worden ist,
227
3. die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit den Klageanträgen zu 1) und 2) zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen über den 26.09.2017 hinaus auf ihrem Arbeitsplatz als Leiterin des nordrhein-westfälischen Landgestüts/Deutsche Reitschule weiter zu beschäftigen.
228
Das beklagte Land beantragt,
229
die Berufung zurückzuweisen.
230
Das beklagte Land verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Der Vorwurf einer unzureichenden Anhörung der Klägerin vor Ausspruch einer Verdachtskündigung sei nicht berechtigt. Da von ihm auch die Voraussetzungen für eine Tatkündigung angenommen worden seien, sei nicht zu beanstanden, dass dies bei der Anhörung zum Ausdruck gebracht worden sei. Auch sei der Einwand einer unzureichenden Individualisierung im Anhörungsschreiben unbegründet. Nicht zutreffend sei die Einschätzung der Klägerin, das beklagte Land habe den bereits seit September 2015 bekannt gewesenen Teil der Vorwürfe als nicht gravierend eingestuft. Es sei zu betonen, dass auch dieser Teil der Vorwürfe zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden könne. Zunächst habe das Land die Entscheidung getroffen gehabt, das gegen die Klägerin und die Beschäftigten H und C laufende staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren abzuwarten. Die Rechtsprechung des BAG lasse es zu, den Gang des Ermittlungsverfahrens abzuwarten und zu einem späteren Zeitpunkt die Kündigung auszusprechen. Dies führe nicht dazu, dass früher bekannt gewordene Umstände dann nicht mehr zur Begründung der Kündigung herangezogen werden könnten. Die Klägerin könne nicht geltend machen, die Frist zur Anhörung sei zu kurz bemessen. Der Klägerin seien die im Anhörungsschreiben aufgegriffenen Punkte durch die ihrerseits kurz zuvor erfolgte Akteneinsicht bereits bekannt gewesen, zu einem großen Teil sogar deutlich vorher, weil eben die Klägerin selbst von Anfang an in die entsprechenden Vorgänge involviert gewesen sei bzw. handelnde Partei gewesen sei. Zu bedenken sei auch, dass das Land seinerseits in der gebotenen Eile habe handeln müssen und deshalb die Frist zur Anhörung nicht unangemessen habe ausdehnen dürfen. Nach Zugang des Anhörungsschreibens am 16.02.2017 habe man auf den Wunsch der Klägerin, die auf den 23.02.2017 gesetzte Frist bis zum 02.03.2017 zu verlängern, mit einer Verlängerung bis zum 24.02.2017 reagiert, damit eine volle Arbeitswoche für eine Beantwortung zur Verfügung gestanden habe. Zudem sei darauf hingewiesen worden, dass eine Stellungnahme nicht zwingend schriftlich abgegeben werden müsse, sondern auch im Rahmen eines persönlichen Gesprächs erfolgen könne.
231
Die Anhörung des Hauptpersonalrats sei nicht zu beanstanden. Frau M1 sei als Leiterin des Referats I A 4 Organisation, Fortbildung und Rechtsaufsicht zur Anhörung des Personalrats in Abstimmung mit Herrn Staatssekretär L befugt gewesen. Der Hauptpersonalrat habe zudem insoweit keine Rüge erhoben, weshalb dies nach der Rechtsprechung nicht zu beanstanden sei ( BAG 25.02.1998 - 2 AZR 226/97 - ). Auch hinsichtlich der Anhörung des Hauptpersonalrats sei der Einwand einer unzureichenden Individualisierung der Vorwürfe nicht begründet. Es sei nicht zu beanstanden, dass dem Personalrat keine Auszüge aus der Ermittlungsakte zur Verfügung gestellt worden seien. Das Land habe die wesentlichen Tatsachen aus dem Ermittlungsverfahren schriftlich zusammengefasst. Das sei ausreichend. Das dem Personalrat gleichwohl unterbreitete Angebot zusätzlicher Gespräche habe der Personalrat nicht aufgegriffen. Offenbar habe der Personalrat dafür keine Notwendigkeit gesehen. Die Kündigung sei auch nicht vorzeitig ausgesprochen worden. Das Land habe davon ausgehen dürfen, dass mit der Übergabe der Erklärung durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Hauptpersonalrats N2 an Herrn L3 eine abschließende Erklärung des Hauptpersonalrats vorgelegen habe und zwar unabhängig davon, ob Herr N2 zur Abgabe einer solchen Erklärung berechtigt gewesen sei oder nicht. Fehler, die nicht in der Sphäre des Arbeitgebers lägen, führten nicht zur Unwirksamkeit des Anhörungsverfahrens ( BAG 24.06.2004 - 2 AZR 461/03 - ). Bei der in den frühen Morgenstunden des 03.03.2017 übergebenen Stellungnahme des Personalrats habe es sich um eine abschließende Stellungnahme gehandelt. Von einer durch den Personalrat der Klägerin gesetzten Frist zur Stellungnahme habe das Land keine Kenntnis gehabt. Davon habe man erst später erfahren. Am 03.03.2017 habe das Land keine Kenntnis von den internen Abläufen bei dem Personalrat gehabt. Für das Land sei entscheidend gewesen, dass ihm am 03.03.2017 eine Erklärung des Hauptpersonalrats zugegangen sei, die auf einen bereits am 01.03.2017 bereits verfassten Beschluss verwiesen habe. Diesen Beschluss vom 01.03.2017 habe der Personalrat augenscheinlich nicht nachträglich geändert und den Beschluss dann am 03.03.2017 dem beklagten Land zur Kenntnis gebracht. Ansonsten sei in keiner Weise verständlich, weshalb der Hauptpersonalrat am 03.03.2017 zwei Tage später den Beschluss vom 01.03.2017 gegenüber dem Land hätte mitteilen sollen. Aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens lasse sich nichts anderes herleiten. Man habe am 02.03.2017, als die Stellungnahme des Personalrats nicht bekannt gewesen sei, mehrere Entwürfe des Kündigungsschreibens verfasst und am 03.03.2017 das letztlich passende vorbereitete Kündigungsschreiben der Klägerin zugestellt.
232
Wie bereits erstinstanzlich ausgeführt sei die Kündigung nicht aus Gründen des § 626 Abs. 2 BGB oder § 174 BGB unwirksam. In diesem Zusammenhang sei der Hinweis des Arbeitsgerichts zutreffend, dass für den Zeugen I bei seiner Vernehmung keine hinreichend substantiellen Anhaltspunkte im Hinblick auf die Abrechnung von Berater- und Reisetagen durch die F vorgelegen hätten. Herr I4 sei nicht mit konkreten Tatsachen konfrontiert worden sondern dazu befragt worden, ob bestimmte Umstände in seinem Wissen stünden.
233
Bereits die beiden vom Arbeitsgericht herangezogenen und insoweit unstreitigen Vorhaltungen seien ausreichend, die Kündigung zu rechtfertigen. Daneben sei die Kündigung auch aus weiteren Umständen gerechtfertigt. Die Klägerin irre, wenn sie versuche das Gewicht ihrer Pflichtverletzung durch Abrechnung der Reisetage zugunsten der F zu relativieren. Die Klägerin habe in Heimlichkeit agiert. Ohne die anonyme Anzeige und die nachfolgenden Ermittlungen wäre die offenkundig rechtswidrige Abrechnungsweise der Klägerin und ihrer Mitgesellschafter nicht zur Kenntnis des Landes gelangt. Die Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass das Land die entsprechende Verhaltensweise nicht dulden werde, zumal die Klägerin als Leiterin des Landgestüts eine besondere Vertrauensposition innegehabt habe. Indem die Klägerin Verdienstmöglichkeiten des Landgestüts zurückgestellt habe und stattdessen Abrechnungsmöglichkeiten für ihre private Gesellschaft genutzt habe, habe sie sich für ihre Führungsaufgabe und das in sie gesetzte Vertrauen disqualifiziert. Bei der Bewertung des Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit der Vermittlung des Pferdes Fürst S3 werte die Klägerin den unstreitigen Sachverhalt selektiv aus. Unstreitig habe das Landgestüt ein Interesse gehabt das Pferd zu erwerben. Unstreitig habe der finanzielle Handlungsspielraum des Landgestüts den Erwerb nicht erlaubt. Unstreitig sei der Verkauf an Frau C2 mit dem Ziel erfolgt, dass das Pferd auf diese Weise zumindest bei dem Landgestüt eingestallt bleiben könne und so dem Landgestüt zur Verfügung gestanden habe. Ein Zusammenhang zu einem Dienstgeschäft habe mithin bei dem Zufluss der 8.000,00 € an Herrn C bestanden. Die Klägerin habe nichts getan, um den Vorgang zu verhindern sondern den Betrag sogar an Herrn C weitergeleitet. Die Kündigung sei wie bereits ausgeführt nicht unverhältnismäßig. Auch falle die Interessenabwägung im Sinne der Wirksamkeit der Kündigung aus.
234
Die Klägerin repliziert, die erstmals in der Berufungsbeantwortung erfolgte Darlegung zur Funktion der im Anhörungsverfahren gegenüber dem Personalrat tätig gewordenen Frau M1 werde mit Nichtwissen bestritten. Der Wortlaut des Kündigungsschreibens belege, dass das beklagte Land über die Beschlussfassung vom 01.03.2017 informiert gewesen sei. Dass das Land seinerzeit "mehrere alternative Kündigungserklärungen" vorbereitet gehabt habe, werde bestritten. Es verbleibe zudem dabei, dass die Mitteilung des Personalrats vom 03.03.2017 nicht von der hierzu ausschließlich berufenen Vorsitzenden des Hauptpersonalrats unterschrieben und übergeben worden sei. Bei der Abrechnung der Reisetage zugunsten F für drei Tage möge ggf. eine fehlerhafte Beurteilung durch sie, die Klägerin, bzw. des die Abrechnung durchführenden anderweitigen Mitarbeiters H vorgelegen haben. Hierbei habe sich der Zeuge H - und diesem sich anschließend sie, die Klägerin - von der Überlegung leiten lassen, dass Sinn und Zweck der in dem zwischen dem Landgestüt und B geschlossenen Vertrag enthaltenen Regelung zur Abrechnungsfähigkeit von Reisetagen ein Korrelat für den Arbeitsausfall von ihr, der Klägerin, bei dem Landgestüt habe darstellen sollen. Wenn dann Reisetage außerhalb ihrer Arbeits-/Dienstzeit bei dem Landgestüt angefallen seien, so sei auch ein Arbeitsausfall von ihr, der Klägerin, nicht zu verzeichnen gewesen, so dass sie davon ausgegangen sei, dass die während ihrer "Freizeit" entwickelten Tätigkeiten dann eben auch nicht zugunsten des Landgestüts hätten abgerechnet werden müssen. Bestärkt worden seien der Zeuge H und sie, die Klägerin, in dieser Annahme dadurch, dass es durchaus denkbar sei, nach Beendigung einer Dienstreise mit einem entsprechenden Hinflug im Anschluss hieran Urlaub zu nehmen und an einen anderen Ort weiter zu fliegen. Diese Zeiträume würden dann auch nicht als "Reisezeit" zu bewerten und zugunsten des Landgestüts abrechnungsfähig sein.
235
Der Sach- und Streitstand ist entsprechend § 313 Abs. 2 ZPO in seinem wesentlichen Inhalt dargestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Vorbringen der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie auf die gerichtlichen Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
236
A.Die Berufung der Klägerin ist nach §§ 8 Abs.2 , 64 Abs. 1 , Abs. 2 ArbGG statthaft und zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1 , 64 Abs. 6 ArbGG , 519 , 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
237
B.Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 03.03.2017 mit sofortiger Kündigung aufgelöst worden ist. Die fristlose Kündigung vom 03.03.2017 ist wirksam. Sie ist durch einen wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt (I.1.) und der Klägerin gegenüber unter Beachtung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden (I.2.). Die Kündigung ist nicht aus sonstigen Gründen unwirksam (II.), weder nach § 174 BGB (II.1.) noch wegen einer unzureichenden Beteiligung des Hauptpersonalrats (II.2.) und auch nicht aus sonstigen Gründen (II.3.). Wegen der Wirksamkeit der Kündigung vom 03.03.2017 erweist sich auch der Kündigungsschutzantrag gegen die nachfolgende weitere fristlose Kündigung vom 26.09.2017 als unbegründet (III.). Der Antrag auf Verurteilung des beklagten Landes zur Weiterbeschäftigung der Klägerin ist nicht zur Entscheidung angefallen, weil er nur für den Fall des Obsiegens der Klägerin mit den Kündigungsschutzanträgen gestellt worden ist (IV.). Die weitere fristlose Kündigung vom 08.03.2019 ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits (V.).
238
I.Die Kündigung vom 03.03.2017 ist durch einen wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt (1.) und der Klägerin unter Wahrung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB übermittelt worden (2.).
239
1.Nach § 626 Abs. 1 BGB kann der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
240
a)Ist - wie hier - der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung tarifvertraglich ausgeschlossen (§ 34 Abs. 2 TV-L), so sind bei der Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB die nachstehenden Grundsätze zu beachten.
241
aa)Ist die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung ausgeschlossen, liegt ein Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB dann vor, wenn es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, den Arbeitnehmer auch nur bis zum Ablauf der (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen ( BAG 13.05.2015 - 2 AZR 531/14 - AP BGB § 626 Nr. 254; Bredemeier/Neffke-Weizenegger, TVöD/TV-L, 5. Aufl. 2017, § 34 TVöD Rn. 13, 14). In einem solchen Fall wäre die außerordentliche Kündigung auch dann gerechtfertigt, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wäre (BAG 13.05.2015 aaO).
242
bb)Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf ( BAG 20.11.2014 - 2 AZR 651/13 - AP BGB § 626 Nr. 249). Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung ist bei der abschließenden Interessenabwägung gemäß § 626 Abs. 1 BGB nicht in besonderer Weise zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Es besteht kein Anlass, den ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer insoweit besser zu stellen als einen Arbeitnehmer ohne diesen Sonderkündigungsschutz ( BAG 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 - AP BGB § 626 Nr. 202).
243
cc)Eine außerordentliche Kündigung kommt schließlich nach allgemeinen Grundsätzen nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist.
244
( BAG 20.11.2014 - 2 AZR 651/13 - AP BGB § 626 Nr. 249)
245
b)Soweit die fristlose Kündigung mit dem Verdacht einer schweren Pflichtverletzung begründet wird, sind zudem die vom Arbeitsgericht zutreffend dargestellten Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine Verdachtskündigung zu beachten. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn starke, auf objektiven Tatsachen gründende Verdachtsmomente vorliegen, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und wenn der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete, vom Kündigenden darzulegende und ggfls. zu beweisende Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus ( BAG 18.06.2015 - 2 AZR 256/14 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 74 Rn. 21 mwN). Eine Verdachtskündigung ist nur gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt zum einen für die Anforderungen an die Dringlichkeit des Verdachts als solchen. Der Verdacht muss erdrückend sein. Dies gilt zum anderen für die inhaltliche Bewertung des fraglichen Verhaltens und die Interessenabwägung. Diese müssen zu dem Ergebnis führen, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, wäre es erwiesen, eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Kündigung schon durch den bloßen Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens bedingt (BAG aaO Rn. 22 mwN).
246
c)Unter Anwendung der zu a) und b) dargestellten Grundsätze ist ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB aus den beiden vom Arbeitsgericht angenommenen Gründen und aus zwei weiteren Gründen zu bejahen: Fakturierung von Reisetagen zum Vorteil der privaten F GbR anstatt zugunsten des beklagten Landes (aa), Verdachtskündigung wegen des Geldflusses bei Verkauf des Pferdes Fürst von G5 (bb), unerlaubte Konkurrenztätigkeit mit der F GbR unter Verstoß gegen die Nebentätigkeitsuntersagung (cc), Entgegennahme von Vergünstigungen beträchtlichen Werts zu eigenen Gunsten und zugunsten des Ehemanns im Kontext der dienstlichen Geschäftsbeziehung zur Reitschule B / Katar anlässlich der Teilnahme an zwei Einladungsturnieren (dd), die Gründe zu aa), cc), dd) dabei nach den Regeln der Tatkündigung und der Grund bb) nach den Grundsätzen zur Verdachtskündigung. Da alle Gründe den Vertrauensbereich des Arbeitsverhältnisses berühren und das beklagte Land wegen der exponierten Stellung der Klägerin als Gestütsleiterin in X in besonderer Weise auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Klägerin angewiesen ist, genügt jeder der vier Gründe für sich betrachtet, die Kündigung zu rechtfertigen und dies auch ohne vorherige einschlägige Abmahnung. Die Abwägung der Interessen ergibt ein überwiegendes Interesse des beklagten Landes, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden zu können, weil das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Klägerin zerstört ist (ee).
247
aa)Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist ist dem beklagten Land nicht zumutbar, weil die Klägerin ebenso wie die Beschäftigten H und C einen Teil der anlässlich ihrer dienstlichen Aufenthalte in Katar absolvierten Reisetage zugunsten der F GbR und nicht für das beklagte Land und damit pflichtwidrig zu eigenen Gunsten abgerechnet hat - für die drei Beschäftigten insgesamt sechs Reisetage des Zeitraums vom 19.03.2012 bis zum 24.11.2013 per Rechnung der F GbR vom 25.11.2013 (für Klägerin 2 Reisetage zu den Aufenthalten 28.10.-31.10.2012 und 11.11.-17.11.2013 / Arbeitspapier aus Besitz Klägerin K 30, Bl. 793, 794 GA). Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin damit in schwerwiegender Weise gegen die Vermögensinteressen des beklagten Landes verstoßen hat (erstinstanzliches Urteil unter I.2.a) = S. 58-62). Darauf nimmt die Berufungskammer Bezug und beschränkt sich auf die nachstehenden zusammenfassenden und ergänzenden Ausführungen ( § 69 Abs. 2 ArbGG ). Unstreitig sind die privaten Beratungsleistungen der Klägerin und die der beiden weiteren Beschäftigten stets anlässlich dienstlicher Aufenthalte in Katar er-bracht worden. Unstreitig sieht der Vertrag zwischen B und dem beklagten Land vor, dass B dem beklagten Land die Reisetage der Landesbediensteten nach Katar vergütet. Die Klägerin war damit bei ihren dienstlichen Aufenthalten in Katar gehalten, sowohl ihren Anreisetag wie auch ihren Abreisetag als Reisetag zugunsten des beklagten Landes in Rechnung zu stellen. Unstreitig hat die Klägerin dies nicht getan sondern Geld für Reisetage zum eigenen privaten Vorteil liquidiert (über die F GbR). Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Hinweis der Klägerin auf reisekostenrechtliche Regeln die Vorgehensweise nicht rechtfertigt. Das Reisekostenrecht verhält sich zu der Frage, ob und in welcher Höhe dienstlich ausgelöste Reisekosten von dem Dienstherrn zu erstatten sind oder ob sie wegen einer hinzutretenden Wahrnehmung privater Interessen ganz oder teilweise vom Beschäftigten selbst zu tragen sind. Zu der Frage, ob und in welchem Umfang vertragliche Forderungen des Dienstherrn gegen Dritte zu realisieren sind, trifft das Reisekostenrecht keine Regelungen.
248
bb)Ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB ist zu bejahen, weil der dringende Verdacht begründet ist, dass die Klägerin Beihilfe geleistet hat, dass dem Beschäftigten C von dritter Seite entgegen § 3 Abs. 3 TV-L finanzielle Vergünstigungen in Bezug auf ein dienstliches Geschäft zugewandt worden sind. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen ( § 69 Abs. 2 ArbGG / erstinstanzliches Urteil unter I.2.b) = S. 62-64). Die Berufungskammer beschränkt sich auf die nachstehenden zusammenfassenden und ergänzenden Ausführungen. Als Landesbeschäftigtem war es dem Mitarbeiter C gemäß § 3 Abs. 3 TV-L wie auch unabhängig davon nach allgemeinen arbeitsvertraglichen Grundsätzen (Schmiergeldverbot) untersagt, in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit Belohnungen, Geschenke, Provisionen oder sonstige Vergünstigungen von dritter Seite anzunehmen; ein Angebot derartiger Vergünstigungen wäre dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen gewesen. Zutreffend hat das Arbeitsgericht begründet, dass der geschehene Verkauf des Pferdes Fürst von G5 vom Eigentümer C1 an die Interessentin C2 in den USA unter Vermittlung von Herrn C auch dessen dienstlichem Tätigkeitsbereich zuzurechnen ist, weil das Landgestüt bei und mit diesem Veräußerungsgeschäft das eigene Interesse verfolgte, den in X zur Körung anstehenden Hengst nach erfolgreicher Körung anschließend für einige Zeit als sog. Pachthengst im Landgestüt einstallen zu können, und die angestrebte Einstallung dementsprechend auch ausdrücklich im Rahmen des Kaufvertrags vereinbart worden ist. Bei der Abwicklung des Vertrags ist unstreitig außerhalb des von dem für den Eigentümer C1 bestimmten Kaufpreises von zunächst 30.000,00 € und später dann 40.000,00 € an Herrn C unter Zwischenschaltung des privaten Bankkontos der Klägerin ein zusätzlicher vierstelliger Geldbetrag geflossen. Aus den USA waren am 23.11.2011 von Frau C2 unter dem Betreff "Fürst von G5" 18.000,00 € auf das Privatkonto der Klägerin überwiesen worden, obwohl die Klägerin unstreitig weder auf Käufer- noch auf Verkäuferseite an dem Geschäft beteiligt war. Am 09.12.2011 wurden vom Konto der Klägerin 10.000,00 € in bar abgehoben; am 12.12.2011 wurden vom Konto der Klägerin 5.000,00 € auf das eigene Sparkonto überwiesen, das sie mit ihrem Ehemann unterhielt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen und den Angaben der Klägerin handelte es sich bei den 10.000,00 € um den weiteren Teil des Kaufpreises (Mehrbetrag nach erfolgreicher Körung). Die zusätzlichen 8.000,00 € waren hingegen den Angaben der Klägerin zufolge von Frau C2 für Herrn C bestimmt worden als Provision oder aus Dankbarkeit für Vermittlungstätigkeit. Die 8.000,00 € hat die Klägerin ihren Angaben zufolge bestimmungsgemäß an Herrn C weitergeleitet. Damit ist der dringende Verdacht begründet, dass Herr C in arbeitsvertragswidriger Weise 8.000,00 € von dritter Seite in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit erhalten und angenommen hat und die Klägerin für diese finanzielle Transaktion ihr privates Konto zur Verfügung gestellt hat und das Geschäft befördert hat, indem sie das auf ihrem Konto für Herrn C eingegangene Geld an diesen weitergereicht hat. Dem gegen Herrn C begründeten Verdacht ist die Klägerin weder, wie es ihren vertraglichen Pflichten entsprochen hätte, nachgegangen noch hat sie die Verdachtsmomente ihrem Arbeitgeber, dem beklagten Land, pflichtgemäß gemeldet. Stattdessen hat sie eigener Darstellung zufolge die 8.000,00 € selbst an Herrn C weitergeleitet. Damit ist die Klägerin dringend verdächtig, durch eigenes Tätigwerden die unzulässige Geldzuwendung an Herrn C befördert zu haben. Es ist, so das Arbeitsgericht zutreffend, der dringende Verdacht der Beihilfe zur Vorteilsnahme durch Herrn C begründet. Auch die weiteren oben dargestellten Voraussetzungen der Verdachtskündigung sind erfüllt. Die Pflichtwidrigkeit, derer die Klägerin dringend verdächtig ist, wiegt so schwer, dass im Falle einer Tatkündigung ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB gegeben wäre. Das beklagte Land hat sich in der gebotenen Weise um die Aufklärung des Verdachts bemüht. Dabei hat es die Klägerin in der rechtlich gebotenen Weise vor Ausspruch der Kündigung angehört. Die Verdachtsmomente sind im Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 ausführlich dargestellt (Zitat im Tatbestand). Das Anhörungsschreiben macht in klarer Darstellung deutlich, welchen Verdacht das beklagte Land aufgrund welcher Tatumstände gerade gegen die Klägerin hegt. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Ordnungsgemäßheit der Anhörung vor Ausspruch der Kündigung Bezug genommen ( § 69 Abs. 2 ArbGG / erstinstanzliches Urteil unter I. 3. = S. 69, 70). Die Kammer tritt den Ausführungen des Arbeitsgerichts bei.
249
cc)Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist ist dem beklagten Land nicht zumutbar, weil die Klägerin durch die Gründung der F GbR und die anschließende Erbringung entgeltlicher Beratungs- und Vermittlungsleistungen für die Reitschule B vertragswidrig eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit bei einem Geschäftspartner ihres Arbeitgebers zu eigenem wirtschaftlichen Vorteil verrichtet hat und damit zugleich gegen die im Juli 2012 schriftlich ausgesprochene Nebentätigkeitsuntersagung verstoßen hat.
250
Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers nach § 241 Abs. 2 BGB . Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung. Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen (BAG 23.10.2014 aaO). Eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit ist "an sich" geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen ( BAG 23.10.2014 - 2 AZR 644/13 - AP BGB § 626 Nr. 252; MK-Henssler, BGB, 7. Aufl. 2016, § 626 BGB Rn. 170 - 173). Eine vorhergehende Abmahnung ist regelmäßig entbehrlich ( BAG 16.08.1990 - 2 AZR 113/90 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 10 unter III. 2. a), 3. a); MK-Henssler, BGB, 7. Aufl. 2016, § 626 BGB Rn. 171). Verboten sind sowohl die Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen wie auch die Unterstützung eines Wettbewerbers des Arbeitgebers (BAG 23.10.2014 aaO).
251
Gegen diese Verpflichtung hat die Klägerin verstoßen, indem sie als Gesellschafterin der F mit dem Kunden des Landgestüts, der Reitschule B, einen Vertrag über Beratungsleistungen abschloss und anschließend unstreitig in Erfüllung dieses Vertrages Beratungsleistungen erbrachte, die seitens der F in Rechnung gestellt wurden und die anschließend der Klägerin durch anteilige Überweisung eines fünfstelligen Eurobetrags auf ihr Privatkonto wirtschaftlich zugutegekommen sind (Vertrag B - F vom 06.08.2012, B 11, Bl. 248 ff, 251, 252 GA: " ...2. Project Objectives: 1. To assist the transformation project of the existing SH Riding Academy to an Equine Educatuion Center (EEC); 2. To assist quality management in riding, leveling and associated areas; 3. To provide study material for students and trainers of different levels; 4. To profile and recruit suitable candidates for EEC staff members, espFally supervisory and key personnel of EEC and/or providing qualified workforce; 5. To establish a new grouping and leveling system and an operational for the EEC members/clients; 6. To assist the procurement and/or provide equipment to EEC as required; 7. To determinate horse profiles (corresponding to level) at EEC; 8. To assist the horse procurement of EEC; 9. To consult in all equine affairs relevant to EEC;/3. Project Tasks: 1. F to assist in creating a comprehensive concept of EEC; 2. F to facilitate the implementation of the concept of EEC; ... 15. F to present horses an assist in procurement."). Zugleich hat die Klägerin damit der ausdrücklichen Untersagung bestimmter Nebentätigkeiten durch Schreiben vom 19.07.2012 zuwidergehandelt (B 6, Bl. 225, 226 GA). In der Antwort auf den Nebentätigkeitsantrag der Klägerin vom 15.06.2012 heißt es dort im zweiten Absatz unter "zu 3.": "Die Vermittlung von Gegenständen und Leistungen jeglicher Art, einschließlich von Pferden, an Personen mit denen das Land NRW, vertreten durch das Landgestüt, im laufenden und in den drei vorangegangenen Kalenderjahren in geschäftlichen Beziehungen steht, wird Ihnen daher gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L untersagt.". Damit war der Klägerin eine Nebentätigkeit für natürliche oder juristische Personen untersagt, die aktuell 2012 oder in den Jahren 2011, 2010 oder 2009 in geschäftlichen Beziehungen zum dem Land NRW, vertreten durch das Landgestüt, standen. Gegen dieses Nebentätigkeitsverbot verstoßen die von der Klägerin unstreitig erbrachten und in Rechnung gestellten Beratungsleistungen durch die F zugunsten der Reitschule B. Das vertragswidrige Verhalten der Klägerin stellt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar.
252
Die von der Klägerin zur Rechtfertigung ihres Verhaltens erst- und zweitinstanzlich vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Ein Verständnis der Nebentätigkeitsuntersagung in dem Sinne, dass die Nebentätigkeitsversagung nur die Geschäftspartner des Landgestüts betreffe, mit denen kumulativ im aktuellen und zusätzlich auch in den drei vorangegangen Jahren Geschäftsbeziehungen bestanden hätten, ist mit dem Wortlaut des Schreibens vom 19.07.2012 nicht zu vereinbaren. Ein solches Verständnis verschließt sich dem erkennbar zum Ausdruck gebrachten Willen des Arbeitgebers. In dem der Versagung unmittelbar vorausgehenden Absatz 1 unter der Überschrift "zu 3." weist das beklagte Land zur Begründung der nachfolgenden Untersagung auf die Gefahr von Interessenkonflikten hin, wenn die Klägerin einerseits als rechtsgeschäftliche Vertreterin des Landgestüts über den Bezug von Gegenständen und Leistungen für das Landgestüt entscheidet und andererseits selbst diese Genstände oder Leistungen an Dritte, möglicherweise gegen Entgelt, vermittelt. Die Gefahr einer Interessenkollision ist erkennbar am größten, wenn die privaten Leistungen der Klägerin gegenüber Personen erfolgen, zu denen das Landgestüt aktuell in Geschäftsbeziehungen steht. Das beklagte Land sieht eine Gefahr der Interessenkollision ausweislich des Wortlauts darüber hinaus aber auch dann als gegeben, wenn die Geschäftsbeziehung zwar nicht mehr aktuell besteht aber nur kurze Zeit zurückliegt und zwar "drei vorangegangene Kalenderjahre". Angesichts der ausdrücklich verlautbarten Zielsetzung einer Vermeidung von Interessenkollisionen umfasst das Nebentätigkeitsverbot alle Geschäftspartner des Landgestüts, zu denen ab 2009 Geschäftsbeziehungen bestanden und damit auch Geschäftspartner, zu denen das Landgestüt erst 2012 oder nachfolgend in Geschäftsbeziehungen getreten ist. Die Klägerin hat auch nicht schlüssig aufgezeigt, dass sie sich aufgrund von Rückäußerungen aus dem Ministerium für berechtigt halten durfte, als Gesellschafterin der F GbR auf eigene Rechnung Beratungsleitungen und sonstige entgeltliche Leistungen für den Geschäftspartner des Landes, die Reitschule B, zu erbringen. Unstreitig hat die Klägerin in ihrem Nebentätigkeitsantrag vom 15.06.2012 gegenüber dem beklagten Land nicht offengelegt, dass sie mit den weiteren Beschäftigten H und C eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründen wollte, um mit dieser auf eigene Rechnung Leistungen für die Reitschule B zu erbringen. Die von der Klägerin behaupteten Äußerungen des I1 in einem Gespräch im Juli 2012 - welche das beklagte Land unter Hinweis auf eine mit Herrn I1 geführte Rücksprache bestreitet - sind nicht geeignet, das Verhalten der Klägerin zu rechtfertigen. Unstreitig hat der Zeuge I1 die Nebentätigkeitsuntersagung vom 19.07.2017 weder formuliert noch unterzeichnet. Auch gehört der Zeuge I1 nicht der für Nebentätigkeitsgenehmigungen zuständigen Abteilung I des Ministeriums (Dienstaufsicht) an. Vor diesem Hintergrund durfte die Klägerin Ausführungen des I1 nicht als authentische Interpretation der Nebentätigkeitsuntersagung auffassen, zumal der Zeuge I1 nach Darstellung der Klägerin ausdrücklich von einer ("vorsichtshalben") Rückfrage bei der Abteilung I wegen eines zu dieser Abteilung bestehenden "angespannten Verhältnisses" abgeraten hatte.
253
dd)Ein wichtiger Grund, der die fristlose Kündigung vom 03.03.2017 rechtfertigt, liegt unabhängig davon auch deshalb vor, weil die Klägerin anlässlich ihrer beiden Teilnahmen an den Einladungsturnieren in Doha zu eigenen Gunsten und zugunsten ihres Ehemanns im Kontext der dienstlichen Geschäftsbeziehung zur Reitschule B / Katar Vergünstigungen im Gegenwert eines jeweils namhaften vierstelligen Eurobetrags in 2013 wie auch in 2014 entgegennahm (je Person und Jahr Hin- und Rückflug Business-Klasse nach/von Doha / kostenlose Hotelunterbringung für zwei Personen für die Dauer der beiden mehrtägigen Aufenthalte, 2013 im Marriot Gulf Hotel in Doha, 2014 im Hotel Ritz Carlton in Doha).
254
Nach § 3 Abs. 3 TV-L, der kraft vertraglicher Bezugnahme für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, dürfen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes von Dritten Belohnungen, Geschenke, Provisionen oder sonstige Vergünstigungen mit Bezug auf ihre Tätigkeit nicht annehmen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 TV-L). Ausnahmen sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich (§ 3 Abs. 3 Satz 2 TV-L). Werden den Beschäftigten derartige Vergünstigungen angeboten, haben sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen (§ 3 Abs. 3 Satz 3 TV-L). Wer gegen diese Vorschriften verstößt, gibt seinem Arbeitgeber regelmäßig einen Grund zur fristlosen Kündigung ( BAG 26.09.2002 - 2 AZR 424/01 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 Rn. 40 [zur Vorgängerregelung § 10 BAT ]; BAG 17.03.2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 - Rn. 41 [zu § 10 BAT ]; zu TV-L / TVöD: Breier u.a., TV-L Kommentar, § 3 TV-L Rn. 64 [8/2010] u. Bredemeier/Neffke-Weizenegger, TVöD/TV-L, 5. Aufl. 2017, § 34 TV-L Rn. 2 i.V.m vor § 34 TVöD Rn. 386; ErfK-Niemann, 19. Aufl. 2019, § 626 BGB Rn. 98 ff, speziell für ö. D. Rn. 98b [fristlose Kündigung bei größeren Beträgen bei einmaligem Verstoß] ).Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben sich Vorteile versprechen lässt oder entgegennimmt, die dazu bestimmt oder auch nur geeignet sind, ihn in seinem geschäftlichen Verhalten zugunsten Dritter und zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen, und damit gegen das sog. Schmiergeldverbot verstößt, handelt den Interessen seines Arbeitgebers zuwider und gibt diesem damit regelmäßig einen Grund zur fristlosen Kündigung. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung gekommen ist. Es reicht vielmehr aus, dass der gewährte Vorteil allgemein die Gefahr begründet, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des Geschäftsherrn wahrnehmen. In Fällen dieser Art liegt die eigentliche Ursache dafür, dass ein solches Verhalten die außerordentliche Kündigung rechtfertigt, nicht so sehr in der Verletzung vertraglicher Pflichten sondern in der damit zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers, unbedenklich eigene Vorteile bei der Erfüllung von Aufgaben wahrnehmen zu wollen, obwohl er sie allein im Interesse des Arbeitgebers durchzuführen hat. Durch sein gezeigtes Verhalten zerstört er das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit ( BAG 21.06.2001 - 2 AZR 30/00 - EzA § 626 BGB Unkündbarkeit Nr. 7 = EzBAT § 54 BAT Unkündbare Angestellte Nr. 12 Rn. 41 mwN; ErfK-Niemann, 19. Aufl. 2019, § 626 BGB Rn. 98, 98a mwN).
255
Diesen Verpflichtungen hat die Klägerin durch die Entgegennahme der Leistungen für sich und ihren Ehemann (Flüge, Hotelunterbringung) in gravierender Weise zuwider gehandelt. Die Vergünstigungen erfolgten "mit Bezug auf ihre Tätigkeit". Für die Annahme des Bezugs muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Vergünstigung und der dienstlichen Tätigkeit bestehen; es genügt ein allgemeiner Bezug zur Tätigkeit (z. B. als Bau- oder Beschaffungssachbearbeiter), ein Zusammenhang mit einer konkreten pflichtgemäßen oder pflichtwidrigen dienstlichen Handlung ist nicht erforderlich (Breier u.a., TV-L Kommentar, § 3 TV-L Rn. 61 [3/2007]; Bredemeier/Neffke-Gerretz, TVöD/TV-L, 5. Aufl. 2017, § 3 TV-L Rn. 5 i.V.m. § 3 TVöD Rn. 26).Der Bezug ist hier dadurch begründet, dass zwischen der Reitschule B und dem beklagten Land geschäftliche Beziehungen bestanden; die entsprechenden Verträge hatte die Klägerin als Leiterin des Landgestüts für das beklagte Land verhandelt, abgeschlossen und anschließend durch entsprechende Leistungserbringungen umgesetzt. Die Klägerin hat zur Entgegennahme der Vergünstigungen weder eine Zustimmung des Landes eingeholt noch hat sie die angebotenen und erhaltenen Vergünstigungen dem zuständigen Ministerium (unverzüglich) angezeigt. Die Vorgänge sind im Ministerium erst aufgrund der anonymen Mitteilung vom 13.08.2014 "Betreff Vorteilsnahme im Amt am Nordrhein-Westfälischen Landgestüt" bekannt geworden. Auch diese Pflichtwidrigkeit erfüllt für sich betrachtet unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der widerstreitenden Interessen den Tatbestand des wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB .
256
ee)Jeder der unter aa) bis dd) behandelten Gründe wiegt für sich betrachtet so schwer, dass er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist unzumutbar erscheinen lässt. Jeder der Vorwürfe berührt das Vertrauensverhältnis so schwerwiegend, dass das beklagte Land sich jeweils nicht auf eine Abmahnung als milderes Mittel verweisen lassen muss. Die Klägerin hat das Vertrauen des beklagten Landes in ihre Zuverlässigkeit und Redlichkeit durch jede der geschehenen Pflichtwidrigkeiten zerstört. Dabei ist von besonderem Gewicht, dass das beklagte Land wegen der exponierten Stellung der Klägerin als Leiterin des Landgestüts mit Budget- und Personalverantwortung in besonderer Weise auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Klägerin angewiesen ist. Gegen die Klägerin sprechen weiter die Heimlichkeit ihres Vorgehens und die Höhe des wirtschaftlichen Wertes der angenommenen Vergünstigungen. Wegen des gravierend vertragswidrigen Verhaltens der Klägerin stehen ihr Lebensalter, ihre soziale Situation, die beträchtliche Dauer des Bestandes des Arbeitsverhältnisses und die Verdienste, die sie sich in den vergangenen Jahren bei der Leitung des Landgestüts erworben hat, dem Interesse des beklagten Landes, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden zu können, jeweils nicht entgegen.
257
2.Die Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB ist für die soeben unter 1. c) aa) - dd) behandelten Kündigungsgründe gewahrt. Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
258
a)Die Wahrung der Kündigungserklärungsfrist hat das Arbeitsgericht für die unter aa) und bb) behandelten Kündigungssachverhalte zutreffend begründet. Darauf wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (erstinstanzliches Urteil unter I.2.a) - g) = S. 64 - 69).
259
b)Die Kündigungserklärungsfrist ist auch hinsichtlich der weiteren Kündigungssachverhalte cc) und dd) eingehalten, wobei die nachfolgenden Ausführungen in gleicher Weise und unabhängig von den unter a) in Bezug genommenen Ausführungen des Arbeitsgerichts auch hinsichtlich der Kündigungssachverhalte zu 1. c) aa) und 1. c) bb) gelten. Das beklagte Land hat den Zeitpunkt der Kündigungserklärung in zulässiger Weise am Gang des gegen die Klägerin geführten staatlichen Ermittlungsverfahrens ausgerichtet.
260
aa)Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Auch grob fahrlässige Unkenntnis setzt die Frist nicht in Gang. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Fort- und Ausgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und abhängig davon in dessen Verlauf zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen, wobei nach der Rechtsprechung des BAG die nachstehenden Grundsätze zu beachten sind ( BAG 22.11.2012 - 2 AZR 732/11 - AP BGB § 626 Nr. 241 Rn. 30 ff; BAG 05.06.2008 - 2 AZR 234/07 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 Rn. 18 ff; KR-Fischermeier, 12. Aufl. 2019, § 626 BGB Rn. 339). Für die Wahl des Zeitpunkts bedarf es eines sachlichen Grundes. Wenn der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr ausreichend Erkenntnisse für eine Kündigung zu haben glaubt, kann er dies zum Anlass für den Ausspruch einer - ggf. auch neuerlichen - Kündigung nehmen. Der Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens - beispielsweise die Erhebung der öffentlichen Klage oder die spätere Verurteilung oder die Übermittlung des schriftlichen Urteils - kann einen gegen den Arbeitnehmer bestehenden Verdacht, er habe seine Vertragspflichten verletzt, verstärken. Auch wenn derartige Umstände für sich genommen - d. h. ohne konkreten, den Kündigungsgrund stützenden Tatsachenvortrag - nicht ausreichen, eine Verdachts- oder Tatkündigung zu rechtfertigen, stellen sie doch einen Einschnitt dar, der in der Lage ist, den Verdacht oder die Überzeugung des Arbeitgebers zu verstärken, und der für den Beginn der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB von Bedeutung sein kann. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am Anfang der Ermittlungen schon einmal gekündigt hat. Für eine Kündigung, die wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung ausgesprochen wird, gelten mit Blick auf § 626 Abs. 2 BGB grundsätzlich dieselben Erwägungen wie für eine Kündigung wegen einer als erwiesen angesehenen Straftat. Die Möglichkeit, die Kündigung an neue Erkenntnisse im Strafverfahren zu knüpfen, trägt den mit der Aufklärung strafbarer Handlungen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber verbundenen Schwierigkeiten und dessen eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten Rechnung. Hat der Arbeitgeber eine Kündigung bereits ausgesprochen, weil er der Auffassung war, die bisher angestellten Ermittlungen böten ihm eine hinreichende Grundlage für einen dringenden Tatverdacht oder den Nachweis einer schwerwiegenden Pflichtverletzung, schließt dies eine neuerliche Kündigung bei Hinzutreten veränderter, die Überzeugung verstärkender Umstände nicht aus. Zwar stellen in der Regel weder der Verdacht strafbarer Handlungen noch eine begangene Straftat einen Dauertatbestand dar. Das hindert den Arbeitgeber aber nicht daran, eine erneute Kündigung auf eine veränderte, weil erweiterte Tatsachengrundlage zu stützen. Durch eine einmal erklärte Kündigung verzichtet er auf dieses Recht nicht, mögen auch die Kündigungsart und die in Rede stehende Pflichtverletzung die nämliche sein (BAG aaO). Solange die Ermittlungen des Arbeitgebers oder die Ermittlungen der staatlichen Stelle noch nicht abgeschlossen sind, ist der Lauf der Ausschlussfrist gehemmt; sie beginnt - ggf. erneut - zu laufen, wenn sich der Arbeitgeber zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt zum Ausspruch der Kündigung entscheidet ( BAG 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 - AP BGB § 626 Nr. 255 OS 5 u. Rn. 53 ff; BAG 22.11.2012 - 2 AZR 732/11 - AP BGB § 626 Nr. 241 Rn. 30 ff; BAG 27.01.2011 - 2 AZR 825/09 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 Rn. 16 ff; BAG 17.03.2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 unter B. I. 1. - 3.; KR-Fischermeier, 12. Aufl. 2019, § 626 BGB Rn. 339).
261
bb)Nach diesen Grundsätzen ist die Kündigungserklärungsfrist für die Kündigungssachverhalte 1. c) aa) - dd) gewahrt. Das beklagte Land hat sich an dem Fortgang des Ermittlungsverfahrens orientiert. Nach Gewährung der beantragten Akteneinsicht zu Beginn des Jahres 2017 hat es auf der Grundlage des zu diesem Zeitpunkt durch die Ermittlungsakte belegten Ermittlungsstandes und in der gebotenen Zügigkeit zu einem an der Akteneinsicht orientierten und damit nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt gehandelt und nach vorheriger Anhörung der Klägerin zu den Kündigungssachverhalten mit Schreiben vom 16.02.2017 am 03.03.2017 die Kündigung an die Klägerin übermittelt. Der zeitliche Ablauf genügt der gesetzlichen Vorgabe der Aufklärung in gebotener - nicht hektischer - Eile ( BAG 17.03.2005 - 2 AZR 245/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 unter B. I. 3.). Angesichts des Umfangs der Ermittlungsakte und der Komplexität des Lebenssachverhalts, wie sich dies auch in den 29 Textseiten und 14 Gliederungspunkten des Anhörungsschreibens vom 16.02.2017 widerspiegelt, ist es in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich, ob die Ermittlungsakte dem beklagten Land ab dem 07.02.2017 zugänglich war oder bereits am 19.01.2017, wie es die Klägerin aus den Begleitumständen des Ersuchens um Akteneinsicht rekonstruiert. Das beklagte Land hat die Ermittlungen auch ausgehend von einem Zugang am 19.01.2017 zügig vorangetrieben. Auch die anschließende Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 16.02.2017 unter Fristsetzung bis zum 23.02.2017 und nachfolgend nach Bitte der Klägerin verlängert bis zum 24.02.2013 und der weitere Fortgang bis zur Übergabe des Kündigungsschreibens am 03.03.2017 genügen den gesetzlichen Anforderungen.
262
II.Die Kündigung ist nicht aus sonstigen Gründen unwirksam.
263
1.Das Kündigungsschreiben ist vom Staatssekretär unterschrieben. Der Staatssekretär ist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen ständiger Vertreter des Ministers und in dessen Eigenschaft als Behördenleiter und Vorgesetzter aller Beschäftigten der Behörde. Als Staatssekretär bekleidet er eine Position, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist. In einem solchen Fall bedarf es eines Nachweises der Vertretungsmacht durch Beifügung einer Vollmachtsurkunde nicht (vgl. BAG 03.07.2003 - 2 AZR 235/02 - AP KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Rn. 51; BAG 02.11.2002 - 2 AZR 93/01 - AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 51). Die Kündigung ist nicht nach § 174 BGB unwirksam.
264
2.Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden Beteiligung des Hauptpersonalrats unwirksam.
265
Nach § 74 Abs. 2 LPVG NW ist der Personalrat vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung anzuhören. Der Arbeitgeber hat dem Personalrat vollständig die Gründe mitzuteilen, auf die sich die beabsichtigte Kündigung stützen soll. Einwendungen gegen eine beabsichtigte außerordentliche Kündigung hat der Personalrat binnen drei Arbeitstagen der Dienststelle schriftlich mitzuteilen. Eine ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats ausgesprochene Kündigung ist nach § 74 Abs. 3 LPVG NW unwirksam.
266
a)Bei der Prüfung der Beteiligung des Personalrats ist von den nachstehenden Grundsätzen auszugehen ( BAG 21.06.2001 - 2 AZR 30/00 - EzA § 626 BGB Unkündbarkeit Nr. 7 mwN): Eine Kündigung ist nicht erst dann unwirksam, wenn eine Unterrichtung ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmervertretung grundsätzlich die Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitzuteilen. Das Anhörungsverfahren hat über die reine Unterrichtung hinaus den Sinn, der Arbeitnehmervertretung Gelegenheit zu geben, ihre Überlegungen zu der Kündigungsabsicht dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen. Die Anhörung soll in geeigneten Fällen dazu beitragen, dass es gar nicht zum Ausspruch einer Kündigung kommt. Aus diesem Sinn und Zweck der Anhörung folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, dass er dem Personalrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts gibt. Die Kennzeichnung des Sachverhalts muss einerseits so umfassend sein, dass der Personalrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber genügt daher der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt oder lediglich ein Werturteil abgibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen. Allerdings sind an die Mitteilungspflichten des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess. Zudem gilt der Grundsatz der subjektiven Determinierung, demzufolge die Arbeitnehmervertretung immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Gründe mitgeteilt hat (BAG 21.06.2001 aaO).
267
Der Personalrat muss die 3-Tages-Frist zur Stellungnahme nicht abwarten. Nimmt der Personalrat vor Fristablauf abschließend Stellung, so ist das Beteiligungsverfahren mit Eingang dieser Äußerung beim Arbeitgeber beendet. Der Arbeitgeber kann die Kündigung dann erklären (APS-Koch, 5. Aufl. 2017, § 79 BPersVG Rn. 47 i. V. m. APS-Koch, § 102 BetrVG Rn. 135). Von einer abschließenden Äußerung der Personalvertretung ist auszugehen, wenn der Arbeitgeber aufgrund der Äußerungen des Personalrats davon ausgehen darf, der Personalrat werde bis zum Ablauf des Anhörungsverfahren keine weitere Stellungnahme abgeben ( BAG 24.06.2004 - 2 AZR 461/03 - AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 20 Rn. 43 [zu § 102 BetrVG ]; APS-Koch, 5. Aufl. 2017, § 79 BPersVG Rn. 47 i. V. m. APS-Koch, § 102 BetrVG Rn. 135).
268
Mängel des Beteiligungsverfahrens, die im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Personalrats liegen, führen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Personalrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat ( BAG 12.03.2009 - 2 AZR 251/07 - AP BGB § 626 Krankheit Nr. 26; BAG 18.04.2007 - 7 AZR 293/06 - AP LPVG NW § 72 Nr. 33; sog. Sphärentheorie). Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn für den Arbeitgeber erkennbar keine Stellungnahme des Gremiums, sondern nur eine persönliche Äußerung des Mitglieds der Arbeitnehmervertretung vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler selbst veranlasst hat (BAG 12.03.2009 aaO).Die Unbeachtlichkeit von Mängeln aus der Sphäre des Personalrats führt dazu, dass es ohne Auswirkung auf die Wirksamkeit der Kündigung bleibt, wenn es zu Fehlern bei der Einladung oder Beschlussfassung des Gremiums gekommen ist, wenn Informationen des Arbeitgebers an den Personalrat innerhalb des Gremiums nicht ordnungsgemäß weitergegeben worden sind oder wenn es zu formellen Fehlern bei der Abgabe der Stellungnahme gekommen ist (APS-Koch, 5. Aufl. 2017, § 79 BPersVG Rn. 47 i. V. m. APS-Koch, § 102 BetrVG Rn. 155, 156; zur entsprechenden Problematik bei § 102 BetrVG : BAG 24.06.2004 - 2 AZR 461/03 - AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 20 Rn. 36, 42, 44, 45). Dementsprechend ist es beispielsweise der Sphäre des Personalrats zuzurechnen und führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die abschließende Stellungnahme des Personalrats entgegen zwingender gesetzlicher Regelung lediglich durch den gruppenfremden stellvertretenden Personalratsvorsitzenden unterzeichnet ist ( BAG 13.06.1996 - 2 AZR 402/95 - AP LPVG Sachsen-Anhalt § 67 Nr. 1).
269
b)Nach diesen Grundsätzen ergibt sich hier keine Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 74 Abs. 3 LPVG NW .
270
Das Anhörungsverfahren ist unter dem 28.02.2017 durch das Anhörungsschreiben nebst Anlagen eingeleitet worden. Durch das Anschreiben und das als Anlage beigefügte Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 ist der Hauptpersonalrat über die Person der Klägerin, über die Art der beabsichtigten Kündigung und über die aus Sicht des beklagten Landes maßgeblichen Kündigungsgründe vollständig informiert worden. Dem Hauptpersonalrat wurden der Anlass und der Inhalt des Dienstgesprächs im September 2014, der Inhalt der der Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 vorgehaltenen Kündigungsgründe wie auch die Bewertungen des beklagten Landes, warum nach der Akteneinsicht im Januar/Februar 2017 die vorgeworfenen Pflichtverletzungen als schwere Dienstpflichtverletzungen bewertet werden, dargelegt. Der Hauptpersonalrat war damit in der Lage, die erhobenen Vorwürfe zu bewerten und seiner Meinungsbildung zugrunde zu legen. Das beklagte Land war nicht gehalten, dem Hauptpersonalrat weitere Unterlagen aus der Ermittlungsakte zur Verfügung zu stellen (vgl. BAG 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - Rn. 43). Die gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe sind in den übermittelten umfangreichen schriftlichen Darstellungen hinreichend konkret und hinreichend individualisiert ausgeführt. Auch die Stellungnahme der Klägerin zum Anhörungsschreiben vom 16.02.2017 ist dem Hauptpersonalrat übermittelt worden. Auch bezüglich der Anhörung des Hauptpersonalrats gilt, dass das beklagte Land da, wo es den Beitrag den einzelnen Beteiligten zuordnen konnte, dies getan hat. Für den Hauptpersonalrat war erkennbar, in welchen Fällen das beklagte Land einen konkreten Vorwurf gegen die Klägerin erhoben bzw. nicht erhoben hat.
271
Die Beteiligung des Hauptpersonalrats ist nicht deshalb zu beanstanden, weil das Anhörungsschreiben an den Personalrat von der Beschäftigten M1 unterschrieben ist. Nach der Rechtsprechung des BAG führt es nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn das Verfahren zur Beteiligung des Personalrats nicht durch den Dienststellenleiter sondern durch einen Vertreter eingeleitet worden ist und der Personalrat dies nicht als fehlerhaft rügt ( BAG 25.02.1998 - 2 AZR 226/97 - AP LPVG NW § 72 a Nr. 8). Der Hauptpersonalrat hat nicht beanstandet, dass Frau M1 tätig geworden ist.
272
Die Kündigung ist nicht vorzeitig erklärt worden. Auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme (Bl. 1067 ff GA, Bl. 1111 ff GA) ist die Berufungskammer ebenso wie bereits das Arbeitsgericht überzeugt, dass die Mitteilung des Hauptpersonalrats vom 03.03.2017 dem beklagten Land am frühen Morgen des 03.03.2017 vorlag, bevor die Mitarbeiter des beklagten Landes anschließend mit dem Dienstwagen in E4 aufbrachen, um das Kündigungsschreiben persönlich an die Klägerin zu übermitteln. Der Referatsleiter E3 hat am 15.02.2018 vor dem Arbeitsgericht ausgesagt (Bl. 1067 ff GA), er habe seinerzeit am frühen Vormittag des 03.03.2017 gemeinsam mit dem Referatsleiter Dienstrecht H7 und der Rechtspraktikantin X1 im Büro in E4 auf die Aushändigung des Kündigungsschreibens durch den Referatsleiter Personal L3 gewartet, um dann mit dem Dienstwagen zur Übermittlung des Kündigungsschreibens abzufahren. Nach Erhalt des Kündigungsschreibens habe er um 8:46 Uhr ausgestempelt und sei mit Frau X1 nach X zu der Klägerin gefahren, wo sie um 10:40 Uhr an der Privatanschrift der Klägerin eingetroffen seien und die Kündigung dort in den Briefkasten eingeworfen hätten. Die Zeugin X1 hat die Angaben des Zeugen E3 bestätigt (Abfahrt "um 8:45 Uhr ungefähr", "bei Frau T geparkt, das war so 10:30 Uhr / 10:40 Uhr", "dann in den Briefkasten geworfen"). Der Zeuge N2, der stellvertretende Vorsitzende des Hauptpersonalrats, hat ausgesagt, die Stellungnahme sei am 03.03.2017 aus dem Gremium rausgegangen. Er sei um 7:45 Uhr im Büro gewesen, die Stellungnahme werde er bis 8:00 Uhr rausgegeben haben und zwar an Herrn L3 vom Personalreferat. Er sei an diesem Tag ab 7:45 Uhr in seinem Büro im Ministeriumsgebäude in E4 gewesen. Er habe gewusst, dass er an diesem Tag das Schreiben an Herrn L3 aushändigen müsse, dies sei am dringendsten gewesen ("innerhalb der 3-Tages-Frist"). Er mache das immer so, dass er, wenn ein Vorgang fertig sei, Herrn L3 anrufe, dass das dann abgeholt werden könne, damit keine Fristen versäumt würden. Er habe dann Herrn L3 angerufen, weil dieser als Personalreferent sein Ansprechpartner sei. Er habe die Stellungnahme unterschrieben, weil die Vorsitzende nicht dagewesen sei. Er wisse nicht mehr, warum diese nicht dagewesen sei, ob sie krank gewesen sei oder ob sie an ihrer Arbeitsstelle bei der Stadt L5 gewesen sei. Die ihm vorgelegte Stellungnahme des Hauptpersonalrats vom 03.03.2017 sei so zu verstehen, dass damit der Beschluss vom 01.03.2017 mitgeteilt werde. Der Zeuge L3, Ministerialrat, hat ausgesagt, man habe damals gewusst, dass der Staatssekretär am 03.03.2017 ortsabwesend sein werde und dass die Mitglieder des Hauptpersonalrats nicht an jedem Tag anwesend seien. Aus der Mitteilung des Hauptpersonalrats, dass er am Morgen des 03.03. sprachfähig sein werde, habe man geschlossen, dass die Frist (die der Personalrat der Klägerin gesetzt habe) abgelaufen gewesen sei. Herr N2 habe ihn dann angerufen und gesagt, dass er die Stellungnahme abholen könne. Herr I4 und er, der Zeuge, hätten dann den Staatssekretär angerufen, diesem die Stellungnahme des Hauptpersonalrats vorgelesen und gefragt, ob die Kündigung ausgesprochen werden solle. Der Staatssekretär habe gesagt, dass die Kündigung ausgesprochen werden solle, worüber er - der Zeuge - einen Vermerk in der Akte gemacht habe. Dann sei er zu Herrn E3, Herrn H7, Frau I7 und Frau X1 gegangen und habe dort mit diesen die vorbereiteten Schreiben in die Briefumschläge gesteckt. Herr E3 sei dann ins Münsterland gefahren. Es müsse kurz vor 8:00 Uhr gewesen sein, dass er Herrn N2 gesehen habe, und kurz nach 8:00 Uhr, als er Herrn E3 und die weiteren Personen getroffen habe. Man habe vor dem 03.03.2017 mit dem Hauptpersonalrat abgesprochen, wer in den nächsten Tagen anwesend sein würde. Es sei Herr N2 als stellvertretender Hauptpersonalratsvorsitzender benannt worden. Der Zeuge Staatssekretär L (Bl. 1111 ff GA) hatte eine generelle Erinnerung an den Vorgang, der längere Zeit in Anspruch genommen habe, beginnend mit der anonymen Anzeige über polizeiliche Ermittlungen bis letztlich zur Kündigung; an Details könne er sich nicht mehr erinnern, er habe die Kündigung nicht operativ aufbereitet, das sei von der Personalabteilung gemacht worden. Er sei über den Sachstand informiert worden und habe an Gesprächen mit dem Rechtsanwalt teilgenommen. Am 03.03. sei er im Zug nach Berlin gewesen. Er erinnere sich auch, dass er mit dem Abteilungsleiter I des Ministeriums zur Frage der Kündigung telefoniert habe und zwar habe es einen Teilabschluss des polizeilichen Verfahrens gegeben. Wann er das Kündigungsschreiben unterschrieben habe, wisse er nicht mehr. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass eine Beteiligung des Personalrats habe erfolgen sollen. An Details zur Beteiligung des Personalrats könne er sich nicht mehr erinnern. Er erinnere sich an ein Telefonat mit dem Abteilungsleiter I. In diesem Telefonat - wohl ziemlich zu Anfang der Zugfahrt - sei die Entscheidung gefallen, dass die Kündigung ausgesprochen werde. Die Zeugen und die Zeugin haben einen glaubhaften Geschehensverlauf geschildert. Die einzelnen Aussagen stimmen in den wesentlichen Punkten überein. Wie das Arbeitsgericht ist auch die Berufungskammer überzeugt, dass sich die Abläufe so ereignet haben, wie dies die Zeugen und die Zeugin geschildert haben und wie dies das Arbeitsgericht unter I. 6. seines Urteils gewürdigt. hat.
273
Entgegen der Argumentation der Klägerin handelte es sich bei dem am 03.03.2017 übermittelten Schriftstück um eine abschließende Stellungnahme des Personalrats, die mit ihrem Zugang den Weg zur Übermittlung der Kündigung öffnete. Dem beklagten Land ist am letzten Tag der Äußerungsfrist in der Förmlichkeit eines Anschreibens mit dem aktuellen Tagesdatum des 03.03.2017 der Inhalt der Beschlussfassung des Personalrats vom 01.03.2017 mitgeteilt worden. Aufgrund des Inhalts des Schreibens, seiner Förmlichkeit und der gegebenen zeitlichen Abläufe war dies für das beklagte Land als abschließende Äußerung des Personalrats zu verstehen. Das Schreiben des Personalrats war dahin zu verstehen, dass dies die letzte und abschließende Äußerung des Personalrats zur beabsichtigten Kündigung war. Dass das Schreiben vom 03.03.2017 die Unterschrift des stellvertretenden Personalratsvorsitzenden trägt und von diesem übergeben worden ist, ist ein Umstand aus der Sphäre des Personalrats und stellt aus diesem Grund die Wirksamkeit der Kündigung nicht in Frage (s.o. / vgl. BAG 13.06.1996 aaO). Aus Gründen der Sphärentheorie ist es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht erheblich, wie die vom Hauptpersonalrat initiierte interne Kommunikation mit der Klägerin abgelaufen ist.
274
3.Das Kündigungsschreiben wahrt die Schriftform des § 623 BGB . Auch insoweit kann auf die Darstellung des Arbeitsgerichts Bezug genommen werden ( § 69 Abs. 2 ArbGG , S. 76 des erstinstanzlichen Urteils). Sonstige Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung vom 03.03.2017 sind von der Klägerin nicht geltend gemacht und auf der Grundlage des unterbreiteten Lebenssachverhalts nicht ersichtlich.
275
III.Da die fristlose Kündigung vom 03.03.2017 wirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang am 03.03.2017 mit sofortiger Wirkung beendet hat, ist auch die Klage gegen die Kündigung vom 27.09.2017 unbegründet. Eine Kündigungsschutzklage ist abzuweisen, wenn zu dem in der Kündigung benannten Endtermin bereits aus anderen Gründen kein Arbeitsverhältnis mehr besteht (APS-Hesse, 5. Aufl. 2017, § 4 KSchG Rn. 134 mwN).
276
IV.Der Antrag auf Verurteilung des beklagten Landes zur Weiterbeschäftigung der Klägerin ist nicht zur Entscheidung angefallen, weil er nur für den Fall des Obsiegens der Klägerin mit den Kündigungsschutzanträgen gestellt worden ist.
277
V.Die weitere fristlose Kündigung vom 08.03.2019 ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
278
C.Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die mit ihrer Berufung erfolglose Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht war nicht zuzulassen. Weder stellen sich bei der Entscheidung des Rechtsstreits Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch weicht das Urteil der Kammer von einer Entscheidung der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte ab.
279 Limberg Linde Hofmann