11.12.2014 · IWW-Abrufnummer 173624
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 08.10.2014 – 7 Sa 1042/13
Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers eingegliedert war, finden in einem späteren Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher bei der Berechnung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG grundsätzlich keine Berücksichtigung.
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 23.07.2013, 4 Ca 1477/12, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner am 20.06.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass ein zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 30.05.2012 mit Ablauf des 30.06.2012 beendet worden ist.
Der am 21.01.1956 geborene Kläger war seit dem 01.07.2007 bei der Gesellschaft zur Förderung der Beschäftigung Kreis Viersen gGmbH (im Folgenden: GFB) als Fachassistent im Bearbeitungsservice Leistungen SGB II zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 2.820,00 € beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lagen die folgenden befristeten Arbeitsverträge zugrunde:
Arbeitsvertrag vom 27.06.2007 - befristet für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.06.2008 (Bl. 5f d. A.)
Arbeitsvertrag vom 28.03.2008 - befristet für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.12.2009 (Bl. 7f d. A.)
Änderungsvertrag vom 22.04.2009 - befristet für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2010 (Bl. 9f d. A.)
Änderungsvertrag vom 31.08.2010 - befristet für die Zeit 01.01. bis 31.12.2011 (Bl. 12f d. A.).
Bei der GFB handelt es sich um eine gemeinnützige Gesellschaft, deren Gesellschafter zu gleichen Teilen der Beklagte und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen mbH sind. Die GFB beschäftigt sich vorrangig mit der Betreuung und ggf. Vermittlung von Langzeitarbeitslosen. Dabei erzielt sie als gemeinnützige Gesellschaft keine Gewinne, sondern ist darauf angewiesen, dass bestimmte Fördermaßnahmen für die Langzeitarbeitslosen und andere Zielgruppen durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder andere Zuwendungsgeber finanziert werden. Darüber hinaus hat die GFB seit Mitte 2005 die Aufgabe der Personalgestellung zu Gunsten der ARGE (ab dem Jahr 2011 Jobcenter) Kreis Viersen übernommen. Der in den folgenden Jahren jeweils erkennbare Personalbedarf der ARGE wurde weitgehend durch Einstellungen geeigneter Bewerber/innen durch die GFB und entsprechende Zuweisungen an die ARGE sichergestellt. Grundlage hierfür waren entsprechende Personalgestellungsverträge zwischen der ARGE Kreis Viersen und der GFB. Durch den Personalgestellungsvertrag vom 19.11.2008 sowie die gemeinsame Erklärung über die Verlängerung der Personalgestellungsvereinbarung vom 10.06.2010 wurde die Vertragsdauer der Personalgestellungsvereinbarung bis zum 31.12.2011 verlängert. Aufgrund gesetzlicher Veränderungen hinsichtlich der Leistungsverwaltung im Bereich des SGB II und der damit verbundenen Auflösung der ARGEn bestand im Verlauf des Jahres 2010 zunächst noch keine Klarheit darüber, in welcher Form der Beklagte die Grundsicherung für Arbeitssuchende in Zukunft erfüllen würde. In Betracht kam insoweit die Fortführung als Jobcenter in alleiniger kommunaler Trägerschaft (sog. Optionsmodell) oder als gemeinsame Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit und des Beklagten als kommunalem Träger.
Am 30.09.2010 fasste der Kreistag des Kreises Viersen den Beschluss, dass der zwischen der ARGE und der GFB bestehende Personalgestellungsvertrag auf den Beklagten übergeleitet werden soll. Unter dem 23./28.12.2010 schlossen sodann die ARGE Kreis Viersen, die GFB und der Beklagte einen dreiseitigen Vertrag zur Überleitung der Personalgestellungsvereinbarung auf den Beklagten als Gestellungsempfänger. Darin wurde geregelt, dass der Beklagte mit Wirkung zum 01.01.2011 als Vertragspartei anstelle der ARGE Kreis Viersen in das Vertragsverhältnis des Personalgestellungsvertrages eintritt, Gegenstand der Personalgestellung die im Zeitpunkt des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages bei der GFB angestellten und bei der ARGE eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind und die Personalgestellung spätestens mit dem 30.06.2012 endet.
Mit Schreiben vom 08.02.2011 teilte der Beklagten der GFB mit, dass das mit dem dreiseitigen Vertrag festgeschriebene Personalgestellungsmodell in der bisherigen Form bis zum 30.06.2012 fortgeführt werde und der Beklagte ab dem 01.07.2012 nur noch in reduzierter Form auf eine Personalgestellung seitens der GFB zurückgreifen werde.
Die GFB besaß keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.
Mit einer am 16.11.2011 bei dem Arbeitsgericht Krefeld unter dem Az.: 5 Ca 2379/11 geführten und gegen die GFB erhobenen Klage wendete sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31.08.2010 geregelten Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2011. Das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts wurde vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 26.07.2012, 15 Sa 366/11, abgeändert. Die Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass zwischen dem Kläger und der GFB aufgrund einer seit dem 01.12.2011 in Folge der Gesetzesänderung unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung nach § 9 Nr. 1 AÜG mit Wirkung ex nunc kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe. Da mithin zum Zeitpunkt des Befristungsendes kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe, sei die Klage unabhängig von der Frage, ob die Befristung rechtswirksam erfolgt sei, abzuweisen. Für den über den 01.12.2011 hinaus aufgrund des Gestellungsvertrages eingesetzten Klägers bedeute dies, dass ab diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zum Kreis Viersen, mithin dem Beklagten des vorliegenden Verfahrens, gesetzlich zustande gekommen sei. Mit Urteil vom 23.07.2014, 7 AZR 853/07, hat das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Gründe für die Zurückverweisung lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung des vorliegenden Verfahrens noch nicht vor.
Mit Schreiben vom 14.05.2012 (Bl.103f der Akte) hat der Beklagte den bei ihm bestehenden Personalrat zu einer beabsichtigten vorsorglichen ordentlichen Kündigung eines möglicherweise zum Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses angehört und mit Schreiben vom 30.05.2012 ein etwaiges zwischen ihm und dem Kläger bestehendes Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächst zulässigen Termin und damit nach Ansicht des Beklagten zum 30.06.2012 gekündigt.
Bis zum 30.06.2012 ist ein etwaig zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis unstreitig ordnungsgemäß abgerechnet worden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das zwischen ihm und dem Beklagten zustande gekommene Arbeitsverhältnis sei unbefristet. Vorsorglich hat der Kläger das Vorliegen eines sachlichen Grundes bestritten. Auf die vorsorglich ausgesprochene Kündigung des Beklagten finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die gesetzliche Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG sei erfüllt, weil die bisherige Beschäftigungszeit bei der GFB angerechnet werden müsse. Der Beklagte habe während der gesamten Beschäftigungszeit hinreichend Gelegenheit gehabt, ihn zu erproben. Das Vorliegen von Kündigungsgründen hat der Kläger bestritten. Er hat gerügt, der Beklagte habe die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß vorgenommen. Außerdem fehle es an der erforderlichen Zustimmung des Personalrats nach § 74 Abs. 1 LPVG NRW, da es sich nicht um eine Probezeitkündigung handele. Darüber hinaus hat er die Auffassung vertreten, der Beklagte habe den Teilbetrieb "Jobcenter" nach § 613a BGB übernommen.
Der Kläger hat beantragt,
Der Beklagte hat beantragt,
Er hat die Auffassung vertreten, zwischen ihm und dem Kläger sei bereits kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Jedenfalls sei ein etwaig entstandenes Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 S. 2 AÜG aufgrund Befristung zum 31.12.2012 beendet worden. Mangels rechtzeitiger Klageerhebung sei ihm gegenüber zudem die Wirksamkeitsfiktion des § 17 S. 2 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG eingetreten. Jedenfalls habe die streitgegenständliche Kündigung ein etwaiges Arbeitsverhältnis zum 30.06.2012 beendet. Das Kündigungsschutzgesetz sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden, da ein solches kraft Gesetzes erst am 01.12.2011 entstanden sein könne, so dass die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 S. 1 KSchG erst mit Ablauf des 31.05.2012 erfüllt worden sei. Selbst bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sei die Kündigung aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt, denn der Kläger weise die notwendige Qualifikation für die eingerichtete Stelle eines Verwaltungsmitarbeiters, der auch im Jobcenter eingesetzt werden könne, nicht auf. Eine der Qualifikation des Klägers entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit sei nicht vorhanden. Eine Sozialauswahl sei mangels vergleichbarer Mitarbeiter nicht durchzuführen gewesen. Die Personalratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. Ein Teilbetriebsübergang sei nicht gegeben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Parteien sei zwar kraft Gesetzes nach § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG mit Wirkung ab dem 01.11.2011 ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Dieses sei aber durch die Kündigung der Beklagten zum 30.06.2012 beendet worden. Auf diese Kündigung finde das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, da die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 S. 1 KSchG zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Eine Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten bei der GFB finde nicht statt. Insoweit schließe sich die Kammer der ganz überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur an. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf S. 12 bis 17 des Urteils (Bl. 244 bis 249 der Akte) Bezug genommen. Die Personalratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Kündigung scheitere auch nicht an § 613a BGB. Ein Betriebsübergang setze die Veräußerung des Entleiherbetriebes voraus. Davon könne im Streitfall keine Rede sein.
Gegen das ihm am 14.08.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 02.09.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.11.2013 mit einem am 14.11.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit seiner Berufung vertritt der Kläger weiterhin unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, dass seine Tätigkeit bei der GFB für die Berechnung der Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 KSchG zu berücksichtigen sei. Dies sei vorliegend jedenfalls deshalb der Fall, weil er - der Kläger - während der gesamten Zeit an das Unternehmen verliehen gewesen sei, welches nach § 10 AÜG Arbeitgeber geworden sei. Sinn der Wartezeit sei, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, den Arbeitnehmer eine gewisse Zeit zu erproben. Diesem Erprobungszweck sei aber durch die Beschäftigungsdauer im Betrieb des Entleihers hinreichend Genüge getan. Jedenfalls verstoße die Regelung in § 10 Abs. 1 AÜG gegen die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG. Vorsorglich weist der Kläger erneut darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen sei, denn der Beklagte habe aus dem Betrieb der GFB den Teilbetrieb "Jobcenter" übernommen. Der Beklagte habe nicht nur auf die Mehrzahl der von der GFB beschäftigten Mitarbeiter zurückgegriffen, sondern führe die ihm als Körperschaft des öffentlichen Rechts obliegenden sozialstaatlichen Daueraufgaben auch zu unveränderten Bedingungen in den Räumlichkeiten des Jobcenters durch. Unabhängig von den Regelungen des AÜG sei die streitgegenständliche Kündigung daher auch wegen eines Betriebsübergangs unwirksam.
Der Kläger beantragt,
Der Beklagte beantragt,
Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, vertritt aber nach wie vor die Auffassung, zwischen den Parteien habe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung kein Arbeitsverhältnis bestanden. Ein etwaiges Arbeitsverhältnis habe aufgrund Ablaufs der Frist im Sinne des § 17 S. 1 TzBfG zum 30.06.2012 geendet, jedenfalls spätestens aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung. Diese Kündigung habe keiner sozialen Rechtfertigung bedurft, weil sie innerhalb der Wartefrist des § 1 Abs. 1 S. 1 KSchG ausgesprochen worden sei. Der Beklagte hat sich insoweit die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht. Ein Betriebsübergang sei nicht ersichtlich. Er - der Beklagte - habe keinen Arbeitnehmerüberlassungsbetrieb übernommen. Wer Leiharbeitnehmer einstelle, übernehme nicht den Betrieb des Entleihers. Die GFB sei zudem niemals selbst Betreiber des Jobcenters gewesen, so dass es auch nichts gegeben habe, was als Jobcenter auf den Beklagten hätte übergehen können.
Mit Beschluss vom 04.02.2014 hat die Berufungskammer die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens im Hinblick auf das beim Bundesarbeitsgericht unter dem Az.: 7 AZR 853/12 anhängige Verfahren angeregt, weil nach dem derzeitigen Sach- und Rechtsstand noch nicht feststeht, ob zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits überhaupt ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Beklagte war mit einer Aussetzung des Verfahrens nicht einverstanden und hat zur Begründung darauf hingewiesen, eine Aussetzung komme nicht in Betracht. Wenn in den zu betrachtenden Prozessen verschiedene Personen Partei seien, sei Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 148 ZPO eine Bindung der Parteien - hier des Beklagten - durch materielle Rechtskraft im Hinblick auf das Verfahren, dessentwegen ausgesetzt werden solle. Daran fehle es. Das Präjudiz fehle im vorliegenden Fall im Übrigen auch deshalb, weil die Klage unabhängig von der Frage, ob der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten, zu der GFB, zu keinem oder zu beiden stehe abweisungsreif sei, weil jedenfalls die streitgegenständliche Kündigung ein etwaig mit dem Beklagten bestehendes Arbeitsverhältnis beendet hätte.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung setze - inzident - den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Ein etwaig zwischen den Parteien entstandenes Arbeitsverhältnis ist jedenfalls durch die streitgegenständliche Kündigung beendet worden. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Kündigungsschutzgesetz auf die streitgegenständliche Kündigung mangels Erfüllung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG keine Anwendung findet. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern. Im Einzelnen ist dazu Folgendes auszuführen:
Die Frage, ob der Kläger überhaupt Arbeitnehmer des Beklagten geworden ist oder ob ein etwaiges Arbeitsverhältnis bereits aufgrund einer Befristung beendet worden ist, kann vorliegend offen bleiben, da ein etwaiges Arbeitsverhältnis jedenfalls aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung sein Ende gefunden hat. In einem derartigen Fall kann die Frage, ob der Kläger tatsächlich Arbeitnehmer war, dahinstehen (vgl. BAG, Urteil vom 25.04.2001, 5 AZR 360/99, Rn. 20, zitiert nach [...]).
Auch wenn der Kläger Arbeitnehmer des Beklagten gewesen sein sollte, ist in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht festzustellen, dass die Kündigung vom 30.05.2012 nicht sozialwidrig im Sinne von § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG ist.
Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung dann rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Sinn und Zweck dieser "Wartezeit" ist es, den Parteien des Arbeitsverhältnisses für eine gewisse Zeit die Prüfung zu ermöglichen, ob sie sich auf Dauer binden wollen (vgl. dazu zum Beispiel BAG, Urteil vom 20.06.2013, 2 AZR 790/11, zitiert nach [...]).
Danach fand das Kündigungsschutzgesetz vorliegend keine Anwendung, da die Kündigung noch vor Ablauf der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG ausgesprochen worden ist. Das ist zwischen den Parteien unstreitig, sofern die Vorbeschäftigungszeiten bei der GFB auf ein etwaig zum Beklagten bestehendes Arbeitsverhältnis nicht anzurechnen sind. Entgegen der Auffassung des Klägers erfolgt keine Anrechnung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Leiharbeitnehmern finden Zeiten, in denen der Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers eingegliedert war, in einem späteren Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher bei der Berechnung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG grundsätzlich keine Berücksichtigung. Das gilt selbst dann, wenn sich dieses Arbeitsverhältnis nahtlos an die Überlassung anschließt und der Arbeitnehmer schon während seiner Tätigkeit als Leiharbeitnehmer im selben Betrieb eingesetzt war (vgl. BAG, Urteil vom 20.02.2014, 2 AZR 859/11, m.w.N., zitiert nach [...]).
Dafür spricht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts zunächst der Gesetzeswortlaut. Der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 KSchG knüpft für die Geltung des allgemeinen Kündigungsschutzes an den - ununterbrochenen - rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber als Betriebsinhaber und nicht an eine tatsächliche Beschäftigung im Betrieb oder Unternehmen an. Für ein solches Normverständnis spricht nach den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in der vorbezeichneten Entscheidung vom 20.02.2014 ferner Sinn und Zweck der Wartezeitregelung. Im Rahmen legaler, den Regelungen des AÜG unterfallender Arbeitnehmerüberlassung ist der Leiharbeitnehmer zwar weitgehend dem arbeitsbezogenen Weisungsrecht, der Organisationshoheit und der Dispositionsbefugnis des Entleihers und Betriebsinhabers unterstellt. Damit nimmt dieser aber lediglich in einem Teilbereich die Arbeitgeberfunktionen wahr. Andere Funktionen wie die Lohnzahlung, die Entgeltfortzahlung bei Krankheit und die Urlaubsgewährung fallen typischerweise dem Verleiher zu. Soweit den Leiharbeitnehmer in diesem Bereich Mitwirkungs- und Nebenpflichten treffen, kann der Entleiher regelmäßig nicht beurteilen, ob er sie ordnungsgemäß erfüllt. Ohne entsprechende Kenntnis wiederum ist eine sachgerechte, dem Gesetzeszweck genügende Erprobung nicht möglich. Der Erprobungszweck, der bei der Wartezeitregelung in § 1 Abs. 1 KSchG im Vordergrund steht, kann umfassend nur verwirklicht werden, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines mit ihm begründeten Arbeitsverhältnisses nicht nur die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, sondern auch dessen sonstiges Verhalten zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung aus eigener Kenntnis zu beurteilen imstande ist (vgl. BAG, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen, denen die Berufungskammer sich anschließt, geht die Berufungskammer - auch in Übereinstimmung mit der 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2013, 15 Sa 1633/12 - davon aus, dass die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG sich nur nach dem Zeitraum berechnet, in dem das fingierte Arbeitsverhältnis bestand, vorliegend mithin ab dem 01.12.2012. Wie die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts in der vorbezeichneten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, besteht weder eine irgendwie geartete "Anrechnungsvorschrift" im Hinblick auf Beschäftigungszeiten, die der Leiharbeitnehmer beim Verleiher absolviert hat, noch ist § 10 AÜG dergestalt konzipiert worden, dass der Entleiher - wie im Falle eines Betriebsübergangs der Erwerber - in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zum Entleiher einzutreten hätte, so dass sich insofern dann auch der Leiharbeitnehmer nicht auf eine beim Verleiher zurückgelegte Wartezeit berufen kann.
Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, wird ganz überwiegend in Rechtsprechung und Literatur auch bei dem nach § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG entstandenen Arbeitsverhältnis angenommen, dass eine Anrechnung nicht stattfindet. Die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts macht die Berufungskammer sich - auch zur Vermeidung von Wiederholungen - ausdrücklich zu Eigen. Der Sinn der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 KSchG ist unter Berücksichtigung dieser Ausführungen nach Auffassung der Berufungskammer in Fällen wie dem vorliegenden erst erfüllt, wenn der jeweilige Vertragsarbeitgeber den neuen Arbeitnehmer sechs Monate lang in allen Belangen des Arbeitsverhältnisses kennengelernt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Danach erfolgt keine Anrechnung der bei der GFB abgeleisteten Beschäftigungszeiten auf ein etwaig zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehendes Arbeitsverhältnis mit der Folge, dass die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten bei Zugang der Kündigung nicht erfüllt war.
Eine Anrechnung der erbrachten Beschäftigungszeiten kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Beklagte den Betrieb der GFB gemäß § 613a BGB übernommen hätte. Ein Betriebs(teil)übergang im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass ein Betriebsübergang die Veräußerung des Entleiherbetriebes voraussetzen würde, wovon vorliegend nicht die Rede sein kann. Zutreffend hat der Beklagte zudem darauf hingewiesen, dass die GFB niemals selbst Betreiber des Jobcenters gewesen ist, so dass es auch nichts gegeben haben kann, was als Jobcenter auf den Beklagten hätte übergehen können.
Die - im Übrigen zutreffenden - Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Anhörung des Personalrats hat der Kläger mit seiner Berufung nicht angegriffen.
Danach wäre ein etwaiges zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis jedenfalls aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung beendet worden mit der Folge, dass die Berufung des Klägers zurückzuweisen war.
III.
Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzugeben.
IV.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Smeets
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