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  • 28.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140326

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 13.01.2014 – 1 Sa 17/13

    Ein Rechtsanspruch auf die künftige kostenlose Nutzung eines Betriebsparkplatzes (hier: Großparkplatz eines Klinikums) besteht jedenfalls dann nicht kraft betrieblicher Übung, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Neubaumaßnahmen die bisherige Parkplatzanlage beseitigt und unter erheblichen Aufwendungen eine neue Parkplatzfläche schafft. In diesem Fall dürfen die Arbeitnehmer auch bei einer jahrelangen kostenlosen Nutzung des Betriebsparkplatzes nicht berechtigterweise davon ausgehen, der Arbeitgeber werde auch künftig kostenlose Parkplätze bereitstellen. Ob und in welcher Höhe Gebühren für die Parkplatznutzung erhoben werden, ist zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu vereinbaren bzw. im Falle der Nichteinigung von der Einigungsstelle festzulegen.


    In der Rechtssache
    - Kläger/Berufungskläger -
    gegen
    - Beklagte/Berufungsbeklagte -
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 1. Kammer -
    durch
    den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter,
    den ehrenamtlichen Richter Burski.
    und den ehrenamtlichen Richter Enderes
    im schriftlichen Verfahren nach der Sachlage am 07.01.2014

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1.

    Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts H vom 18.07.2013 - 3 Ca 143/13 - wird zurückgewiesen.

    2.

    Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

    3.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen kostenfreien Parkplatz auf dem Parkplatz des Klinikums am P. zur Verfügung zu stellen.

    Der Kläger ist seit 01.04.1978 bei der Beklagten im Klinikum am P. in BF beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde ursprünglich mit dem Landkreis H begründet. Nach dem am 25.04.1978 geschlossenen Arbeitsvertrag richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Aufgrund des Personalüberleitungsvertrags vom 19.07.1996 ging das Arbeitsverhältnis auf die Klinik-GmbH Landkreis H über. Die Beklagte entstand im Jahr 2001 aus der Klinikum H GmbH und der Klinik-GmbH Landkreis H. Gesellschafter der Beklagten sind die Stadt H und der Landkreis H. Die Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband.

    Im Klinikum am P. sind derzeit knapp 800 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger ist freigestellter Vorsitzender des Betriebsrats. Außerdem ist er Konzernbetriebsratsvorsitzender.

    Bis zu einer im Jahr 2011 beginnenden Neubau- und Umbaumaßnahme (hierzu im Einzelnen: www.....de) standen auf dem Klinikgelände insgesamt 558 Stellplätze zum Parken auf verschiedenen Parkplätzen und einem Parkdeck zur Verfügung. Die Parkplätze und das Parkdeck konnten von Patienten, Besuchern und Mitarbeitern genutzt werden. Für die Nutzung erhob die Beklagte kein Entgelt. An der Zufahrt zum Parkdeck UG befand sich ein Hinweisschild, wonach die Nutzung den Mitarbeitern vorbehalten war. Eine Kontrolle fand allerdings nicht statt. Für ausgewählte Beschäftigte (Chefärzte, Geschäftsführung etc.) waren Stellplätze reserviert. Für die übrigen Mitarbeiter waren keine bestimmten Stellplätze ausgewiesen.

    Im Zuge der Neu- und Umbaumaßnahme entfielen die bisherigen 558 Stellplätze. Die Beklagte richtete jedoch auf dem Klinikgelände insgesamt 634 neue Stellplätze ein. Auch diese werden den Patienten, Besuchern, Anwohnern und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Ein gesondert ausgewiesener Parkbereich für Mitarbeiter existiert nicht. Seit der offiziellen Inbetriebnahme der neuen Parkplatzanlage im Januar 2012 erhebt die Beklagte für das Abstellen von Fahrzeugen ein Entgelt. Die Zufahrt wird durch eine Schranke und ein elektronisches Bezahl- und Öffnungssystem (Erwerb einer Parkkarte) geregelt. Die Beklagte erhebt von den Arbeitnehmern pro Stunde eine Parkgebühr in Höhe von € 0,10, eine Tagespauschale von maximal € 0,70 und für eine Monatskarte ca. € 12,00 (Angaben aus dem Verfahren 14 TaBV 8/13). Von Besuchern, Patienten und Anwohnern werden pro angefangene Stunde € 1,50 verlangt.

    Im Herbst 2011 leitete die Beklagte dem Betriebsrat einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung über die Nutzung der Parkplätze zu. Nachdem zwischen den Betriebspartnern keine Einigung erzielt wurde, insbesondere über die kostenlose Parkmöglichkeit für die Mitarbeiter, rief die Beklagte die Einigungsstelle an. Diese erklärte sich mit Beschluss vom 07.11.2012 für unzuständig. Der Betriebsrat focht den Beschluss der Einigungsstelle an. Mit Beschluss vom 18.04.2013 (3 BV 12/12) stellte das Arbeitsgericht fest, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 07.11.2012 unwirksam sei. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 22.10.2013 (14 TaBV 8/13) zurück.

    Mit Anwaltsschreiben vom 29.01.2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm über den 15.01.2013 hinaus einen kostenfreien Parkplatz zur Verfügung zu stellen. Mit Anwaltsschreiben vom 07.02.2013 wies die Beklagte den Anspruch zurück.

    Mit seiner am 12.03.2013 eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten begehrt, ihm auch über den 16.01.2013 hinaus einen kostenfreien Parkplatz auf dem Parkgelände zur Verfügung zu stellen. Außerdem hat der Kläger von der Beklagten die Bezahlung der in den Monaten Januar und Februar 2013 aufgewendeten Parkgebühren in Höhe von € 21,70 verlangt. Er hat vorgetragen, er habe seit 35 Jahren einen kostenfreien Parkplatz nutzen können. Der Anspruch auf eine auch künftig kostenfreie Nutzung ergebe sich aus betrieblicher Übung. Die Beklagte hat vorgetragen, einer betrieblichen Übung stehe schon das Schriftformerfordernis des § 2 Abs. 3 Satz TVöD entgegen. Eine betriebliche Übung sei auch nicht entstanden, weil dem Kläger nie ein Parkplatz zur alleinigen kostenfreien Nutzung zugesichert worden sei. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf das angefochtene Urteil sowie auf die erstinstanzlichen Schriftsätze Bezug genommen.

    Mit Urteil vom 18.07.2013 wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, ein Anspruch des Klägers auf einen kostenfreien Stellplatz ergebe sich nicht aus betrieblicher Übung. Im Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes könne eine betriebliche Übung, die eine vertragliche Nebenpflicht betreffe, wegen des Schriftformgebots des § 2 Abs. 3 TVöD bzw. des § 4 Abs. 2 BAT keinen Anspruch auf die üblich gewordene Leistung begründen. Bei der hier in Streit stehenden Abrede, einen Parkplatz dauerhaft kostenlos nutzen zu können, handele es sich um eine Nebenabrede. Eine betriebliche Übung habe daher nicht wirksam entstehen können. Der Beklagten sei es nicht verwehrt, sich auf die fehlende Schriftform zu berufen. Ein Verhalten der Beklagten, dass es für die Wirksamkeit der Nebenabrede nicht auf die Einhaltung der Formvorschrift ankommen solle, sei nicht ersichtlich.

    Darüber hinaus liege keine betriebliche Übung vor. Allein die über viele Jahre erfolgte Nutzung des Parkplatzes ohne Gebührenerhebung sowie das Anbringen eines Hinweisschildes "Nur für Mitarbeiter" lasse einen Willen des Arbeitgebers, auch künftig einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung zu stellen, nicht erkennen. Der Arbeitgeber habe lediglich Parkraum zur Verfügung gestellt und ein die Parkraumnutzung regelndes Schild aufgestellt. Der den Mitarbeitern reservierte Parkraum habe nicht für alle Mitarbeiter ausgereicht. Es seien auch gegenüber den Mitarbeitern keine individuellen Parkberechtigungen ausgesprochen worden.

    Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung der aufgewendeten Parkgebühren. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats führe nicht dazu, dass die Zahlung des Parkentgelts ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Die Missachtung des Mitbestimmungsrechts ergebe keinen Anspruch, der bisher nicht bestanden habe.

    Gegen das am 09.08.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung am 03.09.2013 eingelegt und diese am 09.10.2013 begründet. Er trägt vor, die Gewährung einer Sozialleistung als Nebenabrede zu qualifizieren, überzeuge nicht. Ihm stehe ein Anspruch auf kostenfreie Zufahrt auf das Parkgelände aufgrund betrieblicher Übung zu. Er habe seit Beginn des Arbeitsverhältnisses, somit seit 35 Jahren, die Möglichkeit gehabt, kostenfrei den Parkplatz auf dem Klinikgelände zu nutzen. Er habe davon ausgehen dürfen, dass die Bereitstellung eines kostenfreien Parkplatzes dauerhaft gewährt werde. Die Beklagte habe nicht erkennbar gemacht, dass die Leistung freiwillig sei. Die Beklagte könne sich nicht auf das Schriftformerfordernis nach § 2 Abs. 3 TVöD berufen, weil dies auch im Hinblick auf das Nachweisgesetz rechtsmissbräuchlich sei.

    Der Kläger beantragt:

    1.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 18.07.2013 - 3 Ca 143/13 - wird aufgehoben.

    2.

    Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch über den 16.01.2013 hinaus einen kostenfreien Parkplatz auf dem Parkgelände am Klinikum am P. zur Verfügung zu stellen.

    3.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 21,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 7,70 ab dem 01.02.2013 und aus weiteren € 14,00 ab dem 01.03.2013 zu bezahlen.

    Für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2:

    Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch über den 16.01.2013 hinaus an den Tagen, an denen er seiner Betriebsratstätigkeit nachgeht, die kostenfreie Zufahrt auf den Parkplatz auf dem Parkgelände am Klinikum am P. zu ermöglichen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie trägt vor, der Kläger habe sich in seiner Berufungsbegründung nicht im Einzelnen mit dem Urteil des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt. Er begnüge sich im Wesentlichen mit Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags. Im Übrigen sei ein Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entstanden. Der Kläger habe vor den Umbaumaßnahmen nur die Möglichkeit gehabt, sein Fahrzeug auf dem Klinikgelände abzustellen. Einen Anspruch auf einen bestimmten Stellplatz habe er nicht gehabt. Die langjährige kostenlose Nutzung des Parkplatzes begründe keinen entsprechenden Willen des Arbeitgebers, auch künftig einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung zu stellen. Der Kläger habe lediglich die vage Aussicht gehabt, auf dem Parkgelände einen Stellplatz zu finden. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung stehe im Übrigen das tarifliche Schriftformgebot entgegen. Die Berufung auf das Schriftformgebot sei nicht rechtsmissbräuchlich.

    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen. Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren verhandelt und entschieden.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. a statthaft. Sie ist auch gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

    II.

    Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab dem 16.01.2013 einen kostenfreien Parkplatz - sei es allgemein oder ausschließlich bei der Wahrnehmung der Aufgaben als freigestellter Betriebsrat - zur Verfügung zu stellen (dazu 1.). Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger die in den Monaten Januar und Februar 2013 aufgewendeten Parkgebühren zu erstatten (dazu 2.).

    1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger einen kostenfreien Parkplatz auf dem Parkgelände des Klinikums zur Verfügung zu stellen.

    a) Der Antrag ist zulässig, bedarf allerdings der Auslegung. Bei einem wörtlichen Verständnis des Antrags könnte dieser dahin verstanden werden, dass der Kläger von der Beklagten begehrt, ihm jedes Mal, wenn er auf das Parkgelände fährt (sei es in dienstlicher oder privater Funktion) einen Parkplatz - und diesen kostenfrei - zur Verfügung zu stellen. Diese Auslegung wird allerdings dem Begehren des Klägers nicht gerecht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger noch nie einen Parkplatz in dem Sinne garantiert hat, dass dieser für ihn frei gehalten wird und damit genutzt werden kann, wenn der Kläger auf das Parkgelände fährt. Es verhielt sich vor Inbetriebnahme der neuen Parkplatzanlage vielmehr so, dass der Kläger einen Parkplatz nur dann nutzen konnte, wenn ein Stellplatz frei war - dann allerdings kostenlos.

    Nach Inbetriebnahme der neuen Parkplatzanlage geht es dem Kläger ersichtlich nicht darum, nunmehr über die bisherige Praxis hinaus einen für ihn reservierten Stellplatz zu erhalten. Vielmehr ist es das Anliegen des Klägers, dass die Parkplatznutzung für ihn als Beschäftigten des Klinikums kostenfrei erfolgt. Der Antrag zu 2 ist daher - entsprechend der Fassung des Hilfsantrags - dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte dem Kläger die kostenfreie Zufahrt auf das Parkgelände gestatten möge.

    b) Der Antrag zu 2 ist jedoch unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die kostenfreie Zufahrt auf das Parkgelände zu gestatten. Der Anspruch ergibt sich nicht aus einer betrieblichen Übung.

    aa) Das Arbeitsgericht seiner Entscheidung die zutreffenden Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts über die Entstehung einer betrieblichen Übung zugrundegelegt. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger der Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (vgl. nur BAG 08.12.2010 - 10 AZR 671/09 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 mit zahlreichen Nachweisen).

    Die Entstehung einer betrieblichen Übung ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. Eine allgemein verbindliche Regel gibt es nicht. Wie lange eine Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigterweise deren Fortsetzung erwarten können, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen oder Vergünstigungen erbracht worden sind. Bei an die Belegschaft geleisteten Gratifikationen hat das Bundesarbeitsgericht die Regel aufgestellt, wonach eine zumindest dreimalige vorbehaltslose Gewährung zur Verbindlichkeit führt. Bei laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat das Bundesarbeitsgericht eine Gewährung über einen Zeitraum von 5 bzw. 8 Jahren für erforderlich erachtet (BAG 15.05.2012 - 3 AZR 610/11 - AP BetrAVG § 1b Nr. 13).

    Betriebliche Übungen haben in der Rechtsprechung bisher in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen Bedeutung erlangt. So sind sie erörtert worden bei der Gewährung von übertariflichen Leistungen, bei Gratifikationsregelungen, vergünstigten Energielieferungen, bei Hilfen für Ruheständler, bei der betrieblichen Altersversorgung, bei unbezahltem Arbeitsausfall am Rosenmontag, bei Freistellung am Geburtstag ab 12 Uhr, bei der Urlaubsübertragung und bei der Übernahme der Pauschalsteuer (Einzelfälle bei Schaub-Koch, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl., § 110 Rn 10; Erfurter Kommentar-Preis, 13. Aufl., § 611 BGB Rn 228).

    bb) Nach den aufgezeigten Maßstäben durfte der Kläger nicht berechtigterweise davon ausgehen, die Beklagte werde ihm (und allen anderen Beschäftigten des Klinikums) auch künftig die kostenfreie Nutzung der klinikeigenen Parkplätze gestatten. Hierbei kommt es angesichts des Umstands, dass die Beklagte nicht etwa für eine bereits bestehende Parkanlage, sondern erst für ein neu angelegtes Parkgelände Gebühren erhoben hat, auf die Besonderheiten, die bei der Entstehung einer betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst zu beachten sind, nicht an.

    (1) Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, für die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer Parkplätze bereitzuhalten. Zwar hat der Betriebsrat bei der Festlegung der Nutzungsbedingungen von Parkflächen, die den Belegschaftsangehörigen von dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen (BAG 07.02.2012 - 1 ABR 63/10 - AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebs Nr. 42). Ferner hat der Arbeitgeber, wenn er seinen Arbeitnehmern Parkmöglichkeiten zur Verfügung stellt, diese verkehrssicher zu gestalten (zuletzt BAG 25.05.2000 - 8 AZR 518/99 - AP BGB § 611 Parkplatz Nr. 8). Eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Parkplätzen besteht aber grundsätzlich nicht. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei der Bereitstellung von betriebseigenen Sozialeinrichtungen wie Kantinen, Kindergärten und Unterstützungskassen. Deren Einrichtung kann weder der einzelne Arbeitnehmer noch der Betriebsrat erzwingen.

    (2) Von den "klassischen" freiwilligen Zusatzleistungen wie Gratifikationen, übertariflichen Leistungen, Beihilfen etc, die von Arbeitgebern im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden, unterscheidet sich die Bereitstellung von Parkplätzen beträchtlich. Parkplätze sind aufgrund der hohen Verkehrsdichte vor allem in den Innenstadtbereichen, mittlerweile aber auch in den Außenbezirken zu einem "knappen Gut" geworden. Für den öffentlichen Verkehrsraum hat sich hieraus die Notwendigkeit einer Parkraumbewirtschaftung ergeben. Da die Bereitstellung von Parkflächen oft einen hohen finanziellen Aufwand erfordert, hat es sich eingebürgert, die Aufwendungen durch Parkgebühren "gegenzufinanzieren". Diese Handhabung wird von den Bürgern zumindest im Grundsatz akzeptiert. Niemand käme auf die Idee, einen kostenfreien Parkplatz auf dem Marktplatz einer Großstadt einzufordern.

    (3) Diese Erwägungen lassen sich - wenn auch mit gewissen Einschränkungen - auf die Bereitstellung von Firmenparkplätzen übertragen. Auch die Bereitstellung von Firmenparkplätzen erfordert in der Regel hohe Aufwendungen. Firmenparkplätze nehmen darüber hinaus wertvolles, weil nicht beliebig erweiterbares Firmengelände in Anspruch. Nimmt ein Unternehmen auf dem Betriebsgelände Erweiterungen von Büro- und Produktionsgebäuden vor, muss im Rahmen der baurechtlichen Vorschriften über die Bereitstellung von Parkflächen die Entscheidung getroffen werden, ob die bisher für Parkplätze genutzte Fläche verwendet wird, eine Verdichtung der Parkflächen durch Parkhäuser oder Tiefgaragen vorgenommen wird oder weitere Grundstücksflächen erworben oder angemietet werden. Ob Letzteres möglich ist, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab.

    Überspitzt man die vom Kläger vertretene Auffassung, aus einer jahrelangen kostenlosen Parkplatznutzung erwachse ein Anspruch auf künftige kostenlose Nutzung, so wäre dem Arbeitgeber eine "Umwidmung" von Firmenflächen nicht mehr möglich. Der Arbeitgeber wäre etwa daran gehindert, das Firmengelände anderweitig zu nutzen, also etwa Parkflächen in Büro- oder Produktionsgebäude umzuwandeln. Damit würde massiv in die unternehmerische Freiheit eingegriffen. Der Arbeitgeber wäre nur deshalb, weil er seinen Arbeitnehmern einmal Parkmöglichkeiten als freiwillige Leistung zur Verfügung gestellt hat, auf Dauer an einer ihm wirtschaftlich erscheinenden Nutzung des Firmengeländes gehindert.

    So weitgehend versteht die Kammer das klägerische Begehren allerdings nicht. Der Kläger begehrt "nur", dass ihm der Arbeitgeber dann, wenn er weiterhin auf freiwilliger Basis Parkmöglichkeiten zur Verfügung stellt, die Nutzung für die Arbeitnehmer kostenfrei ermöglicht. Dabei verkennt aber der Kläger die Besonderheit des vorliegenden Falles: Die Beklagte hat nicht etwa für ein bereits bestehendes Parkgelände Parkgebühren erhoben, sondern dies erst nach einer Umgestaltung des Parkgeländes getan. Die bisher vorhandenen 558 Stellplätze fielen ersatzlos weg. Stattdessen richtete die Beklagte 634 neue Stellplätze ein, um den Neubau eines Klinikgebäudes zu verwirklichen. Die Einzelheiten ergeben sich aus den Übersichtsplänen (Anlagen B 4 und 5). Die Umgestaltung war, wie die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 07.02.2013 mitgeteilt hat, mit erheblichen Investitionen verbunden.

    Die Beklagte befand sich somit in derselben Situation wie die öffentliche Hand: Der Parkraum war zu einem "teuren" Gut geworden. Unter diesen Umständen konnten die Beschäftigten nicht erwarten, dass ihnen die Parkplatznutzung auch weiterhin kostenfrei eingeräumt werde. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Erhebung von Gebühren zu zusätzlichen Aufwendungen für die Arbeitnehmer führt, wenn sie mit dem PKW zum Arbeitsplatz fahren (müssen). Die Beklagte hat sich allerdings bemüht, die Gebührenerhebung sozialverträglich zu gestalten. Sie hat Gebühren für die Arbeitnehmer festgelegt, die deutlich geringer sind, als diejenigen, die von den sonstigen Nutzern verlangt werden. Ein Betrag von € 0,70 täglich bzw. ca. € 12,00 monatlich ist ein Betrag, der auch von "Normalverdienern" aufgebracht werden kann. Die Parkgebühren, die etwa in den Innenstadtbereichen für Beschäftigtenparkplätze erhoben werden, sind gerichtsbekannt deutlich höher. Die Beschäftigten der Beklagten mussten davon ausgehen, dass der Arbeitgeber bei der Schaffung neuer Parkmöglichkeiten zumindest in einem gewissen Umfang eine Gegenleistung erhebt. Wie die Gebührenregelung im Einzelnen aussehen wird, hat die Einigungsstelle zu entscheiden, deren Zuständigkeit durch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 22.10.2013 - 14 TaBV 8/13 - nunmehr festgestellt ist.

    cc) Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Entstehung einer betrieblichen Übung das Schriftformgebot für Nebenabreden gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 TVöD sowie die Grundsätze über die betriebliche Übung im öffentlichen Dienst entgegenstehen (so LAG Schleswig-Holstein 03.04.2001 - 1 Sa 646 b/00 - LAGE § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 25).

    2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm in den Monaten Januar und Februar 2013 aufgewendeten Parkgebühren. Die Beklagte hat bei der Erhebung der Parkgebühren individualrechtlich nicht rechtswidrig gehandelt, weil der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf eine kostenfreie Nutzung des Parkraums erworben hatte. Was die kollektivrechtliche Rechtslage betrifft, so hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats getroffene Gebührenregelung (siehe LAG Baden-Württemberg 22.10.2013 - 14 TaBV 8/13) nicht dazu führt, dass der Kläger - einstweilen - einen Anspruch auf eine kostenfreie Nutzung hat. Auch bei Missachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats erhält der Arbeitnehmer keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, die der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag nicht schuldet (BAG 02.03.2004 - 1 AZR 271/03 - AP TVG § 3 Nr. 31). Es wird die Aufgabe der Einigungsstelle sein, eine Regelung über die Erhebung von Parkgebühren zu treffen.

    III.

    Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Das Urteil enthält keine allgemeinen Rechtssätze zur Entstehung einer betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst sowie zum Begriff der Nebenabrede nach § 2 Abs. 3 Satz 1 TVöD. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung zum Anwendungsbereich der betrieblichen Übung.

    Dr. Natter

    Burski

    Enderes

    Verkündet am 13.01.2014

    VorschriftenBundes-Angestelltentarifvertrags, TVöD, § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG, § 2 Abs. 3 TVöD, § 4 Abs. 2 BAT, § 2 Abs. 3 TVöD, Nachweisgesetz, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 66 Abs. 1 ArbGG