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  • · Fachbeitrag · Änderungskündigung

    Kündigung zur Änderung der Gehaltsstruktur des Betriebs?

    Wenn ein ArbG sich nicht nur von einer Regelung über die pauschalierte Abgeltung etwaiger Überstunden lösen will, sondern eine grundsätzliche Neuordnung des Gehalts und der geschuldeten Arbeitszeit anstrebt, handelt es sich nicht um eine Umgestaltung von vertraglichen Nebenleistungen. Nur eine solche Umgestaltung kann bereits dann sozial gerechtfertigt sein, wenn eine wesentliche Änderung der äußeren Verhältnisse eintritt, die für die Vereinbarung der Nebenleistung bestimmend waren (BAG 20.6.13, 2 AZR 396/12, Abruf-Nr. 140540).

     

    Sachverhalt

    Zwischen dem ArbG und dem ArbN war im Arbeitsvertrag eine monatliche Festvergütung, sowie eine Regelung der Arbeitszeit von „bis zu 260 Stunden im Monat“ vorgesehen. Nachdem sich der ArbG entschieden hatte, sowohl Arbeitszeit als auch Gehaltsstruktur als solche zu ändern, bot er allen ArbN für die Zukunft einen Bruttostundenlohn von 7,87 EUR und eine wöchentliche Regelarbeitszeit von 40 Stunden im Rahmen einer Vertragsänderung an. Der ArbN nahm das Angebot des ArbG nicht an.

     

    Daraufhin sprach der ArbG gegenüber dem ArbN eine Änderungskündigung aus. Diese enthielt im Rahmen des Änderungsangebots unter Beibehaltung der sonstigen arbeitsvertraglichen Bedingungen die oben geschilderten Änderungen. Die hiergegen gerichtete Änderungsschutzklage des ArbN hält der 8. Senat des BAG für begründet.

     

    Entscheidungsgründe

    Der 2. Sentat des BAG stellt klar, dass eine soziale Rechtfertigung für die Änderung der Arbeitsbedingungen nach § 2 Abs. 1, S. 1 KSchG nicht vorliege. Bei einer Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen sei das Änderungsangebot des ArbG daraufhin zu überprüfen, ob es durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei und sich darauf beschränke, nur Änderungen vorzusehen, die der ArbN billigerweise hinnehmen müsse.

     

    Nach der vertraglichen Gestaltung des Arbeitsvertrags zwischen den Parteien sei zwar § 3 ArbZG durch die Höchstgrenze von 260 Stunden verletzt. Hierauf könne sich der ArbG hingegen zur Rechtfertigung des Änderungsangebots nicht berufen. Das folge daraus, da das vereinbarte Arbeitsentgelt unabhängig von der abgerufenen und tatsächlich geleisteten Arbeitszeit geschuldet werde. Eine Rechtsverletzung, die eine Änderungskündigung sozial rechtfertigen könne, liege daher nicht vor.

     

    Darüber hinaus liege auch keine vertragliche Nebenleistung vor. Daher könne der ArbG auch nicht auf die Grundsätze zur Reduzierung von vertraglichen Nebenleistungen verweisen, die von der Rechtsprechung entwickelt worden seien.

     

    Ein betriebliches Änderungserfordernis für Nebenleistungen könnte sich ergeben, wenn die Nebenleistungen an Umstände anknüpften, die nicht notwendig während der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Bei einer Änderung solcher Umstände könne ein Beharren auf der Nebenleistung unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage unbillig sein. Eine solche Nebenleistung stehe hingegen im zu entscheidenden Fall nicht in Rede. Der ArbG habe sich nicht nur von einer Regelung über eine Pauschalabgeltung etwaiger Überstunden lösen wollen. Vielmehr wollte er eine grundsätzliche Neugestaltung der Gehalts- und Arbeitszeitregelung erreichen. Eine Pauschalabrede über die Arbeitszeit mit Vereinbarung eines Fixgehalts habe durch eine Vereinbarung der Vergütung (nur) der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit ersetzt werden sollen.

     

    Dies betreffe die Hauptleistungspflicht des ArbG und nicht nur einen Randbereich der arbeitsvertraglichen Gestaltung in Form einer Nebenleistung. Es sei auch nicht dargelegt, inwiefern sich bestimmte Umstände, die für den Abschluss der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung bestimmend gewesen sei, sich im Laufe des Arbeitsverhältnisses wesentlich geändert haben sollen.

     

    Auch nach den Grundsätzen für die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung zur Vergütungsreduzierung sei die Änderungskündigung nicht sozial gerechtfertigt. Hierfür wäre erforderlich gewesen, dass durch den ArbG ein umfassender Sanierungsplan erstellt werde und der Betrieb bei Beibehaltung der bisherigen Vertragsgestaltung nicht mehr in der bisher geführten Form aufrechterhalten werden könne. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn gerade durch die in Rede stehende Vergütungsabrede nicht mehr auffangbare Verluste entstünden, die im Rahmen einer zu belegenden Prognose Massenentlassungen oder gar eine Schließung des Betriebs zur Folge hätten.

     

    Praxishinweis

    Die bisherige Rechtsprechung des BAG, die bei Änderungskündigungen zur Vergütungsreduzierung hohe Hürden aufstellt, wird in der vorliegenden Entscheidung fortgeführt. Darüber hinaus muss der Parteivertreter des ArbG beachten, dass „Nebenleistungen“ nur in Ausnahmefällen vorliegen. Wenn Abreden unmittelbar das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung betreffen, ist gerade nicht von einer Nebenleistung oder Nebenabrede im Sinne der Rechtsprechung auszugehen. Solche Nebenabreden wird man nur zum Beispiel bei Zusagen kostenloser Beförderungen oder Deputatsregelung annehmen können, die dann unter erleichterten Voraussetzungen im Rahmen einer Änderungskündigung angepasst werden können.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Kriterien der Zuweisung eines neuen Arbeitsorts durch Versetzung: BAG in AA 13, 120
    • Die Krux mit den Versetzungsklauseln im Arbeitsvertrag - Weniger ist mehr: Laskawy/Rehfeld, AA 12, 43
    • Bestimmtheit eines Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags: BAG in AA 13, 168
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 39 | ID 42525861