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  • · Fachbeitrag · Beratungspraxis

    Der praktische Fall: Ein widerspenstiger Betriebsrat

    von DirArbG Dr. Guido Mareck, Siegen

    | Der folgende Beitrag in „Arbeitsrecht aktiv“ beschäftigt sich mit der Problematik der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere nach Austritt des ArbG aus dem Arbeitgeberverband. Es wird aufgezeigt, welche Möglichkeiten unter Einbeziehung der Einigungsstelle und ggf. der Arbeitsgerichte bestehen, um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu wahren, die sich vor allem aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ergeben können. Aufseiten des ArbG wird es darauf ankommen, geschickt die Voraussetzungen der angestrebten Lohngestaltung zu formulieren und auf der zweiten Stufe individualrechtlich gegenüber der Belegschaft bzw. einzelnen Belegschaftsgruppen zu manifestieren. |

     

    • Der Sachverhalt

    Die G-GmbH ist vor drei Jahren aus dem Arbeitgeberverband des Einzelhandels ausgetreten. Bis zu diesem Zeitpunkt galten bei der G-GmbH die Tarifverträge des Einzelhandels kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme bzw. kraft beidseitiger Verbandszugehörigkeit gegenüber gewerkschaftlich gebundenen ArbN unmittelbar und zwingend.

    Nach dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband wendet die G-GmbH die arbeitsvertraglichen Vergütungsregelungen hinsichtlich der zum Zeitpunkt des Verbandsaustritts bei ihr beschäftigten ArbN weiter an, gegenüber neu eingestellten ArbN wird ein Vergütungsschema unter Ausschluss der Tarifbindung individualvertraglich vereinbart, das sich im Wesentlichen an die Grundregeln der Entgelttarifverträge des Einzelhandels anlehnt, hingegen stärker umsatzabhängige Vergütungszuschläge und Prämien enthält. Die G-GmbH legt nunmehr sämtlichen ArbN Arbeitsvertragsentwürfe vor, die sich an das bei neu eingestellten ArbN angewandte Vergütungssystem anlehnen.

    Hinsichtlich dieser Formulierungen finden zwischen der G-GmbH und dem bei ihr vor zwei Jahren gewählten Betriebsrat Gespräche statt, die nicht zu einer Einigung führen. Da die G-GmbH fortfährt, sowohl den neu eingestellten als auch den Altarbeitnehmern entsprechende Vertragsformulare vorzulegen, ist der Betriebsrat der Meinung, dies ginge ohne seine Zustimmung nicht. Er wendet sich nun an seinen Prozessbevollmächtigten und fragt nach Zustandekommen eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses über dessen Mandat an, welche Möglichkeiten es gibt, ein entsprechendes Vorgehen der G-GmbH zu verhindern.

    1. Handlungsoptionen des Betriebsrats

    Zunächst ist daran zu denken, dass die Vorlage der neuen Arbeitsvertragsformulare an eine Vielzahl von ArbN, im Ergebnis an die gesamte Belegschaft, eine Neuein- bzw. Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG darstellen könnte, die die Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat auslöst. Hier ist hingegen von den in § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründen allenfalls § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG einschlägig, da der betroffene ArbN durch die personelle Maßnahme benachteiligt werden könnte. Bei Neueinstellungen ist dieser Zustimmungsverweigerungsgrund hingegen nicht einschlägig, die „Altarbeitnehmer“ sind nur dann möglicherweise benachteiligt, wenn sie die Vertragsänderung unterzeichnen. Der Weg, über § 101 BetrVG die Maßnahme aufzuheben, ist damit erheblichen Unsicherheiten ausgesetzt und führt darüber hinaus nicht zu der vom Betriebsrat gewünschten einheitlichen Regelung gegenüber allen ArbN.

    Darüber hinaus besteht zugunsten des Betriebsrats bei einer Verletzung der Rechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis 13 BetrVG ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats hinsichtlich der Maßnahmen, der aus der Rechtsnatur der Mitbestimmungsrechte hergeleitet wird. Er ist nicht den besonderen Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG unterworfen. Dieser Unterlassungsanspruch führt hingegen nicht zur Regelung der zwischen den Betriebspartnern streitigen Frage. Ein entsprechender Antrag, der ggf. mit den o.g. Anträgen verbunden werden könnte, kann lauten: