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  • · Fachbeitrag · Arbeitskampfmaßnahmen

    Wann stellt eine Betriebsversammlung einen Arbeitskampf dar?

    Verlegt ein Betriebsrat eine Teilbetriebsversammlung in einem Paketzentrum nach einem entsprechenden Aufruf von ver.di ohne nachvollziehbaren Grund auf einen bundeseinheitlichen Termin mit Spitzenarbeitsaufkommen, ist das eine Arbeitskampfmaßnahme. Der ArbG darf dann andere Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats zur Arbeit heranziehen (Arbeitsgericht Kiel 27.5.15, 1 BV 1b/15, Abruf-Nr. 145175).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Ursprünglich hatte der regionale Betriebsrat eine Teilbetriebsversammlung am 27.10.14 um 14:30 Uhr für 1,5 Stunden angesetzt. Ver.di rief bundesweit zu dreistündigen Betriebsversammlungen in den Paketzentren der Post am 5.12.14 in der Hauptbearbeitungszeit ab 18 Uhr auf. Daraufhin verlegte der Betriebsrat die Teilbetriebsversammlung entsprechend und stimmte weder der Ableistung von Überstunden noch dem Einsatz von Ersatzkräften zu.

     

    Der ArbG setzte dennoch zahlreiche Verwaltungsbeschäftigte ein. Der Betriebsrat hält dies für eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten und hat beantragt, dem ArbG für die Zukunft ein derartiges Vorgehen zu untersagen.

     

    Der Antrag blieb ohne Erfolg, denn der ArbG musste hier kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten. Dieses ist eingeschränkt, wenn es unmittelbar die Freiheit des ArbG beeinträchtigt, den Folgen eines Arbeitskampfs zu begegnen. Bei der ohne plausiblen Grund auf die Hauptbelastungszeit verlegten Teilbetriebsversammlung handelt es sich um eine solche Arbeitskampfmaßnahme. Die Betriebsversammlung ist zwar zulässig, wurde aber vom Betriebsrat zum Zwecke des Arbeitskampfs instrumentalisiert. Das zeigt auch dessen Ablehnung von Überstunden an den Tagen nach der Teilbetriebsversammlung. Der ArbG konnte sich dagegen nur ohne Beteiligung des Betriebsrats angemessen zur Wehr setzen.

     

    Praxishinweis

    Auch wenn scheinbar „neutrale“ Maßnahmen des Betriebsrats sich als Unterstützung des gewerkschaftlichen Arbeitskampfs gegenüber dem ArbG darstellen darf, darf dieser ohne Beachtung der Mitbestimmung Gegenmaßnahmen ergreifen.

     

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 161 | ID 43555519