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  • 01.07.2010 | Verhaltensbedingte Kündigung

    Rechtsprechungsübersicht: Private Internetnutzung am Arbeitsplatz

    von RA Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Wer das über einen am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellten Computer erreichbare Internetangebot zu privaten Zwecken nutzt, riskiert die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies gilt jedenfalls, wenn es durch die Internetnutzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung kommt. Daneben darf der ArbG zur Kontrolle auf Daten der Angestellten Rückgriff nehmen. Nachfolgend eine Urteils-Übersicht:  

     

    Rechtsprechungsübersicht: Private Internetnutzung am Arbeitsplatz

    Sachverhalt  

    Entscheidungsgründe  

    Fundstelle  

    Die Betreiberin eines Krankenhauses kündigte einem Chefarzt ohne vorherige Abmahnung fristlos. Der Arzt akzeptierte vorab ein Rundschreiben mit dem Verbot, Internetdienste am Arbeitsplatz für private Zwecke zu nutzen. Hierin stand auch, dass die ArbG die Einhaltung dieser Dienstanweisung kontrollieren werde. Während seiner Tätigkeit nahm der Chefarzt private Kontakte zu mindestens zwei ehemaligen Patientinnen via E-Mail unter Verwendung der Betriebsmittel des Krankenhauses auf.  

    Die Klage des Arztes hatte keinen Erfolg. Da das Verbot, Internetdienste zu privaten Zwecken zu nutzen, auch den Empfang und Versand von E-Mails erfasse, habe er vielfach gegen die Anweisung verstoßen. Damit habe er den inneren Betriebsfrieden und den öffentlichen Ruf des ArbG und seine wirtschaftliche Basis gefährdet. Einer vorherigen Abmahnung habe es hier nicht bedurft, weil der Arzt mit der Billigung seines Verhaltens nicht habe rechnen dürfen und tatsächlich auch nicht gerechnet habe.  

    ArbG Hamm 12.3.09, 5 Ca 1757/08,  

    Abruf-Nr. 100687  

    Der ArbN wird seit 21.10.91 von der ArbG, die mit 90 bis 100 ArbN Wochenzeitungen mit öffentlichen Bekanntmachungen der Kommunalverwaltung verlegt und druckt, als Mitarbeiter im Umbruch beschäftigt. Am 4.8.04 unterschrieb der ArbN eine Mitarbeitererklärung Internet/PC-Nutzung, die folgende Regelung enthält: „Der Zugang zum Internet und E-Mail ist nur zu dienstlichen Zwecken gestattet ...“. Der Vorgesetzte des ArbN erlaubte diesem im September 08, zumindest einmal von seinem Arbeitsplatz aus privat ins Internet zu gehen, um den Kontostand bei der S-Bank abzufragen.  

    Der ArbG muss substanziiert eine erhebliche Beeinträchtigung der geschuldeten Leistung durch den ArbN darlegen und die konkreten Verweilzeiten im Internet aufführen. Benötigt der Mitarbeiter den Internetzugang auch zur Erledigung dienstlicher Aufgaben, müsse eine private Nutzung nachgewiesen werden. Wenn weitere Mitarbeiter auf den Rechner Zugriff haben, müsse konkret dargelegt werden, dass die private Internetnutzung allein vom gekündigten ArbN vorgenommen wurde.  

    LAG Rheinland-Pfalz 26.2.10, 6 Sa 682/09, Abruf-Nr. 101510  

    Eine Drogeriekette stritt mit ihrem für bestimmte Filialen gebildeten örtlichen Betriebsrat um Ausstattung mit Computern. Der hier anspruchstellende Betriebsrat ist für 319 ArbN in 69 Filialen im Radius von etwa 150 Kilometer zuständig. Während der ArbG auf Verkaufsleiter- und Geschäftsführer-Ebene mit Laptop und Computern arbeitete, stand dem Betriebsrat nur eine alte elektrische Schreibmaschine, ein Fax und Telefon zur Verfügung.  

    Ein BR kann zur Ausübung seiner Aufgaben vom ArbG einen PC nebst Zubehör verlangen, wenn dieser selbst beim Umgang mit dem BR jedenfalls teilweise EDV nutzt. Der ArbG darf einen aus neun Mitgliedern bestehenden BR nicht darauf verweisen, dass er seine Schriftstücke entweder mit der Hand oder mit einer teilweise defekten alten elektrischen Schreibmaschine erstellt.  

    LAG Schleswig-Holstein 27.1.10, 3 TaBV 31/09, Abruf-Nr. 100884, bestätigt durch BAG 20.1.10,  

    7 ABR 79/08, Abruf-Nr. 101849  

    Der ArbG kündigte fristlos, anschließend fristgerecht. Im Verfahren bestritt die ArbN, dass sie von der Ehefrau des ArbG zwei Jahre zuvor abgemahnt worden sei. Ihr sei nur mitgeteilt worden, dass die Privatnutzung des Internets einschließlich des E-Mail-Verkehrs zu reduzieren sei. Sie habe privat danach ca. eine Stunde pro Monat im Internet gesurft. Der ArbG hat vorgetragen, die ArbN habe vor zwei Jahren erheblichen privaten E-Mail-Verkehr geführt. Daraufhin habe seine Frau der ArbN ohne Ausnahme verboten, das Internet für private Zwecke zu nutzen und private E-Mails zu senden oder zu empfangen. Außerdem sei ihr die Nutzung des Firmen-Computers für private Zwecke untersagt worden. Die ArbN sei auf die Gefahr einer Kündigung aufmerksam gemacht worden.  

    Das LAG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass eine unerlaubte private Nutzung des Internets über längere Zeit keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB ergibt. Es hat seine Entscheidung vornehmlich damit begründet, dass die Klägerin auch nach dem streitigen Vorbringen des ArbG den betrieblichen Internetzugang lediglich „kurzfristig“ und „nur für unverfängliche Zwecke“ genutzt habe.  

    LAG Rheinland-Pfalz,  

    2.3.06,  

    4 Sa 958/05,  

    Abruf-Nr. 070126,  

    AA 07, 26  

    Der ArbN war seit dem 1.1.99 bei der ArbG bzw. deren Rechtsvorgängerin als Bauleiter tätig. Am 4.12.04 überprüfte die ArbG den dem ArbN zur Verfügung gestellten Dienst-PC. Bei der Überprüfung sicherte die ArbG eine Reihe von Bild- und Videodateien mit teilweise erotischem Inhalt und stellte außerdem fest, dass von diesem Dienst-PC im Internet Erotikseiten aufgesucht worden waren. Mit seiner Klage macht der ArbN geltend: Er habe den Dienst-PC während der Arbeitszeit nicht privat genutzt, um sich DVDs oder Videodateien mit erotischem Inhalt anzusehen. Er habe auch keine Internetseiten mit erotischem Inhalt aufgerufen. Er habe an einigen von der ArbG genannten Tagen keinen Zugriff auf den Dienst-PC gehabt. Beispielsweise sei er am Samstag, den 21.2.04 nicht im Betrieb, sondern auf einer Baustelle gewesen.  

    Nach der Rechtsprechung kommt als kündigungsrelevante Verletzung der Pflichten bei einer privaten Nutzung des Internets oder des Dienst-PCs u.a. in Betracht:  

    • Das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme.
    • Die private Nutzung des vom ArbG zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche.

    Keine dieser Pflichtverletzungen hat das LAG hinreichend festgestellt. Ob der ArbN durch seine noch konkret zu ermittelnden Handlungen seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat, wird das LAG aufzuklären haben.  

    BAG  

    31.5.07,  

    2 AZR 200/06, Abruf-Nr. 072544  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2010 | Seite 114 | ID 136705