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  • 31.08.2010 | Verhaltensbedingte Kündigung

    Kündigung bei Bagatelldelikten

    von RA Christoph Gahle, Eggesiecker und Partner, Niederlassung Köln, www.eggesiecker.de

    Arbeitsrechtliche Fälle wie „Emmely“ oder der „Maultaschen-Diebstahl“ haben in Politik und Öffentlichkeit eine Grundsatzdiskussion über die Frage ausgelöst, ob Eigentums- und Vermögensdelikte des ArbN, die sich nur auf geringfügige Gegenstände beziehen, ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung rechtfertigen. „Arbeitsrecht aktiv“ geht anhand ausgewählter Fälle der Frage nach, inwieweit zum Schutz der ArbG auch bei den Bagatelldelikten weiterhin das Null-Toleranz-Prinzip gelten soll.  

     

    Zwei Fälle aus der Praxis

    Im Februar 2009 kündigte ein ArbG einer ArbN (von der Presse „Emmely“ getauft) fristlos, die zwei ihr nicht gehörende Pfandbons im Wert von insgesamt 1,30 Euro gegen Bargeld einlöste.  

     

    Eine 58-jährige Altenpflegerin erhielt im April 2009 eine fristlose Kündigung, weil sie entgegen eines eindeutigen Verbots des ArbG sechs Maultaschen zum späteren Verzehr an sich nahm, die ursprünglich für die Bewohner des Seniorenheims bestimmt waren, aber ohnehin im Müll gelandet wären.  

     

    Voraussetzungen nach § 626 BGB

    Nach § 626 BGB kann der ArbG das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese Norm statuiert einerseits ein unverzichtbares Freiheitsrecht für den ArbG, sich bei extremen Belastungen umgehend von einem Arbeitsverhältnis zu lösen. Andererseits kommt eine sofortige Kündigung nur in Betracht, wenn dem ArbG alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel, wie z.B. eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung, nicht zumutbar sind. Die fristlose Kündigung muss also unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ultima ratio sein.  

     

    Straftaten als wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB

    Begeht der ArbN während seiner Arbeitszeit strafrechtlich relevante Handlungen oder Delikte, die sich gegen das Eigentum oder das Vermögen des ArbG richten, verletzt er damit nicht nur seine arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten. Er missbraucht auch in schwerwiegender Weise das Vertrauen des ArbG. Dabei macht es keinen Unterschied, welchen wirtschaftlichen Schaden der ArbN tatsächlich anrichtet. Auch Diebstähle, Unterschlagungen und Veruntreuungen im Geringfügigkeitsbereich stellen keine zu duldenden harmlosen Kavaliersdelikte dar, sondern Straftaten, die vom Staat mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden können. Hierbei kommt es insoweit nicht auf Wertvorstellungen der Allgemeinheit an.