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  • 23.12.2009 | Kündigungsrecht

    Sonderkündigungsschutz: Genesungswidriges Verhalten eines Schwerbehinderten

    von RA Thorsten Theus, FA für Arbeit- und Sozialrecht, Pfeiffer & Theus, Hagen und RA Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund

    1. Hat der ArbG vor der Kündigung eines Schwerbehinderten nicht die Zustimmung des zuständigen Integrationsamts eingeholt, ist die Kündigung unwirksam. Dem ArbN steht auch dann der Sonderkündigungsschutz zu, wenn der ArbG von der Schwerbehinderung keine Kenntnis hatte. Der Schwerbehinderte hat lediglich nach Ausspruch der Kündigung den ArbG über die bestehende Schwerbehinderung innerhalb einer angemessenen Frist zu informieren; anderenfalls verliert er unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung den Sonderkündigungsschutz. Die Mitteilung ist nicht formgebunden und bedarf keines Nachweises durch Vorlage des entsprechenden Ausweises oder Feststellungsbescheids.  
    2. Der ArbN ist aufgrund seiner Treuepflicht gehalten, während der Arbeitsunfähigkeit alles zu unterlassen, was die Genesung hinauszögern könnte. Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der ArbN den Heilungserfolg durch genesungswidriges Verhalten gefährdet. Notwendig ist eine konkrete Verletzung der Interessen des ArbG, welche dieser im Bestreitensfall zu beweisen hat. Auf einem Baugerüst durchgeführte Malerarbeiten sowie Reparaturarbeiten an einem Traktor laufen nicht zwingend dem Heilungsverlauf einer jeglichen Krankheit zuwider.  
    (LAG Schleswig-Holstein 21.4.09, 5 Sa 412/08, Abruf-Nr. 093976)

     

    Sachverhalt

    Der ArbN war seit 1998 als Abteilungsleiter für den EDV-Bereich bei dem ArbG beschäftigt. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 12.9.07 wurde der ArbN rückwirkend zum 9.3.07 schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.  

     

    Ende 2006 unterzog sich der ArbN einer Bandscheibenoperation und war für etwa drei Monate arbeitsunfähig krank. Ende März 2007 kündigte der ArbG das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. Gegen die Kündigung wandte sich der ArbN in einem Vorprozess letztlich erfolgreich, da er sich auf Sonderkündigungsschutz berufen konnte.  

     

    Während des Laufs des Vorprozesses erkrankte der ArbN erneut und war seit Februar 2008 arbeitsunfähig. Ob die Arbeitsunfähigkeit erneut durch ein Rückenleiden bedingt war, blieb strittig. Der ArbG beauftragte nach Zustellung des für ihn ungünstigen Berufungsurteils im Juni 2008 eine Detektei mit der Beobachtung des ArbN. Diese stellte fest, dass der ArbN während seiner Arbeitsunfähigkeit am 24. Juni etwa 2,5 Stunden lang einen Traktor reparierte und am folgenden Tag von einem Baugerüst aus ca. 5,5 Stunden lang Malerarbeiten an seinem Haus durchführte. Der ArbG kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage des ArbN war auch in zweiter Instanz erfolgreich.