· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Unfreundlichkeit berechtigt zur Abmahnung
von Rechtsanwalt Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
| Gehört es zur arbeitsvertraglichen Pflicht des Angestellten, Kunden zu informieren und zu beraten, so stellt wiederholt unfreundliches Verhalten gegenüber Dritten eine Pflichtverletzung dar, die der Arbeitgeber abmahnen darf. Wie das Landesarbeitsgericht ( LAG) Schleswig-Holstein mit Urteil vom 20. Mai 2014 (Az. 2 Sa 17/14 ) entschied, gilt dies auch und insbesondere bei unfreundlichem Verhalten im E-Mail-Verkehr. Denn dabei könne nicht von einem spontanen „Ausrutscher“ die Rede sein, weil die Möglichkeit bestehe, unpassende Formulierungen zu korrigieren. |
Der Fall
Ein mit den Aufgaben eines Ausbildungsberaters betrauter Angestellter hatte auf eine schriftliche Bitte um Information per E-Mail geantwortet, er sei solche „nervigen Anfragen“ leid. In Bezug auf übersandte Unterlagen schrieb er: „Die meisten von Ihnen lesen es ja leider nicht einmal.“ Mit dem Hinweis „Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen ... bleibt die Freundlichkeit einfach aus.“, beschloss er die Nachricht. Infolge einer negativen Bewertung durch den Adressaten erfuhr der Arbeitgeber von diesem Verhalten und reagierte mit einer Abmahnung, die er zur Personalakte des Beschäftigten nahm.
Die Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Klage des Arbeitnehmers blieb vor Gericht in zwei Instanzen ohne Erfolg. Grundsätzlich könne jede Pflichtverletzung abgemahnt werden, führte das LAG allgemein aus. Dadurch werde der Arbeitnehmer auf seine Vertragspflichten hingewiesen und auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht. Außerdem gelte die Abmahnung als Warnung für die Zukunft.
Zwar sei es grundsätzlich möglich, zu Unrecht erteilte Abmahnungen aus einer Personalakte entfernen zu lassen. In diesem Fall aber sei das abgemahnte Verhalten auch rechtswidrig gewesen. Wer - wie der Kläger - am Arbeitsplatz zwingend mit Dritten kommunizieren muss, habe darauf zu achten, dass sein Verhalten nicht als unfreundlich empfunden wird. Denn dann wirke sich Unfreundlichkeit nicht nur auf das Ergebnis seiner Arbeit aus, sondern falle auch negativ auf den Arbeitgeber zurück. Trotzdem habe der Kläger mehrfach schriftlich (und nicht etwa bedenkenlos spontan) ungehörig seine Geringschätzung gegenüber einer Kundengruppe zum Ausdruck gebracht.
PRAXISHINWEIS | Die Ausführungen des LAG lassen sich auf Arztpraxen übertragen. Denn auch dort sind MFA gehalten, sich (selbst bei großer Hektik, unter Stress oder im Gespräch mit besonders unangenehmen Patienten) freundlich und zuvorkommend zu verhalten. Negatives Feedback von Patientenseite - etwa über Bewertungsportale - kann eine Kommunikationsstörung verdeutlichen und zu einer Abmahnung des/der unfreundlichen MFA Anlass geben. |