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  • · Fachbeitrag · Praxistest

    Prüfen Sie Ihr Wissen: Die Auflösungen

    | Nachstehend finden Sie die Antworten auf den Praxistest von Seite 99. |

     

    1.

    Ja! Der ArbN ist nicht gehindert, die Rechtswirksamkeit jeder einzelnen Abmahnung gegebenenfalls im arbeitsgerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen. Zwar mag der ArbG wütend über den Misserfolg der Verhandlungen über den Auflösungsvertrag gewesen sein, dies ändert aber nichts an seinem grundsätzlichen Recht, Pflichtverletzungen abzumahnen. Die Tatsache, dass der ArbG bislang niemals eine Abmahnung ausgesprochen hat, dann mit dem ArbN ohne Erfolg über eine Vertragsauflösung verhandelt und anschließend mehrere Abmahnungen erteilt hat, ist kein Indiz für die Rechtswidrigkeit der Abmahnungen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Rechtsmissbrauch vorliegt.

    2.

    Nein! Es muss sich bei dem Abgemahnten und dem zum Anlass der Kündigung genommenen Verhalten jeweils um „einschlägiges“ Fehlverhalten handeln. Das heißt, das abgemahnte Fehlverhalten und der Kündigungsgrund müssen gleichartig/vergleichbar sein (BAG NZA 08, 589). Das ist hier nicht der Fall.

    3.

    Nein! Es muss ein vertretbares Verhältnis zwischen der Gefährdung des Arbeitsverhältnisses und dem Fehlverhalten vorliegen, ansonsten stellt die Abmahnung eine Überreaktion dar (LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 06, 180; LAG Köln 15.4.08, 11 Sa 74/08, Abruf-Nr. 121520).

    4.

    Ja! Das BAG ist der Ansicht, dass der ArbN aus der formellen Unwirksamkeit einer Abmahnung nicht entnehmen kann, dass der ArbG mit dem abgemahnten Verhalten einverstanden ist oder es zumindest nicht als ausreichenden Grund für eine Kündigung ansieht. Der ArbN bleibt auch dann abgemahnt, wenn die Abmahnung einen Formfehler aufweist (BAG NZA 09, 894).

    5.

    Nein! Die Kündigungsschutzklage des B hatte vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern (10.5.11, 4 Ca 125/11) und vor dem LAG Rheinland-Pfalz Erfolg (10.11.11, 10 Sa 329/11, Abruf-Nr. 121521). Der Vortrag der Bank, es habe „eindeutig erotische Angebote“ gegeben, war für die Gerichte nicht nachvollziehbar. Zwar war das Verhalten des B nicht korrekt, auch weil er eine Leitungsposition und damit Vorbildfunktion hatte, doch hätte eine Abmahnung als Warnschuss genügt. Denn die Bank hatte durch ihre Änderungskündigung selbst deutlich gemacht, dass sie eine Verhaltensbesserung für möglich hielt.

    6.

    Nein! Das Arbeitsgericht Koblenz hatte für die Verärgerung des ArbN S Verständnis und gab der Klage auf Entfernung der Abmahnungen statt (3.12.10, 2 Ca 1043/10). Das LAG Rheinland-Pfalz sah die Rechtslage anders und wies die Klage ab (23.8.11, 3 Sa 150/11, Abruf-Nr. 121522). Ob die Aussagen strafrechtlich gesehen eine Beleidigung waren, sei unerheblich, da der S das gebotene Mindestmaß an Respekt gegenüber seinen Vorgesetzten vermissen ließ. Die Äußerung war auch keine „Bagatelle“, sodass eine Abmahnung eine angemessene Reaktion war. Die Abmahnungen waren auch formal korrekt.

    7.

    Ja! Die vorangegangene Abmahnung war zu unbestimmt, da O nicht habe erkennen können, durch welches Fehlverhalten er vertragliche Pflichten verletzte. Daher fehlte es an einer vorangegangenen Abmahnung, sodass trotz der groben Beleidigung die Kündigung unverhältnismäßig war (LAG Sachsen 11.2.11, 3 Sa 461/10, Abruf-Nr. 112571 in AA 11, 174).

    8.

    Nein! Zwar ist der Plakataushang geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Eigenkündigung und damit einen Schadenersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB zu bilden. Auch bei der Eigenkündigung ist jedoch eine vorherige Abmahnung des ArbN gegenüber dem ArbG erforderlich (LAG Niedersachsen 4.10.10, 9 Sa 246/10, Abruf-Nr. 110956 in AA 11, 70).

    9.

    Nein! Ist ein Pflichtverstoß einmal abgemahnt, kann er nicht mehr Grund für eine Kündigung sein, d.h. der ArbG kann erst im Wiederholungsfall kündigen. Mit einer Abmahnung verzichtet er auf eine Kündigung wegen des abgemahnten Verhaltens. Nach dem Hessischen LAG gilt das auch, wenn der ArbG erst nach der Abmahnung das „wahre Ausmaß“ der Vertragsverletzung erfährt (15.2.11, 13 Sa 1460/10, Abruf-Nr. 112369).

    10.

    Ja! D hat keine Vertragsverletzung begangen, die hätte abgemahnt werden können. ArbN, die eine Betriebsratswahl vorbereiten, könnten nicht darauf verwiesen werden, dies während der Pausen oder außerhalb der Arbeitszeit zu tun. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 2 BetrVG. Danach sind die Mitglieder des Betriebsrats für die Durchführung der erforderlichen Betriebsratsaufgaben von der Arbeitsleistung zu befreien. Gleiches muss auch für die eine Wahlversammlung einberufenden ArbN gelten. D ist keiner privaten Tätigkeit nachgegangen, sondern hat sich für das vom Gesetzgeber gewollte Ziel der Gründung eines Betriebsrats eingesetzt (Arbeitsgericht Kiel 16.9.10, 5 Ca 1030 d/10, Abruf-Nr. 104164 in AA 11, 5).

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2012 | Seite 107 | ID 33716360