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  • · Fachbeitrag · Krankengeld

    Krankmeldung: Was bei der Ein-Wochen-Frist zu beachten ist

    | Regelmäßig zahlt die Krankenkasse kein Krankengeld, wenn ihr die AU-Bescheinigung nicht rechtzeitig vorlag. Ihr Mandant trägt aber keine Schuld, wenn sein Arzt kurzfristig einen Termin verschiebt und die Bescheinigung deshalb verspätet zugeht. Das hat das SG München entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger litt an einer rezidivierenden depressiven Störung, war arbeitsunfähig geschrieben und erhielt Krankengeld. Er suchte am 15.4.19 seinen behandelnden Klinikarzt auf, um eine weitere AU-Bescheinigung zu erhalten. Dessen Termine hatten sich jedoch an diesem Tag verschoben, sodass der Kläger erst um 17 Uhr statt wie vorgesehen um 16 Uhr mit dem Arzt sprechen konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Schreibkräfte nicht mehr anwesend. Daher stellte der Arzt die AU-Bescheinigung nicht am selben Tag aus. Der Kläger erhielt die Bescheinigung vielmehr erst fünf Tage später per Post zugeschickt. Er leitete die Bescheinigung sofort an seine Krankenkasse, die diese am 24.4.19 erhielt. Die Beklagte zahlte für die Zeit vom 16.4. bis 23.4.19 kein Krankengeld, da die Bescheinigung nicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V innerhalb einer Woche bei ihr eingegangen sei. Nachdem sein Widerspruch erfolglos blieb, bestätigte das SG den Anspruch auf Krankengeld (SG München 17.6.20, S 7 KR 1719/19, Abruf-Nr. 216664). Der Kläger habe die Frist eingehalten.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach der Entscheidung des SG München kann sich eine Krankenkasse nicht auf einen verspäteten Zugang der AU-Bescheinigung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste.

     

     

    MERKE | Als Bevollmächtigter sollten Sie in solchen Fällen genau prüfen, ob sich Ihr Mandant tatsächlich eine verspätete Einreichung zurechnen lassen muss oder ob diese auf Organisationsmängeln beruht, die von der Krankenkasse zu vertreten sind.

     

    Im vorliegenden Fall hatte der Kläger diese nicht am Tage der Untersuchung (15.4.19), sondern erst mit fünftägiger Verspätung am 20.4.19 erhalten. Dies könne jedoch nicht dem Kläger angelastet werden. Krankenkassen müssten sicherstellen, dass Ärzte als Leistungserbringer AU-Bescheinigungen gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V unverzüglich aushändigen, so das SG.

     

    Gegenüber dem Leistungserbringer habe die Krankenkasse zudem Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten, die ein Versicherter eben nicht habe. Keinesfalls darf die Krankenkasse die Ein-Wochen-Frist „kürzen“, indem sie auf den Tag der Untersuchung abstellt und eben nicht auf den Tag, an dem die AU-Bescheinigung dem Versicherten auch ausgehändigt wird bzw. zugeht.

     

    Relevanz für die Praxis

    Auch wenn Ihr Mandant auf verschiedenen Wegen die AU einreichen kann, sollte er einen sicheren wählen, da er den Zugang beweisen muss. Der Krankenkasse eine Arbeitsunfähigkeit mündlich mitzuteilen, ist zwar möglich, aber nicht zu empfehlen. Sinnvoll ist eher das Einscannen der AU-Bescheinigung und der Versand per E-Mail. Nützlich sind ebenso Krankenkassen-Apps, mit denen AU-Bescheinigungen abfotografiert oder als Datei an die Kasse übermittelt werden können. Das LSG Berlin-Brandenburg hat zum Versand von AU-Bescheinigungen festgestellt: Schließt oder verlegt die Krankenkasse Geschäftsstellen, muss sie ihre Versicherten informieren. Läuft zunächst nur ein Nachsendeauftrag, könnten Versicherte den Eindruck haben, die Geschäftsstelle sei weiter vorhanden. Dies könnte dazu führen, dass sie ihre Bescheinigungen weiter dorthin schicken (LSG Berlin-Brandenburg 5.8.20, L 9 KR 234/19). Eine verspätete AU-Bescheinigung ist ihnen dann nicht anzulasten.

     

    PRAXISTIPP | Sämtliche Probleme um den rechtzeitigen Versand von AU-Bescheinigungen sollten sich zum 1.1.21 erledigen, wenn die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) eingeführt wird. Von da an übermitteln Ärzte die AU-Bescheinigungen digital an die Krankenkasse. Diese wiederum leiten sie an die Arbeitgeber weiter. Damit entfällt nicht nur der gelbe Schein, sondern auch die bisherige Pflicht Ihres Mandanten, die Bescheinigungen rechtzeitig einzureichen. Trotzdem muss er nach wie vor darauf achten, bei einer Folgebescheinigung rechtzeitig vor Ende der AU beim Arzt zu erscheinen (SR 16, 57).

     
    Quelle: ID 46931524