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  • · Fachbeitrag · Entgeltfortzahlung

    Die Erschütterung des Beweiswerts einer im Nicht-EU-Ausland erstellten AUB

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Der Beweiswert einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) kann erschüttert sein, wenn nach der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des zu würdigenden Einzelfalls Umstände vorliegen, die zwar für sich betrachtet unverfänglich sein mögen, in der Gesamtschau aber ernsthafte Zweifel am Beweiswert begründen. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei einer inländischen AUB. |

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für Zeiten, in denen der ArbN während seines Auslandsurlaubs im Sommer 2022 erkrankt sein will. Er ist seit 2002 als Lagerarbeiter beim ArbG beschäftigt. Bereits in den Jahren 2017, 2019 und 2020 legte er dem ArbG im direkten zeitlichen Zusammenhang mit seinem Urlaub AUBs vor. Vom 22.8. bis zum 9.9.22 hatte der ArbN Urlaub, den er in Tunesien verbrachte. Mit E-Mail vom 7.9.22 teilte er dem ArbG mit, er sei bis zum 30.9.22 krankgeschrieben. Beigefügt war ein Attest eines tunesischen Arztes vom selben Tag, der in französischer Sprache bescheinigte, dass er den ArbN untersucht habe. Dieser leide danach an „schweren Ischialbeschwerden“ im engen Lendenwirbelsäulenkanal. Er benötige daher 24 Tage strenge häusliche Ruhe bis zum 30.9.22. Während dieser Zeit dürfe er sich nicht bewegen oder reisen.

     

    Einen Tag nach diesem Arztbesuch buchte der ArbN ein Fährticket für den 29.9.22 und reiste an diesem Tag mit seinem PKW zunächst mit der Fähre von Tunis nach Genua und dann weiter nach Deutschland zurück. Danach legte er dem ArbG eine Erstbescheinigung eines deutschen Arztes vom 4.10.22 vor, in der Arbeitsunfähigkeit bis zum 8.10.22 bescheinigt wurde. Nachdem der ArbG dem ArbN mitgeteilt hatte, dass es sich seiner Auffassung nach bei dem Attest des tunesischen Arztes nicht um eine AUB handele, legte dieser eine erläuternde Bescheinigung des tunesischen Arztes vor, in welcher dieser bescheinigt, den ArbN in Tunesien persönlich untersucht zu haben. Weiter heißt es: „Er hatte eine beidseitige Lumboischialgie, die eine Ruhepause mit Arbeitsunfähigkeit und Reiseverbot für 24 Tage vom 07/09/2022 bis zum 30/09/2022 erforderlich machte.“ Der ArbG lehnt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ab. Mit seiner Klage verlangte der ArbN Entgeltfortzahlung. Das LAG verurteilte den ArbG zur Zahlung (LAG München 16.5.24, 9 Sa 538/23).