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  • · Fachbeitrag · Arbeitszeugnis

    Arbeitswelt 2.0: Codes, Formulierungen, Zeichen in Arbeitszeugnissen, Teil 1

    von RA Dirk Helge Laskawy, FAArbR und RAin Peggy Lomb, FAArbR, beide Aderhold Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH, Leipzig/München

    | Welchen Wert hat ein Arbeitszeugnis in der heutigen Arbeitswelt? Was hat sich in den vergangenen Jahren bei der Ausstellung von Arbeitszeugnissen geändert? Eines steht fest: Das qualifizierte Arbeitszeugnis mit der Beurteilung der Leistung und des Verhaltens spielt bei einer Bewerbung unverändert eine entscheidende Rolle. Zudem steigt die Bedeutung von Arbeitszeugnissen mit den Anforderungen der Stelle und der Qualifikation. Der dreiteilige Beitrag zeigt dem Praktiker wie Arbeitszeugnisse heute formuliert werden müssen und welche Inhalte unter „geht gar nicht“ fallen. |

    1. Das Recht auf ein wohlwollendes Zeugnis

    Der Zeugnisanspruch des ArbN ergibt sich aus § 630 BGB i.V.m. § 109 GewO. Für Auszubildende gilt § 16 BBiG. Die Mindestangaben betreffen Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis); § 109 Abs. 1 S. 2 GewO. In der Regel wird der ArbN jedoch ein qualifiziertes Zeugnis verlangen, also ein Zeugnis, das neben den Mindestangaben noch Angaben zur Leistung und dem Verhalten im Arbeitsverhältnis enthält. Während der ArbG den Anspruch auf die Erteilung eines einfachen Zeugnisses von sich aus zu erfüllen hat, muss der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis vom ArbN ausdrücklich geltend gemacht werden.

     

    Darüber hinaus soll das Arbeitszeugnis eine tatsächliche Wiedergabe der persönlichen Leistung enthalten und vom Wohlwollen des ArbG geprägt sein. Ein schwieriges Unterfangen, wie zwei Beispiele zeigen:

     

    • Beispiele
    • „Stets zeigte er eine herausragende Einsatzbereitschaft, wobei sein Enthusiasmus und seine optimistische Haltung auch in schwierigen Arbeitssituationen sehr beflügelnd auf Kollegen und Mitarbeiter wirkten.“
    • „Ihre folgerichtige Denkweise kennzeichnet ihre sichere Urteilsfähigkeit in vertrauten Zusammenhängen.“
     

    Zeugnisformulierungen wie diese sind keine „Geheimsprache“ des ArbG, vielmehr sollen sie dem Schutz des ArbN dienen. Der BGH stellte bereits 1963klar, der ArbG sei wegen seiner „auch über das Ende des Dienstverhältnisses hinausreichenden sozialen Mitverantwortung“ verpflichtet, das Zeugnis nicht nur der Wahrheit entsprechend, sondern mit verständigem Wohlwollen abzufassen. Seitdem ergänzt das BAG die Wahrheitspflicht um das „Wohlwollen“. „Übellaunige“ Absichten, dem ausscheidenden Mitarbeiter zu schaden, die Erwähnung von Unwesentlichem und kleineren Vorfällen oder vernichtende Zeugnisse verstoßen gegen die Pflicht zum Wohlwollen (BAG NZA 06, 104).

     

    Eine unzweifelhaft und vollständig schlechte Leistung muss unverändert mit der Note mangelhaft bewertet werden. Der Wahrheitsaspekt wiegt schwerer als das Wohlwollen. In der Zeugnissprache bildete sich ein abgestuftes System heraus, das unter Verwendung von Umschreibungen einer fünfstufigen Notenskala (sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft) entspricht.

     

    • Formulierungen der Leistung im Arbeitsverhältnis

    Er/sie hat die ihm/ihr übertragenen Aufgaben

    stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt/zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt und unseren Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen.

    bescheinigt eine durchweg sehr gute Leistung.

    stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

    bescheinigt eine gute Leistung.

    zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

    bescheinigt eine durchschnittliche Leistung.

    zu unserer Zufriedenheit erledigt.

    bescheinigt eine unterdurchschnittliche, noch ausreichende Leistung.

    im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt; er/sie hat sich bemüht, die übertragene Arbeit zu unserer Zufriedenheit zu erledigen/führte die ihm übertragenen Aufgabe mit großem Fleiß und Interesse durch.

    bescheinigt eine völlig unbrauchbare, ungenügende Leistung.

     

    Der ArbN hat nur dann einen Anspruch auf die Bescheinigung einer sehr guten Leistung, wenn seine Leistungen in jeder Hinsicht überdurchschnittlich gewesen sind bzw. den Mitarbeiter besonders auszeichnende Umstände vorliegen. Gute Leistungen dürfen zu keiner Zeit zu beanstanden gewesen sein, sie müssen sich aus dem Durchschnitt herausgehoben haben. Eine durchschnittliche Leistung wird als befriedigend bewertet. Mit der Formulierung „zu unserer Zufriedenheit“ bringt der ArbG zum Ausdruck, der ArbN habe unterdurchschnittliche, aber noch ausreichende Leistungen erbracht, die Formulierung „er führte die ihm übertragenen Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durch“ enthält die Erklärung, der ArbN habe sich bemüht, aber im Ergebnis nichts geleistet.

     

    Das Verhalten ist bezogen auf alle Personengruppen, mit denen der ArbN im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Umgang hatte. Dies sind Vorgesetzte, gleichrangige und unterstellte Mitarbeiter sowie Kunden und Geschäftspartner des ArbG. Wird eine relevante Personengruppe nicht im Zeugnis erwähnt, sind also nicht alle Verhaltensrichtungen beurteilt, deutet dies auf Probleme des ArbN mit der betreffenden Personengruppe hin und wertet das Verhalten insgesamt ab. Für die Beurteilung der Führung/des Verhaltens werden in der Praxis häufig die folgenden abgestuften Wertungen verwendet (Müller-Glöge in ErfKomm, GewO § 109, Rn. 88):

     

    • Bewertung der Führung und des Verhaltens

    Sein/ihr Verhalten war

    stets vorbildlich

    sehr gut

    vorbildlich

    gut

    stets höflich und einwandfrei/korrekt

    befriedigend

    ohne Tadel/gab keinen Anlass zu Beanstandungen

    ausreichend

    insgesamt/im Wesentlichen einwandfrei/korrekt

    mangelhaft

     

    Gleiches kann gelten, wenn die übliche Reihenfolge nicht eingehalten wird, also zum Beispiel die Kollegen vor den Vorgesetzten aufgezählt werden. Daher sollte von der üblichen Reihenfolge - Vorgesetzte, Kollegen, unterstellte Mitarbeiter, außerbetriebliche Personengruppen - nicht abgewichen werden.

    2. Verbotene Codes und Inhalte des Zeugnisses

    Gemäß § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den ArbN zu treffen.

     

    Verbotene Codes

    Zu den verbotenen Codes gehören bestimmte Zeichen, die Benutzung eines bestimmten Papiers (Farbe, Wasserzeichen) oder bestimmten Schreibstifts, eines bestimmten Stempels und optische Hervorhebungen von Textstellen (z.B. Unterstreichungen). So soll die Unterstreichung der Telefonnummer des ehemaligen ArbG den zukünftigen ArbG darauf hinweisen, anzurufen und nach der tatsächlichen Leistung des ArbN zu befragen. Ein geheimer Code soll im Zusammenfalten des Zeugnisses bestehen (Hinweis auf ein Hausverbot).

     

    Verbotene Inhalte

    Auch der Inhalt ist häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Anhand einiger Entscheidungen lässt sich eine Liste verbotener Inhalte erstellen, die gegenüber dem ehemaligen ArbN keinen Platz im Zeugnis finden dürfen:

     

    • Schwangerschaft, Mutterschutz, Erziehungsurlaub 
    • Betriebsratstätigkeit; Angaben oder Andeutungen hierzu darf das Arbeitszeugnis nicht enthalten, es sei denn, der ArbN wünscht dies ausdrücklich
    • Gehalt 
    • Straftaten dürfen nur angegeben werden, wenn sie eine dienstliche Pflichtverletzung darstellen, der ArbN rechtskräftig verurteilt und das Arbeitsverhältnis deswegen beendet wurde. Hierbei genügt meist allein die Angabe eines vom Monatsende abweichenden Beendigungsdatums.
    • Nebentätigkeiten und alle Privatangelegenheiten zählen zum Intimbereich und gehören nicht in ein Arbeitszeugnis (Vermögensverhältnisse, Sexualleben, Konfessionszugehörigkeit, Parteibindung).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe fortgesetzt.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 82 | ID 42643900