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  • · Fachbeitrag · Patientenrechte

    DS-GVO: So gehen Sie mit Auskunftsersuchen und Löschungsansprüchen von Patienten um

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Jan Moeck, D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de

    | Wissen Sie, was zu tun ist, wenn ein Patient verlangt, dass die von Ihnen erhobenen, personenbezogenen Daten gelöscht werden, da die Behandlung beendet ist und damit der Verarbeitungszweck nicht mehr besteht oder wenn er der weiteren Datenverarbeitung widerspricht? Die DS-GVO trifft dazu differenzierte Vorgaben. Die Einzelheiten regeln Art. 12, 13, 17 und 18 DS-GVO. |

    Sie müssen über Umfang und Zweck der Datenerhebung informieren

    Einen wesentlichen Bestandteil der DS-GVO bildet die Information der Betroffenen (hier: der Patienten) über Umfang und Zweck der Datenerhebung sowie über ihre Rechte nach Art. 12, 13 DS-GVO. Die Grundsätze einer fairen und transparenten Verarbeitung machen es erforderlich, dass der Betroffene über die Existenz des Verarbeitungsvorgangs und seine Zwecke unterrichtet wird. Die Information soll präzise, aber leicht verständlich, d. h. in einer klaren und einfachen Sprache gefasst, und leicht zugänglich sein. Sie kann entweder in Papierform oder elektronisch erfolgen.

     

    Grundsätzlich kann dies durch Informationen auf der Praxis-Homepage, einen gut sichtbaren Aushang in den Praxisräumen oder durch Aushändigung eines Patienteninformationsblatts erfolgen.

     

    PRAXISTIPP | Zur Erleichterung dieses (unbezahlten) Bürokratieaufwands können die Muster von Patienteninformationen bzw. standardisierten Formblättern der Landeszahnärztekammern und der BZÄK oder den KZVen und der KZBV genutzt werden.

     

    Bisher: Patient hat Einsichtsrecht aus dem Behandlungsvertrag

    Bereits nach den Vorschriften über den Behandlungsvertrag haben Patienten gemäß § 630g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein umfassendes Einsichtsrecht in die vollständige Patientenakte. Der Einzelne kann danach auch Abschriften von der Patientenakte, d. h. die Übersendung von Kopien der Behandlungsdokumentation, verlangen.

    Bisher: Berufsrecht gibt Patienten Einsichtsrecht

    Darüber hinaus ist das Einsichtsrecht in die Patientenakte auch in den Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern geregelt (vgl. § 12 Abs. 4 der Musterberufsordnung Zahnärzte).

    DS-GVO regelt zusätzliche Auskunftsrechte des Patienten

    Nach Art. 15 DS-GVO können Patienten außerdem Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten wie folgt verlangen:

     

    • Der Patient hat das Recht auf Auskunft über die eigenen gesundheitsbezogenen Daten.
    • Das umfasst auch die Daten aus der Patientenakte wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden (Zahn-)Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen.
    • Der Patient kann die Aushändigung von Kopien dieser Daten verlangen.

     

    Das Recht kann eingeschränkt sein

    Nach den behandlungsvertraglichen und berufsrechtlichen Regelungen besteht das Einsichtsrecht nur, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Ist dies der Fall, kann der Zahnarzt die Patientenakte oder Teile davon zurückhalten. Zwar gilt auch nach der DS-GVO, dass das Auskunftsrecht des Betroffenen nicht die Rechte anderer Personen beeinträchtigen darf. Die Verweigerung aus therapeutischen Gründen ist dagegen ausdrücklich nicht vorgesehen.

     

    Derzeit ist ungeklärt, ob der Auskunftsanspruch des Patienten nach DS-GVO tatsächlich weiter reichen kann als das behandlungsvertragliche und berufsrechtliche Einsichtsrecht des Patienten. Teilweise wird davon ausgegangen, dass die Verweigerung aus therapeutischen Gründen auch nach Inkrafttreten der DS-GVO gilt, also auch dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch entgegengehalten werden kann.

     

    Eventuell sind die Kopien kostenfrei

    Ein weiterer Unterschied zwischen Datenschutz- und Behandlungsvertragsrecht ist:

     

    • Nach § 630g Abs. 2 S. 2 BGB hat der Patient die für die Gewährung der Einsichtnahme entstandenen Kosten zu erstatten.
    • Ein solcher Kostenerstattungsanspruch ist dagegen beim datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch, der ebenfalls auf Aushändigung von Kopien gerichtet sein kann, nicht vorgesehen.

     

    Es ist daher fraglich, ob der (vertragliche) Kostenerstattungsanspruch noch gilt. Jedenfalls sollte die Aushändigung an den Patienten nicht von einer vorherigen Kostenerstattung abhängig gemacht werden.

    Patientenrechte und Zahnarztpflichten beim Löschen

    Nach Art. 17 DS-GVO hat der Patient ein Recht auf Löschung seiner (Gesundheits-)Daten (= „Recht auf Vergessenwerden“). Darüber hinaus ist der Zahnarzt ‒ unabhängig von der Geltendmachung des Löschungsanspruchs ‒ verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke nicht mehr notwendig sind, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden.

    Gesetzliche Aufbewahrungsfristen stehen Löschen entgegen

    Etwas anderes gilt nur, solange noch gesetzliche Aufbewahrungsfristen laufen, die sowohl dem Recht auf Löschung als auch der entsprechenden Pflicht entgegenstehen:

     

    • Für die (allgemeine) Patientenakte besteht nach den Regelungen über den Behandlungsvertrag und den berufsrechtlichen Vorgaben eine 10-jährige Aufbewahrungspflicht (§ 630f Abs. 3 BGB, § 12 Abs. 1 Musterberufsordnung).
    • Es können allerdings auch längere Aufbewahrungspflichten gesetzlich vorgegeben sein: Nach § 28 Abs. 3 der Röntgenverordnung sind Aufzeichnungen über Röntgenbehandlungen 30 Jahre lang nach der letzten Behandlung aufzubewahren. Röntgenbilder und Aufzeichnungen über Röntgenuntersuchungen sind 10 Jahre lang nach der letzten Untersuchung aufzubewahren. Röntgenbilder und die Aufzeichnungen von Röntgenuntersuchungen einer Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres dieser Person aufzubewahren.
    • Entsprechende Aufbewahrungsfristen gelten nach der Strahlenschutzverordnung für Aufzeichnungen über die Anwendung von Strahlen bei Untersuchungen bzw. Behandlungen von Patienten.

     

    Während der Zeit der Aufbewahrungspflicht besteht keine Löschungspflicht, da die Datenverarbeitung nach Beendigung der Behandlung (= Datenaufbewahrung) zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (= gesetzliche Aufbewahrungspflicht) erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt (Art. 6 Abs. 1 c) DS-GVO).

     

    Auch soweit der Patient innerhalb der Aufbewahrungspflichten der Verarbeitung widerspricht und ein Löschen der Daten oder eine Einschränkung der Verarbeitung (früher: Sperrung) beansprucht, kann sich der Zahnarzt auf die gesetzliche Aufbewahrungspflicht berufen (§ 17 Abs. 3 b) DS-GVO).

    Aufbewahrungsende kann mit Verjährung kollidieren

    Die Pflicht zur Löschung von Daten nach Ablauf der 10-jährigen Aufbewahrungspflichten kann mit der zivilrechtlichen Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Behandlungsfehlern kollidieren, die mitunter 30 Jahre betragen kann. Macht der Patient nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht und Löschung der Behandlungsdaten durch den Zahnarzt Haftungsansprüche geltend, ist die Verteidigung des Zahnarztes erschwert, da ihm die Behandlungsunterlagen nicht mehr als Beweis seiner lege-artis-Behandlung zur Verfügung stehen.

     

    Da die Verjährungsfrist keine Aufbewahrungspflicht darstellt, kann sie die Löschungspflicht nach DS-GVO nicht per se aushebeln. Allerdings kann der Zweck der Datenaufbewahrung zur Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen nach der DS-GVO einer Löschungspflicht entgegenstehen. Wenn sich beispielsweise schon Komplikationen nach Ende des Behandlungsverhältnisses abzeichnen, dürfte das berechtigte Interesse des Zahnarztes an der Aufbewahrung der Behandlungsdokumentation wohl das Interesse des Patienten an der Löschung der Daten überwiegen.

    Quelle: Sonderausgabe 01 / 2018 | Seite 16 | ID 45494637