Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Steuergestaltung

    Die Spielregeln des Steuerzahlens: So agieren Sie richtig bei Vorauszahlung und Stundung

    von Steuerberater Björn Ziegler, Kanzlei LZS Steuerberater, Würzburg

    | Als selbstständiger Zahnarzt müssen Sie fortlaufend Steuervorauszahlungen an Ihr Finanzamt überweisen. Zum Jahresende wird mit der Steuererklärung abgerechnet. Der nachfolgende Beitrag zeigt anschaulich, dass Ihnen die Spielregeln der Steuerzahlung nicht nur Pflichten auferlegen. Vielmehr können Sie durch Anträge aktiv in den Prozess eingreifen und so zum Beispiel Vorauszahlungen anpassen, Zahlungen stunden lassen und Nachzahlungszinsen vermeiden. Wie das genau geht, wird im Beitrag anhand praktischer Beispiele geschildert. |

    So geht das Finanzamt bei der Festsetzung vor

    Die laufende Steuervorauszahlung ist Ihnen bekannt: Beginnend mit dem 10. März müssen Sie quartalsweise einen Abschlag auf Ihre voraussichtliche Steuerschuld leisten. Hat das Finanzamt Anhaltspunkte dafür, dass sich Ihr Einkommen verändert, kann es die Vorauszahlungen auch unterjährig anpassen. Es kann sogar noch nach Ablauf des Jahres eine sogenannte „nachträgliche Vorauszahlung“ einfordern. Die letzte von Ihnen eingereichte Steuererklärung dient dann als Orientierung.

     

    Im Falle einer deutlichen Steigerung des Jahresgewinns würde das wie nachfolgend geschildert aussehen:

     

    • Beispiel 1: Deutlicher Gewinnsprung

    Dr. Sommer hat das Jahr 2012 mit einem deutlichen Gewinnsprung abschließen können. Die betriebswirtschaftliche Auswertung per 31. Dezember ließ eine Steuernachzahlung von 15.000 Euro erwarten. Er vereinbarte mit seinem Steuerberater, dass die Einkommensteuererklärung möglichst spät beim Finanzamt eingereicht wird. Regulär lief die Abgabefrist am 31. Dezember 2013 ab. Der Steuerberater konnte jedoch eine Verlängerung bis 28. Februar 2014 erreichen. Was erwartet Dr. Sommer in diesen Tagen?

     

    Das Finanzamt hat die Steuervorauszahlungen 2013 bisher nach der letzten eingereichten Einkommensteuererklärung festgesetzt, also auf Basis des Jahres 2011. Wegen der neuen Werte aus der 2012er-Erklärung erkennt es die Gewinnsteigerung und geht von demselben Gewinn für 2013 aus.

     

    Obwohl das Jahr 2013 schon abgelaufen ist, wird das Finanzamt mit der Nachzahlung 2012 eine nachträgliche Vorauszahlung 2013 in ähnlicher Höhe festsetzen - Dr. Sommer muss daher mit einer Steuernachzahlung von rund 30.000 Euro rechnen. Hinzu kommt, dass die laufenden Vorauszahlungen 2014 angehoben werden. In Beispiel 1 werden die Vorauszahlungen spätestens ab Mitte Juni deutlich höher ausfallen als bisher.

     

    PRAXISHINWEIS | In der Regel korrespondiert die Bemessungsgrundlage der Steuervorauszahlungen mit derjenigen für die vorläufige Beitragsfestsetzung des Versorgungswerks. Dr. Sommer muss zusätzlich zur Steuernachzahlung die Nachzahlung an das Versorgungswerk für 2012 sowie eine nachträgliche Sollerhöhung 2013 und eine laufende Sollerhöhung 2014 einkalkulieren! Diese Entwicklung war schon mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 2012 abzusehen. Er musste daher das Jahr 2013 dafür nutzen, Liquiditätsreserven aufzubauen. Andernfalls hätte ihm mit den Veranlagungsbescheiden 2012 ein böses Erwachen gedroht.

     

    Herabsetzung der Vorauszahlungen ist möglich

    Die Vorauszahlungen kennen zum Glück nicht nur den Weg nach oben - sie können bei Bedarf auch reduziert werden. In der Praxis ist das Finanzamt hier weit weniger initiativ als bei Erhöhungen. Das folgende Beispiel zeigt, welche Möglichkeiten Sie bei einem Gewinneinbruch haben.

     

    • Beispiel 2: Gewinneinbruch

    Erwartet Dr. Sommer im Gegensatz zum Gewinnsprung (Beispiel 1) aufgrund eines Gewinneinbruchs für 2012 eine hohe Steuererstattung, kann er nur bei früher Abgabe der Steuererklärung 2012 damit rechnen, dass die Vorauszahlungen 2013 automatisch herabgesetzt werden. Erfolgt seine Steuerveranlagung 2012 erst Anfang des Jahres 2014, weil er beispielsweise die Belege erst sehr spät zusammenstellen konnte, wird das Finanzamt die Vorauszahlungen 2013 nicht mehr von sich aus nachträglich herabsetzen. Dr. Sommer müsste einen separaten Antrag stellen. In dieser Konstellation kommt es immer wieder vor, dass das Finanzamt die Herabsetzung nur widerwillig gewährt und stattdessen erst einmal auf die Möglichkeit verweist, doch gleich die Steuererklärung 2013 einzureichen. Das müssen Sie jedoch nicht hinnehmen.

     

    Wenn Sie bereits wissen, dass das Ergebnis Ihrer noch einzureichenden Steuererklärung im darauffolgenden Jahr nicht erreicht wird, können Sie einer Erhöhung der Vorauszahlungen vorbeugen. Im Rahmen der Steuererklärung müssen Sie beantragen, dass auf die Anpassung der Vorauszahlungen verzichtet wird. Der Finanzbeamte muss hierzu die Automatik in der EDV deaktivieren. Stellen Sie keinen Antrag oder wird er vom Finanzamt übersehen, müssen Sie spätestens auf die Anpassungsbescheide reagieren.

     

    • Beispiel 3: Erhöhung der Vorauszahlung verhindern

    Wie in Beispiel 1 („Deutlicher Gewinnsprung“) war Dr. Sommer in 2012 sehr erfolgreich. Er erkrankte jedoch im Laufe des Jahres 2013 schwer und weiß daher, dass er sein gutes Ergebnis aus 2012 nicht wieder erreichen wird. Diese Information kann Dr. Sommer unterschiedlich einsetzen, um beim Finanzamt die Anpassung seiner Vorauszahlungen zu veranlassen.

     

    Wie geschildert, werden die 2011er Werte zur Ermittlung der Vorauszahlung für das Jahr 2013 zugrunde gelegt. Rangiert das Ergebnis des Jahres 2013 zwar unter dem von 2012, aber in etwa auf Höhe des 2011er-Ergebnisses, sind die laufenden Vorauszahlungen in Ordnung. Dr. Sommer muss nun lediglich verhindern, dass die Vorauszahlungen auf das Niveau von 2012 erhöht werden. Dies geschieht durch einen entsprechenden Antrag.

     

    Rangiert das Ergebnis 2013 auch deutlich unter dem von 2011 und ist dieser Umstand schon früh erkennbar, kann Dr. Sommer schon im Laufe des Jahres 2013 beantragen, dass seine Vorauszahlungen herabgesetzt werden. Angepasst werden dabei immer die noch offenen Vorauszahlungen des Jahres.

    Stundung von Steuerzahlungen

    Nun beeinflussen unvorhersehbare Ereignisse wie zum Beispiel Krankheit, Unfall oder Feuer nicht nur den steuerlichen Gewinn, sondern auch die Liquidität auf Ihrem Konto. Wenn ausgerechnet in dieser Situation noch hohe Steuerzahlungen anstehen, kann eine Stundung angebracht sein, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.

     

    • Beispiel 4: Stundung wegen Krankheit

    Dr. Sommer ist erst im letzten Quartal 2013 erkrankt. Der deutliche Rückgang der Privatliquidationen hat seine Finanzen schon merklich strapaziert und die niedrigere Schlusszahlung der KZV trifft ihn in Kürze. Dr. Sommer hatte im Laufe des Jahres 2013 Liquiditätsreserven aufgebaut, die nun für Praxismiete, Gehälter und andere fortlaufende Betriebsausgaben verbraucht sind. Dr. Sommer fragt, ob er die Steuerzahlungen eventuell stunden lassen kann und was das kostet.

     

    Die Theorie beim Thema Stundung

    Bei der Stundung weichen Theorie und Praxis voneinander ab. In der Theorie darf das Finanzamt eine Stundung nur gewähren, wenn die Steuerzahlung eine erhebliche Härte für Dr. Sommer darstellt. Bei einem personenbezogenen Anlass wie einer Erkrankung müsste das Finanzamt außerdem prüfen, ob Dr. Sommer stundungswürdig und stundungsbedürftig ist. Stundungswürdigkeit bedeutet, dass Dr. Sommer den Liquiditätsengpass nicht durch Spekulationen oder überflüssige Investitionen und Ausgaben selbst verschuldet hat. Stundungsbedürftig ist Dr. Sommer erst, wenn er keine liquidierbaren Vermögenswerte wie Depots etc. mehr hat und sein Kreditrahmen so weit ausgereizt ist, dass eine Bankenfinanzierung unmöglich ist. Die theoretischen Hürden für eine Stundung hängen also sehr hoch.

     

    Die Praxis des Finanzamts

    In der Praxis zeigt das Finanzamt in den allermeisten Fällen zum Glück mehr Verständnis für solche Zwangslagen. Dabei gilt, dass Steuernachzahlungen leichter gestundet werden als Steuervorauszahlungen. Die laufenden Vorauszahlungen sollten Sie - wenn möglich - bedienen und nur für Nachzahlungen Stundung beantragen. Mit dem Stundungsantrag sollten Sie gleich einen Ratenzahlungsvorschlag unterbreiten. Dr. Sommer könnte in Beispiel 4 für die 15.000 Euro Steuernachzahlung 2012 eine Zahlung in fünf monatliche Raten à 3.000 Euro anbieten. In der Praxis wird solch einem Vorschlag meist entsprochen und die Stundungsbedürftigkeit nicht mehr geprüft.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Stundungsbetrag wird mit 6 Prozent pro Jahr verzinst. In der aktuellen Zinssituation kann es daher günstiger sein, einen Liquiditätsengpass mithilfe eines Bankdarlehens zu überbrücken. Müssten Sie hingegen Ihren Kontokorrentkredit in Anspruch nehmen, wäre stattdessen der Antrag auf Stundung beim Finanzamt die bessere Wahl.

     

    Verrechnungsstundung

    Eine zinsfreie Variante der Stundung ist die sogenannte Verrechnungsstundung. Erwarten Sie beispielsweise aus der Jahressteuererklärung 2013 eine Erstattung von 10.000 Euro, können Sie die Steuererklärung Ende Mai einreichen und das erwartete Guthaben mit der am 10. Juni fälligen Steuervorauszahlung verrechnen lassen. Bis der Steuerbescheid ergeht, beantragen Sie für die laufende Vorauszahlung eine „technische Stundung“.

    Steuerhochrechnung hilfreich

    Um die Angemessenheit der Vorauszahlungen abschätzen und für hohe Nachzahlungen Rücklagen bilden zu können, ist eine Hochrechnung Ihrer Steuer anhand der betriebswirtschaftlichen Auswertung per 30. September und per 31. Dezember eines Jahres hilfreich.

     

    So gelangen Sie zum Jahresgewinn

    Um von den Werten der Buchhaltung zum Jahresgewinn zu gelangen, sind insbesondere folgende Punkte zu hinterfragen:

     

    • Wird im 4. Quartal ein Weihnachtsgeld gezahlt, das bei der Hochrechnung per 30. September auf die Personalkosten aufgeschlagen werden muss?
    • Sind die Kfz-Kosten noch um einen privaten Anteil zu kürzen oder müssen Fahrtkosten mit dem privaten Pkw noch erfasst werden?
    • Wurde der KZV-Abschlag für Dezember in der Zeit vom 1. bis 10. Januar gezahlt? Falls ja, ist er im Vorjahr zu versteuern.

     

    So können Sie die Einkommensteuer hochrechnen

    Wollen Sie finanziell planen und daher wissen, wie hoch Ihre Einkommensteuer sein wird, müssen Sie größere Veränderungen im privaten Bereich in die Hochrechnung mit einbeziehen. Klären sollten Sie dabei vor allem die nachfolgend aufgelisteten Fragen:

     

    • Traten beim Ehepartner Arbeitslosigkeit oder Gehaltsveränderungen ein?
    • Hat ein Ehepartner die Steuerklasse gewechselt mit entsprechender Auswirkung auf den Lohnsteuereinbehalt?
    • Gab es Investitionen in Immobilien, Leerstand oder größere Reparaturen an Mietobjekten?
    • Wurden Rürup-Renten stillgelegt oder neu abgeschlossen?
    • Wurde der Beitrag zum Versorgungswerk verändert?
    • Ist eine Eheschließung oder Scheidung zu berücksichtigen?

     

    Entsprechend des Ergebnisses der Hochrechnung sollte die Abgabe der Steuererklärung früher oder später im Jahr terminiert werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Manchmal werden bei der Steuerhochrechnung falsche Annahmen getroffen und infolgedessen die Vorauszahlungen zu weit herabgesetzt - zum Beispiel bei Gesetzesänderungen im Gesundheitswesen oder krankheitsbedingtem Ausfall. Erkennen Sie einen solchen Irrtum, sollten Sie ausnahmsweise nicht bis zur Jahressteuererklärung mit der Richtigstellung warten, da das Gesetz eine Berichtigungspflicht vorsieht. Unterlassen Sie die Richtigstellung, erfüllt dies den Tatbestand der Steuerhinterziehung auf Zeit und kann im Einzelfall unangenehme Folgen haben.

     

    Vermeidung von Festsetzungszinsen

    Zu guter Letzt ist noch darauf hinzuweisen, dass Steuernachzahlungen auch ohne Stundungsantrag verzinst werden, wenn die Veranlagung sehr spät erfolgt. Der Zinslauf beginnt stets am 1. April des übernächsten Jahres, für 2012 also am 1. April 2014. Wurde die Steuererklärung für das Jahr 2012 erst am 28. Februar 2014 eingereicht, können Verzögerungen im Finanzamt dazu führen, dass die Veranlagungsstelle noch einige Zeit benötigt.

     

    Dabei spielt es keine Rolle, ob das Finanzamt unterbesetzt ist, Ihr Sachbearbeiter erkrankt ist oder der Datensatz Ihrer elektronisch einzureichenden Steuererklärung schlicht im Amt nicht mehr aufgefunden wird - was leider vorkommt. Ab 1. April läuft automatisch die Verzinsung mit jährlich 6 Prozent bzw. 0,5 Prozent pro Monat. Wissen Sie bereits, dass Sie nachzahlen müssen, können Sie der Verzinsung auf zwei verschiedene Weisen begegnen:

     

    1. Antrag auf Erhöhung der Steuervorzahlungen des Vorjahres

    Sie beantragen im Februar eines Jahres beim Finanzamt, dass es die Steuervorzahlungen des Vorjahres erhöhen und eine nachträgliche Vorauszahlung festsetzen soll. Dann decken die Vorauszahlungen Ihre Steuerschuld - und Ihre Schlusszahlung beträgt im Idealfall 0 Euro. Das Finanzamt hat somit nichts zu verzinsen.

     

    2. Freiwillige Anzahlung auf Einkommensteuernachzahlung

    Sie leisten eine freiwillige Anzahlung auf die Einkommensteuernachzahlung, in unserem Beispiel auf die Nachzahlung für 2012. Das Geld sollte hier am besten kurz vor dem 31. März 2014 beim Finanzamt eingehen, wenn Sie auf Nummer sicher gehen möchten. Das Finanzamt berechnet Ihnen dann zwar trotzdem Zinsen auf die Steuernachzahlung, weil die Software des Amtes es nicht besser kann. Sie können dagegen aber vorgehen und einen Erlass der Nachzahlungszinsen beantragen.

     

    So oder so müssen Sie also einen Antrag beim Finanzamt einreichen. Geht Ihre freiwillige Zahlung erst nach dem 1. April beim Finanzamt ein, bleiben Sie im Zweifelsfall mit einem geringen Restzinsbetrag belastet.

     

    PRAXISHINWEIS | Leisten Sie einen freiwilligen Abschlag auf Ihre Steuernachzahlung, so genügt es, die voraussichtliche Einkommensteuer zu bedienen. Nur sie wird verzinst. Geben Sie als Überweisungszweck unbedingt „freiwillige Zahlung auf ESt 2012“ oder Ähnliches sowie Ihre Steuernummer an.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 13 | ID 42607145