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  • · Steuerentlastung 2022

    Mehr Bürokratie durch die Energiepreispauschale und die Korrektur von Lohnabrechnungen

    Bild: ©Joachim Wendler - stock.adobe.com

    von Dipl.-Finanzwirt, M. A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, steuer-webinar.de

    | Auf Zahnärzte kommt im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes, das am 20.05.2022 vom Bundesrat gebilligt wurde, bürokratische Mehrarbeit zu. Sie haben u. a. ihren Arbeitnehmern im September 2022 eine Energiepreispauschale von 300 Euro auszuzahlen und die Lohnabrechnungen seit Januar 2022 aufgrund eines erhöhten Grundfreibetrags und Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu korrigieren. |

    Die Energiepreispauschale von 300 Euro im September 2022

    Zur Abmilderung der enormen Belastungen aufgrund gestiegener Energiepreise wurde eine Energiepreispauschale in Höhe von einmalig 300 Euro eingeführt. Anspruch auf die Pauschale haben alle unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer, wenn sie zumindest zeitweise im Jahr 2022 in einem aktiven Arbeitsverhältnis stehen (z. B. Vollzeit- und Teilzeitkräfte, Auszubildende und Minijobber). Ebenfalls sind alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen mit Gewinneinkünften (§§ 13, 15 und 18 Einkommensteuergesetz, EStG) anspruchsberechtigt. Deshalb erhält auch der Zahnarzt die Pauschale. Eine Beteiligung an einer BAG ist ausreichend.

     

    Wichtig | Damit gehen alle nur beschränkt steuerpflichtigen Personen leer aus. Ebenfalls sind alle ausgeschlossen, die nicht über eine der begünstigten Einkünfte verfügen (z. B. Rentner, Pensionäre, Schüler, Studierende, Vermieter). Ausnahme: Sie üben in 2022 zumindest zeitweise als Nebentätigkeit eine der begünstigten Tätigkeiten aus (z. B. kurzfristiger Minijob, kurzfristige gewerbliche Tätigkeit etc.).

    Auszahlung der Energiepreispauschale durch den Zahnarzt

    Arbeitnehmern wird die Energiepreispauschale von ihrem Arbeitgeber ausgezahlt (§ 117 EStG), wenn sie am 01.09.2022

    • 1. in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen,
    • 2. in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind und
    • 3. der Arbeitgeber monatlich, quartalsweise oder jährlich Lohnsteueranmeldungen abgeben muss.

     

    Damit muss der Zahnarzt zum 01.09.2022 überprüfen, bei welchen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer es sich um das erste Dienstverhältnis mit einer der Steuerklassen 1 bis 5 handelt. Diesen Beschäftigten muss der Zahnarzt die Pauschale über den Arbeitslohn auszahlen. Arbeitnehmer, welche vor dem 01.09.2022 die Praxis verlassen haben oder erst danach eingestellt wurden, bleiben von der Auszahlung unberücksichtigt. Dies soll eine mehrfache Inanspruchnahme verhindern.

     

    PRAXISTIPP | Minijobber gehören nicht den Steuerklassen 1 bis 5 an. Zahnärzte haben Minijobbern dennoch die Pauschale durch den Arbeitslohn auszuzahlen, wenn diese dem Zahnarzt schriftlich bestätigen, dass es sich bei dem Minijob um ihr erstes Dienstverhältnis handelt.

     

    Die Lohnabrechnung im Detail

    Muss der Zahnarzt die Energiepreispauschale an seine Arbeitnehmer auszahlen, so hat dies im September 2022 zu erfolgen. Hierzu ist die Pauschale von 300 Euro auf den Arbeitslohn des Arbeitnehmers aufzuschlagen. Dabei muss der Zahnarzt beachten, dass die Pauschale kraft gesetzlicher Fiktion (§ 119 Abs. 1 EStG) steuerpflichtigen Arbeitslohn, aber kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt, darstellt. Die Arbeitnehmer erhalten die Pauschale von 300 Euro also brutto. Zudem hat der Zahnarzt auf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung den Großbuchstaben „E“ anzugeben.

     

    • Beispiel

    Eine ZFA (Steuerklasse I) erhält für September 2022 regulär einen Bruttoarbeitslohn von 2.500 Euro. Der Zahnarzt hat die Energiepreispauschale von 300 Euro aufzuschlagen, der Bruttoarbeitslohn erhöht sich auf 2.800 Euro. Hiervon werden Steuern einbehalten. Auf den regulären Arbeitslohn von 2.500 Euro sind die entfallenden Sozialabgaben zu zahlen. Der Nettolohn (inkl. Nettoenergiepreispauschale) wird der ZFA ausgezahlt.

     

     

    MERKE | Bei Minijobbern gilt die gesetzliche Fiktion zur Steuerpflicht nicht. Minijobber erhalten die Energiepreispauschale ohne Abzüge „brutto wie netto“. Die Pauschale wird auch nicht auf die 450-Euro-Grenze angerechnet.

     

    Zahnärzte „holen sich die Energiepreispauschale zurück“

    Auch wenn Zahnärzte die Auszahlung der Energiepreispauschale vornehmen, werden sie dadurch ‒ mit Ausnahme des administrativen Aufwands ‒ nicht belastet. Zahnärzte haben gemäß § 117 Abs. 2 EStG die Energiepreispauschale dem Gesamtbetrag der abzuführenden Lohnsteuer zu entnehmen:

     

    • 1. Monatszahler entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.09.2022 anzumelden und abzuführen ist.
    • 2. Quartalszahler entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.10.2022 anzumelden und abzuführen ist.
    • 3. Jahreszahler entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.01.2023 anzumelden und abzuführen ist.

     

    • Beispiel

    Zahnarzt Dr. Zunder zahlt seinen acht ZFA am 03.09.2022 den Lohn aus. Er gewährt ihnen die Energiepreispauschale von 300 Euro und erhöht die Bruttolöhne um insgesamt 2.400 Euro. Zum 10.09.2022 hat er eine Lohnsteuer von 6.000 Euro bei seinem Finanzamt anzumelden und abzuführen. Damit Dr. Zunder durch die Energiepreispauschale nicht belastet ist, reduziert er die am 10.09.2022 anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer um 2.400 Euro. Er zahlt deshalb lediglich 3.600 Euro Lohnsteuern an das Finanzamt. Sollte sich bei dieser Anrechnung ein negativer Betrag ergeben (die Lohnsteuer würde z. B. nur 2.000 Euro betragen), erhält Dr. Zunder eine Erstattung.

     

     

    PRAXISTIPP | Einigen Zahnärzten werden Vereinfachungen gestattet:

    • 1. Lohnsteuerliche Quartalszahler können die Energiepreispauschale auch erst im Oktober 2022 ihren Arbeitnehmern auszahlen.
    • 2. Lohnsteuerliche Jahreszahler können komplett auf die Auszahlung der Energiepreispauschale verzichten. Die Arbeitnehmer erhalten die Pauschale dann im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung.
     

    Exkurs: Energiepreispauschale für den Zahnarzt

    Auch der Zahnarzt erhält die Energiepreispauschale von 300 Euro im Rahmen der Steuerfestsetzung für das Jahr 2022 (§ 116 EStG). In Höhe der Pauschale mindert sich die Nachzahlung zur Einkommensteuer. Ergibt sich ein Anrechnungsüberhang, wird dieser erstattet. Das Finanzamt wird die Pauschale dabei von Amtswegen berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Ein Antrag muss nicht gestellt werden.

     

    MERKE | Muss der Zahnarzt zum 10.09.2022 eine Einkommensteuervorauszahlung leisten, so wird diese um die Pauschale reduziert. Zudem unterliegt die Pauschale auch beim Zahnarzt der Besteuerung ‒ konkret als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG.

     

    Erhöhung von Grundfreibetrag und AN-Pauschbetrag

    Innerhalb des Steuerentlastungsgesetzes 2022 wurde auch

    • der Grundfreibetrag32a Abs. 1 EStG) von bisher 9.984 Euro auf 10.347 Euro angehoben (Erhöhung um 363 Euro).
    • Gleichermaßen erhöht sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag9a Nr. 1 Buchst. a) EStG) von 1.000 Euro auf 1.200 Euro (Erhöhung um 200 Euro).

     

    Beide Änderungen gelten rückwirkend ab dem 01.01.2022. Die Folge: Zahnärzte haben bei ihren Arbeitnehmern bisher eine zu hohe Lohnsteuer abgezogen und ihnen zu wenig netto ausgezahlt. Konkret hätten seit dem 01.01.2022 weitere 47 Euro ohne Abzüge ausgezahlt werden müssen (363 Euro + 200 Euro = 563 Euro/12 Monate).

     

    Zahnärzte stehen nun vor dem Problem, dass die Lohnabrechnungen seit Januar 2022 fehlerhaft sind und korrigiert werden müssen. Zwar besagt § 41c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, dass der Zahnarzt lediglich berechtigt ist, bei der nächsten Lohnzahlung bisher erhobene Lohnsteuer zu erstatten, wenn er erkennt, dass er die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat (z. B. bei rückwirkenden Gesetzesänderungen). Er könnte also auch auf eine Korrektur verzichten und der Arbeitnehmer müsste sich die zu viel einbehaltenen Steuern über seine eigene Einkommensteuererklärung zurückholen.

     

    Allerdings sind Zahnärzte regelmäßig zu einer rückwirkenden Korrektur der Lohnabrechnung verpflichtet. Dies ist gemäß § 41c Abs. 1 S. 2 EStG immer dann der Fall, wenn dem Zahnarzt eine Korrektur wirtschaftlich zuzumuten ist, er die Lohnabrechnung also maschinell vornimmt und das Lohnabrechnungsprogramm eine rückwirkende Neuberechnung vorsieht und ermöglicht. Dies dürfte bei den meisten Zahnärzten/Lohnbuchhaltungen aufgrund der eingesetzten Softwareprogramme der Fall sein. Der Zahnarzt hat folglich die Lohnsteuer für alle Arbeitnehmer seit Januar 2022 neu zu berechnen oder eine Differenzberechnung vorzunehmen. Die zu viel einbehaltenen Steuern werden dem Arbeitnehmer erstattet und die Lohnsteueranmeldungen korrigiert.

     

    Wichtig | Wurde das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet und wurde für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer bereits eine Lohnsteuerbescheinigung übermittelt, ist keine Korrektur mehr zulässig (§ 41c Abs. 3 EStG).

    Das neue „9-Euro-Ticket“ als Gehaltsextra nutzen

    Befristet für Juni bis August 2022 wurde das 9-Euro-Ticket eingeführt. Das Ticket kann für 9 Euro erworben werden und gilt einen Kalendermonat lang für beliebig viele Fahrten zweiter Klasse bundesweit im ÖPNV. Genutzt werden kann es z. B. für Fahrten mit dem Bus, der S- oder U-Bahn, der Straßenbahn, den Regionalbahnen (RB) und einem Regionalexpress (RE). Keine Gültigkeit hat das Ticket in den Zügen des Fernverkehrs (z. B. IC, EC und ICE) sowie in Fernbussen.

     

    Möchten Zahnärzte die Tickets erwerben und ihren Arbeitnehmern zuwenden, kann dies gemäß § 3 Nr. 15 EStG als sog. Jobticket steuerfrei und über § 1 Abs. 1 Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (SvEV) auch beitragsfrei sein. Voraussetzung ist lediglich, dass der Zahnarzt seinem Arbeitnehmer das Ticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt (§ 8 Abs. 4 EStG). Wie der Arbeitnehmer das Ticket nutzt, ist unerheblich. Auch eine vollständig private Nutzung ist begünstigt.

     

    • Beispiel

    Ein Zahnarzt erwirbt für seine 7 ZFA für die Monate Juni bis August jeweils drei „9-Euro-Tickets“ und überlässt sie den ZFA zusätzlich zum regulären Lohn. Während der Zahnarzt die Kosten von 189 Euro als Betriebsausgabe abzieht (9 Euro x 7 ZFA x 3 Monate), ist die Überlassung der Tickets an die ZFA gemäß § 3 Nr. 15 EStG steuer- und gemäß § 1 Abs. 1 SvEV beitragsfrei.

     

    Wichtig | Eine Übergabe der Tickets verbunden mit einer Gehaltsumwandlung oder einem Gehaltsverzicht ist für die Steuer- und Beitragsfreiheit schädlich. Der Arzt kann jedoch eine pauschale Besteuerung vornehmen (§ 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Jobticket, Fahrtkostenzuschüsse, Praxisfahrrad für die Mitarbeiterbindung ‒ das ist begünstigt (ZP 01/2020, Seite 19)
    Quelle: Ausgabe 06 / 2022 | Seite 17 | ID 48371937