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  • · Fachbeitrag · Praxiserweiterung

    Aufnahme eines Juniorpartners - BFH präzisiert das „Gewinnvorabmodell“

    | Die Neuaufnahme eines Partners in eine Berufsausübungsgemeinschaft ist in der Regel mit einem Kaufpreis verbunden. Der Seniorpartner versucht dann, diesen nicht sofort, sondern über mehrere Jahre hinweg versteuern zu müssen. Ein Mittel hierzu ist das Gewinnvorabmodell. Der Bundesfinanzhof hat hierzu nun ein Urteil mit wichtigen Gestaltungshinweisen veröffentlicht, das Sie kennen sollten ( BFH vom 27.10.2015, Az. VIII R 47/12, Abruf-Nr. 183679 ). |

     

    • Hintergrund: Das Gewinnvorabmodell mit Vorteilen und Risiken

    Das Gewinnvorabmodell ist immer denkbar, wenn ein Juniorpartner in eine Einzelpraxis oder eine Gemeinschaftspraxis einsteigt. Dabei liegen immer gegensätzliche Interessen vor. Der Seniorpartner erwartet für seine abgegebenen Anteile Geld, dem Juniorpartner ist es hingegen am liebsten, wenn er sich möglichst wenig hiervon bei der Bank leihen muss. Im Gewinnvorabmodell kommt der Seniorpartner dem Juniorpartner entgegen, denn er erhält seinen Kaufpreis in Form zukünftiger höherer Gewinnanteile im Laufe der kommenden Jahre. Bei gleicher Arbeit erhält der Senior mehr Gewinn und wird so für seine Anteilsminderung sukzessive entschädigt.

     

    Das Risiko dabei besteht darin, dass das Finanzamt die zukünftigen Mehrgewinnanteile so nicht anerkennt, sondern sie wie Darlehensraten behandeln möchte. Dann wird der aufsummierte Gewinn aus den Kaufpreisraten sofort versteuert und die zukünftigen Gewinnanteile sind nur noch Tilgungsbeiträge des Juniorpartners. Das Problem dabei ist, dass der Seniorpartner heute Steuern für Gelder zahlen muss, die er erst zukünftig über die Gewinnverteilung beanspruchen kann. Für eine erfolgreiche Steuerverschiebung kommt es auf die richtige Gestaltung an.

     

    Fall und Urteil

    Im Urteilsfall ging es um eine Gemeinschaftspraxis, aus der sich der Seniorpartner Stück für Stück zurückgezogen hat. Kurz nacheinander hat er drei neue Juniorpartner beteiligt. Für die Anteile haben diese dem Senior nicht sofort eine Summe X gezahlt; vielmehr verzichteten sie in den Folgejahren auf einen Teil ihres Gewinns. Der Verzichtsbetrag wurde dem Senior zugesprochen. Die Höhe des Verzichts konnten die Juniorpartner innerhalb einer gewissen Spanne frei wählen. Sie konnten also selbst entscheiden, ob sie ihre Schulden aus dem Praxiseinstieg schnell oder langsam abzahlten. Das Besondere an der Gestaltung war, dass

    • der Gewinnverzicht auf eine Summe X begrenzt war und
    • der Senior einen ausstehenden Rest auch nach seinem Austritt einfordern konnte.

     

    Das Finanzgericht entschied in erster Instanz, dass der Senior die höheren Gewinnanteile erst in den Jahren versteuern muss, in denen sie auf ihn entfallen. Der BFH aber hob dieses Urteil auf und entschied, dass hier kein echtes Gewinnvorabmodell vorliegt. Er arbeitete folgende Grundsätze heraus:

     

    • 1. Auch wenn gar nicht feststeht, in welcher Höhe ein Abgeber vom Juniorpartner einen Kaufpreis erhält, bleibt es eine Veräußerung, die an einem Stichtag stattfindet.
    • 2. In einem zweiten Schritt ist nur noch zu hinterfragen, wann der Seniorpartner seinen Veräußerungsgewinn erzielt.
      • Steht der Kaufpreis der Höhe nach fest, muss der Senior ihn auch gleich versteuern.
      • Ist der Kaufpreis keinesfalls vorab festzulegen, ist der Verkaufserlös erst bei Zufluss steuerbar.

    Konsequenzen aus dem Urteil für das Gewinnvorabmodell

    Im vorliegenden Fall war der Gewinnverzicht auf einen Betrag X gedeckelt und er konnte auf jeden Fall eingefordert werden. Der Vertrag regelte also einen klassischen Verkauf mit Ratenzahlung. Nur die Höhe der Raten war variabel.

     

    PRAXISHINWEIS | Beim echten Gewinnvorabmodell ist entscheidend, dass der Kaufpreis vorher nicht feststeht. Hätten die Gesellschafter geregelt, dass der Junior beispielsweise fünf Jahre lang jährlich auf 10 Prozent seines Gewinnanteils verzichtet, hätte der Kaufpreis vorab nicht festgestanden, denn niemand kann vorher wissen, wie der Gewinn der kommenden Jahre ausfallen wird. Eine Obergrenze oder eine Untergrenze wäre schon wieder problematisch. Das Problem an der Regelung ist, dass weder der Juniorpartner noch der Seniorpartner vorab Sicherheit darüber haben, wie viel der Praxiseinstieg kostet bzw. bringt. Das Modell erfordert daher eine gewisse Großzügigkeit aller Beteiligten.

     

    Auf der Seite des Juniorpartners ergeben sich je nach Fallgestaltung unterschiedliche Folgen. Liegt ein (versteckter) Kauf gegen Ratenzahlung vor, muss er seinen Kaufpreis in der Regel im Rahmen einer sogenannten Ergänzungsrechnung erfassen und über 6 bis 10 Jahre abschreiben. Beim echten Gewinnvorabmodell hingegen erhält er einfach jährlich weniger laufenden Gewinn und es gibt keinen abzuschreibenden Aktivposten.

     

    PRAXISHINWEIS | Stellt das Finanzamt erst im Rahmen einer Betriebsprüfung fest, dass das vermeintliche Gewinnvorabmodell keines ist, muss für den Juniorpartner die Ergänzungsabschreibung nachträglich geltend gemacht werden. Sein Gewinnverzicht wird dann nicht anerkannt und er erhält steuerlich jährlich mehr Gewinn aus der Gemeinschaftspraxis zugerechnet als bisher gedacht. Dem muss die zusätzliche Abschreibung gegenüberstehen. Für den Seniorpartner kann es bei einer Betriebsprüfung zu einer vorverlagerten Besteuerung kommen - mit entsprechend hohen Nachzahlungszinsen (6 Prozent p. a.)!

     

    Beim Gewinnvorabmodell war bisher übrigens herrschende Meinung, dass es sich bei dem Mehrgewinn des Seniorpartners um einen laufenden Gewinn handelt, der regulär besteuert wird. Die Richter des BFH haben sich hingegen eindeutig darauf festgelegt, dass auch beim Gewinnvorabmodell ein Veräußerungsgewinn vorliegt. Er wird nur sukzessive realisiert. Eine ermäßigte Besteuerung gibt es dafür leider trotzdem nicht. Bei Freiberuflern und damit auch bei Zahnärzten gibt es die Steuerbegünstigung für Veräußerungsgewinne nämlich nur, wenn sie die Tätigkeit im bisherigen räumlichen Wirkungskreis einstellen.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2016 | Seite 7 | ID 43885052