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  • · Fachbeitrag · Gewerbesteuer

    Gewerbesteuer bei Zahnärzten: Wann trifft es Sie und was müssen Sie beachten?

    von Steuerberater Björn Ziegler, Kanzlei LZS Steuerberater, Würzburg

    | Die Gewerbesteuer ist der zahnärztlichen Praxis wesensfremd. Trotzdem lesen Sie im „Zahnärzte Wirtschaftsdienst“ (ZWD) immer wieder davon, da sie in bestimmten Konstellationen unbeabsichtigt ausgelöst werden kann. Der nachstehende Beitrag soll Sie sensibilisieren und Ihnen zeigen, welche Konsequenzen damit einhergehen. Mit Blick auf Gemeinschaftspraxen wird zudem erörtert, wie die Auslösung einer Gewerbesteuerpflichtigkeit verhindert werden kann. |

    Vorsicht bei Vertragsgestaltung und Organisation

    Die Rechtsprechung hat immer genauer herausgearbeitet, wann ein Zahnarzt seinen steuerlichen Status als Freiberufler verliert und gewerblich tätig wird. Ursache hierfür ist nur selten eine tatsächliche gewerbliche Tätigkeit - meist werden falsch gestaltete Vertragsbeziehungen und Kooperationen zum Stolperstein, der häufig erst in der Betriebsprüfung zum Vorschein kommt.

     

    Durch richtige Gestaltung können Sie Gefahren vermeiden. Wie sorgsam Sie sein sollten, hängt wesentlich davon ab, ob sie als Zahnarzt in Einzelpraxis oder in Gemeinschaftspraxis niedergelassen sind. Wird ein allein tätiger Zahnarzt gewerblich, betrifft die Gewerblichkeit nur diesen Teilbereich. In Gemeinschaftspraxen trifft die Gewerblichkeit hingegen immer die vollständige Praxis mit ihrem gesamten Gewinn. Die gewerbliche Tätigkeit infiziert hier den freiberuflichen Teil (sogenannte Infektionstheorie).

    Praxisbeispiele aus der Rechtsprechung

    In den nachstehenden Beispielen aus der Praxis wird erörtert, ob Gewerbesteuer entrichtet werden muss:

     

    Beispiel 1

    Die Zahnarztpraxis betreibt einen Prophylaxeshop.

    Lösung: Der Handel mit Waren ohne Bezug zur zahnärztlichen Leistung ist grundsätzlich gewerblich. In der Regel ist der Umsatz hieraus jedoch so gering, dass das allein noch keine Gewerbesteuer auslöst. Nur extensiver Handel in einer Gemeinschaftspraxis wäre gewerbesteuerlich relevant.

    Beispiel 2

    Die zahnärztliche Gemeinschaftspraxis hat eine Verwaltungs-GmbH gegründet, um die Altersvorsorge der Partner vermeintlich steuerfrei aufbessern zu können.

    Lösung: Eine GmbH ist von Gesetzes wegen gewerblich tätig. Im genannten Modell müssen die GmbH-Anteile in der Gemeinschaft gehalten werden. Das führt zu gewerblichen Einkünften und zur Infektion der gesamten Gemeinschafts-praxis.

    Beispiel 3a

    Der Zahnarzt hat eine Zahnärztin in Teilzeit angestellt, die ihn zeitlich entlasten soll. Sie führt die Praxis an drei Nachmittagen pro Woche allein.

    Lösung: In Beispiel 3a ist der Kollege mit den Umsätzen seiner zahnärztlichen Kraft gewerblich tätig, denn er kann sie nicht anleiten und überwachen. Den durch sie erwirtschafteten Honoraren kann er aber das Gehalt gegenüberstellen, sodass nur ein vergleichsweise geringer Teilgewinn seiner Praxis gewerblich wird.

    Beispiel 3b

    Die zahnärztliche Gemeinschaftspraxis beschäftigt einen Kollegen, der eine Zweigpraxis weitgehend eigenständig führen soll.

    Lösung: Auch für die Gemeinschaftspraxis gilt, dass die Praxisinhaber nicht leitend und eigenverantwortlich eingreifen können. Sie haben nicht die Möglichkeit, zu behandelnde Patienten in Augenschein zu nehmen oder für Behandlungsfragen zur Verfügung zu stehen etc. Die Gemeinschaftspraxis wird aufgrund der Infektionstheorie voll gewerbesteuerpflichtig.

    Beispiel 4

    Der Zahnarzt ist eine Praxisgemeinschaft mit einem Kollegen eingegangen, in der er jedoch alle Ressourcen selbst beschafft und dem Kollegen gegen Entgelt überlässt.

    Lösung: Die Gestaltung der Praxisgemeinschaft ist misslungen. Der Zahnarzt ist mit der Überlassung von Personal, Material, Geräten etc. gewerblich tätig und gewerbesteuerpflichtig. Gravierender ist diese Konstellation wieder, wenn eine Gemeinschaftspraxis an der Praxisgemeinschaft partizipiert.

     

    Gewerbesteuer und Bilanzierungspflicht sind die Folge

    Die Gewerblichkeit hat in der Regel zwei Folgen:

     

    • Festsetzung von Gewerbesteuer
    • Pflicht zur Bilanzierung

     

    Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem zu bereinigenden Praxisgewinn (dann „Gewerbeertrag“ genannt). Für Einzelzahnärzte und Gemeinschaftspraxen gibt es einen Freibetrag von 24.500 Euro. Für den Rest legt das Finanzamt in Höhe von 3,5 Prozent den sogenannten Messbetrag fest. Jede Stadt oder Gemeinde bestimmt für die in ihrem Gebiet ansässigen Gewerbebetriebe den Hebesatz - zum Beispiel 380 Prozent. Die Gewerbesteuer bemisst sich dann nach der Formel: Messbetrag mal Hebesatz.

     

    • Beispiel zur Bemessung der Gewerbesteuer

    Die Ausgangslage: Eine Gemeinschaftspraxis hat einen gewerblich infizierten Gewinn von 350.000 Euro.

    Gewinn:

    350.000 Euro

    Freibetrag:

    -24.500 Euro

    Gewerbeertrag:

    325.500 Euro

    Messbetrag (3,5 Prozent) ca.:

    11.400 Euro

    Gewerbesteuer (zum Beispiel 380 Prozent) ca.:

    43.300 Euro

     

    Nicht immer Entlastung durch Gewerbesteuer-Anrechnung

    Die Gewerbesteuer wird bis zu einem Hebesatz von 380 Prozent wieder auf die Einkommensteuer angerechnet, sodass keine Belastung verbleibt. Aber:

     

    • In Großstädten liegt der Hebesatz meist über 400 Prozent, sodass auch nach der Steueranrechnung Gewerbesteuer - in der Regel von wenigen tausend Euro - verbleibt.
    • Hat der Ehepartner große Verluste etwa aus einem eigenen Unternehmen, kann das die Einkommensteuer so weit senken, dass die Anrechnung ins Leere läuft. Die Gewerbesteuer bleibt dann voll bestehen!

    Höhere Kosten und Zinsschaden durch Bilanzierungspflicht

    Die Bilanzierungspflicht, die mit der Gewerblichkeit in der Regel ebenfalls einhergeht, führt zu einer vorgezogenen Versteuerung von Einnahmen, insbesondere der KZV-Schlusszahlungen. Wird das Thema im Rahmen einer Betriebsprüfung mit einigen Jahren Verspätung aufgedeckt, löst das eine Vorverlagerung der Steuer und damit eine Zinsbelastung auf die Steuernachzahlung aus. Außerdem ist fortan der jährliche Aufwand für die Gewinnermittlung höher, weil eine Bilanz aufwändiger zu erstellen ist als eine Einnahmen-Überschussrechnung.

    Wesentlichkeitsgrenze bei Gewerbeumsätzen beachten

    Eine kleine Entlastung gibt es für Gemeinschaftspraxen: Liegt ihr gewerb-licher Umsatz unter 1,25 Prozent des Gesamtumsatzes, tritt keine Infektion der Gesamtpraxis ein. Diese Wesentlichkeitsgrenze wird immer wieder diskutiert, es gibt jedoch noch keine großzügigere Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

    Richtige Organisation und Dokumentation sind wichtig

    Die beschriebenen Fälle zeigen, dass es eindeutige und auslegungsfähige Gründe für die Gewerbesteuerpflicht gibt. Insbesondere bei Konstellationen, bei denen es um die leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit beim Einsatz zahnärztlicher Mitarbeiter geht, ist die Abgrenzung schwierig. Wie Sie die Leitung ausgestalten sollten, lesen Sie in ZWD 4/2013 (Steuerliche Risiken mindern: Was Sie bei der Anstellung von Zahnärzten beachten sollten). Im Übrigen lässt sich schon durch eine saubere Vertragsgestaltung die Gewerbesteuer vermeiden.

     

    In Gemeinschaftspraxen sollte der Gesellschaftsvertrag dennoch eine Klausel enthalten, wonach bei schädlichem Verhalten eines einzelnen Gesellschafters dieser den dadurch verursachten Schaden zu tragen hat.

     

    FAZIT | Sind Sie für das Gewerbesteuerthema ausreichend sensibilisiert, können Sie die Folgen durch saubere Gestaltung im Vorfeld vermeiden. In Fragen der Gewerblichkeit durch Anstellung von Zahnärzten ist es wichtig, Ihre Organisation durch eine entsprechende Dokumentation jederzeit belegen zu können.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2015 | Seite 2 | ID 43126269