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  • · Fachbeitrag · Ehegattenveranlagung nach Trennung

    Vorsicht vor unbedachten WhatsApp-Nachrichten

    | Ein Ehepaar lebt in Trennung. Als das Finanzamt die Abgabe von Einkommensteuererklärungen der vergangenen Jahre verlangt, lehnt der Ehemann die steuergünstige Zusammenveranlagung zunächst ab, um beim Eintreffen seines Steuerbescheids wieder zurückzurudern, da eine saftige Nachzahlung droht. Diese Einsicht kam jedoch zu spät für ihn, weil er seinerzeit auf der getrennten Veranlagung bestanden hatte (Oberlandesgericht [OLG] Bamberg, Beschluss vom 10.01.2023, Az. 2 UF 212/22 ). |

     

    Sachverhalt und Entscheidung

    Das Paar lebte seit 2019 in Trennung. Die Ehefrau wandte sich an einen Lohnsteuerhilfeverein, nachdem sie und ihr Ehemann zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2019 aufgefordert wurden. Trotz ihrer Hinweise auf die Vorteile einer gemeinsamen Veranlagung lehnte der Ehemann dies ab und forderte seine Steuerunterlagen vom Lohnsteuerhilfeverein zurück. Das Ergebnis: Die Ehefrau reichte ihre Steuererklärungen ein und erhielt hohe Steuererstattungen, während der Ehemann beträchtliche Nachzahlungen leisten sollte.

     

    Der Ehemann scheiterte später bei dem Versuch, seine Ehefrau zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung zu verpflichten. Aus dem WhatsApp-Schriftverkehr zwischen den beiden ergab sich, dass der Ehemann bereit war, die Nachteile einer Einzelveranlagung hinzunehmen. Trotz der Informationen über die wirtschaftlich für ihn nachteilige Einzelveranlagung bestand der Ehemann auf die Beendigung seiner Betreuung durch den Lohnsteuerhilfeverein. Somit bestand Einvernehmen darüber, dass keine Zusammenveranlagung erfolgen sollte, sondern die Steuererklärungen getrennt im Sinne einer Einzelveranlagung abzugeben waren.

     

    Hintergrund

    Getrennt lebende Eheleute können im Trennungsjahr noch zwischen der Einzel- und der Zusammenveranlagung wählen. Für die Ehegatten besteht aus der ehelichen Verbundenheit und Fürsorgepflicht die Verpflichtung, in eine Zusammenveranlagung einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten verringert, der in Anspruch genommene aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 13.10.1976, Az. IV ZR 104/74). Diese Verpflichtung bleibt auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen (BGH-Urteil vom 12.06.2002, Az. XII ZR 288/00) und sie besteht auch, wenn einer der beiden Ehegatten die Steuerklasse V hatte (OLG Koblenz, Beschluss vom 12.06.2019, Az. 13 UF 617/18). Wer die Zustimmung zur Zusammenveranlagung ohne triftigen Grund verweigert, macht sich ggf. schadenersatzpflichtig. Allerdings kann der grundsätzlich bestehende Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Absprache der Beteiligten erlöschen. Dieses umfasst sowohl die Geltendmachung der Zusammenveranlagung als auch Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis der Beteiligten.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2023 | Seite 2 | ID 49619392