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  • · Rechtsprechung

    HIV-infizierter Student der Zahnmedizin vom Praxisunterricht ausgeschlossen

    Bild: Stop / Oatsy40 / CC CC BY 2.0 / flickr.com

    von Ursula Katthöfer, Wissenschaftsjournalistin, Bonn, textwiese.com

    | Ein mit dem HI-Virus infizierter Zahnmedizinstudent der Universität Marburg durfte zu Recht von Praxisveranstaltungen ausgeschlossen werden (Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes [VGH] Hessen vom 01.02.2022, Az. 10 B 2508/21). Die gerichtliche Auseinandersetzung sorgte für viel Wirbel. |

     

    Uni verlangt regelmäßigen HIV-Test auf eigene Kosten des Studenten

    Ein mit HIV infizierter Student der Zahnmedizin der Universität Marburg hatte einen theoretischen Teil beendet. Daraufhin schloss die Universität ihn von den folgenden Praxiskursen aus. Grund sei das HI-Virus. Der Student dürfe nicht an Kursen, in denen er Patientenkontakt hat, und an Übungen mit anderen Studierenden teilnehmen. Nach diesem Semester ohne praktische Kurse solle er monatlich auf eigene Kosten einen HIV-Test machen. Liege die Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze, entscheide eine Expertenkommission, ob er sein Studium fortsetzen könne. Der Student legte Widerspruch ein, ließ zwei Gutachten erstellen und sah sich darin bestätigt, dass eine monatliche Testung nicht notwendig sei, da von ihm keine hohe Gefahr ausgehe.

     

    Die Universität ließ den Widerspruch unbeantwortet. Eine Betriebsärztin verweigerte dem Studenten den Unbedenklichkeitsnachweis, da die monatlichen Tests fehlten. Daraufhin klagte der Student vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gießen gegen den Ausschluss vom Unterricht und gegen die Forderung nach monatlichen Tests. Die Universität schloss ihn in der Folge von sämtlichen Veranstaltungen aus. Das VG Gießen hingegen gab dem jungen Mann Recht. Er müsse unterrichtet werden. Ein Nachweis über die geringe Viruslast sei nur bei risikoträchtigen Veranstaltungen zu erbringen. Dagegen zog die Universität Marburg vor den VGH Hessen.

     

    Die Entscheidung des VGH

    Der VGH Hessen hob die Entscheidung des VG Gießen auf. Bei Praxiskursen bestehe ein erhöhtes Verletzungsrisiko, zumal Studierende an scharfen Instrumenten noch nicht geübt seien. Auch sei die Teilnahme an Lehrveranstaltungen ohne HIV-Test laut VGH bedenklich. Er sah in der vierteljährlichen Kontrolle, die einer der Gutachter empfohlen hatte, eine Mindestanforderung. Nicht einmal dieser sei der Zahnmedizinstudent nachgekommen.

     

    KOMMENTAR | Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) stützt die Position des Studenten. „Die BZÄK hat sich immer dafür eingesetzt, dass gut therapierte HIV-positive Zahnärztinnen und Zahnärzte aufgrund einer praktisch unmöglichen Infektionsübertragung auch den zahnärztlichen Beruf ausüben können“, sagt BZÄK- Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler auf Anfrage. „Unter einer antiviralen Therapie mit einer daraus resultierenden geringen Viruslast, die regelmäßig kontrolliert und dokumentiert wird, ist u. E. auch Studierenden die Teilnahme an klinischen Praktika zu ermöglichen. Da die Entscheidung des VGH Hessen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erging, sollte nunmehr die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abgewartet werden.“

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2022 | Seite 18 | ID 48420454