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  • · Fachbeitrag · Honorar

    Was Sie bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Parodontose-Behandlungen beachten sollten!

    von Rechtsanwalt Dr. Stefan Droste, LL.M., Kanzlei am Ärztehaus, Münster,www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Das Sozialgericht (SG) Marburg hat kürzlich über eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Parodontosefällen entschieden ( Urteil vom 21. November 2012, Az. S 12 KA 8/12, Abruf-Nr. 130425 ). Dabei stellten die Richter ausführlich dar, welche Grundsätze der Zahnarzt beachten muss. Der Verfasser des Beitrags greift die wichtigsten Aspekte auf und stellt sie in Form von leicht nachvollziehbaren Praxishinweisen für den Zahnarzt zusammen. |

    Der Fall: Honorarkürzung bei Parodontose-Behandlung

    Eine Gemeinschaftspraxis mit drei Vertragszahnärzten klagte gegen Honorarkürzungen, die vor allem die Parodontose-Behandlung von 128 Patienten aus den Jahren 2007 und 2008 betrafen. Die Prüfgremien begründeten ihre Kürzungen unter anderem mit mangelnder Dokumentation, unvollständigen Röntgenaufnahmen sowie dem Fehlen einer der Parodontose-Behandlung vorgelagerten vertragsgerechten Vorbehandlung.

     

    Die Zahnärzte waren der Ansicht, dass das Prüfgremium nicht zuständig gewesen sei, da es sich bei den beklagten Absetzungen unter Berücksichtigung der Richtlinien für die Parodontose-Behandlung - „Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung“ - nicht um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern um eine sachlich-rechnerische Berichtigung handeln würde. Zudem sei die Methode der Prüfung weder benannt worden noch ergebe sie sich aus dem Bescheid. Aus den genannten Gründen sei der Bescheid daher rechtswidrig.

    Die Entscheidung: Klage der Zahnärzte wird abgewiesen

    Die mit einem Vertragszahnarzt als Beisitzer fachkundig besetzte Richterbank ließ die Einwendungen der klagenden Gemeinschaftspraxis jedoch nicht durchgreifen. Sowohl der vorausgegangene Widerspruch als auch die Klage blieben ohne Erfolg. Für das Verständnis der Entscheidung ist zweckmäßig, zunächst einen Blick auf die entscheidende gesetzliche Vorschrift - § 106 Sozialgesetzbuch (SGB) V - zu werfen.

     

    • Hintergrund: Die Wirtschaftlichkeitsprüfung

    Die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V setzt bei der Menge der erbrachten zahnärztlichen Leistungen an und überprüft diese auf eine mögliche Unwirtschaftlichkeit. Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung stellt hingegen auf die Frage ab, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß erbracht wurden - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots.

     

    Allgemeine Hinweise zur Wirtschaftlichkeitsprüfung

    Das Marburger Sozialgericht gab in seiner Entscheidung zahlreiche Hinweise, die Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Allgemeinen betreffen:

     

    • Für die sachlich-rechnerische Berichtigung ist die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) zuständig; für die Wirtschaftlichkeitsprüfung die gemeinsamen Prüfgremien von KZV und Krankenkassen.

     

    • Abseits der primären Zuständigkeit können die Prüfgremien aus verfahrensökonomischer Sicht sachlich-rechnerische Berichtigungen vornehmen, wenn sie es im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung als notwendig ansehen. Hätte die Berichtigung jedoch eine überragende Bedeutung, muss das Verfahren an die KZV abgegeben werden.

     

    • Bei der Parodontose-Richtlinie, also Abschnitt V. der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung, handelt es sich nicht um eine Konkretisierung der Leistungslegende zur Abrechnung von Parodontose-Behandlungen oder eine Vorgabe zur Leistungserbringung - die Parodontose-Richtlinie konkretisiert vielmehr das Wirtschaftlichkeitsgebot.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Zuordnung und Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung steht nicht die einer Parodontose-Behandlung vorausgehende Genehmigung des Parodontalstatus durch die Krankenkasse entgegen.

    Wichtige Tipps zum Verfahren

    Auch das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung selbst muss kein „Buch mit sieben Siegeln“ sein. Wenn Sie als Zahnarzt gut vorbereitet sein möchten, beachten Sie bitte die folgenden Hinweise:

     

    • Gegen den Bescheid der Prüfungsstelle muss zunächst Widerspruch erhoben werden, über den der Beschwerdeausschuss entscheidet.

     

    • Es ist grundsätzlich Sache des Vertragszahnarztes, mit zahnmedizinischen Einwänden dem Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit vor den Prüfgremien entgegenzutreten. Nur dann können diese die näheren Behandlungsumstände bewerten und von ihrem Beurteilungsspielraum Gebrauch machen.

     

    • Wurde es vom Zahnarzt vor den Prüfgremien versäumt, zahnmedizinische Gründe für sein Vorgehen vorzutragen, kann er dies im Gerichtsverfahren nicht mehr nachholen. Demnach ist es bereits im Verwaltungsverfahren unbedingt erforderlich, den Sachverhalt entsprechend aufzuarbeiten.

     

    PRAXISHINWEIS | Prüfungsstelle und Beschwerdeausschuss sind rechtlich verselbstständigte Gremien. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist nur der Bescheid des Beschwerdeausschusses.

     

    Inhaltliche Anforderungen vor Gericht

    Bei einem Verstoß gegen die Parodontose-Richtlinie haben Prüfgremien und Gerichte eine geringere Aufklärungs- und Beweispflicht als üblicherweise: Sie müssen nicht mehr im Einzelfall beweisen, dass die Behandlung durch den Zahnarzt unwirtschaftlich war. Zahnärztliche Nachuntersuchungen sind bei solchen Einzelfällen dann nicht mehr geboten.

     

    Weitere inhaltliche Aspekte, die Sie als Zahnarzt bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung beachten sollten:

     

    • Der Vertragszahnarzt ist zur Dokumentation verpflichtet. Dokumentieren Sie daher umfassend diejenigen Umstände, die für Ihre Diagnose und Therapie nach medizinischem Standard wesentlich sind.

     

    • Der Zahnarzt muss das Vorliegen einer zahnärztlichen Leistung nachweisen. Für einen solchen Nachweis kann die zahnärztliche Dokumentation dienen. Die Prüfgremien haben von deren Richtigkeit auszugehen, solange keine Umstände vorliegen, die diese Vermutung erschüttern.

     

    • Eine fehlende oder unzureichende Dokumentation kann auf die Unwirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Leistungserbringung schließen lassen.

     

    • Aus den schriftlichen Aufzeichnungen müssen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne, der Befund (Parodontalstatus) sowie die Behandlungsdaten hervorgehen. Zudem können sonstige Behandlungsunterlagen - etwa Röntgenbilder oder Kiefermodelle - verlangt werden. Auch sind bei einer Parodontose-Behandlung die Lockerungsgrade zu dokumentieren, wobei Abschnitt V Ziffer 2 der Parodontose-Richtlinie zu beachten ist.

     

    • Ausschließlich pauschale Bezeichnungen wie etwa die Abkürzungen MHU (Mundhygieneunterweisung), EK (Erfolgskontrolle) oder TB (Therapieberatung) ohne eine nähere Bezugnahme auf die behandelten Zähne und konkret erbrachte Leistungen reichen nicht aus.

     

    • Eine Vorbehandlung ist bei der systematischen Parodontose-Behandlung zwingend durchzuführen. Sie besteht in der Entfernung des Zahnsteins, der weichen Beläge und sonstiger Reizfaktoren sowie in der Anleitung des Patienten zur richtigen Mundhygiene. Zwei bis drei Wochen nach einer solchen Vorbehandlung ist zu entscheiden, ob eine Parodontose-Behandlung angezeigt ist. Das Kürzel PABV (vorbereitende Maßnahme zur Parodontose-Behandlung) ist in der Dokumentation hierfür nicht ausreichend.

     

    FAZIT | Die vorliegende Entscheidung bekräftigt, wie wichtig es bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist, den Sachverhalt bereits im Verwaltungsverfahren umfassend aufzubereiten. Schon an dieser Stelle und nicht erst vor Gericht sollte daher ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden! Ferner zeigen die Richter, dass dem Zahnarzt eine gewissenhafte Dokumentation hilft: Mit ihr steigen im Falle eines Falles die Chancen, vor den Prüfgremien und vor Gericht zu bestehen.

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 2 | ID 37660130