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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Wer während der Krankschreibung lange Partys feiert, kann fristlos gekündigt werden

    | Meldet sich eine Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber für zwei Tage krank und nimmt an einer „Wild Night Ibiza Party“ teil, ist von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit (AU) auszugehen. Eine fristlose Kündigung kann in diesem Fall gerechtfertigt sein (Arbeitsgericht [ArbG] Siegburg, Urteil vom 16.12.2022, Az. 5 Ca 1200/22). |

     

    Sachverhalt

    Die Arbeitnehmerin war als Pflegeassistentin beschäftigt. Sie war für Samstag, den 02.07.2022 und Sonntag, den 03.07.2022 zum Spätdienst eingeteilt. Für die Dienste meldete sie sich krank. In dieser Nacht fand an einem bekannten Veranstaltungsort die „White Night Ibiza Party“ statt, auf der Fotos von der feiernden Klägerin entstanden. Diese fanden sich im WhatsApp-Status der Klägerin und auf der Website des Partyveranstalters. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Die Arbeitnehmerin klagte ‒ und verlor.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund liege darin, dass die Klägerin ihren Arbeitgeber über ihre Erkrankung getäuscht und damit das Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört habe. Aufgrund der Fotos stehe fest, dass die Klägerin am Tage ihrer angeblichen AU bei bester Laune und ersichtlich bei bester Gesundheit an der „White Night Ibiza Party“ teilgenommen habe, während sie sich für die Dienste am 02.07. und 03.07.2022 arbeitsunfähig meldete. Der Beweiswert der AU-Bescheinigung (AUB) sei damit erschüttert. Der Erklärung der Klägerin, sie habe an einer zweitägigen psychischen Erkrankung gelitten, die vom Arzt nachträglich festgestellt worden sei, glaubte das Gericht nicht.

     

    Die Kammer ging davon aus, dass die Klägerin die Neigung habe, die Unwahrheit zu sagen. Dies ergebe sich bereits aus ihren Einlassungen im Verfahren. So habe sie eingeräumt, dass sie dem Arbeitgeber gegenüber am 05.07.2022 mitgeteilt hat, sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt zu haben. Im Verfahren habe sie dann eine zweitägige psychische Erkrankung vorgetragen, die nach genau einem Wochenende ohne weitere therapeutische Maßnahmen ausgeheilt gewesen sei. Dies sei schlicht unglaubhaft.

     

    Praktische Bedeutung für Arbeitgeber

    Wichtig für Arbeitgeber ist insbesondere, dass die Gleichung „krank = im Bett bleiben müssen“ falsch ist. Hier kommt es jeweils auf den Einzelfall und die Art der Erkrankung an. Während eine fiebrige Bronchitis die Teilnahme an einer Feier ausschließt oder ein Hexenschuss die Arbeit auf einer Baustelle, fesseln gerade psychische Erkrankungen nicht an das Haus. Hier kann es sogar gesundheitsfördernd sein, wenn der Arbeitnehmer das Haus verlässt und unter Menschen geht. Arbeitgeber müssen also vor einer möglichen Kündigung genau hinschauen (vgl. den Beitrag in ZP 01/2020, Seite 17).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2023 | Seite 16 | ID 49221158