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  • · Arbeitsrecht

    Wer (ver-)schläft sündigt nicht, riskiert im Wiederholungsfall aber eine Kündigung ohne Abmahnung

    Bild: ©Bennet Steiner - adobe.stock.com

    von RA Michael Röcken, Bonn, ra-roecken.de

    | Manchem fällt es schwer, morgens aus dem Bett zu kommen. Wenn dies jedoch wiederholt vorkommt, und eine(r) Ihrer Beschäftigten immer wieder zu spät zur Arbeit erscheint, kann dies auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Dass hier sogar eine Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt sein kann, zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom 31.08.2021 (Az. 1 Sa 70 öD/21). |

     

    Sachverhalt

    Eine Angestellte im öffentlichen Dienst war an drei Tagen in der Woche tätig und seit 13 Jahren bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Die Kernarbeitszeit begann um 09:00 Uhr. Am 21.10. meldete die Angestellte gegen 10:30 Uhr, dass sie „verschlafen“ hätte. Trotz eines am darauffolgenden Arbeitstag geführten Gesprächs mit ihrem Vorgesetzten erschien sie am 25.10. erst um 14:30 Uhr, nachdem sie sich um 11:30 Uhr gemeldet hatte, dass sie wieder verschlafen hatte. Schlussendlich erschien sie am 28.10. wiederum verspätet. Daraufhin sprach der Arbeitgeber die Kündigung aus.

     

    Die Angestellte erhob Kündigungsschutzklage. Sie trug als Begründung vor, dass sie unter starker persönlicher und dienstlicher Belastung stehe, sodass sie Baldrian nehmen müsse. Das führe dazu, dass sie den Wecker nicht hören könne. Darüber hinaus liege auch keine schriftliche Abmahnung vor. Daher sei die Kündigung unwirksam. Die Klage hatte keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG hielt die Kündigung wegen der erheblichen Pflichtverletzung der Mitarbeiterin für gerechtfertigt. Eine Abmahnung sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich: Aus den Gesamtumständen stehe fest, dass die Klägerin nicht ernsthaft gewillt war, sich vertragsgerecht zu verhalten. Dafür sprächen zunächst die massiven Verspätungen der Klägerin in engem zeitlichem Zusammenhang. Die Klägerin sei an drei von vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen (Anm. d. Red.: Drei-Tage-Woche) unpünktlich zur Arbeit erschienen. Hierdurch liege eine massive Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten vor.

     

    MERKE | Grundsätzlich ist vor Ausspruch einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Wenn jedoch erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist oder eine so schwere Pflichtverletzung vorliegt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber unzumutbar ausgeschlossen ist, kann eine Abmahnung im Einzelfall entbehrlich sein (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.07.2012, Az. 2 AZR 782/11).

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 6 | ID 47922472