· Arbeitsrecht
Das Anordnen von Betriebsferien ist grundsätzlich zulässig
von RA, FA für MedR und Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, kanzlei-am-aerztehaus.de
| Eine gesetzliche Regelung zur Anordnung von Betriebsferien besteht nicht. Anerkannt ist jedoch im Grundsatz, dass der Inhaber eines Betriebs bzw. einer Praxis einseitig Betriebsferien anordnen kann. |
Nicht allen Urlaubswünschen muss stattgegeben werden
Nach § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) brauchen Sie als Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche Ihrer Mitarbeiter nicht zu berücksichtigen, wenn dem folgende Gründe entgegenstehen:
- Dringende betriebliche Belange oder
- Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen (z. B. Mitarbeiter mit schulpflichtigen Kindern)
Dringende betriebliche Belange i. S. dieser Vorschrift sind solche Umstände, die in der betrieblichen Organisation, im technischen Arbeitsablauf, der Auftragslage und ähnlichen Umständen ihren Grund haben. Diese Umstände zu gestalten, sind Sie als Arbeitgeber grundsätzlich frei. Eine Zahnarztpraxis hat i. d. R. keinen Betriebsrat. Deshalb können Sie die Betriebsferien kraft Ihres Direktionsrechts einführen.
Grenzen der Anordnung von Betriebsferien
Unter Juristen ist umstritten, ob der Arbeitgeber durch die Anordnung von Betriebsferien jeglichen gesonderten Urlaubsanspruch von Mitarbeitern ausschließen darf. Dagegen wird angeführt, dass Mitarbeiter auch unabhängig von den auferlegten Betriebsferien Urlaub nehmen können müssen, da anderenfalls das zu beachtende „billige Ermessen“ im Rahmen des Direktionsrechts nicht gewahrt würde. Dem Arbeitnehmer müssten noch ausreichend Urlaubstage zur freien Verfügung verbleiben.
PRAXISTIPP | Was genau mit „ausreichend“ gemeint ist, kann mangels jüngerer höchstrichterlicher Entscheidungen nur durch ein älteres Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) definiert werden: Das Gericht billigte eine Regelung, nach der drei Fünftel des Urlaubsanspruchs durch Betriebsferien „verbraucht“ wurden. (Beschluss vom 28.07.1981, Az. 1 ABR 79/79). |
Wichtig | Ob auch eine weitergehende Anordnung von Betriebsferien wirksam umgesetzt werden kann, ist mit abschließender Sicherheit nicht zu prognostizieren. Es wird auf die Umstände des Einzelfalls und die Bewertung durch das ggf. angerufene Arbeitsgericht ankommen.
Risiko: unwirksame Anordnung von Betriebsferien
Ihr Risiko als Praxisinhaber besteht bei einer unwirksamen Anordnung von Betriebsferien vor allem darin, dass Ihr Mitarbeiter seinen Urlaubsanspruch nicht verbraucht. Für den benannten Zeitraum müssen Sie Arbeitsentgelt fortzahlen, selbst wenn Sie die Arbeitsleistung nicht abrufen („Annahmeverzug“).
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Sonderfall: Betriebsferien über Urlaubsanspruch hinaus
Aus der Beratungspraxis sind Fälle bekannt, in denen die Betriebsferien über die o. g. Grenzen hinausgehen. Der Praxisinhaber macht länger Urlaub als den Mitarbeitern an Urlaubstagen (meist sechs Wochen) zur Verfügung stehen. Dabei gewährt er auch mehr Urlaubstage durch Betriebsferien. Dies geschieht sodann meist bei Fortzahlung des Entgelts, sodass sich der Inhaber seinen weitergehenden Urlaub letztlich faktisch „erkauft“.
Soweit alle Beteiligten mit dieser Abwicklung einverstanden sind, spricht nichts gegen eine solche Handhabung. Achten Sie jedoch darauf, dass durch stetige jährliche Wiederholung dieser Handhabung keine sogenannte „betriebliche Übung“ eintritt, die Sie später nicht mehr aufheben können. Dies wird spätestens ein Problem, wenn Sie Ihre Praxis abgeben. Im Rahmen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB gehen die Arbeitsverhältnisse auf den Käufer über. Wenn nun das Personal mehr bezahlten Urlaub erhält als üblich bzw. als vertraglich vereinbart, wird der potenzielle Käufer den Preis für Ihre Praxis zu Recht herunterhandeln wollen.
FAZIT | Die Anordnung von Betriebsferien ist grundsätzlich einseitig zulässig. Ein vollständiger Verbrauch des Mitarbeiterurlaubs durch Betriebsferien ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht möglich, jedenfalls aber mit erheblichen Rechtsrisiken für den Fall einer streitigen Auseinandersetzung behaftet. |