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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    „Damit sind alle Ansprüche wechselseitig abgegolten“ - auch der Urlaubsanspruch?

    | Wird in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart, dass mit dem Vergleich alle wechselseitigen Ansprüche abgegolten sind - gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund -, wird damit auch ein bestehender Urlaubsabgeltungsanspruch erledigt. § 13 Absatz 1 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) steht dem nicht entgegen. |

     

    Sachverhalt

    Der Arbeitnehmer wurde ordentlich gekündigt. Im Kündigungsrechtsstreit haben die Parteien einen Abfindungsvergleich geschlossen. In diesem Vergleich wurde eine große Erledigungsklausel vereinbart, nach der alle wechselseitigen Ansprüche, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind. Zu einem späteren Zeitpunkt be­ansprucht der Arbeitnehmer die Abgeltung von Urlaubsansprüchen. Der ­Arbeitgeber wendet ein, dass die Urlaubsabgeltung durch den Vergleich ­umfasst und daher nicht mehr geschuldet werde.

     

    Aktuelle Entscheidung

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 14. Mai 2013, Az. 9 AZR 844/11, Abruf-Nr. 131878) hatte folglich über die Abgeltungsreichweite des Vergleichs zu entscheiden. Das Gericht hat zunächst betont, dass ein entstandener ­Abgeltungsanspruch nach § 7 IV BUrlG ein eigener geldwerter Anspruch ist (siehe etwa BAG-Urteil vom 20. September 2011, Az. 9 AZR 416/10). Dieser Anspruch entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für einen solchen bereits bestehenden Anspruch könne jedoch im Rahmen eines ­gerichtlichen Vergleichs ein Verzicht erklärt werden. Die große Erledigungserklärung habe eine solche Verzichtserklärung zum Gegenstand.

     

    § 13 I S. BUrlG stehe dem nicht entgegen. Zwar verbiete diese Regelung ein Abweichen zulasten des Arbeitnehmers von § 7 IV BUrlG, dies gelte aber nur für einzelvertragliche Abreden, die bereits das Entstehen des Urlaubsabgeltungsanspruchs ausschließen.

     

    PRAXISHINWEIS |  Die Entscheidung ist nach der Rechtsprechung des BAG zur Rechtsnatur des Urlaubsabgeltungsanspruchs folgerichtig, da der Abgeltungsanspruch danach ein eigener geldwerter Anspruch ist. Dieser kann zum Gegenstand einer Vereinbarung - etwa dem gerichtlichen Vergleich - gemacht werden.

     

    Aus Sicht des Arbeitgebers schafft das Urteil Rechtsklarheit darüber, dass eine große Abgeltungsklausel tatsächlich umfassend ist. Dies dürfte auch gewollt sein und entspricht einer gängigen Praxis. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist stets zu prüfen, ob eine umfassende Abgeltung aller Ansprüche einschließlich der Urlaubsabgeltung tatsächlich gewollt ist. Insoweit kommt dem Anwalt eine umfassende Aufklärungs- und Beratungspflicht zu.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 24 | ID 40339630