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  • · Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung

    Patientin schon als Kind mit Amalgam versorgt: Spätere allergische Reaktion nicht glaubwürdig

    von Rechtsanwalt Philip Christmann, FA für MedR, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

    | Grundsätzlich ist die zahnmedizinische Versorgung mit Amalgam zulässig und medizinisch unbedenklich. Zeigt ein Patient gesundheitliche Beeinträchtigungen erst viele Jahre nach der Ersteinbringung von Amalgam, so spricht dies gegen eine allergische Reaktion. Zu diesem Ergebnis kam das OLG Hamm in einem Urteil vom 4. März 2016 (Az. 26 U 16/15). |

     

    Der Fall: Patientin behauptete Vorliegen einer Amalgamallergie

    Der 1959 geborenen Patientin wurden schon als Kind Amalgamfüllungen eingesetzt. Von 1987 bis 2009 war sie bei der beklagten Zahnärztin in Behandlung. Dort erhielt sie weitere Amalgamfüllungen. Auch wurden alte Amalgamfüllungen entfernt und dann Goldkronen aufgebracht, wobei Amalgamreste am Zahn verblieben. Später ließ sie sich die Amalgamfüllungen von einem anderen Zahnarzt entfernen. Die Patientin warf der Zahnärztin vor, sie habe sie nicht über die Risiken des Amalgams und nicht über Alternativen aufgeklärt. Sie habe unter einer Amalgamallergie gelitten, dadurch zwei Zähne verloren und weitere Beschwerden gehabt. Aufgrund dessen klagte sie auf Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 Euro.

     

    Das Urteil: Amalgam ist grundsätzlich unbedenklich

    Amalgam ist unbedenklich, sagte der Gerichtssachverständige. Dem schloss sich das OLG an und wies die Berufung der Patientin ab. Der Sachverständige hatte sowohl Behandlungs- als auch Aufklärungsfehler verneint. Die Oberfläche der hier verwandten Silberamalgame werde beim Kontakt mit Speichel mit einem Niederschlag überzogen, der weitere elektrochemische Reaktionen verhindere. Unbedenklich seien auch Amalgamreste bei dem Aufbau von neuen Goldkronen, denn der verwendete Zement isoliere das Gold vom Amalgam. Eine Amalgamallergie sei hier nicht feststellbar, denn massive gesundheitliche Beeinträchtigungen habe die Patientin erst 2001 geschildert - lange nach der Ersteinbringung von Amalgam. Auch habe sie keine allergische Reaktion gezeigt, nachdem sie Amalgamfüllungen erhalten habe. Ein Zusammenhang zwischen ihren Beschwerden und dem Amalgam sei nicht feststellbar.

     

    Wo keine gesundheitlichen Risiken durch die Verwendung von Amalgam entstehen, muss der Zahnarzt auch nicht über solche Risiken aufklären. Da die Patientin durch die Verwendung des Amalgams auch nicht geschädigt wurde, muss das Gericht nicht mehr klären, ob der Zahnarzt sie auf alternative Füllungsmaterialen hinweisen musste.

     

    PRAXISHINWEIS | Allgemein steht die Rechtsprechung Klagen wegen Amalgamallergien sehr skeptisch gegenüber. Überwiegend haben die Sachverständigen in diesen Verfahren bestätigt, dass Amalgam dem medizinischen Standard entspricht und bedenkenlos verwendet werden kann.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 10 | ID 43975976