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  • 07.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121403

    Sozialgericht Marburg: Urteil vom 22.02.2012 – S 12 KA 100/11

    Die Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V gilt auch für Zahnärzte.


    S 12 KA 100/11

    Tenor
    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten um die Festsetzung eines Abzugs in Höhe von 25% des Honoraranspruchs ab dem Quartal III/10 für längstens vier Quartale, soweit nicht ein Nachweis für die erforderliche Fortbildung nach § 95d SGB V erbracht wird.

    Der Kläger wurde als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt bereits vor dem Jahr 2004 zugelassen. Er ist zugleich Facharzt für Allgemeinmedizin und als solcher zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

    Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 01.09.2009, dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 02.09. zugestellt, fest, dass der Kläger zum 30.06.2009 den erforderlichen Nachweis der Pflichtfortbildung nicht erbracht habe. Sie habe daher ab dem laufenden Quartal die abgerechneten Honorare um 10% zu kürzen. Die einzelnen Kürzungsbeträge seien auf den Monats- und Vierteljahresabrechnungen entsprechend ausgewiesen. Die Kürzung ende mit Ablauf desjenigen Quartals, in dem der vollständige Nachweis erbracht werde. Nach Ablauf von vier Quartalen erhöhe sich der Abzug auf 25%, falls der Nachweis nicht erbracht werde.

    Hiergegen legte der Kläger am 29.09.2009 Widerspruch ein und reichte verschiedene Bescheinigungen zur Fortbildung ein.

    Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 26.10.2009 mit, den erforderlichen Nachweis zur Pflichtfortbildung könne sie nicht erkennen. Die eingereichten Unterlagen reichten für einen Nachweis der erforderlichen 25 Punkte nicht aus. Bei einigen Bescheinigungen fehle die Angabe der Dauer der Veranstaltung. Somit sei nicht ersichtlich, mit wie vielen Punkten die Maßnahme jeweils zu bewerten sei. Bei einigen Bescheinigungen fehle die Angabe des Namens des Klägers, so dass nicht eindeutig sei, ob die Bescheinigung für die Teilnahme des Klägers ausgestellt worden sei. Sie bitte daher ein weiteres Mal um Vorlage des vollständigen und eindeutigen Nachweises der Pflichtfortbildung. Hierzu sei auch der Erfassungsbogen zu verwenden.

    Der Kläger reichte den Erfassungsbogen mit Datum vom 01.12.2009 sowie verschiedene Bestätigungen über die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ein. Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 13.01.2010 mit, zur abschließenden Anerkennung der Nachweise bitte sie darum, die eingereichten Unterlagen im Original anzusehen. Sie bitte, einen gemeinsamen Gesprächstermin bei ihr zu vereinbaren und die Originalnachweise zu den bezeichneten Fortbildungen mitzubringen. Sie bitte, die Unterlagen nicht mit der Post zu schicken.

    Auf einem Aktenvermerk hielt der Mitarbeiter Assessor S. mit Datum vom 19.01.2010 fest, der Kläger habe anlässlich eines Telefonanrufs zugegeben, dass er den Nachweis nicht erbringen könne und er den Widerspruch hiermit zurückziehe. Er sei über die weiteren Konsequenzen unterrichtet worden, Kürzung in Höhe von 25%, Antrag beim Zulassungsausschuss.

    Am 23.02.2010 ging ein vom Kläger mit Datum vom 22.02.2010 unterschriebenes Schreiben zurück, wonach er den Widerspruch vom 29.09.2009 gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.09.2009 zurückziehe.

    Mit Bescheid vom 05.07.2010 teilte die Beklagte entsprechend dem Bescheid vom 01.09.2009 mit, dass das abgerechnete Honorar nunmehr ab dem laufenden Quartal um 25% zu kürzen sei. Die einzelnen Kürzungsbeträge würden wie bisher auf den Monats- und Vierteljahresabrechnungen ausgewiesen werden. Ergänzend fügte sie dem Bescheid an, sie wiederhole an dieser Stelle ihren dringenden Rat, die erforderliche Fortbildung nunmehr nachzuweisen, sollte die weitere vertragszahnärztliche Tätigkeit auch zukünftig beabsichtigt sein. Der Bescheid vom 05.07.2010 war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden und dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 06.07.2010 zugestellt worden.

    Hiergegen legte der Kläger mit Datum vom 16.07.2010, bei der Beklagten am 21.07.2010 eingegangen, Widerspruch ein. Eine schriftliche Widerspruchsbegründung reiche der Kläger nicht ein. In einem weiteren Vermerk wurde seitens der Beklagten festgehalten, anlässlich eines Telefonanrufs am 24.11.2010 habe der Kläger darauf hingewiesen, das Gesetz zur Pflichterfüllung sei aus seiner Sicht ungerecht, die Zahnärzte könnten sich Punkte erkaufen, er wolle Klage erheben und wolle an die Presse gehen.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, für den Umfang des Nachweises der Fortbildung nach § 95d SGB V habe die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung mit Beschluss vom 13.02.2004 festgelegt, dass ein Vertragszahnarzt Fortbildungsmaßnahmen nachweisen müssen, die insbesondere 25 Punkte im Sinne der Bewertung der Bundeszahnärztekammer und der DGZMK betrügen. Das Gesetz schreibe für den Fall, dass ein Zahnarzt den Nachweis nicht erbringe zwingend vor, dass das Honorar für die nächsten vier Quartale um 10% zu kürzen sei und sich der Honorarabzug danach auf 25% erhöhe. Das gem. § 95d SGB V einbehaltene Praxishonorar betrage 1.478,04 € bis einschließlich zum Quartal III/10. Der Nachweis der Pflichtfortbildung sei bislang nicht erbracht worden. Der Widerspruch sei nicht begründet worden trotz Aufforderung hierzu. Für eine abhelfende Entscheidung ergeben sich auch sonst keinerlei Anhaltspunkte. Generelle Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Vorschrift an sich seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

    Hiergegen hat der Kläger am 14.02.2011 die Klage erhoben. Er trägt vor, die Regelung des § 95d SGB V verstoße gegen Art. 3 und 12 GG. Die Regelung sei auch in keiner Weise geeignet, den vom Gesetzgeber angestrebten Zweck zu erreichen. Es sei zunächst unklar, welche Absicht der Gesetzgeber mit der neu eingeführten Bestimmung des § 95d SGB V verfolge. Eine Verpflichtung zur kontinuierlichen Fortbildung bestehe aufgrund der Berufsordnung. Dieser Pflicht zur Fortbildung, deren Umfang und Inhalt die Ärzte selbst bestimmten, käme die überwiegende Mehrheit der Ärzte nach. Die Vorgabe einer bestimmten Anzahl von Fortbildungspunkten in einem Fünfjahreszeitraum stelle eine unzulässige Einengung der freien Berufsausübung dar. Es werde nicht überprüft, ob der Arzt tatsächlich an der angegebenen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen habe und die Informationen aufgenommen habe. Bei zahlreichen Veranstaltungen werde nicht einmal die Anwesenheit überprüft. Es werde auch nicht überprüft, ob sich die Fortbildungsveranstaltung mit dem Tätigkeitsgebiet des Vertragsarztes befasse. Soweit man dem Gesetzgeber unterstellen könne, er wolle durch die allgemeine Fortbildungsverpflichtung die Qualität in der vertragsärztlichen Behandlung sicherstellen, so würden hierdurch Ärzte in Kliniken, und Ärzte, die nur eine Privatpraxis betrieben, nicht erfasst werden, was gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße. Behandlungsfehler mit schwerwiegenden Folgen träten fast ausschließlich im stationären Bereich auf. Andere Freie Berufe würden gesetzlich nicht zur Fortbildung verpflichtet werden. Es finde keine inhaltliche Kontrolle der Fortbildungsveranstaltung statt. Es würden auch Fortbildungsveranstaltungen angeboten werden, die für die vertragsärztliche Berufsausübung nicht benötigt würden. Eine große Anzahl der Veranstaltungen befassten sich mit dem Themenbereich Abrechnung. Die vom Gesetz vorgesehenen Sanktionen seien inadäquat und unverhältnismäßig. Der Entzug der Zulassung sei nicht zu rechtfertigen. Er sei im Zeitraum November 2010 bis Dezember 2011 mehrfach zum zahnärztlichen Notdienst eingeteilt gewesen und habe als einziger Zahnarzt die zahnärztliche Notfallversorgung für den gesamten Bereich der Stadt A-Stadt sichergestellt. Wäre er hierfür ungeeignet, hätte er hierzu nicht eingeteilt werden dürfen. Der Gesetzgeber habe sich nur mit der Situation der Ärzte beschäftigt, nicht aber mit der der Zahnärzte. Seine Feststellungen seien auf dem Bereich der Zahnärzte nicht übertragbar. Auf Antrag der Beklagten habe ihm der Zulassungsausschuss am 07.09.2011 die Zulassung entzogen. Hiergegen sei ein Widerspruchsverfahren anhängig. Er habe alle Fortbildungspunkte, welche gefordert würden. Die Beklagte erkenne lediglich die Kopien nicht an. Die Originale seien leider bei einem Praxisumbau von nicht deutschsprachigem Personal in Unwissenheit vernichtet worden. Es seien Zeugen vorhanden.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid vom 05.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2011 aufzuheben.

    Der Kläger beantragt,

    unter Aufhebung des Bescheids vom 05.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 20.01.2011 die Beklagte zu verpflichten, ihm die einbehaltenen Honoraranteile für die Quartale III/10 bis II/11 auszuzahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie weist darauf hin, der Kläger habe seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.09.2009 zurückgenommen. Somit sei davon auszugehen, dass der erforderliche Nachweis der Fortbildung von ihm nicht erbracht worden sei. Sie halte § 95d SGB V für verfassungsgemäß und verweise hierzu auf die Entscheidung der Kammer vom 23.03.2011 – S 12 KA 695/10 –. Adressat der Fortbildungsverpflichtung seien alle ärztlichen Behandler, auch Zahnärzte und Psychotherapeuten. Aus der Gesetzesbegründung ergäben sich keine nachvollziehbaren Argumente dafür, dass die Pflichtfortbildung nicht für Vertragszahnärzte gelten sollte. Die Fortbildungsverpflichtung stehe nicht im Widerspruch zur berufsrechtlichen Verpflichtung, da sie durch die berufsrechtlichen Fortbildungsnachweise ausgefüllt werde. Entscheidend sei, dass die von der Bundeszahnärztekammer zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) entwickelt „Leitsätze zur zahnärztlichen Fortbildung“ bei den konkreten Fortbildungsmaßnahmen, für die Fortbildungspunkte erworben werden sollen, erfüllt würden.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

    Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Der angefochtene Bescheid vom 05.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2011 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die einbehaltenen Honoraranteile für die Quartale III/10 bis II/11 auszuzahlen. Die Klage war abzuweisen.

    Rechtsgrundlage für die Honorarkürzung ist § 95d Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Nach § 72 Abs. 1 Satz 2 SGBV gelten, soweit sich die Vorschriften auf Ärzte beziehen, diese entsprechend für Zahnärzte, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.

    Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs. 3 Satz 4 bis 6 SGB V). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Vertragsärzte, die am 30. Juni 2004 bereits zugelassen sind, haben den Nachweis nach Satz 1 erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V).

    Nach diesen Vorschriften war der Kläger verpflichtet, den Fortbildungsnachweis bis zum 30.06.2009 zu erbringen bzw. bzgl. des hier streitgegenständlichen Bescheids bis zum 30.06.2010 und danach bis spätestens 31.03.2011. Dies hat er nicht getan.

    Die Bescheinigungen, die der Kläger bzgl. der 10 %-igen Kürzung im Bescheid vom 01.09.2009 vorgelegt hat, hat die Beklagte zu Recht nicht anerkannt, da die Angaben z. T. unvollständig waren und es sich ausschließlich um Kopien handelte und der Kläger keine einzige Bescheinigung im Original vorgelegt hatte. Der Kläger hat dies insofern anerkannt, als er keine weiteren Bescheinigungen vorlegte und den Widerspruch zurückzog. Soweit der Kläger vorträgt, die Unterlagen seien versehentlich von der Putzfrau seiner Mutter nicht nur entsorgt, sondern auch zuvor zerrissen worden, so hat er keines der von ihm z. T. geretteten Schnipsel vorgelegt, auch hat er in keinem Fall eine Zweitbescheinigung vorgelegt. Von daher hegt die Kammer auch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vortrags, worauf es aber letztlich nicht ankommt, da allein der Kläger für einen vollständigen rechtzeitigen Nachweis verantwortlich ist. Im Übrigen wäre es dem Kläger unbenommen gewesen, die Fortbildung auch nach dem 30.06.2009 nachzuholen.

    Weitere Unterlagen hat der Kläger bis zum 31.03.2011 nicht vorgelegt. Der Nachweis muss jeweils bis Ende des Vorquartals erfolgt sein, um eine Honorarkürzung zu verhindern. Für das letzte hier streitbefangene Quartal II/11 hätte daher der Nachweis bis zum 31.03.2011 erfolgen müssen. Bis dahin hat der Kläger aber keine weiteren Unterlagen vorgelegt. Erst danach hat er im Zulassungsentziehungsverfahren die Bescheinigung der Landesärztekammer vom 18.08.2008 über 70 Punkte vorgelegt. Aus der Bescheinigung geht aber nicht hervor, welche Fortbildungsveranstaltungen der Kläger besucht hat.

    Die Kammer sieht keine zwingende Rechtsvorschrift, wonach ärztliche Fortbildungspunkte auch als zahnärztliche Fortbildungspunkte anzuerkennen wären. Dies ist lediglich nicht ausgeschlossen. Die von der KZBV erlassenen Verfahrensregelungen sehen eine zwingende bzw. automatische Anerkennung nicht vor. Nach der Regelung des Fortbildungsnachweises gemäß § 95d Abs. 6 SGB V der KZBV mit Stand vom 25.03.2009, http://www.kzbv.de/vertragszahnaerztliche-fortbildung.440.de.html (im Folgenden: FortbRL-Z) können in den Fortbildungsnachweis nur solche Fortbildungsmaßnahmen aufgenommen werden, die dem Konzept der Bundeszahnärztekammer zum freiwilligen Nachweis von Fortbildungen entsprechen (Vorgaben der Bundeszahnärztekammer und der Zahnärztekammern FortbRL-Z). Der Nachweis kann durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung einer Landeszahnärztekammer, deren Gültigkeit sich auf den jeweiligen Fünfjahreszeitraum bezieht, ersetzt werden (Mindestpunktzahl FortbRL-Z). Von daher kann allein mit dem Nachweis von ärztlichen Fortbildungspunkten nicht der Nachweis für die vertragszahnärztliche Fortbildung geführt werden. Insofern besteht auch keine Verpflichtung zur Amtsermittlung seitens der Beklagten, da allein der Kläger den Nachweis zu führen hat.

    Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe ihn durch Falschauskunft abgehalten, seine ärztlichen Fortbildungsnachweise vorzulegen, so handelt es sich um eine nicht ansatzweise näher konkretisierte Behauptung des Klägers, für die er auch keinen Beweis anbieten kann. Dem steht auch entgegen, dass er im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren grundsätzlich den Standpunkt vertreten hat, die Fortbildungsverpflichtung gelte nicht für Zahnärzte bzw. sei verfassungswidrig, weshalb er eines Nachweises nicht bedürfe. Im Übrigen hat der Kläger auch bis zuletzt keine einzelnen ärztlichen Nachweise geführt.

    Die gesetzliche Regelung stellt eindeutig auf den Nachweis ab. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung „den Nachweis zu erbringen“ hat, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist (§ 95d Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). Der „Nachweis“, nicht lediglich die Erfüllung der Fortbildungspflicht, ist erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Folgerichtig knüpft das Gesetz insbesondere auch die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung an den fehlenden Nachweis. Die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung besteht dann, wenn ein Vertragsarzt den „Fortbildungsnachweis“ nicht oder nicht vollständig erbringt (§ 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Honorarkürzung endet erst nach Erbringung des „vollständigen Fortbildungsnachweises“ (§ 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V). Die Möglichkeit zur Zulassungsentziehung knüpft ebf. an den fehlenden Fortbildungsnachweis an (§ 95d Abs. 3 Satz 7 und 8 SGB V). Entsprechend stellen auch die Regelungen für angestellte Ärzte auf den Fortbildungsnachweis ab (§ 95d Abs. 5 Satz 2 und 6 SGB V).

    Die gesetzliche Regelung ist auch verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber ist befugt, die Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu regeln (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 23.03.2011 - S 12 KA 695/10 -; Urt. v. 07.12.2011 - S 12 KA 854/10 -).

    Der Umfang der Fortbildungsverpflichtung ist nicht unverhältnismäßig. Hierfür sieht das Gesetz einen Fünfjahreszeitraum vor. Nach den auf der Grundlage des § 95d Abs. 6 SGB V ergangenen Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sind im Fünfjahreszeitraum 125 Fortbildungspunkte nachzuweisen (Mindestpunktzahl FortbRL-Z), wobei 10 Punkte pro Jahr durch Selbststudium erbracht werden können. Pro Fortbildungsstunde wird ein Punkt vergeben, pro Tag acht Punkte (Punktebewertung von Fortbildung BZÄK/ DGZMK, gültig ab 01.01.2006).

    Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Pflicht zur fachlichen Fortbildung der Vertragsärzte eine Gesetzeslücke schließen, da bisher eine generelle vertragsärztliche Pflicht, den Nachweis über die Übereinstimmung des eigenen Kenntnisstandes mit dem aktuellen medizinischen Wissen zu erbringen, nicht bestanden habe. Sie diene der Absicherung der qualitätsgesicherten ambulanten Behandlung der Versicherten. Der Gesetzgeber beruft sich dabei auf Feststellungen des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in dessen Gutachten 2000/2001. Danach veränderten sich die Auffassungen von und die Anforderungen an die „gute ärztliche Praxis“ deutlich innerhalb weniger Jahre. Umso gravierender seien die Mängel im Fortbildungsangebot, in der Inanspruchnahme, in der Förderung und verpflichtenden Regelung der ärztlichen Fortbildung zu betrachten. Zu kritisieren seien eine häufig unzureichende Praxisrelevanz, die Vernachlässigung praktischer und interpersoneller Kompetenzen sowie eine eingeschränkte Glaubwürdigkeit vieler Angebote durch mangelnde Neutralität oder Transparentmachung der Qualität der angeführten Evidenz. Darüber hinaus sei zu bemängeln, dass die Fortbildung ihre Funktion des Forschungstransfers zu langsam und zu unkritisch erfüllt habe. Als Maßnahme der Qualitätssicherung sei die Kompetenz des Bundesgesetzgebers nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gegeben (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 109).

    Der Gesetzgeber kann auch die Honorarkürzung an den Nachweis der Fortbildung knüpfen. Dies ist gleichfalls nicht unverhältnismäßig. Letztlich handelt es sich um eine bloße Fristenregelung. Die Fortbildung und der Nachweis darüber liegen allein in der Sphäre des Vertragsarztes. Er allein weiß, welche Fortbildungen er absolviert hat und wer ihm hierüber einen Nachweis ausstellen kann. Mit der Stichtagsregelung nach einem Zeitraum von fünf Jahren weiß der Vertragsarzt, wann der Nachweis erbracht sein muss. Hat er die Fortbildung absolviert, so ist es kein wesentlich erhöhter Aufwand, die Nachweise rechtzeitig einzureichen. Dies entspricht auch allgemeinen vertragsarztrechtlichen Grundsätzen, wonach vor Behandlungsbeginn nicht nur die Voraussetzungen zur vertragsärztlichen Behandlung erfüllt sein müssen, sondern auch eine Zulassung oder Genehmigung aufgrund der nachgewiesenen Qualifikation vorliegen müssen. Zulassungen und Genehmigungen können als Status- bzw. statusähnliche Verwaltungsakte nicht rückwirkend erteilt werden.

    Die Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kann, auch soweit sie sich nur auf bestimmte Bereiche oder Leistungen der ambulanten Versorgung erstreckt, nicht rückwirkend zuerkannt bzw. in Kraft gesetzt werden. Die Unzulässigkeit rückwirkender Statusbegründungen ergibt sich aus dem System des Vertragsarztrechts, das nach wie vor durch das Naturalleistungsprinzip in Verbindung mit der Beschränkung der Leistungserbringung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter Leistungserbringer geprägt ist. Mit dieser Beschränkung ist verbunden, dass diesen die Berechtigung zur Erbringung von Leistungen - abgesehen von Notfällen - förmlich zuerkannt worden sein muss. Dies gilt für alle Arten der Statusbegründung im Vertragsarztrecht, also für Zulassungen von Vertragsärzten, für Ermächtigungen von Krankenhausärzten wie auch für Genehmigungen zur Anstellung von Ärzten und ebenso für weitere - nicht auf der Ebene des Status angesiedelte - Genehmigungen. Denn zum Schutz aller zur Leistungserbringung Berechtigter und aus ihr Verpflichteter und insbesondere zum Schutz der Versicherten muss zu Beginn einer vertragsärztlichen Behandlung feststehen, ob die zu erbringenden Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden oder als privatärztliche Leistungen anzusehen und zu vergüten sind (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 11.03.2009 - B 6 KA 15/08 – SozR 4-2500 § 96 Nr. 11 = GesR 2009, 534 = MedR 2010, 128 = ZMGR 2009, 303 = KHR 2009, 172 = USK 2009-38 = Breith 2010, 21 = PFB 2009, 144, juris Rdnr. 15 f.).

    Soweit der Gesetzgeber für die Erfüllung der Fortbildungspflicht auf einen förmlichen - feststellenden – Verwaltungsakt verzichtet, sondern es bei einem bloßen Nachweis belässt, kommt es aber auf den Nachweis bis zum Stichtag entscheidend an. Systematische handelt es sich bei der Fortbildungspflicht um eine Qualitätssicherungsmaßnahme. Die Qualitätssicherung wird aber nach der gesetzlichen Regelung erst durch den Nachweis erfüllt. Hierfür gibt es weder eine rückwirkende Wirkung noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Insofern handelt es sich bei der Stichtagsregelung in § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V um eine gesetzliche Ausschlussfrist.

    Hinzu kommt, dass die von der KZBV erlassenen Verfahrensregelungen eine Hinweispflicht beinhalten. Die Regelung des Fortbildungsnachweises gemäß § 95 d Abs. 6 SGB V der KZBV sieht vor, dass mindestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums ein Hinweis erfolgen muss, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung verbunden ist. Das weitere Verfahren soll die Kassenzahnärztliche Vereinigung regeln (Hinweispflicht der KZV FortbRL-Z).

    Die Regelung gilt auch für Zahnärzte. Der Gesetzgeber hat die Anwendung des § 95d SGB V auf Zahnärzte nicht ausgeschlossen. Auch sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die gesetzgeberische Intention zur Schaffung einer Fortbildungsverpflichtung nicht auch für Zahnärzte gelten sollte.

    Die Beklagte war auch nicht gehindert, den hier streitbefangenen Grundlagenbescheid zu erlassen und die konkrete Honorarkürzung erst im Honorarbescheid festzusetzen. Soweit die Beklagte bei der Honorarkürzung das Honorar aus ZE-Behandlungen nicht berücksichtigt, wird der Kläger nicht beschwert. Von daher kann dahinstehen, ob dies rechtmäßig ist. Im Übrigen ist die konkrete Kürzungshöhe nicht streitbefangen.

    Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

    RechtsgebieteSGB 5, GGVorschriften§ 72 Abs 1 S 2 SGB 5, § 95d Abs 1 S 1 SGB 5, § 95d Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB 5, § 95d Abs 3 S 2 SGB 5, § 95d Abs 3 S 3 SGB 5, § 95d Abs 3 S 4 SGB 5, § 95d Abs 3 S 5 SGB 5, § 95d Abs 3 S 6 SGB 5, § 95d Abs 3 S 7 SGB 5, § 95d Abs 3 S 8 SGB 5, § 95d Abs 5 S 2 SGB 5, § 95d Abs 5 S 6 SGB 5, § 95d Abs 6 SGB 5, Art 12 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 74 Abs 1 Nr 12 GG