07.01.2021 · IWW-Abrufnummer 219745
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 25.06.2020 – 1 K 103/20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen
In dem Rechtsstreit
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
gegen Finanzamt
- Beklagter -
Tatbestand
Der Kläger ließ Reparaturarbeiten an seinem privaten Kfz durchführen. Hierfür machten der Kläger und seine Ehefrau in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung eine 20%-ige Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in ihrem Haushalt geltend.
Der Erklärung war ein nichtamtlicher Vordruck eines Steuerverlags "Anlage zur Einkommensteuererklärung 2017 - Haushaltsnahe Leistungen (§ 35a EStG)"beigefügt. Dieser enthielt folgende Rubrik: "Reparatur und Wartung von Haushaltsgegenständen (z.B. Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Fernseher, PC, Familien-Pkw) - auch in Werkstatt -". In diese Rubrik hatten die Kläger die streitigen Reparaturkosten eingetragen.
Der Beklagte, das Finanzamt (FA), gewährte die geltend gemachte Steuerermäßigung nicht und wies auch den hiergegen gerichteten Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Begünstigt seien nur Handwerkerleistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen. Ein Pkw gehöre aber nicht zum Haushalt i.S.d. § 35a EStG. Die Reparatur, Wartung und Pflege eines Kfz sei nach dem BMF-Schreiben vom 09.11.2016 ausdrücklich nicht begünstigt.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, bei dem privaten Pkw handele es sich um einen Haushaltsgegenstand, der unter die Ermäßigungsvorschrift § 35a EStG falle.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2020 dahingehend zu ändern, dass für die Reparatur seines Pkw i.H.v. 960 € eine Steuerermäßigung i.H.v. 20% berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu seiner bisherigen Argumentation trägt das FA vor, dass nach der Gesetzesbegründung nur Handwerkerleistungen in den Ermäßigungstatbestand einbezogen würden, die der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung dienen, was bei einem Pkw nicht der Fall sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 FGO). Dem Kläger steht eine Steuerermäßigung für die Reparatur seines Pkw nicht zu.
Gem. § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 Euro für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Nach § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG kann die Steuerermäßigung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird.
Die zitierten Ermäßigungsvorschriften beschreiben die Tatbestandsvoraussetzungen nicht abstrakt abschließend (BFH, Beschluss vom 25.09.2017 VI B 25/17, BFH/NV 2018, 39 Rz. 5), sondern typologisch durch Aufzählung der charakteristischen Beispiele. Nur Leistungen, die nach ihrem Gesamtbild dem Typus entsprechen, fallen unter den Ermäßigungstatbestand. Ob eine Leistung im Einzelfall dem Typus entspricht, ist durch einen Ähnlichkeitsvergleich mit den typischen, im Gesetz genannten Merkmalen zu ermitteln (z.B. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 5 Rz. 53; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 UStG Rz. 331 - Juli 2017).
Nach der Typenaufzählung im Gesetz wird eine Handwerkerleistung in einem Haushalt i.S.v. § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts, also in der Wohnung des Steuerpflichtigen erfolgt. Nach dem maßgeblichen räumlich-funktionalen Verständnis des Haushaltsbegriffs des § 35a EStG fallen darunter aber auch Leistungen außerhalb der Wohnung, die einen funktionalen Bezug zum Haushalt aufweisen, die also dem Haushalt bzw. dem Wohnen dienen (BFH, Urteil vom 20.03.2014 VI R 55/12, BStBl II 2014, 880 Rz. 12 ff.; vom 20.03.2014 VI R 56/12, BStBl II 2014, 882 Rz. 13 ff.; vom 03.09.2015 VI R 18/14, BStBl II 2016, 272 Rz. 18).
Nach Gesetzesbegründung soll § 35a Abs. 3 Satz 1 (damals § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i. d. F. des FördWachsG) handwerkliche Tätigkeiten begünstigen, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z. B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z. B. Garten- und Wegebauarbeiten (BT-Drucks. 16/643 S. 10; BT-Drucks. 16/753 S. 11). Aus diesen Erwägungen lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber bezweckte, solche Leistungen zu begünstigen, die typischerweise dem Wohnen dienen.
Demzufolge rechnet die Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (vom 09.11.2016, IV C 8-S 2296-b/07/10003: 008, FMNR524000016, Rn. 58, Anlage 1 "Reparatur") Handwerkerleistungen an Gegenständen, die dem Leben im Haushalt dienen, zu den nach § 35a EStG steuerbegünstigten Handwerksleistungen. Dazu zählt die Verwaltung, die Reparatur, Wartung und Pflege von Bodenbelägen (z. B. Teppichboden, Parkett, Fliesen), von Fenstern und Türen (innen und außen), von Gegenständen im Haushalt des Steuerpflichtigen (z. B. Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Fernseher, PC und andere), soweit es sich um Gegenstände handelt, die in der Hausratversicherung mitversichert werden können, von Heizungsanlagen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, von Wandschränken, nicht aber die Reparatur, Wartung und Pflege von Kfz.
Diese Auffassung hält der erkennende Senat für zutreffend. § 35a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG enthält nach seinem Wortlaut und seiner Entstehungsgeschichte eine Steuerermäßigung nur für die Handwerkerleistungen, die typischerweise dem Wohnen bzw. Leben in einem Haushalt dienen.
Hierunter fällt eine Autoreparatur nicht. Ein Pkw und dessen Reparatur dienen nicht dem Wohnen oder Leben in einem Haushalt, sondern der Fortbewegung vom und zum Haushalt. Ein Pkw ist damit kein Haushaltsgegenstand (a.A. Herkens EStB 2018, 182, 185, ohne Begründung), sondern ein Fortbewegungsmittel. Die streitgegenständliche Reparatur des Kfz des Klägers fällt folglich nicht unter die steuerbegünstigten Handwerkerleistungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.
Urteil vom 25.06.2020
Az.: 1 K 103/20
In dem Rechtsstreit
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
gegen Finanzamt
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2017
hat der I. Senat des Thüringer Finanzgerichts ohne mündliche Verhandlung am 25. Juni 2020 für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen.
Der Kläger ließ Reparaturarbeiten an seinem privaten Kfz durchführen. Hierfür machten der Kläger und seine Ehefrau in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung eine 20%-ige Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in ihrem Haushalt geltend.
Der Erklärung war ein nichtamtlicher Vordruck eines Steuerverlags "Anlage zur Einkommensteuererklärung 2017 - Haushaltsnahe Leistungen (§ 35a EStG)"beigefügt. Dieser enthielt folgende Rubrik: "Reparatur und Wartung von Haushaltsgegenständen (z.B. Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Fernseher, PC, Familien-Pkw) - auch in Werkstatt -". In diese Rubrik hatten die Kläger die streitigen Reparaturkosten eingetragen.
Der Beklagte, das Finanzamt (FA), gewährte die geltend gemachte Steuerermäßigung nicht und wies auch den hiergegen gerichteten Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Begünstigt seien nur Handwerkerleistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen. Ein Pkw gehöre aber nicht zum Haushalt i.S.d. § 35a EStG. Die Reparatur, Wartung und Pflege eines Kfz sei nach dem BMF-Schreiben vom 09.11.2016 ausdrücklich nicht begünstigt.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, bei dem privaten Pkw handele es sich um einen Haushaltsgegenstand, der unter die Ermäßigungsvorschrift § 35a EStG falle.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2020 dahingehend zu ändern, dass für die Reparatur seines Pkw i.H.v. 960 € eine Steuerermäßigung i.H.v. 20% berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu seiner bisherigen Argumentation trägt das FA vor, dass nach der Gesetzesbegründung nur Handwerkerleistungen in den Ermäßigungstatbestand einbezogen würden, die der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung dienen, was bei einem Pkw nicht der Fall sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Der Senat durfte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 FGO). Dem Kläger steht eine Steuerermäßigung für die Reparatur seines Pkw nicht zu.
Gem. § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 Euro für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Nach § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG kann die Steuerermäßigung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird.
Die zitierten Ermäßigungsvorschriften beschreiben die Tatbestandsvoraussetzungen nicht abstrakt abschließend (BFH, Beschluss vom 25.09.2017 VI B 25/17, BFH/NV 2018, 39 Rz. 5), sondern typologisch durch Aufzählung der charakteristischen Beispiele. Nur Leistungen, die nach ihrem Gesamtbild dem Typus entsprechen, fallen unter den Ermäßigungstatbestand. Ob eine Leistung im Einzelfall dem Typus entspricht, ist durch einen Ähnlichkeitsvergleich mit den typischen, im Gesetz genannten Merkmalen zu ermitteln (z.B. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 5 Rz. 53; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 UStG Rz. 331 - Juli 2017).
Nach der Typenaufzählung im Gesetz wird eine Handwerkerleistung in einem Haushalt i.S.v. § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts, also in der Wohnung des Steuerpflichtigen erfolgt. Nach dem maßgeblichen räumlich-funktionalen Verständnis des Haushaltsbegriffs des § 35a EStG fallen darunter aber auch Leistungen außerhalb der Wohnung, die einen funktionalen Bezug zum Haushalt aufweisen, die also dem Haushalt bzw. dem Wohnen dienen (BFH, Urteil vom 20.03.2014 VI R 55/12, BStBl II 2014, 880 Rz. 12 ff.; vom 20.03.2014 VI R 56/12, BStBl II 2014, 882 Rz. 13 ff.; vom 03.09.2015 VI R 18/14, BStBl II 2016, 272 Rz. 18).
Nach Gesetzesbegründung soll § 35a Abs. 3 Satz 1 (damals § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i. d. F. des FördWachsG) handwerkliche Tätigkeiten begünstigen, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z. B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z. B. Garten- und Wegebauarbeiten (BT-Drucks. 16/643 S. 10; BT-Drucks. 16/753 S. 11). Aus diesen Erwägungen lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber bezweckte, solche Leistungen zu begünstigen, die typischerweise dem Wohnen dienen.
Demzufolge rechnet die Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (vom 09.11.2016, IV C 8-S 2296-b/07/10003: 008, FMNR524000016, Rn. 58, Anlage 1 "Reparatur") Handwerkerleistungen an Gegenständen, die dem Leben im Haushalt dienen, zu den nach § 35a EStG steuerbegünstigten Handwerksleistungen. Dazu zählt die Verwaltung, die Reparatur, Wartung und Pflege von Bodenbelägen (z. B. Teppichboden, Parkett, Fliesen), von Fenstern und Türen (innen und außen), von Gegenständen im Haushalt des Steuerpflichtigen (z. B. Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Fernseher, PC und andere), soweit es sich um Gegenstände handelt, die in der Hausratversicherung mitversichert werden können, von Heizungsanlagen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, von Wandschränken, nicht aber die Reparatur, Wartung und Pflege von Kfz.
Diese Auffassung hält der erkennende Senat für zutreffend. § 35a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG enthält nach seinem Wortlaut und seiner Entstehungsgeschichte eine Steuerermäßigung nur für die Handwerkerleistungen, die typischerweise dem Wohnen bzw. Leben in einem Haushalt dienen.
Hierunter fällt eine Autoreparatur nicht. Ein Pkw und dessen Reparatur dienen nicht dem Wohnen oder Leben in einem Haushalt, sondern der Fortbewegung vom und zum Haushalt. Ein Pkw ist damit kein Haushaltsgegenstand (a.A. Herkens EStB 2018, 182, 185, ohne Begründung), sondern ein Fortbewegungsmittel. Die streitgegenständliche Reparatur des Kfz des Klägers fällt folglich nicht unter die steuerbegünstigten Handwerkerleistungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.
RechtsgebietEStGVorschriften§ 35a Abs. 3 S. 1 EStG