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  • 06.03.2019 · IWW-Abrufnummer 207552

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 08.11.2018 – III R 13/16

    1. Auch die Privatnutzung von Taxen unterfällt dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

    2. Listenpreis i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist nur der Preis, zu dem der Steuerpflichtige das Fahrzeug als Privatkunde erwerben könnte.


    Tenor:

    Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 2015 14 K 2436/14 E,G,U —soweit es nicht die Umsatzsteuer 2009 und 2010 betrifft— aufgehoben und die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen, ebenso die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens, soweit sie nicht die Umsatzsteuer 2009 und 2010 betreffen.

    Der Beklagte hat die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens, soweit sie die Umsatzsteuer 2009 und 2010 betreffen, zu tragen.



    Gründe



    I.

    1


    Die Beteiligten streiten über die Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs.


    2


    Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt ein Taxiunternehmen. Einen im Juli 2009 erworbenen PKW Marke A nutzte er nicht nur für sein Gewerbe, sondern im Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2010 auch privat.


    3


    Anlässlich einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung wurde dem Prüfer auf seine Nachfrage von einer Niederlassung der Firma A ein Listenpreis von 48.165,25 € mitgeteilt. Dabei handelte es sich um den Listenpreis des nach den allgemeinen Preisvorgaben konfigurierten Fahrzeugs, der mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer abgefragt wurde. Ausgehend hiervon bewertete der Prüfer die Fahrzeugnutzung anhand der sog. 1 %–Regelung aufgrund eines abgerundeten Bruttolistenpreises von 48.100 €.


    4


    Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) und erließ aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung für die Streitjahre (2009 und 2010) geänderte Einkommen– und Umsatzsteuerbescheide sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide.


    5


    Im anschließenden Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, der vom FA angesetzte Bruttolistenpreis sei zu hoch. Entgegen der Auskunft der Firma A Niederlassung betrage der Bruttolistenpreis 37.508,80 €, abgerundet 37.500 €. Dieser ergebe sich aus der Preisliste "Taxi und Mietwagen" der Firma A (Stand 2. Februar 2009).


    6


    Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt. Es war der Auffassung, dass es sich bei der Preisliste "Taxi und Mietwagen" um eine Preisliste i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) handele. Diese Preisliste sei vorrangig, da diese die Bemessungsgrundlage für den individuellen Vorteil realitätsnäher wiedergebe.


    7


    Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.


    8


    Der Senat hat die zunächst auch in Sachen Umsatzsteuer 2009 und 2010 eingelegte Revision abgetrennt (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), nachdem das FA die Revision insoweit zurückgenommen hat.


    9


    Das FA beantragt,


    das Urteil des FG Düsseldorf vom 23. Oktober 2015 14 K 2436/14 E,G,U aufzuheben, soweit nicht die Umsatzsteuer 2009 und 2010 betroffen ist, und die Klage insoweit abzuweisen.


    10


    Der Kläger beantragt,


    die Revision zurückzuweisen.


    II.


    11


    Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die angegriffenen Einkommensteuer– und Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die private Nutzung des Kraftfahrzeugs wurde durch das FA zutreffend bewertet.


    12


    1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.


    13


    a) § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bezweckt die vereinfachte Bewertung der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge (vgl. die amtliche Gesetzesbegründung in BTDrucks 13/1686, S. 8) und enthält deshalb mit der darin statuierten 1 %-Methode eine grundsätzlich zwingende, grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung (Urteile des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472, unter II.1.a; vom 16. Februar 2005 VI R 37/04, BFHE 209, 221, BStBl II 2005, 563, unter II.2.a; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116, unter II.2.a; vom 13. Oktober 2010 VI R 12/09, BFHE 231, 540, BStBl II 2011, 361, Rz 11; vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11, BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385, Rz 12, und Senatsurteil vom 9. November 2017 III R 20/16, BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, Rz 13).


    14


    b) Auch Taxen unterfallen dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Denn bei Taxen handelt es sich typischerweise um Fahrzeuge, die für den Transport von Personen nebst einer gewissen Menge Gepäck und damit für private Zwecke verschiedenster Art geeignet sind. Es handelt sich somit um Fahrzeuge, die typischerweise auch für private Zwecke genutzt werden können (BFH-Beschluss vom 18. April 2013 X B 18/12, BFH/NV 2013, 1401, m.w.N.).


    15


    c) Unter dem inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers zu verstehen, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt (BFH-Urteile in BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, Rz 16; in BFHE 209, 221, BStBl II 2005, 563, unter II.2.a).


    16


    d) Bestehen mehrere Preisempfehlungen des Herstellers für ein Fahrzeug, müssen die betrieblichen Besonderheiten auf Käuferseite (z.B. Unternehmensgegenstand) unberücksichtigt bleiben. Preisliste i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist nur diejenige, die einen Preis ausweist, zu dem der Steuerpflichtige das Fahrzeug auch als Privatkunde erwerben könnte.


    17


    aa) Dies ergibt sich aus dem Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Die vom Gesetzgeber zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage des Bruttolistenneupreises soll nicht die tatsächlichen Neuanschaffungskosten des Fahrzeugs und erst recht nicht dessen gegenwärtigen Wert im Zeitpunkt der Überlassung möglichst realitätsgerecht abbilden. Der Bruttolistenneupreis ist vielmehr eine generalisierende Bemessungsgrundlage, die den Nutzungsvorteil insgesamt zu gewinnen sucht, der indessen ungleich mehr umfasst als die Überlassung des genutzten Fahrzeugs selbst. Denn der tatsächliche geldwerte Vorteil entspricht dem Betrag, der vom Steuerpflichtigen als Privatperson für eine vergleichbare Nutzung aufgewandt werden müsste und den er durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs erspart (Senatsurteil in BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, Rz 15). Der Ansatz des Listenpreises statt der Anschaffungskosten entspricht dem Erfordernis, die Entnahme des Steuerpflichtigen für die private Lebensführung nach dem Nutzungsvorteil zu bemessen, der dem Steuerpflichtigen zukommt (Senatsurteile vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.4.b cc, und in BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278, Rz 15). Aus diesem Grund kann auch nur diejenige Preisempfehlung des Herstellers für die Beurteilung als Bruttolistenneupreis maßgeblich sein, die für den Steuerpflichtigen als Privatperson gelten würde.


    18


    bb) Entsprechend dieser objektivierenden Auslegung des Merkmals Listenpreis i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG wird auch nicht zwischen neu und gebraucht erworbenen Fahrzeugen differenziert. Vielmehr ist auch bei gebraucht erworbenen Fahrzeugen der Bruttolistenneupreis im Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugs maßgeblich (BFH-Urteil vom 1. März 2001 IV R 27/00, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403), und zwar unabhängig davon, ob das Fahrzeug ursprünglich von einem Taxiunternehmer oder von einer Privatperson gekauft wurde.


    19


    2. Zu diesen Grundsätzen steht die Vorentscheidung im Widerspruch. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass nicht der festgestellte rechnerische Listenpreis, sondern —bei mehreren vom Hersteller am Markt bekannt gemachten Preislisten— die vom Verkäufer tatsächlich zugrunde gelegte Preisliste zur Anwendung kommt.


    20


    a) Nach den nicht angegriffenen und damit gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG handelte es sich im Streitfall um ein Fahrzeug, für das ohne tatsächliche Unterschiede hinsichtlich Ausstattung und Technik zwei unterschiedliche Preisempfehlungen des Herstellers vorlagen.


    21


    b) Als Privatperson hätte der Kläger das Fahrzeug, den PKW der Marke A, nicht aufgrund der Preisliste "Taxi und Mietwagen" beziehen können. Grundlage für den Kaufpreis wäre vielmehr die allgemeine Preisempfehlung des Herstellers gewesen, wie sie im Streitfall von der Firma A Niederlassung mitgeteilt worden ist. Daher ist auch diese für die Bewertung des privaten Nutzenvorteils i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG maßgeblich. Nur diese allgemeine Preisempfehlung ist Listenpreis i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Dieser maßgebliche Bruttolistenneupreis betrug im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des FG 48.165,25 €.


    22


    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


    Vorschriften