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  • · Kooperationen

    Praxiskooperationen fair gestalten ‒ differenzierte Gewinnverteilungsmodelle

    Bild: ©Daniel Berkmann - adobe.stock.com

    von Dipl.-Kauffrau Monika Brendel, FIBU-doc Praxismanagement GmbH, Hünstetten, www.fibu-doc.de

    | Die Motivation, in einer Praxiskooperation zu arbeiten, ist stets dieselbe: Die Partner wollen die Praxis nicht als Einzelkämpfer führen und erhoffen sich einen Effizienzgewinn durch eine sinnvolle Ressourcenauslastung und Arbeitsteilung. In der Realität gestaltet sich die Zusammenarbeit jedoch häufig schwieriger als gedacht. Nicht selten bekommen beide Partner den Eindruck, zu wenig Geld für ihre Leistung zu erhalten oder gar vom anderen über den Tisch gezogen zu werden. Solchen Entwicklungen kann aber vorgebeugt werden ‒ u. a. durch eine sinnvolle und transparente Gewinnverteilung. |

    Unterschiedliche Ausgangspositionen für Kooperationen

    Es gibt unterschiedliche Situationen, in denen Praxiskooperationen gegründet werden. Entweder man möchte keine Einzelpraxis und startet bereits bei der Gründung bzw. einer Übernahme mit einem Kollegen, man steigt in eine bestehende Kooperation ein oder man möchte sich entlasten und nimmt einen Partner in die bestehende Praxis auf.

    Kostenverteilung in Praxisgemeinschaften

    Zunächst betrachten wir die Besonderheiten bei Praxisgemeinschaften. Die einzelnen Partner einer Praxisgemeinschaft sind im Prinzip wie Einzelpraxen zu sehen. Dabei hat jede Praxis ihre eigene Abrechnung, die eigenen Einnahmen und die eigene Buchhaltung mit Jahresabschluss. Welche Kosten gemeinsam verursacht werden und welche jeder selbst zu tragen hat, hängt von der Konstruktion der Praxisgemeinschaft ab. Haben die Partner z. B. einen getrennten Materialeinkauf, zahlt jeder seine Materialkosten selbst und sie müssen nicht verteilt werden. In der Regel entstehen aber viele gemeinsam verursachte Kosten (z. B. Personalkosten, Raumkosten, Gerätekosten usw.), die auf die einzelnen Partner verteilt werden müssen.

     

    Für die Verteilung der gemeinsam verursachten Kosten ist ein Verteilungsschema nach verschiedenen Gesichtspunkten zu erstellen ‒ z. B. nach Beanspruchungszeit, Honorarumsatz oder einfach nach Köpfen. Die einzelnen Kostenkonten aus der Buchhaltung wie z. B. Miete, Strom, Heizung können dann zu dem Kostenbündel „Raumkosten“ zusammengefasst und im Verhältnis der Nutzungszeiten aufgeteilt werden. Es ist wichtig, die jeweiligen Kostenanteile der Partner zu ermitteln und ihre Einlagen genau zu verrechnen.

     

    Partner von Praxisgemeinschaften haben jeweils eine eigene Buchhaltung. Die gemeinsam verursachten Kosten werden in einer weiteren Buchhaltung erfasst und verteilt. Das erschwert eine betriebswirtschaftliche Betrachtung der einzelnen Praxen.

     

    Gewinnverteilung in Berufsausübungsgemeinschaften (BAG)

    Weit häufiger werden jedoch Berufsausübungsgemeinschaften mit zwei oder mehr Partnern als Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Hier gibt es nur gemeinsame Einnahmen und Ausgaben ‒ die Abrechnung, die Buchhaltung sowie der Jahresabschluss werden für die Gemeinschaft erstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es angestellte Zahnärzte, Prophylaxeabteilungen, Eigenlabor und ggf. mehrere Standorte gibt.

     

    In diesen Fällen genügt es nicht, den steuerlichen Praxisgewinn nach herkömmlichen Mustern zu ermitteln und den Praxisinhabern einfache betriebswirtschaftliche Auswertungen der Gesamtpraxis zur Verfügung zu stellen. Vielmehr sind transparente und nach Standorten, Praxisbereichen oder sogar nach Leistungserbringern gegliederte Darstellungen erforderlich.

     

    Eine Profitcenter-Rechnung kann den Gewinn verschiedener Standorte und einzelner Bereiche bis auf Leistungserbringerebene aufzeigen (siehe auch Beitrag in ZP 11/2017, Seite 6 ff.). Stellt man bei einer solchen Erfolgskontrolle fest, dass ein bestimmter Bereich unrentabel arbeitet, müssen zeitnah Änderungen herbeigeführt werden.

     

    Doch selbst wenn sich die Gesamtpraxis betriebswirtschaftlich als rentabel erweist, bleibt immer noch die Frage, wie der erwirtschaftete Jahresüberschuss zwischen den Partnern aufgeteilt wird. Grundsätzlich kann dies nach völlig unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Im Folgenden werden die gängigsten Methoden mit den entsprechenden Vor- und Nachteilen erläutert.

     

    1. Verteilungsmodell „Gewinn nach Köpfen“

    Bei diesem Modell wird der Gewinn durch die Anzahl der Partner geteilt. Dies hat den Vorteil, dass die Berechnung sehr einfach ist und es nicht zu konkurrierendem Verhalten gegenüber den Patienten kommt. Die Devise lautet: „Einer für alle und alle für einen“. Faktisch wird diese Form der Gewinnverteilung heute wegen der fehlenden Leistungsanreize für die Partner kaum noch genutzt. Zudem können heute dank moderner Buchhaltungssysteme (z. B. fibu-doc) differenzierte Verteilungsmodelle umgesetzt werden. Dennoch kann es in bestimmten Praxiskonstruktionen sinnvoll sein, einen Teil des Gewinns bzw. der Einnahmen pauschal zu verteilen.

     

    2. Verteilungsmodell „Gewinn nach Kapital“

    Sind bei einer fixen Gewinnverteilung die Kapitalverhältnisse nicht gleich, wird der Gewinn manchmal im Verhältnis der Kapitalbeteiligung verteilt. Gehört die Praxis z. B. einem Partner zu zwei Dritteln und dem anderen zu einem Drittel, wird der Gewinn einfach im gleichen Verhältnis verteilt.

     

    PRAXISTIPP | Diese Verteilung sollte höchstens für eine begrenzte Übergangszeit oder Familienübergänge genutzt werden. Hierbei fehlt ‒ genau wie bei der Verteilung „Gewinn nach Köpfen“ ‒ jeglicher Leistungsanreiz, da lediglich das Kapitalverhältnis berücksichtigt wird.

     

    3. Verteilungsmodell „Gewinn nach Leistung“

    Um den Gewinn leistungsgerecht zu verteilen, orientiert man sich in der Regel am Verhältnis der Honorarumsätze. Verteilt man einen Gewinn im Verhältnis der geleisteten Honorareinnahmen, bedeutet dies jedoch auch eine analoge Verteilung der Einnahmen und Ausgaben. Aber kann es gerecht sein, dass derjenige, der den Löwenanteil erwirtschaftet, auch den Löwenanteil der gemeinsam verursachten Kosten trägt? Beim Betrachten der Kostenstruktur einer Zahnarztpraxis zeigt sich, dass ca. 70 bis 80 Prozent der Kosten fix sind und demnach mit der erbrachten Leistung in keinem direkten Zusammenhang stehen. Bei diesem Verteilungsmodell trägt also der umsatzstarke Partner den größten Anteil dieser fixen Kosten und wird somit eindeutig benachteiligt. Eine solche Verteilung des Gesamtgewinns berücksichtigt die verschiedenen Einflussfaktoren nicht differenziert genug.

     

    4. Verteilungsmodell „Gewinn nach Arbeitszeit/Behandlungszeit“

    Diese Verteilungsart wird in Reinform nur selten gewählt, da die reine Arbeits- bzw. Behandlungszeit nur wenig über die Honorarleistung eines Partners aussagt. Man findet sie jedoch gelegentlich als Bestandteil in einer Verteilung nach unterschiedlichen Kriterien (z. B. Gewinn 1/3 nach Kapital, 1/3 nach Leistung und 1/3 nach Arbeitszeit).

     

    5. Verteilungsmodell „Gewinn nach mehreren Kriterien“

    Bei genauerer Betrachtung merkt man schnell, dass eine Verteilung nach einem einzigen Kriterium meist ungenau bzw. ungerecht ist. Daher werden häufig zwei oder mehrere Kriterien gemischt. So kann z. B. als Kompromiss ein Teil des Gewinns im Verhältnis der Kapitalbeteiligung und ein anderer Teil im Verhältnis der erbrachten Honorarleistungen verteilt werden. Das kann bei bestimmten Konstruktionen sinnvoll sein. Diese Lösung schafft es aber nicht, den Gewinn in jedem Fall ‒ und auch bei sich ändernden Gegebenheiten ‒ gerecht zu verteilen. Deshalb empfiehlt es sich, ein differenziertes Gewinnverteilungsschema einzurichten.

     

    6. Differenzierte Verteilung der Einnahmen und Ausgaben

    Eine starke Differenzierung ist nur möglich, wenn man Einnahmen und Ausgaben getrennt betrachtet und nach unterschiedlichen Kriterien verteilt. So können Einnahmen ganz oder teilweise nach Leistung verteilt und für die Ausgaben verschiedene Verteilungsschlüssel angesetzt werden. Die Unterteilung in leistungsabhängige Kosten, in von der Nutzungsdauer abhängige Kosten und in Fixkosten ist dabei grundlegend. Hinzu kommen Ausgaben, die nach Kapital verteilt werden sollten, und solche, die jeder Partner selbst zu 100 Prozent zu tragen hat. Auch können bei Bedarf weitere Verteilungsarten für das Prophylaxe- und das Laborergebnis verwendet werden.

     

    Die Zahlen aus der Buchhaltung können gebündelt nach verschiedenen Kriterien verteilt und in einer Gewinnverteilungsübersicht dargestellt werden. So ist jederzeit nachvollziehbar, welcher Partner welche Einnahmen bzw. welche Kosten zu tragen hat und wie hoch die Gewinnanteile der einzelnen Partner sind. Es ist unerlässlich, diese Informationen allen Partnern zeitnah zur Verfügung zu stellen ‒ also am besten monatlich und nicht erst nach Erstellung des Jahresabschlusses im Folgejahr.

    Gewinnverteilung in lange bestehenden BAGs

    Partner, die schon länger in einer BAG tätig sind, sollten Gewinnverteilungsmodalitäten von Zeit zu Zeit überprüfen. Meist wird die Gewinnverteilung, auf die sich die Partner zu Beginn geeinigt haben, angewendet, ohne zu hinterfragen, ob sie der aktuellen Praxissituation noch gerecht wird.

     

    • Beispiel: Nachträgliche Berücksichtigung eines angestellten Zahnarztes

    Zu Beginn vieler langjähriger Kooperationen gab es noch keine angestellten Zahnärzte ‒ und deshalb konnten deren Leistungen bei der Gewinnverteilung auch gar nicht beachtet werden. Verteilen z. B. zwei gleich stark beteiligte Partner den Gewinn nach Leistung im Verhältnis 65 zu 35 Prozent, würde der durch die angestellten Zahnärzte generierte Gewinnanteil automatisch im gleichen Verhältnis mitverteilt. Das würde den Partner, der 65 Prozent des Gewinns erhält, klar bevorteilen. Um dies zu vermeiden, müssen den Partnern bei der Ermittlung der Leistungsschlüssel zu den eigenen Honoraren die Honorare der angestellten Zahnärzte hälftig zugeordnet werden. Die sich dann ergebenden Summen können dann ins Verhältnis gesetzt und in einem Verteilungsschlüssel ausgedrückt werden.

     

    Manchmal ist es auch einfach so, dass sich ein Partner ungerecht behandelt fühlt und deshalb anfängt, die bestehende Gewinnverteilung zu beanstanden. In jedem Fall ist es dringend ratsam, die bestehende Gewinnverteilung von einem Fachmann überprüfen zu lassen und notwendige Änderungen einvernehmlich vorzunehmen.

    Liquiditätsrechnung pro Partner

    Dem einzelnen Zahnarzt genügt es jedoch nicht, nur seinen Gewinnanteil zu kennen ‒ er benötigt zusätzlich Informationen zu seinem Entnahmeanspruch. Dies wird häufig vernachlässigt. Deshalb sollte zusätzlich zur Gewinnverteilung auch regelmäßig eine Liquiditätsrechnung für alle Partner erstellt werden. Hier werden alle liquiditätsbeeinflussenden Faktoren (z. B. Ausgaben für Anlagenzugang, Darlehenstilgungen usw.) berücksichtigt, die in der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) nicht erfasst werden. Dies sollte aus der Buchhaltung heraus zusammen mit der Gewinnverteilung in einer einzigen Übersichtstabelle geschehen, sodass alle Partner die für ihre Planung erforderlichen Zahlen zeitnah verfügbar haben.

     

    Sieht ein Partner unterjährig, dass er mehr entnommen hat als ihm nach seinem Gewinnanteil zugestanden hat, kann er diese Überentnahme sofort ausgleichen oder in der Folgezeit weniger entnehmen. Stellt man eine solche Fehlentwicklung aber erst beim Jahresabschluss im Folgejahr fest, sind die Auswirkungen nur schwer korrigierbar und führen möglicherweise zu großen finanziellen Schwierigkeiten für den betroffenen Praxispartner.

     

    FAZIT | Partner einer BAG sollten bei Gründung ein transparentes und faires Gewinnverteilungskonzept erarbeiten, dieses im Kooperationsvertrag verankern und regelmäßig auf seine Richtigkeit und Aktualität überprüfen.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2018 | Seite 10 | ID 45200177