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    Kinderzahnheilkunde: Vom Umgang mit kleinen Patienten

    Bild: Kids learning how to brush teeth properly illustration / Authority Dental / CC CC BY 2.0

    | Manch Erwachsener macht einen großen Bogen um Zahnarztpraxen, weil er dort als Kind schlechte Erfahrungen gesammelt hat. Das zeigt, wie wichtig der richtige Umgang von Zahnärztinnen und Zahnärzten bereits mit den kleinen Patienten ist. Hier wird der Grundstein für eine lange, vertrauensvolle Beziehung zwischen Zahnarzt und Patient gelegt. Mit Geduld, Ruhe und Einfühlungsvermögen gelingt die Behandlung ‒ und im besten Fall kommen die Kleinen auch noch als Erwachsene regelmäßig in die Praxis und bringen dann irgendwann auch die eigenen Kinder mit. |

    Spannende Stühle und „Zauberspiegel“ erklären

    Wenn Kinder zum ersten Mal das Behandlungszimmer betreten, schauen sie sich mit großen Augen um: der seltsame Stuhl, die ungewohnte Lampe darüber und die merkwürdigen Instrumente ‒ all das fasziniert kleine Entdecker. Diese kindliche Neugier lässt sich wunderbar nutzen, um Ängste abzubauen. Geben Sie den Kleinen Zeit, die Umgebung ein wenig kennenzulernen. Zeigen Sie Ihnen die einzelnen Bereiche im Behandlungsraum und erklären Sie, dass sich der seltsame Stuhl bewegt, damit Sie besser in den Mund schauen können. Lassen Sie die Kleinen eine Probefahrt machen. Sie werden merken: Die Kinder gewöhnen sich schnell an die fremde Umgebung und entspannen sich.

     

    Während Sie die Instrumente erklären, können Sie schon vorsichtig mit der Untersuchung beginnen. Zeigen Sie etwa den Spiegel und erklären Sie, dass es ein „Zauberspiegel“ ist, mit dem Sie um die Ecke schauen können. Dann fragen Sie das Kind, ob Sie mit dem Zauberspiegel einmal in seinen Mund schauen dürfen. Trauen sich die Kleinen noch nicht, den Mund zu öffnen, zeigen Sie an sich selbst oder den Eltern, dass das ganze völlig harmlos und schmerzfrei ist.

     

    PRAXISTIPP | Sie können die Kinder auch ermutigen, ihr Lieblingsstofftier oder eine Puppe mitzubringen. Dann wird erst der kleine Freund untersucht, bevor das Kind selbst an der Reihe ist.

     

    In der Praxis auf Früherkennungsuntersuchungen hinweisen

    Kommen kleine Patienten zum ersten Mal in Ihre Praxis, wenn sie Zahnschmerzen haben, ist das kein guter Einstieg. Seit dem 01.07.2019 stehen gesetzlich krankenversicherten Kleinkindern bereits zwischen dem 6. und vollendeten 33. Lebensmonat drei zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen zu. In den ärztlichen Kinder-Richtlinien finden sich seither sechs Verweise zu zahnärztlichen Untersuchungen:

     

    • im Zeitraum der U5 (6.-7. Lebensmonat) zur Abklärung von Auffälligkeiten an Zähnen und Schleimhaut,
    • im Zeitraum der U6 (10.-12. Lebensmonat) zur Abklärung von Auffälligkeiten an Zähnen und Schleimhaut,
    • im Zeitraum der U7 (21.-24. Lebensmonat) zur Abklärung von Auffälligkeiten im Kieferwachstum und an Zähnen und Schleimhaut,
    • im Zeitraum der U7a (34.-36. Lebensmonat) zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung,
    • im Zeitraum der U8 (46.-48. Lebensmonat) zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung,
    • im Zeitraum der U9 (60.-64. Lebensmonat) zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung.

     

    Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren werden einmal im Halbjahr untersucht. Ab dem 12. Lebensjahr werden die Untersuchungen in das Bonusheft eingetragen. Haben Sie bei den Früherkennungen einen positiven Eindruck hinterlassen, kommen die Kinder gern als Patienten in Ihre Praxis und bringen noch Eltern und Geschwister mit. So beginnt die Patientenbindung schon in jungen Jahren.

     

    PRAXISTIPP | Da nicht alle Pädiater dezidiert auf den Anspruch auf diese Früherkennungen aufmerksam machen, weisen Sie auch in Ihrer Praxis gut sichtbar darauf hin und legen Sie im Wartebereich Informationsmaterail aus (bei der KZBV online unter ogy.de/z5tt).

     

    Bieten Sie z. B. Kindergärten in ihrer Umgebung an, dass sie Ihre Praxis mit einer kleinen Gruppe besuchen. Dabei lernen die Kleinen Praxisräume und Zahnärzte kennen, ohne dass damit Angst oder Schmerzen verbunden sind. An einem mutigen Kind oder einer Begleitperson können Sie zeigen, dass eine Untersuchung beim Zahnarzt gar nichts Schlimmes ist. Zudem können Sie bei dieser Gelegenheit das richtige Zähneputzen zeigen und erklären, warum es so wichtig ist.

     

    Wer weiß, was passiert, hat weniger Angst

    Manch kleiner Patient hat vielleicht schon in jungen Jahren unschöne Erfahrungen auf dem Zahnarztstuhl gemacht und möchte diese Erlebnisse lieber nicht wiederholen. Dann ist Ihr Einfühlungsvermögen gefragt. Nehmen Sie die Ängste ernst und erklären Sie den Kleinen genau, was passiert. Jeden Schritt der Untersuchung und Behandlung kündigen Sie vorher an und kommentieren ihn währenddessen. So schaffen Sie Vertrauen.

     

    Die Kinder wissen dann, was passiert und müssen keine Angst vor einer „bösen Überraschung“ haben. Alle Instrumente, die Sie verwenden, zeigen Sie den Kindern vorher und erklären Ihnen, wie diese funktionieren. Am besten schalten Sie sie dabei ein. So sind die Kinder nicht überrascht, wenn plötzlich Wasser in ihren Mund spritzt oder der Bohrer die typischen Geräusche macht.

    Mit Eltern und Kindern intelligent kommunizieren

    Wie bei Erwachsenen auch, ist es wichtig, ehrlich zu den kleinen Patienten zu sein. Sie verlieren das Vertrauen der Kinder, wenn Sie falsche Versprechungen geben. Wird der nächste Behandlungsschritt schmerzhaft, kündigen Sie dies an. Beziehen Sie auch die Eltern mit ein ‒ diese können die Kleinen mit einer Geschichte ablenken und zur Unterstützung dem Kind die Hand halten.

     

    Wenn sich Kindern vor der Untersuchung oder Behandlung fürchten, kann es helfen, ein Stopp-Zeichen zu vereinbaren. Die gehobene Hand bedeutet: „Halt! ‒ Ich brauche eine Pause.“ Liegt die Hand aber flach auf dem Behandlungsstuhl, ist alles in Ordnung. Noch unterhaltsamer für die Kinder ist es, wenn Sie sich eine Schaffner- oder Polizei-Kelle aus dem Spielzeugladen besorgen. Hier können die Kinder mit grün signalisieren, dass alles in Ordnung ist und mit der roten Seite die Behandlung unterbrechen.

    Kindgerechte Sprache benutzen

    Spritze und Bohrer sind Begriffe, die selbst bei manchem Erwachsenen zu Angstschweiß führen. Auch Kinder haben oftmals schon davon gehört, bevor sie selbst jemals eine Zahnarztpraxis betreten haben, etwa aus Gesprächen der Eltern. Auch ältere Geschwister machen sich gern einen Spaß daraus, den Kleinen Angst vorm Zahnarzt einzujagen und erzählen Horrorgeschichten. Angstbesetzte Begriffe können Sie umgehen, indem Sie den entsprechenden Instrumenten neue Namen geben. So wird der Bohrer zum Hubschrauber oder Düsenjäger ‒ das klingt schon gleich weniger gefährlich.

     

    Manchmal kommen kleine Patienten nicht alleine in die Praxis. Sie bringen auch ihre Geschwister mit ‒ eine gute Gelegenheit, auch bei den Begleitern einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Ernennen sie die Geschwister zum Beispiel zu Ihrem persönlichen Assistenten! So lernen auch sie spielerisch die Situation im Behandlungsraum und die verschiedenen Instrumente kennen. Besonders wenn sie nicht selbst auf dem Behandlungsstuhl sitzen, ist die Neugier der Kinder groß. Sie fühlen sich besonders wichtig, wenn sie zum Beispiel den Sauger halten oder mit Hilfe des Zahnarztes den Behandlungsstuhl in eine andere Positionen bringen dürfen.

    Mut machen und loben

    „Du bist aber tapfer!“ oder „Du machst das ganz toll!“ sind Sätze, die Kindern Selbstvertrauen geben. Loben Sie ausführlich am Ende der Behandlung und auch immer wieder zwischendurch. So fühlen sich die Kinder wie kleine Helden und behalten den Besuch in Ihrer Praxis in guter Erinnerung.

     

    PRAXISTIPP | Weisen Sie auch die Eltern darauf hin, rund um den Zahnarztbesuch die positiven Aspekte zu betonen. Sie sollen ihre Kinder nicht dafür tadeln, dass sie den Mund zuerst fest zugekniffen hatten, sondern loben, weil sie ihre Angst doch noch überwunden und den Mund geöffnet haben. Diese positive Bestätigung hat letztlich eine viel bessere Wirkung als jedes Schimpfen.

     

    Geschenke für tapfere Kinder

    Eine kleine Überraschung am Ende der Behandlung lässt den Schmerz rasch vergessen ‒ und den Zahnarztbesuch positiv ausklingen. Die Kleinen nehmen etwas mit nach Hause, das sie den Freunden oder Geschwistern zeigen können. Es ist ein greifbares Zeichen für ihren Mut und macht sie stolz.

     

    So behalten sie den Besuch beim Zahnarzt in guter Erinnerung. Selbst wenn die Behandlung schwierig war oder möglicherweise sogar abgebrochen und verschoben werden musste, ist es wichtig, positiv zu enden. Es gab bestimmt etwas, wofür das Kind eine kleine Belohnung verdient.

    Dokumentation: Nicht nur medizinische Details festhalten

    Halten Sie nach der Behandlung mehr als nur die medizinischen Fakten fest. Für den nächsten Besuch des Kindes ist es auch wichtig zu wissen, auf welche Verhaltensweisen und Rituale das Kind besonders positiv reagiert hat. Hat es auf dem Behandlungsstuhl gesessen oder auf dem Schoß der Begleitperson? Konnten Sie die Neugier des Kindes wecken oder war es eher still und zurückhaltend? Notieren Sie das Verhalten der Kinder. Dies hilft, um beim nächsten Besuch schnell den richtigen Einstieg zu finden.

     

    Das Gleiche gilt für einen Spitznamen ‒ auch diesen sollten Sie notieren. Falls es sich um einen schwierigen Namen handelt, notieren Sie die richtige Aussprache. So können Sie das Kind beim nächsten Mal passend begrüßen. Hatte das Kind eine Puppe oder ein Stofftier dabei, dann schreiben Sie sich auch dessen Namen auf. Denn wenn Sie sich an den Namen des Stofftiers erinnern, stärkt dies das Vertrauen des Kindes: Sie zeigen damit, dass es Ihnen wichtig ist. Auch den Eltern wird dies positiv in Erinnerung bleiben.

    Quelle: ID 47486110