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  • · Versicherungsrecht

    Das BSG hat der Genehmigungsfiktion den Zahn gezogen

    Bild: ©nmann77 - stock.adobe.com

    von RAin und FAin für MedR Taisija Taksijan, LL.M. bei legal point, legal-point.de

    | Mit einem aktuellen Urteil gibt das Bundessozialgericht (BSG) seine versichertenfreundliche Rechtsprechung auf, wonach ein Versicherter Anspruch auf die von ihm bei der Krankenkasse beantragte Sachleistung hat, wenn die Krankenkasse nicht innerhalb der gesetzlichen Frist über seinen Antrag entschieden hat. Was bleibt, ist nur noch ein Anspruch auf Erstattung der Kosten ( BSG, Urteil vom 26.05.2020, Az. B 1 KR 9/18 R, dejure.org ). |

     

    Hintergrund: Bedeutung der „Genehmigungsfiktion“

    Stellen Versicherte bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Leistungen, muss die Krankenkasse hierüber innerhalb kurzer Fristen entscheiden ‒ bei Zahnleistungen regelmäßig innerhalb von sechs Wochen. Versäumt die Krankenkasse diese Fristen, gilt die beantragte Leistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt (sog. Genehmigungsfiktion).

     

    Zur Entscheidung: Die Genehmigungsfiktion greift nur noch in Einzelfällen

    Nach der neuen Rechtsprechung des BSG erhält der Versicherte durch die Genehmigungsfiktion nur noch eine vorläufige Rechtsposition. Der Versicherte hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, wenn er sich die Leistung im Vertrauen auf die spätere Kostenübernahme durch die Krankenkasse („gutgläubig“) selbst beschafft. In diesem Fall kann die Krankenkasse nach Fristablauf die Kostenübernahme nicht mehr mit der Begründung ablehnen, es bestehe nach den allgemeinen Grundsätzen der GKV kein Anspruch auf die Leistungen.

     

    Lehnt die Krankenkasse den Antrag jedoch bestandskräftig ab, bevor der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft, verliert er den Anspruch ‒ auch wenn die Krankenkasse die gesetzliche Frist für ihre Entscheidung versäumt. Damit kippt das BSG seine frühere Rechtsprechung zur Genehmigungsfiktion, die eine ablehnende Entscheidung der Krankenkassen nach Ablauf der gesetzlichen Fristen nicht zuließ.

     

    Im Ergebnis kann die gesetzliche Genehmigungsfiktion nun nur noch in dem Zeitraum zwischen der Fristversäumnis der Krankenkasse und der Entscheidung über den Leistungsantrag zum Tragen kommen, sofern der Versicherte die Leistung vorfinanziert. Hiervon können somit nur Versicherte mit verfügbaren finanziellen Mitteln profitieren.

     

    In dem Terminbericht des BSG klingt an, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz deswegen nicht verletzt sei, weil infolge der gesetzlichen Genehmigungsfiktion Leistungen gewährt werden, auf die nach dem allgemeinen GKV-Leistungsrecht kein Anspruch bestehe. Solche Leistungen auch mittellosen Versicherten zu gewähren, sei von dem grundgesetzlich verankerten Gleichheitsgebot nicht erfasst.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 13 | ID 46672233