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  • · Fachbeitrag · Patientenberatung

    Keine Angst vor der Frage „Können Sie mir eine Zahnzusatzversicherung empfehlen?“

    von Nicole Gerwert, wirtschaftsberatung-fuer-zahnaerzte.de

    | Im Rahmen der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Zahnarztes steht das Thema Zahnzusatzversicherung (ZZV) unausgesprochen im Raum. Wer dem Patienten auch dazu kompetente Hinweise geben kann, hebt sich von Konkurrenzpraxen ab. Natürlich darf der Zahnarzt keine konkrete Zahnzusatzversicherung empfehlen. Aber für einige generelle Auskünfte sind die meisten Patienten in der Regel dankbar. Dieser Beitrag soll Ihnen helfen, zumindest einige grundsätzliche Fragen zur ZZV beantworten zu können. |

    Was ist erlaubt und was nicht?

    Selbstverständlich wäre es ein Interessenskonflikt, würde der Zahnarzt eine Beratung durchführen oder gar für Empfehlungen einer ZZV eine Provision erhalten. Solche Verstöße würden berufsrechtlich geahndet. Auf die Frage eines Patienten, ob eine Versicherung sinnvoll ist, darf der Zahnarzt aber antworten, wenn er dabei keine konkrete Versicherung empfiehlt.

    Was leistet die Zahnzusatzversicherung?

    Eine Zahnzusatzversicherung optimiert und ergänzt den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz. Zum Beispiel werden Kosten für die Professionelle Zahnreinigung übernommen oder der Patient erhält eine über die Kassenleistung hinausgehende Erstattung bei Zahnersatz ‒ etwa für Implantate. Der Umfang sowie die Leistungsbegrenzungen unterscheiden sich je nach Tarif.

     

    Die Abklärung des tatsächlichen Deckungsschutzes ist jedoch schlussendlich Aufgabe des Patienten, denn nur er steht in einem Vertragsverhältnis zu der Versicherung. Sie können den Patienten aber ggf. bei der Kommunikation mit seiner Versicherung unterstützen. Das hilft Ihnen, den Verwaltungsaufwand in Ihrer Praxis zu reduzieren, weil es weniger Rückfragen und Erstattungsprobleme gibt.

    Starker Zuwachs bei Zahnzusatztarifen

    Laut einer auf statista.com veröffentlichten Studie aus dem September 2019 hat jeder fünfte Kassenpatient eine Zahnzusatzversicherung. 16,5 Mio. Verträge zählen die privaten Versicherer. 2016 waren es ca. 12,6 Millionen und 2005 nur 7,79 Millionen. Das Bewusstsein, dass in Deutschland die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich Zahnersatz nur eine Grundversorgung darstellt, wächst stetig. In der Zahnmedizin ist es ‒ anders als beim Hausarzt ‒ für den Patienten selbstverständlich und Normalität, für ein Mehr an Leistungen auch als Selbstzahler agieren zu müssen und sich deshalb über eine zusätzliche Versicherung zu schützen.

     

    Wann lohnt sich ein Zahnzusatztarif?

    Eine ZZV muss sich lohnen. Deshalb ist für den Patienten z. B. folgende Überlegung relevant: Sollte er PAR-Patient sein und deshalb viermal im Jahr zur PZR gehen, dann sucht er eine Preisoptimierung. Diese ist gegeben, wenn die Jahresprämie günstiger ist als der tatsächliche Kostenaufwand im Jahr. Leistungsbegrenzungen wie Höhe und Anzahl oder Wartezeiten sind bei der Wahl des passenden Tarifs zu prüfen. Das Gleiche gilt für die regelmäßige PZR-Behandlung des gesunden Patienten, der Vorsorge betreiben möchte.

     

    • Beispiel: ZZV für PZR

    Nehmen wir an, die PZR in Ihrer Praxis kostet pro Sitzung 90 Euro, Ihr Patient nimmt diese Behandlung zweimal pro Jahr in Anspruch. Seine Kosten liegen somit bei 180 Euro pro Jahr. Ein spezieller Zahnbehandlungstarif, der diese Leistung übernehmen würde, läge bei 108 Euro Beitrag pro Jahr. Ihr Patient spart 72 Euro.

     

    Es gibt auch Angebote ohne Gesundheitsprüfung

    Insbesondere jetzt nach dem coronabedingten Lockdown im Frühjahr, wo einige routinemäßigen PZR-Behandlungen ausgefallen sind, aber auch das Portemonnaie einiger Patienten ‒ z. B. wegen Kurzarbeit ‒ deutlich verschlossener ist, ist die Hilfe zur Selbsthilfe angesagt. Diese kann über einen spezialisierten Versicherungsmakler laufen. Sogenannte Risikopatienten mit Vorerkrankungen oder fehlenden Zähnen profitieren besonders von einer Beratung über den sog. „befundorientierten Ansatz“ bzw. entsprechende Spezialtarife. Je nach Zahnstatus kann ein Spezialist auch für bereits angeratene Maßnahmen noch Versicherungsschutz anbieten.

     

    Auch gibt es im Bereich der ZZV Tarife, die einen Versicherungsabschluss ohne eine Gesundheitsprüfung ermöglichen. Dann sind allerdings alle vor Vertragsbeginn laufenden, angeratenen oder medizinisch notwendigen Behandlungen bedingungsgemäß ausgeschlossen. Gute Tarife bieten jedoch dennoch Schutz für die notwendigen PZR-Behandlungen.

     

    Abschließen, wenn es zu spät ist ‒ auch das geht

    „Abschließen, wenn es eigentlich zu spät ist“ ‒ damit bricht die ERGO Krankenversicherung den Grundsatz des Versicherungsgedankens. Aber es handelt sich um kein Geschenk an den Patienten. Die Monatsprämie ist deutlich teurer als üblich und es ist gibt eine Bindefrist von 24 Monaten. Zudem muss der Vertrag spätestens sechs Monate nach dem ersten HKP zur Maßnahme begonnen werden. Bei hohen Festzuschüssen der Krankenkasse kann dieser Schutz natürlich hilfreich sein, aber eine rechtzeitige Tarifsuche vor einem eingetretenen Leistungsfall ist hier der deutlich bessere Weg.

     

    FAZIT | Sich als Zahnarzt im Bereich der Versicherungslösungen rudimentär auszukennen, schadet nicht. Im Sinne der Praxisabläufe kann auf diese Weise die schweißtreibende Frage nach einem Zahnzusatztarif souverän und systematisch beantwortet werden. Das spart Papierkram, erhöht das Ansehen der Praxis und schlussendlich können Sie hochwertige ‒ aber kostenintensive ‒ Zahnmedizin auf langer Sicht jedem Patienten zugänglich machen.

     
    Quelle: ID 46856615