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  • · Fachbeitrag · Telematik

    Telematikinfrastruktur (TI) in den Startlöchern: Konsequenzen für die Zahnarztpraxis

    von Dr. med. dent. Markus Heckner, Geschäftsleitung DENS GmbH, www.zahnarztsoftware.de

    | Mit dem Anfang 2016 in Kraft getretenen Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) wurde u. a. die bundesweite Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) beschlossen. Damit werden auch Zahnärzte dazu verpflichtet, ihre Praxen an die TI anzuschließen (§ 291 Abs. 2b Satz 14 SGB V). Die Frist läuft noch mindestens bis Mitte 2018 ‒ und zu übereilten Investitionen besteht kein Anlass. Gleichwohl sollte Zahnärzten klar sein, was auf sie zukommt und was sie wann unternehmen müssen, um die TI in ihrer Praxis zu integrieren. |

    Fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen

    Die digitale Vernetzung von Zahnärzten, Ärzten, Psychotherapeuten, Kliniken und Krankenkassen soll im deutschen Gesundheitswesen einen schnellen und einheitlichen Austausch von relevanten Daten ermöglichen. Auf der neuen „Gesundheitsdatenautobahn“ sollen zukünftig nutzbringende Anwendungen laufen, deren Schlüssel die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist. Verantwortlich für den Aufbau, den Betrieb und die Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur ist die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik), der als Gesellschafter u. a. auch die KZBV und die BZÄK angehören.

    Welche Anwendungen sollen auf der TI laufen?

    Die erste Anwendung der TI ist das sogenannte Versichertenstammdatenmanagement (VSDM). Hier werden die Gültigkeit und Aktualität von Versichertendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte des Patienten geprüft und ggf. aktualisiert. Bei den Stammdaten handelt es sich um Daten wie Name, Geburtsdatum, Anschrift, Geschlecht, Krankenversichertennummer und Versichertenstatus. Später sollen der „Elektronische Medikationsplan“, der „Elektronische Arztbrief“, das „Notfallmanagement“ und die „Elektronische Patientenakte“ hinzukommen. Weitere Anwendungen sollen folgen.

    Ab wann muss VSDM in der Praxis durchgeführt werden?

    Im Gesetz ist der 01.07.2018 als spätester Zeitpunkt für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur und die Teilnahme am VSDM definiert. Voraussichtlich wird diese Frist jedoch per Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf den 31.12.2018 verlängert.

     

    Vertragszahnärzte, die nicht fristgemäß ihre Zahnarztpraxis an die TI anschließen, bekommen ihr Kassenhonorar so lange pauschal um 1 Prozent gekürzt, bis sie am VSDM teilnehmen.

    Wie und durch wen erfolgt der Anschluss an die TI?

    Die KZBV hat darüber informiert, dass die Installation rechtlich gesehen auch durch den Zahnarzt selbst durchgeführt werden darf. Aufgrund der Komplexität empfiehlt sie aber, sich von einer fachkundigen Person unterstützen zu lassen. Teile der Industrie gehen da noch weiter: Sie setzen auf „Alles aus einer Hand“ und fordern, dass die Installation ausschließlich durch speziell geschulte und zertifizierte Techniker durchgeführt werden darf.

     

    PRAXISHINWEIS | Sie sollten den Hersteller Ihrer Praxissoftware daher fragen, welche Empfehlungen er an dieser Stelle ausspricht und ob das von Ihnen in der Praxis eingesetzte Programm bereits TI- und VSDM-ready ist. Lassen Sie sich hierzu als Nachweis am besten die Konformitätsbescheinigung der gematik zeigen.

     

    Was wird der Anschluss an die TI kosten?

    Es fallen einmalige Kosten für die Erstausstattung sowie laufende Kosten für den Betrieb an. Die Kosten für ein TI-Basispaket betragen derzeit bis zu 3.690 Euro. Darin enthalten sind Hardware, Software, Installation und Einweisung. Die Servicegebühren für den TI-Zugangsdienst und das TI-Integrationsmodul betragen aktuell mindestens 82 Euro pro Monat bei einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten. Wesentlich günstigere Angebote und mehr Auswahl sollen ab 2018 auf den Markt kommen.

    TI-Anschluss: Welche Komponenten benötigt die Praxis?

    Um eine Praxis an die Telematikinfrastruktur anbinden zu können, benötigt man spezielle Hardware, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zugelassen und von der gematik zertifiziert sein muss. Im Einzelnen handelt es sich um einen Konnektor, ein neues E-Health-Kartenterminal sowie diverse Karten und Dienste:

     

    • Der Konnektor (auch Connector geschrieben) ist eine kleine Box, ähnlich einem DSL-Router, die über LAN mit dem Kartenterminal sowie mit dem Praxisnetzwerk und somit mit der Zahnarztsoftware verbunden ist. Damit der Konnektor funktioniert, müssen die TI-Zugangsdaten, die man vom TI-Zugangsdienst-Anbieter erhalten hat, hinterlegt und das Gerät korrekt konfiguriert sein. Die ersten zugelassenen Geräte soll es frühestens im Herbst diesen Jahres geben.

     

    • Beim E-Health-Kartenterminal handelt es sich nicht mehr um ein reines Kartenlesegerät, das Karten nur einliest. Vielmehr können Sie mit dem Gerät auch den Chip auf der Versichertenkarte mit neuen Daten befüllen. Es verfügt über Karteneinschübe für die Versichertenkarte (eGK) und den elektronischen Heilberufeausweis (HBA) sowie die Praxis-/Institutionskarte (SMC-B) und die Kartenterminal-Identitätskarte (gSMC-KT). Die Anbindung an das Primärsystem erfolgt nicht wie bisher üblich über den USB-Port am Rezeptionsrechner, sondern mittels Netzwerkanschluss (LAN) über den Konnektor.

     

    • Die Praxiskarte SMC-B dient der Authentisierung der Zahnarztpraxis gegenüber den Diensten der TI. In der Regel werden Zahnärzte diese über ihre KZV bestellen, die die Bestellung der Smartcards an einen sogenannten Trusted Service Provider (TSP) weiterleitet, der die Karten produziert. Solche TSP sind z. B. die Telekom, die Bundesdruckerei oder mediSign. Die ersten zugelassenen Praxiskarten werden Ende des Jahres erwartet. Vermutlich wird die Kartenausgabe jedoch erst 2018 stattfinden können.

     

    • Der elektronische Heilberufeausweis (eHBA) kann bei der jeweiligen Landeszahnärztekammer beantragt werden. Er ist jedoch für den Zugang zur TI keine Pflicht. Er ersetzt den bisherigen Zahnarztausweis und weist den jeweiligen Zahnarzt eindeutig als Angehörigen seiner Berufsgruppe aus. Später wird er für die Identifizierung des Arztes und für das Erstellen einer rechtssicheren digitalen Unterschrift, der sogenannten qualifizierten elektronischen Signatur (QES), benötigt.

     

    • Auch das Praxisverwaltungssystem (PVS) muss angepasst werden, um eine Verbindung zur TI zu ermöglichen und die Versichertendaten der eGK importieren zu können. Das Update ist die Grundvoraussetzung für alle weiteren Schritte der TI-Anbindung. Bei einigen Herstellern muss man hierfür ein TI-Integrationsmodul kaufen, bei anderen erhalten Sie das Update im Rahmen der Wartung kostenfrei. In der Regel werden aufgrund der gesteigerten Anforderungen an die Hersteller von Zahnarztsoftware auch die Wartungsgebühren steigen.

     

    • Beim TI-Zugangsdienst handelt es sich technisch um ein „Virtual Private Network“ (VPN), durch das eine sichere Verbindung für den Datenaustausch hergestellt wird. Zudem wird das in der Praxis eingesetzte Primärsystem sicher in die TI eingebunden.

    Sind Änderungen beim Praxisablauf zu erwarten?

    Zukünftig wird das Verarbeiten von Krankenversichertenkarten mehr Zeit in Anspruch nehmen. Bisher dauerte das Einlesen von Chipkarten i. d. R. unter einer Sekunde. Durch die Onlineprüfung und ggf. Aktualisierung der Daten verlängert sich dieser Zeitraum auf durchschnittlich ca. 3 bis 7 Sekunden. Zudem wird sich das Praxispersonal am Empfang zukünftig mit neuen Hinweis- und Fehlermeldungen zur Versichertenkarte herumschlagen müssen. Insbesondere ältere Krankenversichertenkarten machen aktuell noch Ärger und können Störungen im Praxisablauf verursachen.

    Was ist im Vorfeld der Installation zu beachten?

    Für die Anbindung an die TI muss die Praxis über einen Internetanschluss verfügen. Ist dies nicht der Fall, sollte der Praxiseigentümer sich umgehend um einen Internetzugang bemühen. Haben Sie bereits Internet in der Praxis, sollten Sie die tatsächlich vorhandene Bandbreite prüfen (z. B. über www.wasistmeineip.de).

     

    Ihre Praxissoftware sollte TI- und VSDM-ready sein. Außerdem sollte sie über eine aktuelle Eignungsfeststellung der KZBV sowie den Prüfnachweis der gematik verfügen. Der Hersteller Ihrer Zahnarztsoftware sollte Ihnen im Vorfeld des Installationstermins bereits das notwendige TI-Update bzw. Integrationsmodul zur Verfügung gestellt haben. Die elektronische Praxiskarte (SMC-B) muss vorliegen und aktiviert worden sein.

     

    PRAXISHINWEIS | Außerdem sollten Sie prüfen, ob alle relevanten Passwörter bekannt sind. Insbesondere Windows-Anmeldedaten inklusive Admin-Account für Server und alle Praxisrechner sowie Router-Zugangsdaten sind vorzuhalten.

     

    Am Router bzw. Switch sollten noch freie Ports existieren und Ihr Praxisrechner muss mit einem aktuellen Betriebssystem ausgestattet sein (z. B. Windows 10 Pro, mindestens jedoch Windows 7 Professional). Falls Peripheriegeräte (z. B. Drucker, Scanner, Röntgengeräte, Sterilisatoren, Wartezimmer-TV etc.) über LAN angebunden sind, sollten Sie diese Informationen dem beauftragten Techniker vorab übermitteln. Sind Fernwartungs- und Heimarbeitszugriffe vorhanden, ist dies ebenfalls dem Techniker mitzuteilen. Nur wenn der Techniker gut vorbereitet ist und ihm alle Informationen vorliegen, die er zur Anbindung an die TI benötigt, können Installation und Einrichtung ordnungsgemäß gelingen.

    Kostenerstattungen und Zuschüsse für die TI

    Nach den gesetzlichen Vorgaben sind die Krankenkassen verpflichtet, die Kosten für die Erstausstattung der Praxen und den laufenden Betrieb in voller Höhe zu übernehmen. Die Spitzenorganisationen der Leistungserbringer und die Krankenkassen haben im Rahmen des E-Health-Gesetzes den Auftrag erhalten, eine Finanzierungsvereinbarung abzuschließen. Die KZBV hat daher mit dem GKV-Spitzenverband eine Grundsatzfinanzierungsvereinbarung und vor Kurzem eine Anlage dazu beschlossen. Hier ist besonders der § 1 „Grundsätze“ interessant: Demnach ist die Höhe der Pauschalen in jedem Fall so zu kalkulieren, dass sie die günstigsten Kosten eines Standard-Erstausstattungspakets vollständig deckt.

     

    Die Zuschüsse wurden auf Basis des aktuell noch einzigen Angebots am Markt kalkuliert. Für das 3. Quartal 2017 wurde daher für den Konnektor eine Pauschale in Höhe von 2.620 Euro festgelegt. Da noch günstigere Anbieter auf den Markt kommen werden, wird dieser Betrag bis zum 2. Quartal 2018 um jeweils 10 Prozent pro Quartal verringert. Die KZBV rät jedoch davon ab, sich hiervon unter Druck setzen zu lassen. Die Absenkung des Erstattungsbetrags bezieht sich nur auf den Konnektor.

     

    Für alle anderen Komponenten wurde jeweils ein konstanter Erstattungsbetrag vereinbart. Im Einzelnen:

     

    • Für das stationäre e-Health-Kartenterminal erhalten Sie 435 Euro und, falls Sie ein Anrecht auf ein mobiles Kartenterminal der Ausbaustufe 2 haben, gibt es weitere 350 Euro.
    • Zur Deckung der Kosten für die Installation der Komponenten und Einrichtung der Dienste sowie der entstehenden Aufwände für das VSDM und die Integration in das Praxisverwaltungssystem (Integrationsmodul) erhalten Sie eine einmalige TI-Startpauschale in Höhe von 900 Euro.
    • Für die laufenden TI-Betriebskosten erhalten Sie ab dem 3. Quartal 2018 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 83 Euro sowie monatlich 8 Euro für die Praxiskarte (SMC-B).

     

    Die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb eines Internetanschlusses zählen übrigens zu den allgemeinen Praxiskosten einer Vertragszahnarztpraxis und werden daher nicht bezuschusst.

    Wie wird die Teilnahme an der TI überprüft?

    Beim Einlesen der eGKs wird ein Prüfnachweis erzeugt, der zukünftig vom Primärsystem bei der Abrechnung über die DTA mit an die KZV übertragen wird. Der Prüfnachweis gibt zum einen darüber Auskunft, wann eine Onlineprüfung durchgeführt wurde. Zum anderen zeigt er das Ergebnis der Prüfung an. Somit sieht man anhand dieses Protokolls, ob Kartendaten aktualisiert wurden oder die Prüfung nicht durchgeführt wurde.

     

    PRAXISHINWEIS | Sollte z. B. aus technischen Gründen einmal keine Prüfung möglich sein, können Sie weiterhin das Ersatzverfahren anwenden. Jedoch erzeugt dieses keinen Prüfnachweis.

     

    Wie sollte ich mich jetzt verhalten?

    Sie sollten zunächst einmal Ruhe bewahren und abwarten. Unterzeichnen Sie auf keinen Fall übereilt irgendein Angebot, nur weil jemand Ihnen mitteilt, dass es eilt und Sie sonst keinen vollen Zuschuss mehr bekommen oder sich nicht rechtskonform verhalten würden. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen!

     

    Die Industrie geht davon aus, dass im kommenden Jahr mehrere günstigere Anbieter eine Zulassung erhalten und es aufgrund des damit verbundenen Wettbewerbs zu einem Preisverfall für Geräte und Dienste kommen wird. Davon sollte auch die Zahnarztpraxis profitieren.

     

    PRAXISHINWEIS | Zunächst einmal sollten Sie sich erkundigen, ob Sie bei Ihrer KZV bereits eine SMC-B-Praxiskarte bestellen können. Diese Karte ist zwingend notwendig, um sich überhaupt in der TI anmelden zu können. Solange Sie diese Karte nicht besitzen, ist es nicht sinnvoll, die Unterschrift auf einem Angebot für den Anschluss an die TI zu leisten oder einen Installationstermin zu vereinbaren. Sie erhalten Ihren TI-Zuschuss nämlich nicht aufgrund des Kauf- oder Installationsdatums, sondern in dem Quartal, in dem Sie Ihre Abrechnung inklusive TI-Prüfnachweis an ihre KZV übermitteln. Ist die Bestellung einer SMC-B noch nicht möglich, dann sollten Sie mit weiteren Bestellungen zunächst noch warten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Die KZBV hat im August 2017 die Praxisinfo „Anbindung an die Telematikinfrastruktur“ veröffentlicht. Sie können diese Broschüre abrufen unter: iww.de/s253
    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 3 | ID 44837985