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  • · Fachbeitrag · Digitalisierung

    WhatsApp in der Patientenkommunikation ‒ Chancen und Gefahren

    von Dr. Sebastian Schulz, Münster, ieQ-health.de, und RA Björn Papendorf, FA für MedR, kwm Kanzlei für Wirtschaft und Medizin, Münster

    | Aufgrund seiner starken Verbreitung und der zunehmenden „Unterwegsnutzung“ durch die Patienten ist WhatsApp aus Marketingsicht ein spannender Kanal für die Praxiskommunikation geworden. Patienten lassen sich schnell, unkompliziert und in großer Zahl erreichen und sowohl in puncto Terminmanagement als auch marketingtechnisch enger binden. Zugleich lassen sich Kommunikationskosten wie Porto und Telefonkosten einsparen, wenn das Praxis-Smartphone angeschafft ist und das Praxis-WLAN genutzt wird. Allerdings ist beim Einsatz von WhatsApp einiges zu bedenken. Denn neben den Chancen gibt es auch Gefahren. |

    WhatsApp ‒ Zahlen, Daten, Hintergründe

    Das seit 2009 existierende WhatsApp ermöglicht seinen Nutzern das einfache Senden, Verbreiten und Teilen von Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien sowie Standortinformationen, Dokumenten und Kontakten/Kontaktdaten zwischen zwei oder mehreren Personen (Gruppen). Dazu müssen beide oder alle Nutzer WhatsApp installiert haben und einen Internetzugang (WLAN, mobile Daten) haben. Neben der klassischen mobilen Version für Smartphones gibt es auch eine Desktop-Version („WhatsApp Business“) für Unternehmen und neuerdings in Indien auch schon eine Bezahlfunktion („WhatsApp Payments“). Seit dem Frühjahr 2015 ist zudem das kostenlose Telefonieren über WhatsApp möglich.

     

    Der Name ist angelehnt an die englische Redewendung „What’s up“ im Sinne von „Was geht ab?“ Nach eigenen Angaben nutzen weltweit über eine Milliarde Menschen WhatsApp und senden dabei mehr als 42 Mrd. Nachrichten, 1,6 Mrd. Fotos und 250 Mio. Videos täglich. Nach Zahlen der ARD-ZDF-Onlinestudie von 2017 nutzen 62 Prozent der Deutschen WhatsApp täglich. Zum Vergleich: Bei Facebook sind es nur 21 Prozent! Mit der starken Verbreitung der Smartphones und damit der „Unterwegsnutzung“ dieser Dienste ist sogar noch von einer Steigerung der Nutzungszahlen ‒ auch in anderen Altersgruppen ‒ auszugehen, die allesamt für die (Zahn-)Arztpraxis spannend sind.

    Rechtliche Herausforderungen bei der Nutzung von WhatsApp

    Bei allen Vorteilen, die die einfache Kommunikation via WhatsApp aufweist, gibt es eine Reihe von rechtlichen Herausforderungen und Problemen, die vor der Verwendung von WhatsApp geklärt werden müssen. Dies gilt nicht erst mit der Pflicht zur Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) seit dem 25.05.2018. Auch vorher musste schon überlegt werden, welche Gefahren mit dem Einsatz von WhatsApp im Rahmen der Praxiskommunikation verbunden sein können.

    Rechtliche Herausforderung Nr. 1: ärztliche Schweigepflicht

    § 203 Strafgesetzbuch (StGB) und die ärztlichen Berufsordnungen verbieten (Zahn-)Ärzten die unbefugte Weitergabe von Geheimnissen der Patienten. Was bedeutet das für WhatsApp? Hier ist zu unterscheiden zwischen Inhalten von WhatsApp und Metadaten:

     

    • Die Inhalte der über WhatsApp geführten Kommunikation sind aufgrund der 2017 eingeführten „Ende-zu-Ende“-Verschlüsselung für das Unternehmen WhatsApp Inc. und sonstige Dritte nicht einsehbar. Damit ist der Inhalt einer Unterhaltung via WhatsApp nach dem jetzigen Kenntnisstand sicher. Eine unbefugte Weitergabe von Geheimnissen scheint insofern nur möglich, als die Textnachricht auf dem Smartphone von Arzt oder Patient von einem Unberechtigten eingesehen wird. Dagegen hilft nur eine ausreichende Sicherung des Handys. Die Verschlüsselung greift allerdings nur, wenn beide Teilnehmer die neueste WhatsApp-Version installiert haben. Darauf sollten die Behandelnden achten.

     

    • Während der Inhalt einer Unterhaltung weitestgehend geschützt ist, werden die Metadaten (Empfänger, Absender, Empfangszeitpunkt) aber weiter von WhatsApp gesammelt und mit anderen Unternehmen der Gruppe ‒ vor allem der Eigentümerin Facebook Inc. ‒ geteilt. Auch schon die Kommunikation des Patienten mit einem bestimmten Arzt als solche sowie ihr Zeitpunkt und ihre Häufigkeit kann ein Patientengeheimnis darstellen, da diese Daten konkrete Rückschlüsse über den Patienten zulassen können.

     

    PRAXISTIPP | Ein Verstoß des Zahnarztes gegen § 203 StGB durch die Verwendung von WhatsApp zur Kommunikation mit einem Patienten kann nur ausgeschlossen werden, wenn die Weitergabe des Geheimnisses nicht „unbefugt“ ist. D. h. dies muss von einer Einwilligung des Patienten gedeckt sein. Diese sollte aus Gründen der Beweissicherung schriftlich erteilt werden und konkret auf die Kommunikation via WhatsApp bezogen sein. Ungeklärt ist allerdings noch, ob sich die Einwilligung auch auf die Übermittlung von Kontakten beziehen kann (s. u.).

     

    Rechtliche Herausforderung Nr. 2: Datenschutz

    Datenschutzrechtliche Aspekte spielen bei der Verwendung von WhatsApp insbesondere vor dem Hintergrund der am 25.05.2018 in Kraft getretenen neuen Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) eine große Rolle. WhatsApp wird über einen in den USA befindlichen Server betrieben, womit eine Übermittlung personenbezogener Daten in ein sogenanntes Drittland im Sinne des Art. 44 DS-GVO vorliegt, die nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist. Nachdem die WhatsApp Inc. Anfang März dieses Jahres eine „EU-US Privacy-Shield-Zertifizierungn“ erlangt hat, ist die Übermittlung der Daten grundsätzlich in demselben Maße zulässig wie in einen EU-Mitgliedstaat.

     

    Kann der Patient wirksam in die Datenübermittlung einwilligen?

    Bei der Installation von WhatsApp werden regelmäßig alle vorhandenen Kontakte des Adressbuchs erfasst und auf den in den USA befindlichen Server geladen. Dies stellt eine Übermittlung von Daten dar, die grundsätzlich der Einwilligung der Betroffenen bedarf. Gleiches gilt für Adressdaten, die nach der Installation hinzugefügt und übermittelt werden. Hinsichtlich letzterer wird aber beispielsweise vom Hamburger Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vertreten, dass die Kontaktaufnahme eines Patienten via WhatsApp eine konkludente und wirksame Einwilligung zur Übermittlung der Daten darstellt. Hier zeigt sich die Unsicherheit über die Regeln, die auf diesem noch recht neuen Spielfeld gelten.

     

    Ist die Verarbeitung von Patientendaten eine „Auftragsverarbeitung“?

    Auch die Speicherung und Auswertung von Metadaten, wie sie die WhatsApp Inc. vornimmt, stellt eine Hürde dar. Während hierzu im Ausgangspunkt wiederum eine Einwilligung des Patienten erforderlich sein wird, könnte die Verarbeitung dieser Daten als Auftragsverarbeitung im Sinne des Art. 28 DS-GVO zu sehen sein. In diesem Fall müsste zwischen Arzt und der WhatsApp Inc. ein den Anforderungen der DS-GVO entsprechender Vertrag geschlossen werden. Doch auch hier wird teilweise zwischen dem Inhalt der versendeten Mitteilung und den mitgespeicherten Metadaten unterschieden:

     

    • Beim Inhalt ist zwar der versendende Arzt Datenverantwortlicher. Es kommt aber nicht zu einer Auftragsverarbeitung durch WhatsApp, da aufgrund der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung das Unternehmen den Inhalt nicht einsehen kann.
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    • Die Metadaten speichert WhatsApp Inc. nicht auf Weisung und im Auftrag des Arztes, sondern im Eigeninteresse. Insbesondere hat nicht der Arzt allein, sondern WhatsApp Einfluss z. B. auf die Löschung dieser Daten. Somit ist in Bezug auf die Metadaten nicht der Arzt, sondern WhatsApp verantwortlich für die Daten. Es liegt insofern also eigentlich auch keine Auftragsverarbeitung vor.

     

    PRAXISTIPP | Wegen der bestehenden Unsicherheiten beim Speichern der Metadaten wird teilweise erwartet, dass die WhatsApp Inc. Auftragsverarbeitungsverträge entwickelt und zum Abschluss anbietet. Sollte es diese Option in Zukunft geben, ist es ratsam, einen solchen Vertrag abzuschließen.

     

    Die Einwilligung des Patienten sollte so auf die Eigenarten der WhatsApp-Kommunikation hinweisen, dass sie den Anforderungen der neuen DS-GVO entspricht. Dabei kann es sich in bestimmten Fällen anbieten, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) für die Nutzung zu erstellen und dem Patienten frühestmöglich vorzulegen. Unabhängig von der konkreten Form muss mit Blick auf die drohenden und teils horrenden Bußgelder dringend dazu geraten werden, für die Erstellung der Einwilligung und der AGB anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

     

    Haftungsrisiko bei einem Behandlungsfehler

    Die standardgemäße (zahn-)ärztliche Untersuchung und Behandlung erfolgt in direktem Kontakt zwischen Arzt und Patient. Eine Kommunikation mit dem Patienten über WhatsApp mit Behandlungsempfehlungen ist sehr kritisch zu sehen. Sollte es danach zu Komplikationen bei der Behandlung kommen, kann schnell von einem haftungsbegründenden Behandlungsfehler ausgegangen werden. Deshalb gilt: Selbst wenn der Patient eine Kommunikation über WhatsApp vorschlägt, sollte der (Zahn-)Arzt stets mit der Bitte reagieren, persönlich in der Praxis zu erscheinen. So vermeidet er Haftungsrisiken.

    Empfehlungen für die Praxis

    Problematisch bleibt, dass WhatsApp auf dem Smartphone des Nutzers auch Adressdaten von Personen erfasst, die die App selbst gar nicht installiert haben. Hat der Arzt also Patientenkontakte auf seinem Smartphone gespeichert, die nicht über WhatsApp kommunizieren, so müsste er auch von diesen eine Einwilligung zur Datenverarbeitung einholen.

     

    Eine weitere Möglichkeit ist es, ein gesondertes Gerät für die WhatsApp-Kommunikation zu nutzen. Auf diesem dürften in der Kontaktliste nur solche Kontakte gespeichert werden, die der WhatsApp-Kommunikation zugestimmt haben.

     

    Zudem sollte selbstverständlich sein, dass der (Zahn-)Arzt für die ausreichende Sicherung seines Smartphones vor dem Zugriff Unberechtigter verantwortlich ist und entsprechende Maßnahmen ergreifen muss.

     

    Die folgende Tabelle fasst noch einmal die wesentlichen Chancen und Gefahren der WhatsApp-Kommunikation in der Zahnarztpraxis zusammen. Jedoch gilt: Viele Regeln und juristische Aspekte, die in puncto Datenschutz, ärztlicher Schweigepflicht und Behandlungsfehler/Haftungsrisiken gelten werden, sind jetzt noch nicht klar und müssen zukünftig weiter präzisiert werden. ZP wird Sie über neue Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

     

    • Chancen und Gefahren der Kommunikation via WhatsApp
    Chancen
    Gefahren
    • Ein zusätzlicher Kommunikationskanal wird eröffnet, den die Patienten privat häufig und überall (mobil) nutzen.
    • Die Kommunikation ist schnell und einfach.
    • Personal muss nicht erst eingearbeitet werden, da dieses die Funktionen meistens beherrscht.
    • Breite Zielgruppen werden angesprochen: Sowohl junge Patienten (und potenzielles Personal) als auch ältere Zielgruppen nutzen das Medium (zu 62 Prozent täglich).
    • Andere Kommunikationskosten (z. B. Porto, Telefongebühren) können eingespart werden.
    • Patienten haben das Smartphone überall dabei und sind somit schnell erreichbar.
    • Termine können einfach und schnell vergeben und verwaltet werden.
    • Wegen des Datenschutzes darf die konkrete Einwilligung zur Verarbeitung von Daten insbesondere auch für WhatsApp nicht fehlen.
    • Metadaten (Empfänger, Absender, Empfangszeitpunkt) werden ausgetauscht, auch mit Facebook
    • Ärztliche Schweigepflicht beachten.
    • Alle Teilnehmer müssen die neueste WhatsApp-Version installiert haben.
    • Ggf. ein Smartphone anschaffen, das nur die freigegebenen WhatsApp-Kontakte gespeichert hat (da das gesamte Adressbuch abgeglichen wird, also auch Kontakte ohne WhatsApp).
    • Smartphone vor dem Zugriff Unbefugter schützen.
    • Keine Einschätzung des Gesundheitszustands via WhatsApp geben und so Haftungsrisiken verringern.
    • Verbindlichkeit des Patienten muss gegeben sein, über WhatsApp vereinbarte Termine einzuhalten.
     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 08 / 2018 | Seite 6 | ID 45354746