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  • · Optimierung der Praxisstruktur

    In Krisenzeiten Finanzen ordnen und Liquidität erhöhen

    Bild: ©Julien Eichinger- adobe.stock.com

    von Anita Göbel (geb. Koschny), Bayreuth, dental-consulting.net

    | Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen lohnt es sich, besonders die Finanzen der Praxis kritisch unter die Lupe zu nehmen und die finanziellen Verpflichtungen und Verträge zu prüfen. Im Vordergrund stehen in diesen Tagen sicherlich auch die Erhöhung der Liquidität und die Optimierung der Finanzstruktur, um den Betrieb möglichst aufrechtzuerhalten und fortzuführen. Mit diesem Beitrag wollen wir Ihnen eine praktische Übersicht an die Hand geben, die schnell und ohne großen Aufwand umsetzbar ist. |

    Optimierung und Ordnung der Finanzstruktur

    Bringen Sie Ihre Buchhaltung auf Vordermann und lesen Sie diese dann wie ein „Haushaltsbuch”. Gehen Sie Monat für Monat durch und prüfen Sie die Ausgaben kritisch auf Kosten und Nutzen. Was muss nicht unbedingt sein und kann weg? Was ist möglicherweise an anderer Stelle bei gleicher Leistung günstiger? Bleiben Sie hier fair: Unterstützen Sie lokale Unternehmen! Denn es geht nicht darum, überall den letzten Cent herauszuquetschen, sondern darum, unnötige Ausgaben zu streichen!

     

    Der Wechsel des Telefonanbieters ist heute keine große Sache mehr und ist online erledigbar. Ihre bisherige Telefonnummer können Sie i.d.R. behalten. Die Einsparungen können je nach Alter des bisherigen Vertrages bis zu 50 Euro/Monat ausmachen. Berücksichtigen Sie auch Ihren privaten Telefonanschluss und den der Praxis. In den letzten Jahren sind die Preise für Telekommunikation stets gesunken.

     

    In erster Linie verursacht eine Anschaffung Kosten und möglicherweise auch eine monatliche finanzielle Belastung. Dies geht zulasten der Liquidität. Prüfen Sie daher kritisch, ob eine geplante Neuanschaffung (z. B. Behandlungseinheit) wirklich den notwendigen bzw. gewünschten Mehrwert bringt, oder ob sich diese ggf. auch mit preiswerteren Mitteln (z. B neuer Polsterbezug) umsetzen lässt. Eine Alternative zum Kauf stellt mittlerweile auch für Praxisgeräte das Leasing dar.

     

    Auch wenn das Thema Steuern nicht zum Hobby der meisten Unternehmer gehört: Es reicht nicht, im November zu überlegen, ob noch (unnötige) Ausgaben zu tätigen sind. Handeln sie auch im Steuerbereich plan- und sinnvoll! Dazu gehören regelmäßige Besprechungen (im besten Fall monatlich) der BWA mit dem Steuer- oder Praxisberater. Nur so können Sie Veränderungen steuern und bei ungünstigen Entwicklungen sofort einlenken.

     

    Günstige Angebote können verlockend sein, um Anschaffungen wie z. B. Materialeinkauf zu tätigen, das möglicherweise gar nicht benötigt wird. Achten Sie vor allem bei Artikeln mit Verfallsdatum auf den Einkauf von sinnvollen Mengen. Sie sparen bei einem Angebot nur dann, wenn Sie den Artikel wirklich benötigen. Im Umkehrschluss ist es ratsam, für benötigte Materialien entsprechende Preisvergleiche durchzuführen. Heute ist dies dank Vergleichsportalen kein großer Aufwand mehr, kann aber zu regelmäßigen Einsparungen verhelfen. Schon ein alter BWL-Grundsatz besagt: Der Gewinn liegt im Einkauf!

     

    Prüfen Sie daher mit Ihrem Praxis-/Versicherungsberater, ob die Versicherungssummen aktuell sind und ob es Bereiche gibt, die noch nicht abgedeckt sind. Möglicherweise gibt es auch Versicherungen, die Sie nicht mehr benötigen, weil sich Ihre Situation verändert hat. Beziehen Sie in Ihre Überlegungen auch unbedingt Ihre privaten Versicherungen mit ein und prüfen Sie, ob diese noch zu Ihren aktuellen Lebensumständen und Bedürfnissen passen.

    Finanzplanung und Umgang mit Praxisgeldern

    Stellen Sie in turbulenten Zeiten einen kurzfristigen, einfachen Finanzplan auf, um den Betrag der Liquidität zu ermitteln. Er unterstützt Sie, Zahlungen zu jedem Zeitpunkt gewährleisten zu können. Je nach Situation kann die gewählte Periode kürzer oder länger sein (z. B. Tage, Wochen). Überschüsse und Fehlbeträge werden sichtbar und Sie haben die Möglichkeit, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Der Plan kann wie folgt aussehen:

     

    Kurzfristiger Finanzplan in Euro
    Q 2/2020
    Q 3/2020
    Q 4/2020

    Geldeingänge

    120.000

    145.000

    175.000

    Geldabgänge

    120.000

    125.000

    205.000

    Saldo

    + 20.000

    - 30.000

    Anfangsbestand an flüssigen Mitteln

    20.000

    20.000

    40.000

    Endbestand an flüssigen Mitteln

    20.000

    40.000

    10.000

     

    Wenn Sie Ihren Liquiditätsbedarf ermittelt haben, entsteht konkreter Handlungsbedarf, um die Zahlungsströme so abzustimmen, dass keine Fehlbeträge entstehen. Folgende Aufgaben kommen dann auf Sie zu:

     

    • Rechtzeitiges Beschaffen der benötigten finanziellen Mittel
    • Strategisches Überdenken der eigenen Preispolitik
    • Optimale Ausnutzung von Zahlungsfristen
    • Beschleunigung von Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklungen
    • Ggf. Inanspruchnahme einer Unternehmensberatung (staatliche Förderungen möglich! Details in der Sonderausgabe „Fördermittel für die Zahnarztpraxis“ unter der Abruf-Nr. 46398875)
    • Planung zukünftiger Rücklagen für Steuern und Reparaturen bilden

    Kalkulation Ihres Unternehmerlohns

    Des Weiteren ist eine strikte Trennung von privaten Kosten und dem Praxiskonto zu beachten. Auch die häufig auf dem Praxiskonto gesehene private Krankenversicherung ist keine Ausgabe der Praxis. Diese ist ebenfalls vom Privatkonto zu bezahlen. Wichtig ist hier: Zahlen Sie sich regelmäßig, am besten monatlich einen festen Unternehmerlohn aus, dessen Höhe Sie vorher genau kalkuliert haben. Es ist nicht zielführend, eine hohe Privatentnahme zu tätigen, wenn die Liquidität der Praxis anschließend darunter leidet. Ermitteln Sie deshalb, welche Kosten Ihnen privat entstehen, die Sie durch einen Unternehmerlohn decken müssen:

     

    Durchschnittliche monatliche Ausgaben
    Betrag in Euro

    Private Kfz-Kosten (Steuer, Parken etc.)

    Öffentliche Verkehrsmittel

    Telefon/Internet/Handy/GEZ

    Täglicher Bedarf (Lebensmittel, Hygiene etc.)

    Bekleidung, Schuhe, Accessoires

    Haushalt (Einrichtung, Geräte etc.)

    Gesundheit (PKV, Medikamente)

    Freizeit und Hobby

    Miete + NK/Kosten Eigenheim

    Ratenzahlungen/Sparverträge

    Zinsen und Tilgung für Privatkredite

    Unterhaltszahlungen

    Sonstige regelmäßige Verpflichtungen

    Rentenversicherung

    Lebensversicherung

    Sonstige Versicherungen

    Sonstige Ausgaben

    Gesamtausgaben privat

    =

     

    Wenn Sie ein monatliches Einkommen aus anderen Einkunftsarten beziehen (z. B. Vermietung und Verpachtung), so können Sie dies bei Ihrer Kalkulation ggf. mitberücksichtigen.

    Erhöhung und Sicherung der Liquidität

    Es kann sich sehr lohnen, die bisherigen Zahlungsmodalitäten für Patienten zu erweitern und anzupassen. Besonders liquiditätserhöhend ist die Inanspruchnahme eines Abrechnungszentrums mit sofortiger Auszahlung. Aber auch Vorauskasse (z. B. bei praxisbekannten „Schlechtzahlern”), Bar- und EC-Zahlung sowie Anzahlungen (z. B. in Höhe der Fremdlaborkosten) bringen bei konsequenter Anwendung Liquiditätsgewinne! Prüfen Sie doch mal Ihre momentanen Außenstände: Wie hoch ist der Betrag? Wie würde es Ihnen finanziell gehen, wenn Sie diesen Betrag bereits auf Ihrem Konto hätten?

     

    Stellen Sie Patientenrechnungen sofort, wenn Sie eine Behandlung beendet haben. Bedenken Sie: Jeder Tag, den Sie bei der Rechnungslegung verzögern, ist ein Tag zusätzlicher Kredit, den Sie Ihren Patienten gewähren. Versuchen Sie auch, mit Ihren Patienten kurze Zahlungsziele zu vereinbaren. Das vermindert das Ausfallrisiko. 30 Tage Zahlungsziel sind üblich, aber nicht bindend.

     

    Von der Gewährung von Skonti ist wegen des Mehraufwands bei Nichteinhaltung (Zahlung verspätet und trotzdem Skontoabzug) eher abzuraten.

     

    Wenn eine Rechnung nicht rechtzeitig bezahlt wird, nehmen Sie Kontakt mit dem Patienten/Zahlungspflichtigen auf. Möglicherweise gibt es Unklarheiten oder die Rechnung ist tatsächlich schlichtweg in Vergessenheit geraten. Gute Erfahrungen wurden in der Vergangenheit damit gemacht, die Patienten kurz anzurufen, bevor ein Mahnverfahren eingeleitet wird. In einigen Fällen konnte der anwaltliche Weg so vermieden werden.

     

    Führen Sie ansonsten grundsätzlich ein straffes Mahnwesen: Mahnungen werden ab dem 1. Tag des Verzugs versendet und dies im Wochentakt. Stellen Sie den Turnus in Ihrer Software entsprechend ein. Nutzen Sie hierzu ggf. wieder die Unterstützung Ihrer Softwarefirma (Hotline). Und versenden Sie keine drei oder vier Mahnungen oder Zahlungserinnerungen. Es genügen eine Zahlungserinnerung und eine Mahnung für die gerichtliche Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegenüber dem Schuldner.

     

    • Beispiel

    24.01.

    Rechnungsstellung

    08.02.

    Zahlungsverzug

      • dieser beginnt nur, wenn Sie eine Zahlungsfrist gesetzt haben!

    09.02.

    Zahlungserinnerung

    16.02.

    1. Mahnung

    23.02.

    Anruf beim Patienten

    02.03.

    Übergabe an Anwalt/Inkassobüro

     

    Erhöhung der Liquidität durch Fremd- oder Eigenmittel

    Privateinlagen können ‒ soweit dies Ihre finanzielle Situation zulässt ‒ dabei helfen, kurzfristige finanzielle Engpässe zu überbrücken. Dies sollte natürlich kein Dauerzustand und auch nur in besonderen Ausnahmefällen der Fall sein. Wenn Sie regelmäßig Privateinlagen tätigen müssen, um der Praxis Liquidität zu verschaffen, sollten Sie dringend die Finanzen der Praxis genauestens unter die Lupe nehmen und alle Einnahmen und Ausgaben kritisch prüfen!

     

    Eine Alternative stellt Fremdkapital dar. Dies können Banken, private Kreditgeber o. Ä. sein. So können lang- oder kurzfristige Ausgaben/Investitionen geplant und finanziert werden.

     

    Als weitere Möglichkeit besteht die Option zu Stundungen. Dies kann z. B. die Praxismiete, Steuerzahlungen und Kreditraten betreffen. Hier ist aber Vorsicht und Feingefühl gefragt: Sprechen Sie mit den jeweiligen Institutionen und bitten Sie freundlich um die Besprechung der Möglichkeiten. Prüfen Sie auch, ob diese Stundungen wirklich eine Hilfe sind und ihnen nicht langfristig zum Nachteil gereichen. Ohne Ihren Steuerberater sollten Sie in keinem Fall aktiv werden.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 19 | ID 46976871