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  • · Crashkurs Praxiscontrolling

    Kurzfristige Erfolgsrechnung: Was die BWA einer Existenzgründerpraxis zeigen sollte! Eine Fallstudie

    Bild: ©Julien Eichinger- adobe.stock.com

    von Stephan Goblirsch, betriebswirtschaftliches Rechenzentrum für Zahnärzte (BRZ), Münster, goblirsch-gruppe.de

    | Die Fallstudie in ZP 01/2021, Seite 21 zum Lockdown im Frühjahr 2020 hat gezeigt, dass die Zusammenstellung von Daten auf Basis der Finanzbuchhaltung (= FiBu-BWA) nicht die erforderlichen Informationen zum betriebswirtschaftlichen Praxiserfolg einer etablierten Praxis liefern konnte. Doch wie stellt sich dies für eine Existenzgründerpraxis dar? Eine weitere kleine Fallstudie erläutert die wichtigsten Kennzahlen. |

    Einzelpraxisübernahme nach der Assistenzzeit

    Nach erfolgreich absolvierter Assistenzzeit hat Zahnarzt P zu Jahresbeginn die gut gehende Einbehandlerpraxis eines Kollegen übernommen. Der Start ist aus seiner Sicht gut gelungen. Der Kollege hat seine Patienten auf den Nachfolger vorbereitet und das Terminbuch war von Beginn an gut gefüllt. Die Auslastung lag zunächst um die 80 Prozent. Zum Ende des 1. Halbjahres wurde fast die Vollauslastung erreicht und wöchentlich wurden annähernd 38 Stunden in der Woche Patienten behandelt. P durfte mit seinem Erfolg bei den Patienten zufrieden sein. Nun wollte er seinen wirtschaftlichen Erfolg kontrollieren und nachrechnen, ob ausreichend Mittel für die vom Praxisergebnis zu bestreitenden Ausgaben (Steuern, Vorsorge, Tilgung und Lebenshaltung) zur Verfügung stehen. Ende Juli erhielt er dann die FiBu-BWA von seinem Steuerberater für den Zeitraum Januar bis Juni des Jahres.

     

    • Finanzbuchhaltung/BWA
    Gründungsjahr
    1. Halbjahr in Euro
    Anteil in %
    Betriebseinnahmen*
    143.927
    100

    über KZV

    97.014

    67

    nicht über KZV

    46.054

    32

    sonstige

    859

    1

    Betriebsausgaben ex. AfA u. Zins
    148.964
    103

    Behandlerpersonal

    0

    0

    Unterstützungspersonal

    74.274

    52

    Material

    26.024

    18

    Fremdlabor

    196

    0

    Räume

    15.950

    11

    Beitr./Vers.

    4.585

    3

    Reise/Gesch.

    0

    0

    Inst.Geräte

    12.675

    9

    Miete/Leasing

    0

    0

    Werbekosten

    0

    0

    Fortbildung

    0

    0

    sonstige

    15.260

    11

    Ergebnis vor AfA u. Zins
    -5.037
    -3

    Abschreibungen

    30.409

    Zins

    1.798

    Ergebnis nach AfA u. Zins
    -37.244

    Fahrzeugkosten

    95

    vorläufiges Ergebnis laut BWA
    -37.339
     

    * Umsatz laut Bankkonto

     

    Das Zahlenwerk beunruhigt ihn. Er hatte sich bereits darauf eingestellt, dass die Startphase hart werden könnte. Eine durchschnittliche Auslastung von etwa 90 Prozent und dann ein Ergebnis vor AfA (Absetzung für Abnutzung) und Zins von minus 5.037 Euro machen ihn nachdenklich und die minus 37.339 Euro am Ende der Rechnung sprachlos.

     

    Mit dem Blick auf das Praxisgeschehen der letzten sechs Monate entspricht dies nicht dem von ihm erwarteten Ergebnis. Um Steuern muss er sich wohl keine Gedanken machen. Außerdem fragt er sich, was denn ‒ falls das so korrekt ist ‒ geschehen muss, damit sich a) überhaupt ein positives Ergebnis einstellt, von dem er dann b) auch noch seine Vorsorge, die Tilgung und die Lebenshaltung bestreiten kann. Hatte er wirklich eine völlig falsche Wahrnehmung von dem, was er täglich während des Praxisbetriebs erlebt hatte? Um sich darüber einen Überblick zu verschaffen, greift er auf die ihm zur Verfügung stehende Umsatzstatistik aus seinem Praxisverwaltungssystem zurück, ruft die Umsätze für den betreffenden Zeitraum ab und erhält folgende Zahlen:

     

    Gründungsjahr
    1. Hj. 2020 in Euro
    in %
    Umsatz laut Praxis-EDV
    228.389
    100

    Bema/BEL

    148.453

    65

    GOZ/BEB

    78.657

    34

    sonstige

    1.279

    1

     

    Seine Wahrnehmung hatte ihn wohl doch nicht getäuscht. Der tatsächlich im Praxisbetrieb erzielte Umsatz lag weit über dem, der in der Finanzbuchhaltung ausgewiesen war.

     

    • Finanzbuchhaltung/BWA
    Gründungsjahr
    1. Halbjahr in Euro
    in %
    Betriebseinnahmen*
    143.927
    100

    über KZV

    97.014

    67

    nicht über KZV

    46.054

    32

    sonstige

    859

    1

     

    Nun tauscht P die Betriebseinnahmen laut FiBu-BWA gegen den Umsatz laut Praxis-EDV aus und erhält als Ergebnis vor AfA und Zins (hier als Ergebnis 1 ausgewiesen) den Wert von 79.425 Euro für das 1. Halbjahr:

     

    • Betriebsbuchhaltung
    Gründungsjahr
    1. Hj. 2020 in Euro
    in %
    Umsatz laut Praxis-EDV
    228.389
    100

    Bema/BEL

    148.453

    65

    GOZ/BEB

    78.657

    34

    sonstige

    1.279

    1

    Kosten 1
    148.964
    65

    Behandlerpersonal

    0

    0

    Unterstützungspersonal

    74.274

    33

    Material

    26.024

    11

    Fremdlabor

    196

    0

    Räume

    15.950

    7

    Beitr./Vers.

    4.585

    2

    Reise/Gesch.

    0

    0

    Inst.Geräte

    12.675

    6

    Miete/Leasing

    0

    0

    Werbekosten

    0

    0

    Fortbildung

    0

    0

    sonstige

    15.260

    7

    Ergebnis 1
    79.425
    35
     

    In der Aufstellung entsprechen die hier unter „Kosten 1“ aufgeführten Po-sitionen den „Betriebsausgaben ex. AfA u. Zins“ laut den Ausweisen in der FiBu-BWA. Die Korrektur zeigt einen Unterschied im Ergebnis von insge-samt rd. 84.000 Euro. Nun kann P berechnen, ob das Praxisergebnis ausreicht, um den nachgelagerten Verpflichtungen nachkommen zu können. Tatsächlich wären noch weitere Korrekturen erforderlich, um aus der FiBu-BWA eine echte betriebswirtschaftliche Erfolgsrechnung zu generieren. Insbesondere im Bereich der Kosten sind dazu erhebliche Anpassungen und Ergänzungen erforderlich.

     

    FAZIT | Wie schon in der Fallstudie in ZP 01/2021, Seite 21 für eine etablierte Praxis gezeigt, liefert die FiBu-BWA auch für den Fall einer Existenzgründung nicht die erforderlichen Daten zur Beurteilung des betrieblichen Erfolgs. Dies überrascht nicht. Denn die Datenbasis der FiBu-BWA (die Finanzbuchhaltung) ist an sich auch gar nicht für die betriebswirtschaftliche Ergebnisrechnung gedacht. In erster Linie dient sie der steuerlichen Ergebnisrechnung und dieses Ergebnis ermitteln freiberuflich tätige Zahnärzte regelmäßig nach § 4 Abs. 3 EStG. Das ist eine einfache Istrechnung, bei der das Ergebnis nicht durch Ertrag und Aufwand, sondern durch die Einnahmen und Ausgaben bestimmt wird. Vereinfacht ausgedrückt bestimmt das Kontogeschehen die Ergebnisrechnung und nicht das Geschehen im Praxisbetrieb. Nicht umsonst unterscheidet das Rechnungswesen deshalb zwei Arten der Buchhaltung, die Finanzbuchhaltung und die Betriebsbuchhaltung. In Bezug auf das betriebliche Geschehen liefert die FiBu-BWA insofern falsche Informationen. Sie führen zu Fehleinschätzungen und falschen Entscheidungen mit ggf. fatalen Folgen für den Praxisinhaber. Für ein wirksames betriebswirtschaftliches Erfolgscontrolling ist die FiBu-BWA daher gänzlich ungeeignet. Fortsetzung folgt! Wie nun genau eine an betriebswirtschaftlichen Kriterien ausgerichtete Erfolgsrechnung für die Zahnarztpraxis aussehen könnte, welcher inhaltlichen und zeitlichen Struktur sie konkret folgen muss, damit der betriebswirtschaftliche Erfolg korrekt ausgewiesen wird und so die erforderlichen Informationen für ein wirksames Steuern zur Verfügung gestellt werden können, zeigt der nächste Beitrag dieser Serie.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 22 | ID 47074229