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  • · Fachbeitrag · Vergütung

    Grundgehalt, Bonus, Motivation & Co: So finden Sie die richtige Bezahlung für Ihre Mitarbeiter

    von Mark Ulrich, Unternehmensberatung im Gesundheitswesen,  

    | Auf Stellengesuche reagieren nur noch wenige Bewerber, gleichzeitig steigen ihre Gehaltswünsche. Ein Grund hierfür ist die gestiegene Nachfrage nach zahnärztlichen Fachkräften durch die Etablierung von Prophylaxekonzepten, höhere Anforderungen an die Erstellung von Heil- und Kostenplänen sowie Änderungen bei gesetzlichen Regeln zu Qualitätsmanagement, Hygiene oder Festzuschüssen. Dieser Beitrag zeigt, mit welchen Gehaltsmodellen Sie Ihre Mitarbeiter bei der Stange halten und motivieren. |

     

    • Praxisbeispiel

    Eine Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) - fleißig, motiviert, gutaussehend, selten krank und auch sonst ohne Anlass zur Beanstandung - wird primär als Stuhlassistenz eingesetzt sowie an zwei Wochentagen in der Prophylaxe. Sie hat Kursteil I der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg zur Gruppen- und Individualprophylaxe absolviert; jedoch keine volle Weiterbildung als Zahnmedizinische Prophylaxeangestellte (ZMP).

     

    Aufgrund des gestiegenen Patientenaufkommens in der Prophylaxe stellt der Praxisinhaber zusätzlich eine neue ZMP ein. Die Mitarbeitersuche war schwierig und schlussendlich nur erfolgreich, weil er das geforderte hohe Gehalt akzeptiert hat. Kurz nachdem die neue ZMP ihre Tätigkeit aufgenommen hat, verschlechtert sich das Arbeitsklima deutlich und die zu Anfang erwähnte ZFA äußert den Wunsch nach 500 Euro Gehaltserhöhung

    Der Praxisinhaber beginnt, die unangenehme Situation zu überdenken, und kommt zu folgenden Ergebnissen:

     

    • Die beiden Mitarbeiter haben sich offenbar über ihr Gehalt ausgetauscht. Das ist vermeidbar. Entsprechende Schweigeverpflichtungen können im Arbeitsvertrag vereinbart werden.

     

    • Eine interne Lösung wurde nicht in Betracht gezogen. Die ZFA hätte zur ZMP weitergebildet und auf diesem Weg gleichzeitig motiviert werden können. Eine bezahlbare Stuhlassistenz oder einen Auszubildenden zu finden, der diese Tätigkeit übernimmt, ist am aktuellen Arbeitsmarkt einfacher als eine bezahlbare ZMP zu finden.

     

    • Der Praxisinhaber hat sich keine gezielten und abschließenden Gedanken darüber gemacht, wie zufrieden seine Mitarbeiter im einzelnen sind, warum sie zufrieden oder unzufrieden sind, wie dieser Zustand beizubehalten ist und was ihn negativ beeinflussen könnte.

    Orientierung bei der Gehaltsfindung

    Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelte Tarifverträge sind ein guter Weg zur Orientierung bei der Gehaltsfindung. Hierbei handelt es sich um einen theoretischen Ansatz, der im Alltag der Zahnarztpraxis gut funktioniert. Nachfolgend ist der Tarifvertrag für ZFA (Hessen) abgedruckt:

     

    Tätigkeitsgruppe

    Berufsjahre

    I.

    II.

    III.

    IV.

    V.

    1 - 3

    1.602 Euro

    1.723 Euro

    1.883 Euro

    2.003 Euro

    2.083 Euro

    4 - 6

    1.678 Euro

    1.814 Euro

    1.983 Euro

    2.109 Euro

    2.194 Euro

    7 - 9

    1.828 Euro

    1.965 Euro

    2.148 Euro

    2.285 Euro

    2.376 Euro

    10 - 12

    1.894 Euro

    2.037 Euro

    2.226 Euro

    2.368 Euro

    2.463 Euro

    13 - 15

    1.936 Euro

    2.081 Euro

    2.275 Euro

    2.420 Euro

    2.517 Euro

    zzgl. je 3 weitere

    62 Euro

    66 Euro

    72 Euro

    77 Euro

    80 Euro

    Auszug: Tarifvertag Bundesland Hessen

     

    Tarifverträge stufen Mitarbeiter mehrheitlich nach den Kriterien Seniorität (Anzahl der Berufsjahre) und Qualifikation (Tätigkeitsgruppe) ein. Zum Beispiel sind in der obigen Tätigkeitsgruppe I (Grundvergütung) des hessischen Tarifvertrags „Zahnmedizinische Fachangestellte nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung“ eingruppiert. In der höher qualifizierten Tätigkeitsgruppe IV sind „Praxismitarbeiter mit erfolgreichem Abschluss als Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA), Zahnmedizinische Prophylaxeangestellte (ZMP) und Zahnmedizinische Verwaltungsangestellte (ZMV)“ zusammengefasst. Der Tarifvertrag mit einer Erläuterung aller Tätigkeitsgruppen kann unter abgerufen werden.

     

    Mietspiegel bei Gehaltsfindung berücksichtigen

    In Ballungsräumen verwenden viele Wirtschaftsunternehmen neben einem Tarifvertrag zusätzlich den Mietspiegelindex zur besseren Gehaltsfindung. Liegt der jeweilige Index über dem Bundesdurchschnitt, werden übertarifliche Zuschläge bezahlt. Der Grund ist, dass im statistischen Durchschnitt 35 Prozent eines Haushaltseinkommens für die Miete aufgewendet werden muss. Liegt der Mietspiegelindex 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, ergibt sich ein übertariflicher Zuschlag zur Tarifvorgabe von 17,5 Prozent.

     

    • Beispiel: Berechnung des Mietzuschlags

    Das Einkommen einer ZFA in Mannheim beträgt 2.000 Euro, der dortige Mietspiegelindex liegt bei 100 Prozent des Bundesdurchschnitts. Gibt die ZFA 35 Prozent ihres Gehalts für Wohnungsmiete aus, so wären dies 700 Euro. Eine ZFA in München muss aufgrund des dortigen Mietspiegelindex von 150 Prozent für eine vergleichbare Wohnung 1.050 Euro aufbringen. Um beide Mitarbeiter hinsichtlich ihrer verbleibenden Kaufkraft gleichzustellen, muss die Vergütung für München im Vergleich zu Mannheim um 350 Euro bzw. 17,5 Prozent steigen - konkret also von 2.000 auf 2.350 Euro. So modifiziert, kann die hessische Tariftabelle für München und anderen Ballungszentren verwendet werden.

     

    Dentalhygienikerin mit Vergütungswunsch von 4.000 Euro

    Ein weiteres Beispiel betrifft eine Dentalhygienikerin: Eine auf Parodontologie spezialisierte Praxis in München sucht eine Dentalhygienikerin. Der Praxisinhaber nimmt an, dass diese in seiner Praxis einen Monatsumsatz von 15.000 bis 20.000 Euro generieren wird. Gleichzeitig würde sie ihn zeitlich entlasten, was zu einer weiteren Umsatzsteigerung führt.

     

    Kein gültiger Tarifvertrag

    Für die Praxis gilt kein Tarifvertrag. Der zur Orientierung verwendete hessische Tarifvertrag stuft Dentalhygieniker in die Tätigkeitsgruppe V ein. Bei 15 Jahren Berufserfahrung wären das 2.517 Euro brutto. Wird, so wie oben beschrieben, ein Ortszuschlag auf Basis des Mietspiegelindex in Höhe von 17,5 Prozent berücksichtigt, ergeben sich insgesamt 2.957,48 Euro. Keine Bewerberin ist bereit, für diesen Betrag zu arbeiten. Die Gehaltswünsche liegen bei 4.000 Euro und mehr. Dieses finanzielle Risiko ist dem Praxisinhaber zu hoch: Was geschieht, wenn die Dentalhygienikerin krank wird, zu langsam arbeitet oder bei Patienten nicht gut ankommt?

     

    Lösungsvorschlag

    Bei der Suche nach einer praktikablen Lösung stößt der Praxisinhaber auf ein von ihm bislang nicht verwendetes Vergütungsmodell. Er bietet einer Bewerberin, die ursprünglich 4.500 Euro gefordert hatte, eine vom individuellen Erfolg abhängige variable Vergütung in Form einer 30-prozentigen Umsatzbeteiligung an. Bestandteil seines Angebots ist auch ein garantiertes Fixum in Höhe von 3.000 Euro. Denn auch die Dentalhygienikerin benötigt ein gewisses Maß an Sicherheit - zum Beispiel für den Fall, dass die Praxis nicht genügend Patienten hat. Da sie mit der variablen Vergütung ihre ursprüngliche Gehaltsvorstellung übertreffen kann, unterzeichnet sie einen Arbeitsvertrag mit variabler Vergütung.

    Gehaltswünsche der Mitarbeiter abfedern

    Die Frage, ob es möglich ist, Mitarbeiter anderweitig zu gewinnen oder an sich zu binden als durch Geld, kann bejaht werden. Hierzu kann zum Beispiel nach der Motivator-Hygiene-Theorie von Frederick Herzberg vorgegangen werden. Sie betrifft speziell die Arbeitsmotivation und besagt, dass Mitarbeiter nicht ausschließlich für Geld arbeiten.

     

    Gehaltserhöhung erzeugt keine langfristige Zufriedenheit

    Sogenannte Hygienefaktoren verhindern nach Herzberg die Entstehung von Unzufriedenheit. Hierzu zählen Gehalt, Führungsstil, Arbeitsbedingungen, zwischenmenschliche Beziehungen zu Mitarbeitern und Vorgesetzten und die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Zusätzliche Hygienefaktoren erzeugen aber keine zusätzliche Zufriedenheit und somit auch keine Motivation. Eine Gehaltserhöhung oder ein hohes Einstiegsgehalt sorgen also nur temporär für einen Anstieg der Zufriedenheit und der Arbeitsmotivation. Erfahrungsgemäß sinkt die Arbeitsmotivation im Verlauf von drei bis sechs Monaten wieder auf das ursprüngliche Niveau. Das Problem der nicht anhaltenden Arbeitsmotivation ist, dass eine Gehaltserhöhung der Sicht des Mitarbeiters die Belohnung für bereits erbrachte Leistungen ist. Aus Sicht des Arbeitgebers ist sie ein Vorschuss auf noch zu erbringende Leistungen. Zwangsläufig gibt es hier Enttäuschungen nach dem Motto: „Jetzt bezahle ich Ihnen doch mehr Geld, warum funktioniert das immer noch nicht?“

     

    Inhaltliche Faktoren führen zu langfristiger Motivation

    Eine anhaltend hohe Arbeitsmotivation ist nur über die Berücksichtigung inhaltlicher Faktoren des Arbeitsplatzes möglich. Herzberg spricht von Motivatoren. Hierzu gehören Anerkennung, Verantwortung, Handlungsspielraum, Arbeitsinhalte und Aufstiegsmöglichkeiten.

     

    Die Beschäftigung mit Motivatoren bedeutet für den Praxisinhaber zeitlichen und finanziellen Aufwand. In Summe sind die Kosten hierbei jedoch niedriger als durch halbjährlich steigende Gehälter oder dauerhaft fehlende Motivation der Mitarbeiter - auch als „innere Kündigung“ bekannt. Motivatoren können wie folgt positiv beeinflusst werden:

     

    • Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Unnötige und innere Kündigungen können verhindert werden.

     

    • Weiterbildungsmöglichkeiten mit dem Mitarbeiter besprechen und die Weiterbildungskosten übernehmen. Für den Praxisinhaber ist das eine sinnvollere Investition als eine Gehaltserhöhung. Schlüsselpositionen in der Praxis können so abgesichert und im Notfall temporär besetzt werden, zum Beispiel bei der Prophylaxe oder der Abrechnung.

     

    • Sich stetig um eine Verbesserung und den Erhalt eines guten Arbeitsklimas einsetzen. Nach Herzberg ist ein gutes Arbeitsklima nur ein Hygienefaktor. Es muss jedoch ein Rückgang der Motivation verhindert werden. So vermindert auch eine nur minimale Verbesserung des Arbeitsklimas die Gefahr von Unzufriedenheit und daraus resultierender Demotivation.

    Bonus: Hohe Vergütung bei reduziertem Risiko

    Ein Mitarbeiter sollte über Gehaltssteigerungen an seinem persönlichen und am gesamten Erfolg der Zahnarztpraxis beteiligt werden. Andernfalls verliert er seine intrinsische Motivation, also seinen selbstmotivierten Antrieb. Gleichzeitig muss in wirtschaftlich schlechten Jahren oder bei nachlassender Arbeitsleistung eine Möglichkeit bestehen, Gehälter ohne Änderungskündigungen zu reduzieren. Die Lösung: der Bonus.

     

    Durch eine variable Vergütung in Form des Bonus kann das finanzielle Risiko des Praxisinhabers reduziert werden. Fordern selbstbewusste Praxismit-arbeiter eine Gehaltserhöhung oder Bewerber ein hohes Einstiegsgehalt, sollte daher immer eine variable Vergütung bedacht werden.

     

    Zur Erhaltung, Steigerung und Lenkung der Arbeitsleistung wird eine Zielvereinbarung geschlossen. Hieraus entsteht für den Mitarbeiter die Möglichkeit der Selbstverwirklichung - seine Arbeitsmotivation steigt. Das Resultat: eine zunehmende Wertschöpfung, gepaart mit einem höheren Praxisgewinn.

     

    Ziele mit dem Mitarbeiter vereinbaren

    Das Vereinbaren von Zielen bedeutet für den Arbeitnehmer Partizipation und eine Ausweitung seines Handlungsspielraums. Er bekommt keine Anweisung, was er wie zu tun hat, stattdessen definiert er zusammen mit dem Praxisinhaber das gewünschte Ergebnis seiner Arbeit. Die Ausgestaltung des Weges dorthin liegt weitgehend beim Mitarbeiter. Dadurch entsteht für ihn Autonomie, was wiederum Selbstverwirklichung bedeutet. Selbstverwirklichung ist in der modernen Gesellschaft der größte Motivator, den es gibt.

     

    Ziele mit Bonus verknüpfen

    Eine Verknüpfung der Mitarbeiterziele mit einem Bonus als finanziellem Anreiz kann den wertschöpfenden Selbstverwirklichungseffekt zusätzlich steigern. Voraussetzung für die Nutzung des zusätzlichen Instruments Bonus sind Kenntnisse über Mitarbeitergespräche und Zielvereinbarungen.

    Bonus-Arten

    Zwei sinnvolle Bonus-Arten für die Zahnarztpraxis sind der Individual- und der Unternehmensbonus. Sie können auch kombiniert werden. Die Höhe des Bonus kann einem 13. Monatsgehalt entsprechen.

     

    Individual-Bonus

    Ein Individual-Bonus eignet sich, wenn der Erfolg anhand von leistungsbezogenen Merkmalen konkret messbar ist. Der Erfolg eines Mitarbeiters in der Prophylaxe kann am Umsatz gemessen werden. Dieser kann vom Mitarbeiter über eine hohe Patientenbindung, den konsequenten Recall und die Einhaltung von Zeitvorgaben beeinflusst werden.

     

    Unternehmens-Bonus

    Einen Unternehmens-Bonus erhalten Mitarbeiter auf Basis des Praxiserfolgs, da der kollektive Erfolg meist die Grundlage für den individuellen Erfolg bildet. Bezugsgröße können Umsatz oder Gewinn sein. Sinnvoll ist die Festlegung einer prozentualen Steigerung dieser Größen. Eine Kombination von Individual- und Unternehmensbonus kann im Verhältnis 70 zu 30 erfolgen: 70 Prozent eines 13. Monatsgehalts auf Basis des individuellen und 30 Prozent auf Basis des Unternehmenserfolgs. Für vertragsrechtliche und steuerliche Aspekte sollte im Vorfeld ein Berater konsultiert werden.

     

    FAZIT | Die Suche nach Mitarbeitern ist aufgrund des Fachkräftemangels langwierig und - im Erfolgsfall - aufgrund der hohen Gehaltswünsche mit einem finanziellen Risiko für die Praxis verbunden. Zielvereinbarungen und erfolgsabhängige variable Vergütungsbestandteile führen zu mehr Praxisgewinn. Dieser wiederum sollte neben allen anderen geschilderten Motivationseffekten verwendet werden, um die Einkommensvorstellungen der Mitarbeiter zu befriedigen und somit im Wettbewerb um Fachkräfte zusätzlich zu punkten.

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 1 | ID 42677462